Aquileia 4/4 — Die Irrlehren von Aquileia

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Hahn gegen Schild­kröte. Der Stre­it find­et statt auf dem her­rlichen Mosaik­bo­den der Kirche von Aquileia. Der Hahn, Sym­bol der christlichen Wach­samkeit, gegen die Schild­kröte, dem ‘Tier der Unter­welt’. Aquileia — das war auch der Schau­platz eines grossen Rin­gens um die christliche Lehre. Dieses Rin­gen find­et auch seinen Nieder­schlag im Apos­to­likum-Kom­men­tar von Rufin. Dieses Rin­gen find­et auch heute in den Kirchen unser­er Zeit statt.

Dreimal hat Petrus Jesus in jen­er denkwürdi­gen und lan­gen Nacht vor dessen Verurteilung und Kreuzi­gung ver­leugnet. Als der Hahn kräht, wird Petrus die eigene Untreue mit vor Augen geführt. Er ver­lässt den Ort des Geschehens und weint bit­tere Trä­nen. Der Hahn, er ste­ht für Wach­samkeit, Geis­tes­ge­gen­wart und die Ent­larvung der Lüge. Aber nicht nur das. Der Hahn ist auch Sym­bol der Aufer­ste­hung und der Verkündi­gung der guten Nachricht: er kündigt den neuen Mor­gen an — gle­ich wie mit der Aufer­ste­hung Jesu für die Men­schheit ein ‘neuer Tag’ anbricht. Heute ziert der Hahn viele Kirchtürme und erin­nert dabei an die Freude der christlichen Botschaft von Ostern und gle­ichzeit­ig an unsere men­schliche Anfäl­ligkeit und Selbstüberschätzung.

Im Gegen­satz dazu die Schild­kröte, welche als Krea­tur der Unter­welt gilt, die sich im Schlamm der Erde schmutzig macht. Das ital­ienis­che Wort für Schild­kröte (tar­taru­ga) ist prak­tisch gle­ich­lau­t­end mit dem alt­griechis­chen Wort tar­taros – der Beze­ich­nung eines per­son­ifizierten Teils der Unter­welt. Die Schild­kröte sym­bol­isiert in der christlichen und auch mythol­o­gis­chen Tra­di­tion das, was ‘von unten’ kommt und das Gute und Wahre bedroht.

Der Stre­it zwis­chen dem Hahn und der Schild­kröte, zwis­chen dem Verkün­der der Wahrheit und dem Vertreter des grossen ‘Durcheinan­der­bringers’, ist uns in der Kirche von Aquileia in Mosaik­form erhal­ten geblieben. Schon immer stand diese Stadt im Span­nungs­feld ver­schieden­er Glaubensvorstel­lun­gen. Als junger Mann erlebt Rufin diese Span­nun­gen. Seine Kirche ste­ht in ein­er Zer­reis­sprobe zwis­chen nicäanisch-ortho­dox­em Glauben und der ari­an­is­chen Aus­prä­gung des Chris­ten­tums. Rufin würde 373, noch bevor sich die Ortho­dox­ie im Rah­men der Syn­ode von Aquileia in der Region durch­set­zen würde, Rich­tung Ori­ent abreisen. Doch Rufins Kom­men­tar zum Apos­to­likum macht klar, dass ihn das The­ma der Unter­schei­dung zwis­chen gesun­der und unge­sun­der christlich­er Lehre sein ganzes Leben begleit­et hat. Elf ver­schiedene Irrlehrer nen­nt Rufin in seinem Kom­men­tar zum Apos­tolis­chen Glaubens­beken­nt­nis beim Namen – und rund zwanzig falsche Lehren wer­den beschrieben und verworfen.

Ach­tung, dies ist ein län­ge­rer Arti­kel. Über das nach­fol­gen­de Inhalts­ver­zeich­nis kannst du dich orientieren:

1. Grund­sät­zliche Gedanken zur Irrlehre
2. Die Irrlehren im Überblick
3. Gott im Wandel
4. Bös­er Gott, guter Gott
5. Das vom Gesetz befre­ite Evangelium
6. Das Evan­geli­um der Gesetzlichkeit
7. Der pro­gres­sive Synkretismus
8. Jesus — Gott oder Mensch?
9. Eins, Zwei oder Drei
10. Leib­lich Auferstanden?
11. Ein Gott der zweit­en Chance?
12. Zur Hölle mit dem Teufel
13. Per­sön­liche Bilanz

1. Grundsätzliche Gedanken zur Irrlehre

Bevor ich ver­suche, einen Ein­blick in die von Rufin the­ma­tisierten Irrlehren zu geben, möchte ich einige grund­sät­zliche Gedanken vorausschicken:

  • Das Volk Gottes war schon zu allen Zeit­en ein­er äusseren, wie auch ein­er inneren Bedro­hung durch unge­sunde Lehren aus­ge­set­zt. Im Alten Tes­ta­ment rede­ten falsche Propheten ihren Köni­gen nach dem Mund oder sorgten aktiv für die Ver­führung des Volkes. Beispiel eines solchen Ver­führers ist der Prophet Bileam, dessen sub­tile Tak­tiken das Volk Israel fast ins Verder­ben gestürzt hät­ten. Ich habe die Geschichte Bileams in ein­er dre­it­eili­gen Serie aufgear­beit­et (Teil 1, Teil 2, Teil 3).
  • Die neutes­ta­mentliche Gemeinde ste­ht vor den gle­ichen Bedro­hun­gen, wie die alttes­ta­mentliche. «Seht zu, dass euch nicht jemand ver­führe» (Mt 24:4), warnte Jesus seine Jünger im Hin­blick auf die Zukun­ft. Geistliche Wach­samkeit und Unter­schei­dungsver­mö­gen hat im Zeital­ter des Wahrheit­splu­ral­is­mus für viele einen komis­chen Beigeschmack bekom­men. Doch wir soll­ten uns im Klaren sein: sie ist nicht weniger als ein Gebot Jesu an seine Jünger. Gle­ich dem Hahn sollen wir wach­sam sein!
  • Wir soll­ten nicht von vorne­here­in alles Unge­wohnte oder Neue verdächtig find­en und ableh­nen. Vielmehr sollen wir „alles prüfen und das Gute behal­ten“ (1Thess 5:21). Massstab, an dem alles geprüft wer­den muss, ist dabei die Bibel (vgl. 1Tim 6:3 – 4; Hebr 4:12). Wie geistlich­es Unter­schei­dungsver­mö­gen geübt und gepflegt wer­den kann, hat Jür­gen Nei­d­hart für uns in einem Artikel erläutert.
  • Auch die grundle­gen­den christlichen Beken­nt­nisse, sind hil­fre­iche Instru­mente in der Beurteilung von Ideen und Gedankengut, welch­es in der christlichen Gemein­schaft Einzug hält. Diese kom­pak­ten Zusam­men­fas­sun­gen des Glaubens sind, wie wir es am Beispiel des Apos­tolis­chen Glaubens­beken­nt­niss­es erken­nen kön­nen, auch in der Auseinan­der­set­zung mit falschen Lehren ent­standen. Lehnt jemand zum Beispiel gewisse Sätze des Apos­tolis­chen Glaubens­beken­nt­niss­es ab oder deutet sie um, so ist dies ver­mut­lich nur Symp­tom ein­er grösseren dahin­ter­liegen­den weltan­schaulichen Verän­derung im Denken dieser Per­son. Zum Beispiel hat in unseren Tagen die Ablehnung der Jungfrauenge­burt oder der leib­lichen Aufer­ste­hung oft etwas damit zu tun, dass die entsprechende Per­son bewusst oder unbe­wusst einen Weltan­schaulichen ‘Shift’ weg von der jüdisch-christlichen, hin zu einem nat­u­ral­is­tis­chen vol­l­zo­gen hat.
  • Nicht immer waren bei der Bekämp­fung von Irrlehren die Motive lauter. Nur schon am Beispiel des Zer­würfniss­es zwis­chen Hierony­mus und Rufin wird ersichtlich, wie schnell auch unter Chris­ten men­schliche Kon­flik­te Vor­würfe von Irrlehre befeuern kön­nen. Deshalb gilt zuallererst: «Ein jed­er Prüfe sich selb­st» (Vgl. 1Kor 11:28; Gal 6:4; Mt 7:5). Dies gilt auch, wenn es um die Bekämp­fung von Irrlehren auf insti­tu­tioneller Ebene geht. Bewe­gun­gen, welche im Laufe der Geschichte durch die insti­tu­tionelle Kirche bekämpft wur­den, haben oft auch auf Missstände in der Kirche reagiert. Ob es die Waldenser, die Refor­ma­toren, die Täufer oder die Chris­ten des Gen­fer Reveil waren – Gottes Geist hat immer wieder auch Protest- und Erneuerungs­be­we­gun­gen gebraucht, um seine Geschichte fortzuschreiben und seine Gemeinde neu zu beleben. Deshalb soll­ten neue Lehren oder Bewe­gun­gen von etablierten Kirchen immer auch als Aufruf zur Selb­st­prü­fung ver­standen wer­den. Die Anfäl­ligkeit der Gemeinde Jesu hat oft ihren Hin­ter­grund darin, dass die Gemeinde selb­st sich bere­its von Jesus, der Quelle des lebendi­gen Wassers, ent­fer­nt hat. Gott ruft in viel­er­lei Weise zur Busse und Umkehr. Er tut dies durch geist­gewirk­te Erneuerungs­be­we­gun­gen. Aber auch falsche Propheten oder Men­schen, welche gar nicht in ein­er Beziehung mit Gott ste­hen, kön­nen Werkzeuge sein im Dien­ste Gottes, um sein­er Gemeinde den Spiegel vorzuhalten.
  • Nicht immer waren bei der Bekämp­fung von Irrlehren die Mit­tel angemessen. Der Beispiele, wo Chris­ten andere Chris­ten im Ver­laufe der Geschichte mit dem Schw­ert bekämpft haben, gibt es lei­der zur Genüge. Nur 20 Minuten von meinem Wohnort in Rich­tung Nor­den wurde 1415 der Refor­ma­tor Jan Hus in Kon­stanz von der Katholis­chen Kirche als Ket­zer zum Feuer­tod verurteilt. Nur 30 Minuten südlich von meinem Wohnort wurde 1527 in Zürich der Wiedertäufer Felix Manz im Auf­trag der reformierten Stadther­ren in der Lim­mat ertränkt. Nur ein Jahr später, 1528, wird in mein­er eige­nen Wohnge­meinde Frauen­feld ein­er der ansäs­si­gen Pfar­rer erdolcht, im Stre­it um die erweck­liche Lehre, welche er unters Volk brachte. Sein Name: Johannes ab Burg. Diese drei Beispiele sind notabene alles Beispiele von berechtigten Refor­man­liegen, welche durch eine dom­i­nante religiöse Grup­pierun­gen mit Gewalt bekämpft wurde. Wo Chris­ten mit Waf­fen und son­sti­gen Macht­mit­teln anderen Men­schen den Glauben oder eine bes­timmte Aus­prä­gung des Glaubens aufzwin­gen woll­ten, ent­stand auch gross­er Schaden für die Sache des Glaubens. Wo kirch­liche und staatliche Macht in der Ver­gan­gen­heit zusam­menge­fall­en sind, wurde nur zu oft vergessen, was eigentlich zur Urchristlichen DNA gehören würde, näm­lich die gewalt­lose Fein­desliebe.
  • Aus den oben genan­nten Punk­ten ergibt sich, dass Son­der­lehren und häretis­che Bewe­gun­gen immer auch dif­feren­ziert beurteilt wer­den soll­ten. Die Sieger haben die Geschichte geschrieben. Wir soll­ten darum bemüht sein, nicht ein­fach die Per­spek­tive der Sieger einzunehmen, son­dern in der men­schlichen Geschichtss­chrei­bung nach der Geschichtss­chrei­bung Gottes zu suchen.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

2. Die Irrlehren im Überblick

Die fol­gende Tabelle gibt einen Überblick über die Irrlehrer und Irrlehren, welche Rufin in seinem Kom­men­tar zum Apos­to­likum erwähnt.

Was waren denn die Auss­chluss-The­men, wenn es um den christlichen Glauben geht? Bei allem was Rufin in seinen knap­pen Sätzen zusam­men­fasst, gilt es, die Prozesse dahin­ter vor Augen zu haben.

Zum einen gab es inhaltliche Prozesse. Ger­ade die Lehre der Dreieinigkeit hat sich erst nach und nach in den ersten Jahrhun­derten konkretisiert. In diesem Prozess wurde auch manche Sack­gasse erkun­det. Doch durchge­set­zt hat sich berechtigter­weise die Lehre, wie sie die Kirche in ihren Konzilen von Nicäa und Chal­cedon for­muliert hat und welche die vie­len bib­lis­chen Hin­weise über Natur und Wesen Gottes in ein schlüs­siges Gesamt­bild bringt. Das Wesen Gottes bleibt let­z­tendlich geheimnisvoll und wird sich nie voll­ständig in Worten beschreiben lassen. Das heisst aber nicht, dass wir nicht mith­il­fe der bib­lis­chen Offen­barung wahre Aus­sagen und Beobach­tun­gen über Gott machen können.

Zum anderen ging es immer auch um die Frage der his­torischen Wahrheit. So beispiel­sweise in der Frage der Aufer­ste­hung. «Der Herr ist wahrhaftig aufer­standen» (Lk 24:34), war der Ruf der Emmausjünger nach ihrer Begeg­nung mit Jesus. «Mein Herr und mein Gott!» (Joh 20:28), war der Ruf des Zwei­flers Thomas, nach­dem er mit seinen eige­nen Hän­den die Wund­male des aufer­stande­nen Jesus berührt hat­te. Die leib­liche Aufer­ste­hung war für die Jünger erlebte Real­ität – und deren Zeu­gen waren sie und blieben sie. Wenn nun später Men­schen kom­men wür­den, welche die leib­liche Aufer­ste­hung ablehnen oder sie geistlich inter­pretieren wür­den, so ging es schlicht und ein­fach um die Frage ein­er his­torischen Wahrheit. Dann kon­nten solche Umdeu­tun­gen aus der Sicht der ersten Chris­ten nur eines sein: Leug­nung der Real­ität, Lüge.

Mit diesem Hin­ter­grund möchte ich mich nun den von Rufin erwäh­n­ten Irrlehrern und Irrlehren im Einzel­nen zuwenden.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

3. Gott im Wandel

Ist Gott unverän­der­bar, oder vol­lzieht er selb­st eine Entwick­lung? Unter anderem um diese grundle­gende Frage ging es bei der Lehre von Sabel­lius, dem ersten Irrlehrer, den Rufin in seinem Kom­men­tar erwäh­nt. Sabel­lius lehrte eine Form des Modal­is­mus, welche davon aus­ging, dass Gott sich in ein­er zeitlichen Abfolge in drei ver­schiede­nen ‘Modi’ man­i­festiert hat: erst als Gott-Vater, dann als Gott-Sohn und let­z­tendlich als Heiliger Geist. In der Lehre von Sabel­lius beste­ht Gott nicht aus drei gle­ichzeit­ig existieren­den unter­schiedlichen Per­so­n­en der Got­theit, welche zueinan­der in Beziehung ste­hen. Vielmehr entwick­elt er eine Art Prozess-The­olo­gie eines Gottes im Wandel.

Das Anliegen der Modal­is­ten war dur­chaus berechtigt: sie woll­ten nicht in die Falle der Viel­göt­terei fall­en, son­dern am Monothe­is­mus fes­thal­ten: “Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist ein­er” (5Mo 6:4). Aus dem Wun­sch am Monothe­is­mus festzuhal­ten und gle­ichzeit­ig dem göt­tlichen Anpruch Jesu gerecht zu wer­den, entwick­elte sich das Konzept eines Gottes im Wan­del. Die Modal­is­ten kon­nten dur­chaus auch Bibel­stellen zur Unter­stützung ihres Konzeptes auf­führen, wie zum Beispiel Joh 14:9: “Wer mich sieht, sieht den Vater”. Doch ent­stand dadurch ein Wider­spruch zum starken alttes­ta­mentlichen Zeug­nis über die Unverän­der­barkeit Gottes (Mal 3:6) und ein Kon­flikt mit den diversen Trini­tarischen Stellen, wo wir alle drei Per­so­n­en der Got­theit gle­ichzeit­ig in Aktion sehen, wie zum Beispiel bei der Taufe (Lk 3:22). Die Lehren des Modal­is­mus führten auch zur Idee des Patri­pas­sian­is­mus, welche gemäss Rufin “vom Vater selb­st behauptet, sowohl dass er aus der Jungfrau geboren und sicht­bar gewor­den sei, als dass er im Fleis­che gelit­ten habe”. Genau: Wenn Chris­tus Gott war, dann musste er auch der Vater sein, fol­glich war es auch der Vater, der von Maria in die Welt geboren wurde und am Kreuz hing und sich dann ’selb­st auferweckte’.

Die Väter der Chris­ten­heit haben die Idee des Modal­is­mus ver­wor­fen. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind nicht ein­fach sich ablösende Man­i­fes­ta­tio­nen eines ‘evo­lu­tionären’ Gottes, son­dern haben zu allen Zeit­en in Ein­heit bestanden. Den­noch ist die Idee eines Gottes, der sich im Wan­del befind­et, ein wiederkehren­des The­ma in der Kirchengeschichte.

Beispiel für ein aktuelles ähn­lich­es Konzept ist die soge­nan­nte Prozess-The­olo­gie — ein the­ol­o­gis­ch­er Mega­trend der ver­gan­genen 100 Jahre. Bee­in­flusst unter anderem durch die Prozess-The­o­rie Hegels entwick­el­ten The­olo­gen die Idee ein­er gegen­seit­i­gen Bee­in­flus­sung von Gott und Men­sch, bei der auch Gott Verän­derung erfährt. Hegels Idee von These-Antithese-Syn­these wird dabei auf die Beziehung zwis­chen Gott und Men­sch ange­wandt. Das Ergeb­nis ist die Vorstel­lung, dass Gott selb­st ein­er prozesshaften Entwick­lung unter­wor­fen ist, bee­in­flusst durch den Men­schen. In diesem mod­er­nen Konzept der Prozess-The­olo­gie ver­schwim­men die Gren­zen zwis­chen Schöpfer und Geschöpf, denn Gott wird in einem dynamis­chen Prozess gle­ich­sam auch zum vom Men­schen geschaf­fe­nen und geformten Wesen.

The­ologe und Buchau­tor Roger e. Olson begrün­det seine Ablehnung der Prozess-The­olo­gie unter anderem mit ihrer modal­is­tis­chen Schlagseite:

“Ver­suche der Prozess-The­olo­gen, die Trinität in ihre The­olo­gie zu inte­gri­eren, sind schwach und in aller Regel modal­is­tisch.” (Patheos, eigene Übersetzung)

Das Konzept eines Gottes ‘im Prozess’ kann der urmen­schlichen Ver­suchung wohl nur schw­er­lich wider­ste­hen, sich Gott nach den eige­nen Vorstel­lun­gen zu for­men. Warum sollte er zum Beispiel seine in der Bibel fest­ge­hal­te­nen moralis­chen Vorstel­lun­gen nicht anpassen, wenn wir ihn entsprechend bewe­gen? Die Kehr­seite dieses form­baren Gottes ist, dass auf ihn nicht mehr wirk­lich Ver­lass ist. Was er heute sagt, gilt vielle­icht mor­gen schon nicht mehr. Sabel­lius mag seit 1900 Jahren tot sein, seine Ideen jedoch leben immer wieder neu auf.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

4. Böser Gott, guter Gott

Ganz ähn­lich hart­näck­ig wie die Idee des vom Men­schen form­baren Gottes hält sich die Idee vom ‘bösen’ alttes­ta­mentlichen Gott und vom ‘guten’ neutes­ta­mentlichen Gott.

Zur Zeit der Kirchen­väter fand diese Vorstel­lung in der Gnos­tik einen Nährbo­den. Diese Strö­mung entwick­elte sich im zweit­en Jahrhun­dert nach Chris­tus zum weltan­schaulichen Haupt­geg­n­er der frühen Kirche. Während es auch hier eine fast unüber­schaubare Anzahl ver­schieden­er Lehr-Aus­prä­gun­gen gab, so waren doch einige klare und einende Prinzip­i­en vorhan­den. Eines dieser Prinzip­i­en war die Idee, dass der Gegen­satz zwis­chen Gut und Böse seinen Ursprung in zwei Göt­tern hat: einem tran­szen­den­ten und ver­bor­ge­nen guten Gott und einem niederen und bösen Schöpfer­gott. Aus der mit Man­gel behafteten Schöp­fung schlossen die Gnos­tik­er auf einen eben­so charak­ter­lich man­gel­haften und selb­st­be­zo­ge­nen Schöpfer­gott. Die Erlö­sung erfol­gt in der Gnos­tik durch die Erken­nt­nis dieser ver­bor­ge­nen Real­itäten des Kos­mos (Wortbe­deu­tung Gnos­tik: Ken­nt­nis, Wis­sen). Damit ist auch angedeutet, was diese gnos­tis­che Lehre in ihren Gemein­schaften mit sich brin­gen würde, näm­lich eine starke interne Abstu­fung der Gemein­schaft auf­grund des ‘Erleuch­tungs­grades’ der Mit­glieder. Dies alles ste­ht eigentlich in starkem Kon­trast zum christlichen Evan­geli­um, welch­es von einem guten Schöpfer­gott, ein­er Erlö­sung ohne Bedarf an ‘Geheimwis­sen’ und ein­er gle­ich­w­er­ti­gen Gemein­schaft aller Gläu­bi­gen spricht. Trotz­dem übte die Gnos­tik eine grosse Anziehungskraft aus. Unter den von Rufin erwäh­n­ten Irrlehrern befind­en sich einige von dieser Strö­mung bee­in­flusste Fig­uren, unter anderem Mar­cion und Valenti­nus.

Von Mar­cion schreibt Rufin, dass «er leugnet, dass der Vater Christi Gott der Schöpfer sei». Die christliche Gnos­tik inter­pretierte JAHWE, den Schöpfer­gott des Alten Tes­ta­mentes, als böse. Ergo kon­nte dieser nicht der Vater von Chris­tus sein. Chris­tus musste vom anderen, ver­bor­ge­nen, guten Gott abstammen.

Nun haben die heuti­gen, ‘mod­er­nen’ Ideen eines ‘bösen’ alttes­ta­mentlichen Gottes einen etwas anderen Hin­ter­grund. Die heuti­gen Konzepte sehen im ‘bösen’ Schöpfer­gott eher ein falsches Gottes­bild des alttes­ta­mentlichen Volkes Israel. Doch führt dies fak­tisch zum gle­ichen Ergeb­nis, näm­lich ein­er Ablehnung dessen, wie sich Gott im Alten Tes­ta­ment den Men­schen offen­barte. Mit dem ‘guten’ neutes­ta­mentlichen Gott wird gegen den ‘bösen’ alttes­ta­mentlichen ins Feld gezo­gen. Die Bibel wird kon­se­quenter­weise nur noch als selek­tiv brauch­bares Doku­ment gese­hen: was nach ‘gutem Gott’ tönt wird angenom­men, was nach ‘bösem Gott’ schmeckt abgelehnt.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

5. Das vom Gesetz befreite Evangelium

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass es Mar­cion ist, von dem als erster ein Vorschlag für den bib­lis­chen Kanon doku­men­tiert ist. Doch die Bibel von Mar­cion war ziem­lich dünn. Da fehlte das Alte Tes­ta­ment gän­zlich und auch sämtliche neutes­ta­mentlichen Schrift­teile, welche Mar­cion in irgen­dein­er Form als vom jüdis­chen Glauben und Gesetz bee­in­flusst sah. Die Bibel von Mar­cion bestand lediglich aus ein­er gekürzten Ver­sion des Luka­se­van­geli­ums und zehn Briefen von Paulus.

Mar­cion übern­immt, wie bere­its erwäh­nt, Ideen von der Gno­sis und adap­tiert diese geschickt für die christliche Gemeinde. Mar­cion reagiert auch auf reelle Missstände in der Kirche. So hat er die Gnaden- und Recht­fer­ti­gungslehre von Paulus möglich­weise bess­er ver­standen als manche The­olo­gen sein­er Zeit. Doch er set­zt diese mit ein­er falschen Radikalität um, indem er die Lehren von Jesus und von Paulus von ihren jüdis­chen Wurzeln ger­adezu ‘amputiert’. Mar­cions Lehren sind dur­chaus attrak­tiv. Er bietet ein vom Gesetz befre­ites Evan­geli­um, sozusagen ein ‘Evan­geli­um light‘, welch­es über rund hun­dert Jahre hin­weg eine ern­sthafte Konkur­renz zum his­torischen Chris­ten­tum bildet. Doch Mar­cions Weltan­schau­ung ist im Kern zutief­st pes­simistisch, weil sie alles Kreatür­liche als böse und schlecht sieht, weil sie die Güte des Geset­zes über­sieht, welch­es dem Men­schen zum Leben ver­helfen will und weil sie eine juden­feindliche Ide­olo­gie etabliert, welche das alttes­ta­mentliche Volk Gottes als Repräsen­tant eines niederen und bösen Gottes ver­ste­ht. Mar­cions Adap­tion des Evan­geli­ums an den ‘Mega­trend’ der Gno­sis hat ein verkrüp­peltes Evan­geli­um hervorgebracht.

Aus der Bedro­hung der Kirche durch Irrlehren sind immer wieder wichtige Fig­uren gewach­sen, welche der Not begeg­net sind. In diesem Fall Irenäus von Lyon. Dieser entwick­elt in sein­er Schrift ‘Adver­sus haere­ses’ (gegen die Heräsien) eine intellek­tuelle Antwort auf die gnos­tis­che Bedro­hung, weist nach, wie sich das Evan­geli­um von Jesus Chris­tus schon in den alttes­ta­mentlichen Tex­ten ent­fal­tet und entwick­elt die The­olo­gie eines guten Schöpfer­gottes, welch­er den Men­schen seine Liebe erweisen möchte. Der Men­sch solle sich nicht vom Schöpfer­gott dis­tanzieren. Im Gegen­teil: der Men­sch wir nur dann zu einem wahren Kunst­werk Gottes, wenn er sich von ihm for­men und gestal­ten lässt:

«Das Erschaf­fen gehört näm­lich zum Wesen der Güte Gottes, das Geschaf­fen wer­den aber zum Wesen der Natur des Men­schen. Wenn du ihm also übergib­st, was dein Anteil ist, d. h. Glauben an ihn und Gehor­sam, dann wirst du seine Kun­st­fer­tigkeit erfahren und ein vol­lkommenes Werk Gottes sein.» Irenäus von Lyon, Heili­gen­lexikon

Die Vorstel­lung, sich ‘lästiger’ Geset­ze entledi­gen zu kön­nen, ist auch in unseren Tagen äusserst ver­lock­end. Entsprechend weitver­bre­it­et sind im pro­gres­siv­en und lib­eralen Chris­ten­tum die Konzepte, welche einen Keil zwis­chen der Botschaft von Jesus und dem Alten Tes­ta­ment treiben möcht­en. Doch die Beziehung Jesu zum Alten Tes­ta­ment war nicht eine der Ent­frem­dung, son­dern eine der Liebe und des tiefen Respek­ts. Wer Jesus als einen Mann darstellt, der auf kri­tis­chen Abstand zum Alten Tes­ta­ment geht, riskiert Jesus selb­st zu ver­lieren und lan­det bei einem entstell­ten Evangelium.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

6. Das Evangelium der Gesetzlichkeit

Wo Mar­cion ein Evan­geli­um begrün­det, welch­es sich sein­er Wurzeln entledigt hat, machen es andere umgekehrt: sie leben ein Chris­ten­tum, welch­es weit­er­hin fast gän­zlich in den jüdis­chen Riten und Geset­zen ver­haftet ist. Für diese Fehlen­twick­lung ste­ht gemäss Rufin die Fig­ur Ebion, welch­er sagt «man müsse in der Weise an Chris­tus glauben, dass die fleis­chliche Beschnei­dung, die Hal­tung des Sab­baths, die feier­lichen Opfer und alle übri­gen Gebräuche nach dem Buch­staben des Geset­zes gehal­ten würden.»

Wir reden hier von ein­er judenchristlichen Bewe­gung, welche die kul­turüber­windende DNA des Chris­ten­tums nie wirk­lich erfasst hat und das Chris­ten­tum lediglich als jüdis­che Reform­be­we­gung lebt. Teil davon war natür­lich, dass sie an religiösen Riten und Gepflo­gen­heit­en wie der Beschnei­dung fes­thiel­ten. Die Ebion­iter sehen in Jesus einen Propheten und Nachkom­men Davids, aber nicht den Sohn Gottes. Sie ver­stüm­meln die Bibel auf umgekehrte Weise wie Mar­cion, indem sie alle Schriften ablehnen, welche das Juden­tum bedro­hen kön­nten. Es ist nicht viel bekan­nt über die Ebion­iter. Doch sollen sie Paulus und seine Lehren rundweg abgelehnt und ihre neutes­ta­mentlichen Schriften auf den Hebräer­brief und ein gekürztes Matthäu­se­van­geli­um beschränkt haben.

Werkgerechtigkeit, die Vorstel­lung mit unser­er eige­nen Anstren­gung einen Beitrag zu unser­er Erlö­sung leis­ten zu kön­nen, ist wohl oft ger­ade für Men­schen eine Gefahr, welche den Glauben ern­sthaft leben möcht­en. Diesen soll­ten die befreien­den Kern­botschaften von Paulus umso wichtiger werden:

«Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme.» (Eph 2:8–9)
«Zur Frei­heit hat uns Chris­tus befre­it! So ste­ht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft aufle­gen!» (Gal 5:1)

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

7. Der progressive Synkretismus

Wo ein verz­er­rtes Evan­geli­um gepredigt wird, ist die näch­ste Irrlehre meist nicht weit. So ver­hält es sich mit den Lehren von Mani, ein­er der faszinierend­sten religiösen Fig­uren der ersten Jahrhun­derte. Mani wächst in Seleu­cia-Cte­siphon auf, etwas südlich des heuti­gen Bag­dads, am Fluss Tigris. An der Sei­den­strasse gele­gen, ist die Region durch viele ver­schiedene religiöse Ein­flüsse geprägt. Mani wächst hier in ein­er christlichen Gemein­schaft auf, welche von der vorhin beschriebe­nen, sehr geset­zlichen ebioni­tis­chen Tra­di­tion geprägt ist. Seine zukün­ftige Entwick­lung muss wohl auch als Reak­tion auf sein sehr kon­ser­v­a­tives Fam­i­lienum­feld gedeutet werden.

Mani wen­det sich von sein­er Gemein­schaft ab, um das zu machen, was in unseren Tagen ger­ade abso­lut ange­sagt ist: sich einen eige­nen religiösen Cock­tail zu mix­en. Als Begrün­der des Manichäis­mus entwick­elt er einen synkretis­tis­chen Glauben, welch­er Ele­mente von Chris­ten­tum, Bud­dhis­mus, Gnos­tik und Zoroas­tris­mus inte­gri­ert. Mit seinen eige­nen göt­tlichen Visio­nen und Erken­nt­nis­sen sieht er sich selb­st dann als Weit­er­en­twick­ler und Vol­len­der dessen, was bere­its an göt­tlich­er Offen­barung durch Propheten wie Jesus, Bud­dha oder Zarathus­tra (dem Begrün­der des Zoroas­tris­mus) den Men­schen zugänglich gemacht wurde.

Die Lehren von Mani sind umfan­gre­ich und kom­plex. Hier stark verkürzt einige Merk­male der Lehren von Mani:

Pro­gres­sive Offen­barung. Mani sieht die Bibel und die Per­son Jesus nur als Zwis­ch­ene­tappe ein­er spir­ituellen Evo­lu­tion der Men­schheit. Seine eige­nen Visio­nen und Ein­sicht­en lösen die Offen­barun­gen der Bibel und die Per­son Jesus ab.
Synkretismus. Ob Jesus, Sid­dhartha oder Zarathus­tra. Er sieht diese religiösen Grün­der­fig­uren alle als ‘vom gle­ichen göt­tlichen Funken’ beseelt. Fol­glich inte­gri­ert er dann auch aus ver­schiede­nen Reli­gio­nen Ele­mente. Das ‘Chris­ten­tum’ vom Mani glaubt an Reinkar­na­tion, inte­gri­ert gnos­tis­che Vorstel­lun­gen vom bösen Schöpfer­gott und vieles mehr.
Eine uni­verselle Reli­gion. Doch es geht Mani um mehr als nur eine bunte Patch­work-Reli­giosität. Sein Ziel ist die Etablierung ein­er neuen, uni­versellen Reli­gion, welche alle bish­eri­gen Reli­gio­nen in eine neue inte­gri­eren würde. Diese kön­nte dann wiederum ver­schiedene For­men annehmen, je nach Kon­text. Entsprechend bekam der Manichäis­mus im Ein­fluss­bere­ich des Chris­ten­tums ein christlich­es Gesicht, im Ein­fluss­bere­ich des Bud­dhis­mus ein bud­dhis­tis­ches usw. (vgl. Bri­tan­ni­ca)
Stufen der Erleuch­tung. Wie bei gnos­tisch inspiri­erten Kul­ten üblich erfol­gt die Erlö­sung nicht durch die Annahme von Verge­bung und Gnade, son­dern durch das Aneignen von Wis­sen und Erken­nt­nis. Fol­gerichtig struk­turi­ert sie die Manichäis­che Gemein­schaft in die Kas­ten der ‘erleuchteten’ Auser­wählten und der ‘niederen’ Hör­er. Das asketis­che Leben der ‘Erleuchteten’ wird durch die ‘Hör­er’ ermöglicht, welche für die Erleuchteten die niederen Tätigkeit­en erledi­gen und ihr Leben finanzieren. Dadurch bekom­men die niederen Hör­er sel­ber ‘Anteil’ an der Erleuchtung.
Ver­ach­tung von Materie. Die Ver­ach­tung der geschaf­fe­nen Materie zeigt sich deut­lich in der Lehre Man­is von Geburt und Aufer­ste­hung Jesu. Eine leib­liche Aufer­ste­hung find­et nicht statt, denn das ganze Ziel der manichäis­chen Erlö­sung ist die Befreiung der Seele (Licht) aus dem irdis­chen Gefäng­nis (Fin­ster­n­is). Eine natür­liche Geburt von Jesus kann nicht stattge­fun­den haben, weil dies ein zu stark natür­lich­er Vor­gang ist. Auch die Ein­stel­lung zur Ehe war grund­sät­zlich neg­a­tiv, weil men­schliche Ver­mehrung nur weit­ere See­len in die Gefan­gen­schaft ‘irdis­ch­er’ Kör­p­er bringt. Unverbindlich­er Geschlechtsverkehr mit ein­er Konku­bine unter Ver­mei­dung von Schwanger­schaft war jedoch in Ord­nung. Kinder auf die Welt zu brin­gen war die grössere Sünde, als dem eige­nen niederen Kör­p­er etwas Lust­be­friedi­gung zu gön­nen. Die kör­per­liche Freizügigkeit des Manichäis­mus hat­te einen kör­p­er- und schöp­fungs­feindlichen Hin­ter­grund und degradierte die Frau zum reinen Lus­to­b­jekt des Mannes.

Der Manichäis­mus kann ver­mut­lich als erste glob­ale synkretis­tis­che Reli­gion beze­ich­net wer­den. Sie bre­it­ete sich ab dem vierten Jahrhun­dert mit gross­er Geschwindigkeit ent­lang der Sei­den­strasse von Nordafri­ka bis nach Ostasien aus. Im Ein­fluss­bere­ich des Chris­ten­tums operierte der Manichäis­mus mit christlichem Vok­ab­u­lar und etablierte sich bewusst auch inner­halb der beste­hen­den christlichen Gemein­schaften. Dementsprechend schw­er war es, diesen Kult als das auszu­machen, was er let­z­tendlich war: eine fremde Reli­gion im Gewand des Chris­ten­tums. Die Katholis­che Enzyk­lopädie beschreibt die Bemühun­gen der Manichäer, in den Jahren 384–388 inner­halb der christlichen Gemeinde in Rom Fuss zu fassen:

«In Rom scheinen sie grösste Anstren­gun­gen getrof­fen zu haben, ihre wahre Iden­tität zu ver­ber­gen durch beina­he gän­zliche Anpas­sung an die christlichen Bräuche.» Kath. Enzy­plo­pe­die, eigene Übersetzung

Wer sich mit dem Manichäis­mus auseinan­der­set­zt, wird unweiger­lich Par­al­le­len zu heuti­gen Strö­mungen inner­halb der Chris­ten­heit find­en. So find­en sich Par­al­le­len zum heuti­gen pro­gres­siv­en Chris­ten­tum. Ein Ver­gle­ich mit den Konzepten des vielle­icht ein­flussre­ich­sten Mei­n­ungs­mach­ers im pro­gres­siv­en Chris­ten­tum unser­er Tage, Richard Rohr, zeigt eine Ver­wandtschaft. So vertreten sowohl Mani als auch Rohr das Konzept eines ‘Uni­ver­salen Chris­tus’, der sich in Propheten ver­schieden­er Reli­gio­nen man­i­festiert hat und in Lebe­we­sen, Pflanzen und gar totem Gestein gegen­wär­tig ist.  Der nieder­ländis­che Philosoph Roland de Wiet, ein aus­gewiesen­er Ken­ner des Manichäis­mus, sieht den Manichäis­mus auf­grund sein­er synkretis­tis­chen Inte­gra­tion ver­schieden­er Reli­gio­nen als eine ‘Quelle für die Zukun­ft des Chris­ten­tums’.

Wir find­en aber nicht nur Par­al­le­len ins pro­gres­sive Feld des Chris­ten­tums, son­dern auch in gewisse extreme charis­ma­tis­che Strö­mungen oder Sek­ten wie dem Mor­monis­mus. Die Par­al­lele hier: dass Offen­barun­gen durch neue ‘Apos­tel’ höhergewichtet wer­den als die beste­hende Offen­barung in der Bibel. Wenn der Geist einem ‘Erleuchteten’ ein neues Wort gibt und dieses nicht in Übere­in­stim­mung mit der beste­hen­den bib­lis­chen Offen­barung von Gott ste­ht, dann sollte der im his­torischen Glauben ver­ankerte Gläu­bige sehr vor­sichtig sein.

Den wohl grössten Ein­fluss in der Ent­larvung des Manichäis­mus als falsches Chris­ten­tum hat der Kirchen­vater Augustin gehabt. Dieser ist selb­st einige Jahre lang als ‘Hör­er’ in ein­er manichäis­chen Gemein­schaft dabei gewe­sen. Die Teil­nahme am Kult mag zusät­zliche Attrak­tiv­ität gehabt haben, weil er sich dabei eine Konku­bine leis­ten kon­nte, während er ‘seinen Geist weit­ete und per­fek­tion­ierte’. Doch Augustin sieht zunehmend hin­ter die Fas­sade dieser Reli­gion, bekommt von den ‘Erleuchteten’ keine zufrieden­stel­len­den Antworten auf seine Fra­gen und wird nach sein­er Zuwen­dung zum his­torischen Chris­ten­tum 387 zum wichtig­sten Kri­tik­er der Manichäer. In zahlre­ichen Schriften deckt er die Inkon­sis­ten­zen der Lehre auf. Zum Beispiel dekon­stru­iert er die Sex­u­alethik der Manichäer 388 in sein­er Schrift «Über die Moral der Manichäer»:

«In der Ehe, wie das Ehege­setz sagt, kom­men Mann und Frau zusam­men zur Zeu­gung von Kindern. Wer immer die Zeu­gung von Kindern zur grösseren Sünde macht als den Geschlechtsverkehr, ver­bi­etet damit die Ehe und macht aus der Frau nicht eine Ehe­frau, son­dern eine Konku­bine, welche für einige Geschenke mit dem Mann zusam­menge­bracht wird, zur Befriedi­gung sein­er Lei­den­schaften.» Über die Moral der Manichäer, eigene Übersetzung

Der Ein­fluss des Manichäis­mus in Europa wird in der zweit­en Hälfte des ersten Jahrtausends wieder schwinden. Doch in der ersten Hälfte des zweit­en Jahrtausends meldet er sich zurück: Bewe­gun­gen des Mit­te­lal­ters wie die Bogomilen (Balkan/Osteuropa) und Karthar­er (Süd­frankre­ich) lassen die Konzepte von Mani wieder neu aufleben.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

8. Jesus – Gott oder Mensch?

«Ihr aber, für wen hal­tet ihr mich?», fragt Jesus von Nazareth eines Tages seine Jünger. Petrus antwortet: «Du bist der Mes­sias, der Sohn des lebendi­gen Gottes.» (Mt 16:15–16).

Die Frage nach der Per­son Jesu, nach sein­er Herkun­ft, seinem Wesen, seinem Ver­hält­nis zu Gott selb­st, hat nicht erst die Autoren der grossen Konzile des vierten und fün­ften Jahrhun­derts umgetrieben. Sie stellte sich schon den Zeitgenossen von Jesus. Für die ersten Chris­ten war bald ein­mal klar: in Jesus waren sie Gott selb­st begeg­net. Doch es gab viele Fra­gen zu klären.

Paul von Samosa­ta und der von ihm inspiri­erte Photin mein­ten, Jesus sei sein­er Natur nach ein ganz gewöhn­lich­er Men­sch gewe­sen, der erst im Rah­men sein­er Taufe von Gott zu seinem Sohn erhöht wurde (vgl. Adop­tion­ais­mus, dynamis­ch­er Monar­chis­mus). Andere wiederum mein­ten, die Aufer­ste­hung Jesu sei der Moment der Erhöhung Jesu zur Göt­tlichkeit. Die gemein­same Aus­sage: Gott wurde in Jesus nicht als Men­sch geboren, son­dern der Men­sch Jesus wurde zu Gott gemacht. Rufin schreibt über Paul von Samosa­ta und Photin als von denen, «die da behaupten, Chris­tus sei nicht geboren von Ewigkeit aus dem Vater, son­dern er habe aus Maria seinen Anfang genom­men: und er sei nicht Gott, der als Men­sch geboren wor­den, son­dern aus einem Men­schen sei er Gott geworden.»

In eine ähn­liche Rich­tung gin­gen die Lehren von Arius und Eunomius. Diese meinen gemäss Rufin, «der Sohn Gottes habe einen Anfang und sei geringer als der Vater». Für Arius war Jesus wed­er ganz Gott, noch ganz Men­sch, son­dern ein ‘ter­tium quid’ — so etwas wie ein Hybrid zwis­chen Gott und Mensch.

Rufin spricht auch von Men­schen die behaupten, «der Sohn Gottes sehe oder erkenne den Vater nicht so, wie er selb­st vom Vater erkan­nt oder gese­hen wird»

Man mag diese Diskus­sio­nen rund um Stel­lung und Ursprung von Jesus als spritzfind­ig eracht­en. Doch die Fol­gen sind poten­ziell sehr weitre­ichend. Ist den Aus­sagen eines Jesus zu ver­trauen, der erst irgend­wann im Laufe seines Lebens göt­tliche Iden­tität bekommt? Ist den Aus­sagen eines Jesus zu ver­trauen, der keine voll­ständi­ge Erken­nt­nis des Vaters hat? So wird Jesus schnell zum rein men­schlichen Vor­bild ohne göt­tliche Autorität – ein ‘Kind sein­er Zeit’ mit begren­zten Ein­sicht­en. Ein Beispiel, wie heute in gewis­sen The­olo­genkreisen ein rein men­schlich­es Bild von Jesus geze­ich­net wird, find­en wir beim The­olo­gen Stephan Jütte von der Reformierten Kirche Zürich in einem Pod­cast. Auch Jesus sei vom Welt­bild sein­er Zeit, ihrer Kos­molo­gie und The­olo­gie geprägt gewe­sen. Des­halb kön­nten die Aus­sagen von Jesus — ange­sprochen sind dessen Aus­sagen über Hölle und Gericht — nicht automa­tisch für unsere Zeit für richtig erk­lärt wer­den. Der Men­sch habe sei­ther dazugel­ernt. (ab Min 15:40).

Aber auch anders herum: hat ein Jesus, der nie ganz Men­sch war, wirk­lich gelit­ten am Kreuz? Ver­spürte er die Schmerzen die ein Men­sch spürt? War sein Erlö­sungswerk echt oder eher nur ein Schaus­piel, eine Insze­nierung Gottes für den Men­schen? Hat sich das Lei­den Jesu — wie es Rufin als die Sicht der Manichäer präsen­tiert — nur in ‘Schein­bildern’ zuge­tra­gen? Dann hat kon­se­quenter­weise der Tod und die Aufer­ste­hung des Men­schen Jesus gar nie wirk­lich stattge­fun­den. Dann schwindet auch die Hoff­nung des Chris­ten bezüglich sein­er eige­nen Auferstehung.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

9. Eins, Zwei oder Drei

Die Frage nach der Iden­tität von Jesus führt uns schon mit­ten in die The­matik der Dreieinigkeit. Auch wenn wir den Begriff ‘Dreieinigkeit’ vergebens in der Bibel suchen, lässt sich die christliche Lehre von der Dreieinigkeit Gottes mit den bib­lis­chen Schriften doch sehr schlüs­sig bele­gen. Diese Lehre unglaublich zen­tral, denn sie gibt let­z­tendlich die christliche Antwort auf die Frage, wer Gott ist. Deshalb, so Fred Sanders von der Bio­la Uni­ver­si­ty in einem Artikel, hät­ten Häre­sien sehr oft in ein­er fehler­haften Trinität­slehre ihren Ursprung:

«Ich denke der Grund, dass so viele Häre­sien, die irgend­wo im christlichen Denken auf­tauchen, auf Prob­leme mit der Dok­trin der Trinität zurück­ge­führt wer­den kön­nen, ist der, dass die Dok­trin der Trinität die christliche Antwort auf die Frage ist: ‘Wer ist Gott? ’» Fred Sanders, eigene Übersetzung

Vor allem im drit­ten und vierten Jahrhun­dert nahm die christliche Trinität­slehre unter inten­siv­en Diskus­sio­nen und in mehreren gesamtkirch­lichen Konzilen Gestalt an – und dies vor dem Hin­ter­grund ver­schieden­er Irrlehren. Als ein­fach­es Beispiel ein­er solchen Irrlehre kann der bere­its besproch­ene Modal­is­mus aufge­führt wer­den, welch­er Vater, Sohn und Geist als einan­der zeitlich fol­gende Man­i­fes­ta­tio­nen des einen Gottes sah. Diese zeitliche Abfolge verun­möglicht Gemein­schaft inner­halb der Dreieinigkeit, ein Merk­mal, welch­es ganz wesentlich zum christlichen Gottes­bild gehört.

Rufin erwäh­nt in seinen Aus­führun­gen eine weit­ere solche Verir­rung, näm­lich die Entkop­pelung des Wirkens des Heili­gen Geistes vom Wirken des Vaters und des Sohnes: «Eine Sek­te der Got­t­losigkeit bilden auch Diejeni­gen, welche zwar zugeben, dass der Sohn Gottes von der Sub­stanz des Vaters sei, den heili­gen Geist davon aber tren­nen und auss­chließen: da doch der Hei­land im Evan­geli­um uns eine und dieselbe Kraft und Got­theit der Dreieinigkeit zeigt, wenn er sagt: “Taufet alle Völk­er im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heili­gen Geistes.” Got­t­los ist es offen­bar, wenn ein Men­sch Das­jenige auseinan­der­reißt, was göt­tlich ver­bun­den ist.»

Auch hier spricht Rufin einen Trend an, den es auch heute gibt, näm­lich die Vorstel­lung des Heili­gen Geistes als ein­er Art autonomer ‘Energie’. Unter Energie ver­ste­hen wir etwas, was bee­in­flusst und gelenkt wer­den kann. Energie kann der schlaue Men­sch unter seine Ver­fü­gung brin­gen und zu seinen Zie­len ver­w­erten. Die Welt der Eso­terik ist voll von Men­schen, welche im Rah­men von weiss­er Magie ver­suchen, ‘pos­i­tive Energie’ anzuziehen und kanal­isieren. Doch der Heilige Geist wirkt als Teil der Dreieinigkeit und in Verbindung mit Vater und Sohn – nicht als autonome Kraft oder Energie.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

10. Leiblich Auferstanden?

Über Rufins Apolo­getik der leib­lichen Aufer­ste­hung habe ich im Artikel zum Apos­to­likum schon aus­führlich geschrieben. Rufin verurteilt Lehren, welche besagen, «die Aufer­ste­hung des Fleis­ches werde sich nicht in der unversehrten Sub­stanz sein­er Natur vol­lziehen» und verurteilt Valenti­nus, denn dieser «leugnet die Aufer­ste­hung des Fleis­ches über­haupt».

Die Leug­nung ein­er leib­lichen Aufer­ste­hung stand zu Zeit­en Rufins oft im Zusam­men­hang mit der in der Gnos­tik ver­bre­it­eten Ver­ach­tung des Natür­lichen. Die Fol­gen dieser Ver­ach­tung des Natür­lichen pen­del­ten in der gelebten Prax­is zwis­chen streng­ster Askese (Lust­negierung) und Hedo­nis­mus (Lust­max­imierung). Gemäss Euse­bius soll der bekan­nte The­ologe Ori­genes sich selb­st ent­man­nt haben in seinem Streben, ein reines Leben ohne men­schliche Gelüste zu führen. Weit­ere Asketen sollen seinem Beispiel gefol­gt sein. Andere wiederum leit­eten aus ihrer Ger­ingschätzung des Natür­lichen die Berech­ti­gung ab, ihren Trieben mehr oder weniger zügel­los nachzuge­hen. Diese sahen irdis­che Lei­den­schaften wie Geschlechtsverkehr als in keinem Zusam­men­hang mit ihrem geistlichen Leben.

Hier zeigt sich der Kon­trast zum christlichen Men­schen­bild. Dieses sieht den Men­schen als im Bilde Gottes geschaf­fen und deshalb auch in sein­er leib­lichen Geschöpflichkeit als wertvoll. Dieses betont den Men­schen als physisch-seel­is­che Ein­heit. Der Kör­p­er ist dem christlichen Men­schen­bild nach also gut und wertvoll. Auch deshalb ist die leib­liche Aufer­ste­hung wichtig. Wer diese negiert, sagt impliz­it: der Kör­p­er ist unwichtig – der eigene, aber auch der des Näch­sten. Wer im Gegen­satz dazu die leib­liche Aufer­ste­hung bejaht, sagt ja zu ein­er ganzheitlichen Erlö­sung des Men­schen. Der find­et in dieser Gewis­sheit auch die Moti­va­tion, den eige­nen Kör­p­er und den Kör­p­er des Näch­sten wertvoll zu schätzen.

Wie wichtig die ganze The­matik der Leib­lichkeit ist, zeigt sich auch in aktuellen Diskus­sio­nen. Im Rah­men der Debat­te rund um Ehe für Alle in den Evan­ge­lis­chen Kirchen der Schweiz stellte der Rat des SEK dar, dass Fra­gen rund um Sex­u­al­ität und Ehe nichts mir dem christlichen Beken­nt­nis zu tun haben:

Im Zen­trum der Kir­che ste­ht das Bekennt­nis zu Jesus Chri­stus. Die Fra­ge des Ehe­ver­ständ­nis­ses hat nach Ansicht des Rats kei­nen Bekennt­nis­cha­rak­ter. (Com­mu­ni­qué vom Rat des SEK)

Diese Aus­sage haben wir bere­its in einem aus­führlichen Artikel in Frage gestellt — zurecht, finde ich. Denn auch das Apos­tolis­che Beken­nt­nis bindet mit sein­er Bekräf­ti­gung der leib­lichen Aufer­ste­hung den Kör­p­er mit ein ins christliche Beken­nt­nis. Nicht nur Jesus ist leib­lich aufer­standen, son­dern der Täu­fling beken­nt, dass sein eigen­er Leib aufer­ste­hen wird. Im Beken­nt­nis von Aquileia find­en wir dies zuge­spitz, wenn der Täu­fling sagt: “Ich glaube an die Aufer­ste­hung DIESES Fleis­ches”. Deshalb ist auch der Umgang mit unserem Kör­p­er Teil unseres Beken­nt­niss­es als Chris­ten. Der Leib soll gemäss Rufin fol­gen­des sein: “frei bewahrt von der Sünde”, “ein Gefäß der Ehre” und “wohlbere­it­et dem Her­rn zu jeglichem guten Werke”. Der Christ beken­nt nicht nur mit dem Mund, er beken­nt auch mit dem Leib. Zu viele Men­schen preisen heute Chris­tus mit ihren Lip­pen, während sie ihn im Umgang mit ihrem Kör­p­er verleugnen.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

11. Ein Gott der zweiten Chance?

Wie gehen Chris­ten mit Ver­sagen und Fehlern um? Auch diese Frage gab zu Zeit­en Rufins Anlass zu hitzi­gen Diskussionen.

Die Chris­ten der ersten Jahrhun­derte standen beispiel­sweise vor der Frage, wie sie mit Men­schen umge­hen soll­ten, welche im Rah­men von Chris­ten­ver­fol­gun­gen ihren Glauben ver­leugnet oder Schriften und Gegen­stände der christlichen Gemeinde den Behör­den übergeben hat­ten. Was sollte mit diesen Ver­rätern am Glauben geschehen? Sollte ihnen eine Rück­kehr in die christliche Gemein­schaft .ermöglicht wer­den? Die Frage stellte sich ins­beson­dere nach der Mailän­der Vere­in­barung von 313 (‘Tol­er­anzedikt’), welche den Chris­ten nach vie­len Jahren der Benachteili­gung und Ver­fol­gung die freie Glauben­sausübung zuge­s­tand. Nun kon­nte man Christ sein ohne Ver­fol­gungs­ge­fahr. Die Kirche machte den Weg frei für eine Rück­kehr der ‘Ver­räter’ ver­gan­gener Jahre. Doch Dona­tus wehrt sich gegen diese Poli­tik und möchte weit­er­hin eine ‘beken­nende’ Kirche der kon­se­quenten Nach­folge. Die Donatis­ten waren eine Protest­be­we­gung gegen eine Ver­flachung der Kirche.

Rufin spricht davon, dass Dona­tus «die Tra­di­tion der Kirche fälschlich deutete». Was Rufin damit gemeint hat entzieht sich mein­er Ken­nt­nis. Vielle­icht war er der Ansicht, dass Dona­tus die Poli­tik der Kirche wil­lentlich verz­er­rt darstellte? Ich für mich kann den Donatis­ten und ihrem Anliegen vieles abgewin­nen. Doch auch wenn ich entsch­iedene Nach­folge als sehr erstrebenswert sehe — sie kann in einen Eli­taris­mus mit auss­chliessender Wirkung mün­den. Gott ist ein Gott der ersten und der zweit­en Chan­cen. Wer zu ihm kommt, den stösst er nicht hin­aus (Mt 11:28–30, Joh 6:35–37). Er hat Gnade bere­it für den Ver­sager, der ern­sthaft bereut. Das beste Beispiel dafür: Petrus der Jesus vor seinem Tod dreimal ver­leugnet hat!

Zur gle­ichen The­matik gehören Rufins Vor­würfe gegenüber Nova­tus, der «den Gefal­l­enen die Busse ver­weigerte und die zweite Ehe in Fällen, wo ein Bedürf­nis ger­ade ihre Einge­hung ver­langte». Auch Nova­tus ver­wirft die Rück­kehr von rück­fäl­li­gen Chris­ten in die Gemein­schaft der Kirche und dehnt diese Prax­is auf alle aus, die eine ‘Tod­sünde’ began­gen haben. Wie auch die Donatis­ten, waren die Nova­tian­er in ihren the­ol­o­gis­chen Posi­tio­nen ortho­dox, standen aber für eine rigide Gemein­dezucht. Dies brachte sie in den Kon­flikt mit ein­er Kirche, welche ger­ade im vierten Jahrhun­dert immer mehr den Charak­ter ein­er Volk­skirche bekommt. Die zunehmend laxe Hand­habung von Gemein­dezucht auf der einen Seite, führte auf der anderen Seite möglicher­weise zu ein­er Über­reak­tion mit über­trieben­er Härte in Fra­gen der Moral und mit religiösem Per­fek­tion­is­mus. Doch unsere Per­fek­tion liegt in Chris­tus, nicht in per­fek­ten Werken.

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

12. Zur Hölle mit dem Teufel

«To Hell with the Dev­il», singt eine mein­er Lieblings-Musik­grup­pen in ihrem grössten Hit. Damit äussern sie sich ganz im Sinne der christlichen Tra­di­tion bezüglich der Zukun­ft des grossen Wider­sach­ers Gottes. Auch bezüglich des Men­schen ist die his­torische Lehre der Kirche ein­deutig: es ist dem Men­schen bes­timmt, «ein­mal zu ster­ben, danach aber das Gericht» (Heb 9,27).

Doch die Idee ein­er uni­versellen Ret­tung aller Krea­tur ist attrak­tiv. Bere­its Ori­genes war der Idee des Uni­ver­sal­is­mus nicht abgeneigt und machte sich zumin­d­est auf ein­er intellek­tuellen Ebene Gedanken darüber. Heute ist der Uni­ver­sal­is­mus in pro­gres­siv­en und lib­eralen Kreisen der Chris­ten­heit eine fast unange­focht­ene Arbeits­grund­lage – mit weitre­ichen­den Kon­se­quen­zen für deren Reli­gions- und Mis­sionsver­ständ­nis. Doch die Idee des Uni­ver­sal­is­mus ste­ht im Wider­spruch zum freien Willen des Men­schen und zur christlichen Überzeu­gung, dass Gott Liebe nicht erzwingt.

Dass selb­st der Teufel noch erlöst wird, das müsste in let­zter Kon­se­quenz die Hal­tung ein­er Per­son sein, welche sich dem Uni­ver­sal­is­mus zuwen­det. Und schein­bar war diese Hal­tung bere­its zu Rufin’s Zeit eine zumin­d­est disku­tierte Idee. Deshalb äussert sich Rufin klar und deut­lich gegen jene, die sagen, «es gebe kein gerecht­es Gericht Gottes gegen Alle; der Teufel werde von der ver­schulde­ten Ver­dammung erlöst”. Damit bringt er auf den Punkt, dass beim Uni­ver­sal­is­mus let­z­tendlich auch die Gerechtigkeit auf der Strecke bleiben muss. 

Während es in der Bibel dur­chaus Texte gibt, welche in einem uni­ver­sal­is­tis­chen Sinn gedeutet wer­den kön­nten, führt eine Fall­studie zum gefal­l­enen Engel zu ein­deuti­gen Ergeb­nis­sen: Es gibt in der ganzen Schrift keinen einzi­gen Hin­weis darauf, dass Satan oder irgendwelche gefal­l­ene Engel je gerettet wür­den. Im Gegen­teil: die Schlange erscheint ein erstes Mal am Anfang der Bibel in der Ver­suchungs-Geschichte und erscheint in der gle­ichen Rolle gegen den Schluss des let­zten Buch­es der Bibel – der Offen­barung. Auch ganz am Ende noch provoziert die Schlange die Men­schheit zur Sünde und wird schlussendlich in einen feuri­gen See gewor­fen (Off. 20:10).

In einem Inter­view zu seinem Mag­num Opus ‘The Devil’s Redemp­tion: A New His­to­ry and Inter­pre­ta­tion of Chris­t­ian Uni­ver­sal­ism gibt Michael McClymond fol­gen­des Faz­it bezüglich der his­torischen Lehre der Kirche zum Universalismus:

«In seinen geschriebe­nen Gebeten hat die his­torische Kirche für viele ver­lorene und ver­lassene Sün­der gebetet: Mörder, Verge­waltiger, Ent­führer usw. Doch nie­mand wird in irgen­dein­er Ära oder Liturgie ein Gebet zur Erret­tung Satans find­en. Das ist ein klein­er, aber überzeu­gen­der Hin­weis darauf, um die gesamtkirch­liche Überzeu­gung über die Jahrhun­derte hin­weg aufzuzeigen, dass gewisse von Gott geschaf­fene intel­li­gente Wesen am Ende ver­loren sein wer­den.» Michael McClymond, Eigene Übersetzung

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

13. Persönliche Bilanz

Wer sich durch alle die Ideen und Gedanken durchgeack­ert hat, welche Rufin in seinem Kom­men­tar zum Apos­to­likum verurteilt, der mag kurz etwas erschla­gen sein. Trotz­dem haben wir mit diesen Erläuterun­gen nur die Ober­fläche angekratzt. Hin­ter jed­er Irrlehre ste­ht meist ein Lehrer mit sein­er per­sön­lichen Biografie. Hin­ter jed­er Irrlehre ste­ht meist auch eine Bewe­gung von Men­schen. Manche falschen Lehren ent­standen unter dem Ein­fluss von anderen Reli­gio­nen und Philoso­phien. Gewisse Bewe­gun­gen ent­standen auf dem Nährbo­den von kirch­lichen Missständen.

Ver­schiedene der Lehren und Bewe­gun­gen, welche Rufin in seinem Kom­men­tar ver­wirft, waren zeitweise der­art ein­flussre­ich, dass sie zu ein­er ern­sthaften Konkur­renz für den his­torischen Glauben der Chris­ten wur­den. Die Grün­der­fig­uren dieser Bewe­gun­gen müssen charis­ma­tis­che Per­sön­lichkeit­en und intel­li­gente Denker gewe­sen sein. Anders gesagt: Intel­li­genz, Bil­dung und Charis­ma schützen nicht vor Irrtum. Schon Augustin hat­te gemahnt:

«Glaubt nicht, Brüder, dass Häre­sien durch irgendwelche kleinen See­len entste­hen kon­nten. Nur grosse Men­schen haben Häre­sien gemacht» Augustin, Enerra­tiones in Psalmos 124

Doch Irrlehren waren immer auch im pos­i­tiv­en Sinne ein Katalysator für Klärung­sprozesse in der Kirche. Denn kon­fron­tiert mit falschen Lehren mussten die Leit­er der Kirche noch tiefer in den bib­lis­chen Schriften forschen, um Gottes Wahrheit zu ver­ste­hen und diese zu beschreiben. Auf diese Weise ent­stand die christliche Lehre von der Trinität. Auf diese Weise formte sich auch das Apos­tolis­che Glaubens­beken­nt­nis zu sein­er endgülti­gen Fassung.

Entschei­dend waren immer wieder einzelne Per­so­n­en, welche den Mut hat­ten, sich der Irrlehre durch ihr bib­lisch gegrün­detes Schreiben und Lehren ent­ge­gen­zustellen. In Zeit­en der Ver­wirrung und der fehlgeleit­eten Ideen erstrahlt die Wahrheit und Schön­heit des Evan­geli­ums umso mehr. Doch es braucht dafür Men­schen die bere­it sind, mit dem Licht der göt­tlichen Wahrheit in die aktuellen men­schlichen Ideen und Konzepte hineinzuleucht­en. Wir soll­ten uns nicht dazu hin­reis­sen lassen, mit den Instru­menten der Macht falschen Lehren ent­ge­gen­zuwirken. Vielmehr müssen wir diesen mit ein­er ‘bet­ter Sto­ry’ ent­ge­gen­wirken — ein­er ‘besseren Geschichte’, welche wir lehren UND leben.

Wenn es um das Ent­deck­en von guter und gesun­der Lehre geht, so geht es oft um das Ent­deck­en ein­er ‘drit­ten Option’ zwis­chen zwei Irrtümern. An eini­gen Beispie­len möchte ich das kurz darstellen.


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Das Faz­it zur gesamten Serie über Aquileia kön­nte fol­gen­der­massen laut­en: Gott hat sein Reich im Umbruch der Zeit­en gebaut (Aquileia). Er hat sein Reich durch unvol­lkommene Botschafter gebaut (Rufin). Er hat sein Reich durch das Beken­nt­nis sein­er Gemeinde gebaut (Apos­tolis­ches Beken­nt­nis). Nicht zulet­zt hat er sein Reich trotz men­schlichen Irrlehren gebaut.

Diese Erken­nt­nis, welche wir aus der vierteili­gen Serie ziehen kön­nen, bedeutet, dass auch wir heute Zuver­sicht haben kön­nen. Gott wird auch in den Umbrüchen unser­er Zeit sein Reich weit­er bauen. Er will dies durch unvol­lkommene Botschafter wie dich und mich tun. Er tut dies durch seine Gemeinde, welche auf dem Fun­da­ment der Apos­tel ste­ht. Auch Verir­run­gen und Lügen müssen sich let­ztlich in Gottes Dienst stellen, der seine Gemeinde durch seinen Geist in alle Wahrheit leit­et (Joh 16:13).

Darstel­lung im Boden­mo­saik der Basi­li­ka von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

Schluss­be­merkun­gen

Ich bin nicht Histo­ri­ker, son­dern schrei­be ledig­lich als histo­risch inter­es­sier­ter Laie. Jah­res­zah­len sind mit der nöti­gen Vor­sicht zu genies­sen. Bio­gra­fi­sche und geschicht­li­che Ereig­nis­se wer­den in der Lite­ra­tur zum Teil abwei­chend von­ein­an­der dar­ge­stellt. Hier noch eini­ge Recour­cen wel­che mir gehol­fen haben:

Kids hin­ter Git­tern — im Glock­en­turm von Aquileia. Bild: Peter Bruderer

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Titel­bild: Peter Bruderer

7 Comments
  1. Peter Bruderer 4 Jahren ago
    Reply

    Hoi Dave

    Danke für deine Rück­mel­dung. Das sind jet­zt rel­a­tiv viele Punkte….

    Ich ver­suche kurz auf einige einzugehen. 

    - Habe ich die bib­lis­chen und Kirchengeschichtlichen Autoren richtig verstanden?
    Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Kirchengeschichte ist immer ein Stück­weit Inter­pre­ta­tion­ssache. Weil ich aber der Sache (in diesem Fall der Stadt Aquileia und der Per­son Rufin) möglichst auf den Grund gehen wollte, um ein möglichst stim­miges und gründlich­es Gesamt­bild zu haben, sind die Artikel halt lange gewor­den. Dass da nicht alle mit­ge­hen kön­nen bin ich mir bewusst. Es kom­men dann auch wieder viel kürzere Artikel und im Juli dann eine Som­mer­pause 😊. Es ist mir hier aber auch um meinen eige­nen Lern­prozess gegan­gen. Manch­mal geht man gezielt ein­er Sache nach. Manch­mal geht man ein­fach auf eine Reise in der Hoff­nung auf span­nende Ent­deck­un­gen. So war es in diesem Fall bei mir.

    - Gäbe es für all die vie­len Stun­den an Analyse und For­mulierung nicht in ander­er Form gewinnbrin­gen­dere Möglichkeiten?
    Du selb­st bist auch seit Jahren kon­stant in aufwendi­gen und ver­mut­lich kost­spieli­gen Weit­er­bil­dun­gen. Ich finde: macht das nur, wenn du das als deinen Weg siehst. Was mich bet­rifft: Ich habe in den ver­gan­genen zwei Monat­en deut­lich mehr Zeit gehabt, weil mein Fes­ti­val ins Wass­er gefall­en ist. Während meine eige­nen Nach­forschun­gen eine aufwendi­ge Freizeitbeschäf­ti­gung sind gibt es bei meinem Brud­er grossen Syn­ergien­utzen in seine Tätigkeit als Pas­tor ein­er grösseren Gemeinde.

    -Wir leben in der Post-Coro­na Zeit:
    Die Fra­gen die du stellst, stelle ich mir auch. In meinem erweit­erten Bekan­ntenkreis hat jemand die Coro­na-Bed­ingte Kündi­gung nicht verkraftet. Im Ver­mi­etungs­geschäft sind wir mit Geschäft­sauf­gaben und mehr kon­fron­tiert. Wie sich der Lock­down nun auf die Besucher­en­twick­lung der Gemein­den auswirken wird bin ich selb­st sehr ges­pan­nt. Ich bin aber sel­ber an etwas anderen Baustellen dran als der klas­sis­che ‘Pfar­rer’. Was ich weiss ist, dass mein Brud­er während dem Lock­down eine sehr hohe Res­o­nanz auf den Livestream sein­er Gemeinde hat­te (bis zu 1000 Besuch­er pro Livestreams). Jet­zt ist wieder alles im Fluss und es gilt, sich ein­er verän­derten Zukun­ft zu stellen. Wenn du konkrete Ideen hast — nur zu.

    - Vertei­di­gung von Dogmen:
    Ja ich bin bere­it gewisse Dog­men zu vertei­di­gen, wo ich diese als zen­tral empfinde. Dies weil ich immer mehr ent­decke, wie sie nicht grund­los ent­standen sind und let­z­tendlich, wenn wir begin­nen sie zu erfassen und zu begreifen, eben in die von dir beschriebene Hoff­nung mün­den. In dieser Hin­sicht war für mich ger­ade das Studi­um des Apos­tolis­chen Beken­nt­niss­es sehr hil­fre­ich. Ich habe da unglaublich viel gel­ernt und sehe, wie eng die Beken­nt­nis­sätze der ersten Chris­ten zusam­men­spie­len mit der von ihnen gelebten DNA (über die wir eine län­gere Serie geschrieben haben). Hier nehme ich wahr, dass ger­ade die mod­er­nen Dekon­struk­tio­nen von Glaubenssätzen eben nicht wirk­lich in Hoff­nung und Halt mün­den. Ich war auch erstaunt, was für eine grund­neg­a­tive Reak­tion gewisse Leute auf diese 12 ganz ein­fachen und grundle­gen­den Sätze des christlichen Beken­nt­niss­es haben. Das wäre jet­zt inter­es­sant zu hören, was sie für dich bedeuten. 

    Soweit mal fürs erste… muss ein Kind im Fuss­ball Train­ing abholen gehen…
    LG
    Peti

  2. Dave 4 Jahren ago
    Reply

    Lieber Peti,
    mit Staunen scrolle ich mich durch deine und Pauls Beiträge. Da steckt eine enorme Recherchen- und Quel­lenar­beit dahin­ter und damit viele Stun­den an Arbeit. Cha­peau! Gle­ichzeit­ig bin ich bestürzt, vielle­icht fas­sungs­los. Traurig.
    Ich werde das Gefühl nicht los, das ihr euch in eine Rich­tung ver­ran­nt habt, aus der man nur schw­er wieder rauskommt. Alle Beiträge, die ich lese, sind in Abgren­zung for­muliert (ausgenom­men Gast­beiträge, die meist ein hoff­nungsvolles Bild von Kirche zu zeich­nen ver­mö­gen). Aus Einze­laus­sagen wer­den Kausalzusam­men­hänge kon­stru­iert, die lediglich sub­jek­tiv­er Inter­pre­ta­tion unter­liegen (Bsp. Aquileia 3/4, Zitat Jütte und die Schlussfol­gerung, dass für Jütte das Apos­to­likum «belan­g­los» ist). 

    Weshalb stellt ihr wieder­holt Kausalzusam­men­hänge dar, die so der Inten­tion der jew­eili­gen Per­son nicht gerecht wer­den und zu falschen Schlussfol­gerun­gen führen? Was mich zur Fol­ge­frage führt, weshalb ihr davon aus­ge­ht, die bib­lis­chen und kirchengeschichtlichen Autoren in ihrer Inten­tion richtig ver­standen zu haben (im Gegen­satz zu sehr vie­len anderen Denkerin­nen und Denkern, lei­den­schaftlichen Nach­fol­gerIn­nen von Jesus Chris­tus), wenn es ganz offen­sichtlich auch ohne den «garsti­gen Graben der Geschichte» kaum möglich ist, ohne sub­jek­tives Wer­turteil auf­grund Prä­gung und Voran­nah­men das Gegenüber so wiederzugeben, dass es sich ver­standen fühlt?

    Ein anderes Beispiel ist die Kri­tik an Richard Rohr, ins­beson­dere im Zusam­men­hang mit dem The­ma «Uni­ver­saler Chris­tus». Ich weiss nicht, wie viel du selb­st von Rohr wirk­lich gele­sen hast. Ich weiss auch nicht ob dir bewusst ist, dass die englis­che Orig­i­nalaus­gabe den Titel trug: «Anoth­er Name for Every­thing: Why Christ is more than Jesus’ last Name». Ich habe das Buch gele­sen und Rohr ver­wen­det nicht ein­mal den Aus­druck «Uni­ver­saler Chris­tus». Seine Dar­legun­gen sind abso­lut nicht ver­gle­ich­bar mit z.B. Teil­hard de Chardin und seinem Omega-Punkt. Rohr argu­men­tiert bib­lisch-the­ol­o­gisch, sehr viel stärk­er sog­ar als im vor­ange­hen­den Buch «Der göt­tliche Tanz». Der englis­che Ver­lag hat dann entsch­ieden, dass «Uni­ver­sal Christ» im Titel kon­tro­vers­er ist und das Buch damit mehr Aufmerk­samkeit gener­iert, was anscheinend gelun­gen ist.
    Ganz ehrlich: Je länger je mehr frage ich mich, wo eigentlich das Prob­lem liegt, das ihr aus­macht. Wovor wollt ihr wen beschützen? Abge­se­hen davon: Wer liest und ver­ste­ht solche umfassenden Beiträge und kann daraus für sich bes­timmte Hand­lun­gen und Denkweisen ableit­en? Vor allem: Wie kann er /sie das, ohne sel­ber — und ver­mut­lich sehr viel weniger dif­feren­ziert als Paul und du – ein­er Abgren­zungs­men­tal­ität zu verfallen?

    Ich weiss, dass sowohl du wie auch Paul von ein­er gesellschaft­srel­e­van­ten Kirche träu­men. Von einem Evan­geli­um, das einen Impact hat. Und ich frage mich weit­er: gäbe es für all die vie­len Stun­den an Analyse und For­mulierung nicht in ander­er Form gewinnbrin­gen­dere Möglichkeit­en für euer Anliegen?

    Wie kön­ntet ihr eure ana­lytis­chen und the­ol­o­gis­chen Fähigkeit­en so ein­set­zen, dass durch Beobach­tung des gesellschaftlichen Kon­texts Möglichkeit­en für eine gesellschaft­srel­e­vante Kirche mit rel­e­van­tem Evan­geli­um erfol­gen kön­nten, anstelle ein­er bin­nenori­en­tierten Diskus­sion, die dauernd Gren­zen zieht? Dabei habe ich nichts gegen durch­dachte Apolo­getik, bei der aber die Hoff­nung (!) im Vorder­grund ste­ht (1Petr 3,15) und die sich von der Gemein­schaft der Gläu­bi­gen gegen aussen richtet (und zwar gem. 1Petr erst dann, wenn konkrete Anfra­gen kom­men und nicht präventiv).

    Wir leben in der Post-Coro­na Zeit. Unsere Gesellschaft wurde mas­siv durchgeschüt­telt. Suizide nehmen zu. Davon ist nach­weis­lich jed­er fün­fte auf Job-Ver­lust zurück­zuführen. Wir haben es in der Schweiz gut, was Arbeit­slosen­zahlen bet­rifft und sind nach wie vor auf tiefem Lev­el. Die Arbeit­slosigkeit ist «nur» um 1% angestiegen durch Coro­na. Die Dig­i­tal­isierung wird gemäss vor­sichti­gen Schätzun­gen (in den USA) bis zu 40% der Men­schen mit­tel- und langfristig ihren Job kosten. Was bedeuten solche Zahlen für Suizidrat­en? Ein­samkeit in der Schweiz­er Bevölkerung wird vom Bund bere­its jet­zt als «Epi­demie» beschrieben, die mas­sive soziale und wirtschaftliche Fol­gen mit sich bringt. Wir leben in ein­er VUCA-World, ein­er hochkom­plex­en Umge­bung, die uns kün­ftig alles abver­lan­gen wird, auch einen resilien­ten Glauben. Was bedeutet das für unsere Fröm­migkeit­sprax­is und Theologie?

    Erste Stu­di­en zeigen bere­its, dass rund 48% der Gemein­deglieder währen dem Lock-Down keinen einzi­gen Gottes­di­enst oder son­stige Ver­anstal­tung ihrer Kirche ver­fol­gt haben und keinen Man­gel bekla­gen. Im Gegen­teil: man hat den freien Son­ntag genossen, kon­nte endlich etwas run­ter­fahren am Woch­enende. Also fast die Hälfte hat nichts ver­misst! Weit­ere 23% haben sich Ver­anstal­tun­gen aus­ge­sucht, die sie ange­sprochen haben und das waren nicht die ihrer Heimat­ge­meinde. Nur ger­ade 17% blieben ihrer Gemeinde während des Lock-Down treu. Was läuft denn da falsch, dass offen­sichtlich viele froh sind, mal eine Pause von all den Ange­boten, Aktiv­itäten und immensem frei­willi­gen Engage­ment zu haben? Man kann diese Entwick­lung auf den Indi­vid­u­al­is­mus abschieben und ver­mut­lich hat es auch damit zu tun. Aber nicht nur. Eine kri­tis­che Selb­st­be­fra­gung der Kirche ist m.E. drin­gend notwendig.

    Das sind Fra­gen, die mich bewe­gen und die m.E. ange­gan­gen wer­den müssen von fähi­gen Lei­t­erIn­nen christlich­er Kirchen. Anstatt hier und da (vielle­icht zu recht?) gewisse Dog­men zu vertei­di­gen, wäre doch spätestens jet­zt die Zeit zu sagen: Wir sitzen alle im sel­ben Boot. Schauen wir gemein­sam, dass es wieder Fahrt aufnimmt.
    • Schauen wir auf die Gesellschaft: Welche The­men bewe­gen unser Land?
    • Schauen wir auf das Evan­geli­um: Welche Hoff­nung spricht von dort in die Gesellschaft?
    • Schauen wir auf die Kirche: Wie kann sie diese Hoff­nung inmit­ten der bewegten Gesellschaft leben?
    • Und: Schauen wir auf the­ol­o­gis­che Bil­dung. Wie kann sie Leitungsper­so­n­en dafür sin­nvoll ausrüsten?

    So, das war jet­zt auch ein langer Kom­men­tar und ich will ja nicht Wass­er predi­gen und Wein trinken. 😊 Ich kann nur sagen: Please think about and stay calm, denn «wer ist es, der euch schaden kön­nte wenn, Paul und du dem Guten nacheifert» (1Petr 3,12)?

    • Paul Bruderer 4 Jahren ago
      Reply

      Hi Dave, schön von dir zu hören und danke für dein Feed­back, welch­es nicht nur diesen Artikel bet­rifft, son­dern all­ge­mein unsere Artikel. Anstatt auf die Punk­te einzuge­hen, die du ansprichst möchte ich lieber eine Frage stellen: Wo liegt dein­er Mei­n­ung nach das Prob­lem mit Abgren­zung? Was genau ist es, das dich dies­bezüglich trau­rig macht?
      Wenn du möcht­est, gehe ich auch gerne auf deine anderen Punk­te ein. Aber ich komme hier lieber mal mit dieser Frage. Mlg Paul

      • Dave 4 Jahren ago
        Reply

        Salü Paul, ich habe ver­sucht, im nicht ger­ade kurzen Kom­men­tar in Worte zu fassen, was mich trau­rig macht. Die Frage erstaunt mich daher. Ich denke, wir haben auch schon per­sön­lich darüber gesprochen. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen, es aber nochmals in Kürze zusammenfassen:
        Bin­nenori­en­tierte Diskus­sion, ohne Rel­e­vanz gegen aussen
        Per­so­n­en wer­den nicht ihrer Inten­tion entsprechend dargestellt (falsche Kausalzusam­men­hänge), dadurch:
        Gren­zen ver­tiefen und Gräben ziehen
        Fähigkeit­en eur­er­seits die m.E. sinns­tif­ten­der umge­lenkt wer­den kön­nten (Kon­text-Gemeinde-Text-Gemeinde-Kon­text statt: Gemeinde-Text-Text-Gemeinde)

        Da nun aber noch keine mein­er Fra­gen beant­wortet wurde, stelle ich diese gerne eben­falls zusam­menge­fasst nochmals:
        Was genau ist das Prob­lem, worauf reagiert ihr? Oder wie ein geschätzter Lehrer von mir sagte: Wer baut den Stau­damm weshalb?
        Exak­te Kri­tik am aktuellen Buch von Richard Rohr?
        Weshalb wer­den Zusam­men­hänge inter­pretiert, wo ich keine sehe (Bsp. oben, Jütte)?
        Gruss, Dave.

        • Peter Bruderer 4 Jahren ago
          Reply

          Hoi Dave
          Ich hab dir zu eini­gen dein­er Fra­gen schon gestern weit­er oben geantwortet.
          Also noch kurz zu den weit­eren von heute:

          Was genau ist das Prob­lem, worauf reagiert ihr?
          — Du weisst die Antwort, weil sowohl ich als auch Paul dir diese schon im mündlichen Gespräch beant­wortet haben. Also nochmals aus­for­muliert… Wir haben in den ver­gan­genen Jahren fest­gestellt, wie im evan­ge­likalen Umfeld Per­so­n­en mit Ein­fluss (Jugend­pa­s­toren, Gemein­de­bauer, Lehrer an the­ol­o­gis­chen Aus­bil­dungsstädten) mas­sive und rasche Verän­derun­gen in ihren ethis­chen und the­ol­o­gis­chen Posi­tio­nen vol­l­zo­gen haben: Weg von den his­torischen Posi­tio­nen der Kirche hin zu revi­sion­is­tis­chen, zum Beispiel in Fra­gen der Sex­u­al­ität oder Schriftveständ­nis. Du selb­st hast ja so eine Reise hin­ter dir, aber auch weit­ere Per­so­n­en, welche durch ihre Leitungs­funk­tio­nen prä­gend die kom­menden Gen­er­a­tio­nen im freikirch­lichen Bere­ich bee­in­flussen. Du sel­ber prägst Men­schen an ein­er Aus­bil­dungsstädte, welche sich an der Glaubens­ba­sis on Allianz und Lau­san­ner Bewe­gung ori­en­tiert. Umso erstaunlich­er ist es, das du so gereizt auf unser Schreiben reagierst. Eigentlich müsstest du uns den Rück­en stärken, denn wir schreiben ganz in diesem Sinne! Die Beobach­tung solch­er Diskrepanzen lösen bei uns Fra­gen aus. Und deshalb haben wir ange­fan­gen zu forschen, zu schreiben und unsere Stimme zu erheben. Für mich ist das auch eine per­sön­liche geistliche Reise. Ich bin da einige Jahre doch eher träge unter­wegs gewe­sen. Das Forschen, Fra­gen und schreiben fordert mich her­aus, zieht mir manch­mal auch den Boden unter den Füssen weg. Aber ich muss mich dem stellen, und ich ent­decke die Schön­heit und innere Kon­sis­tenz des Evan­geli­ums und des his­torischen Glaubens der Chris­ten auf ein­er ganz neuen Ebene.

          Exak­te Kri­tik am aktuellen Buch von Richard Rohr?
          — Meine Kri­tik richtet sich nicht spez­i­fisch gegen das Buch von Rohr son­dern ich sehe gewisse Gemein­samkeit­en zwis­chen seinen Lehren und denen des Manichäis­mus. Damit ist keineswegs gesagt, dass diese bei­den Deck­ungs­gle­ich sind. Da gibt es auch wesentliche Unter­schiede. Aber auch klare gemein­same Konzepte. Ich will hier ein­fach mal zwei erwähnen:
          > Peren­ni­al­is­mus + Synkre­timus. Mani ging davon aus, dass das göt­tliche Licht sich in den ver­schiede­nen Reli­gion­s­grün­dern der Antike offen­bart hat­te. Ins gle­iche Horn bläst Rohr, der ja ein beken­nen­der Peren­ni­al­ist ist. Zum Beispiel hier: “Jesus and the Bud­dha had both dis­cov­ered the same spir­i­tu­al goal and des­tiny, or I would say the one Holy Spir­it that is guid­ing all of his­to­ry.” https://cac.org/jesus-and-buddha-2017–12-08/#gsc.tab=0
          Die Kon­se­quenz ist dann, dass auch die religiösen For­men ver­mis­cht und kom­biniert wer­den. Dies wider­spricht meines Eracht­ens der Lehre von Jesus und der Apos­tel und führt den Men­schen weg vom Evangelium.
          > Tren­nung von ‘Jesus’ von ‘Chris­tus’. Bere­its Ire­naeus hat­te davor gewarnt, ‘Chris­tus’ von ‘Jesus’ zu tren­nen: “But there are some who say that Jesus was mere­ly a recep­ta­cle of Christ…” https://www.newadvent.org/fathers/0103316.htm Dieses gnos­tis­che Konzept, wo der Men­sch Jesus lediglich der Träger des Göt­tlichen ist, find­est du auch in der Lehre von Mani. Hier wird Jesus erst bei sein­er Taufe zum Träger des göt­tlichen Licht­es. Die Manichäer waren auch strenge Veg­e­tari­er. Sie gin­gen davon aus, dass das göt­tliche Licht gefan­gen ist im natür­lichen ‘Fin­steren’. Ergo Veg­e­taris­mus, um das Licht im Natür­lichen möglichst nicht zu zer­stören… Rohr auf sein­er Seite wid­met sein Buch ‘Uni­ver­sal Christ’ seinem Hund Venus: “I can appro­pri­ate­ly say that Venus was Christ for me”. Der Chris­tus von Rohr ist weniger eine Per­son al sein Prozess “The Christ Mys­tery is not a one-time event, but an ongo­ing process through­out time—as con­stant as the light that fills the uni­verse”. Und Jesus ist für ihn lediglich eine his­torische Man­i­fes­ta­tion des Chris­tus, und nicht wirk­lich Gott: «Christ is God, and Jesus ist the Christ’s his­tor­i­cal man­i­fes­ta­tion in time». Dies degradiert Jesus zum reinen Träger des göt­tlichen. Zuge­spitzt aus­gedückt ist Jesus für Rohr nicht wesentlich mehr als sein Hund Venus. Der Men­sch bedarf für Rohr kein­er Erlö­sung, son­dern nur der richti­gen Erken­nt­nis sein­er innewohnen­den Göt­tlichkeit: «I have nev­er been sep­a­rate from God, nor can I be, exept in my mind». Das ist ziem­lich klas­sis­che Gno­sis. Rohr präsen­tiert meines Eracht­ens einen anderen Jesus, einen anderen Men­schen und eine andere Erlö­sung als diejenige welche ich in der Bibel vorfinde und in den altkirch­lichen Beken­nt­nis­sen bezeugt finde.
          Für eine einge­hen­dere Rück­mel­dung müsste ich mehr Zeit aufwen­den, denn Rohr ist nicht der Fokus dieses Artikels. Bis dahin lies doch mal den Text des aus­gewiese­nen Rohr-Ken­ners Dr. Johannes Hartl: https://danieloption.ch/glaube/abschied-von-einem-lehrer/

          Weshalb wer­den Zusam­men­hänge inter­pretiert, wo ich keine sehe (Bsp. oben, Jütte)?
          — Rufin spricht ja von Men­schen die behaupten, «der Sohn Gottes sehe oder erkenne den Vater nicht so, wie er selb­st vom Vater erkan­nt oder gese­hen wird» oder «sei geringer als der Vater». Genau das macht Jütte wenn er sagt, der Men­sch habe seit der Zeit Jesu dazugel­ernt, die The­olo­gie von Jesus könne man nicht automa­tisch für richtig hal­ten. Dann degradiert Jütte Jesus eben genau zu ein­er Per­son, welche den Durch­blick halt doch nicht so hat­te und dem die Erken­nt­nis halt doch da und dort fehlte. Er tut damit genau das was Rufin anprangerte: Jesus die göt­tliche Erken­nt­nis absprechen. Es tut mir leid, wenn du da keinen Zusam­men­hang siehst, aber ich sehe einen. Es ist mir wie dir wichtig, mein Forschen für die Gegen­wart frucht­bar zu machen. Deshalb schaffe ich auch Bezüge in die Gegen­wart, wenn ich mich mal mit der Ver­gan­gen­heit beschäftige.

          Soweit für Heute. Ich hoffe das diese Antworten zur Klärung dein­er Fra­gen beitra­gen. Hab mir jeden­falls mühe gegeben 🙂
          Geniess den Abend und deine Familie.
          Peti

          • Dave 4 Jahren ago

            Lieber Peti,
            Danke für die Zeit die du dir nochmals genom­men hast zur Beant­wor­tung mein­er Fra­gen. Ich habe auch gemerkt, was mich u.a. stört an manchen eur­er Beiträge. Du schreib­st, ich würde “gereizt” reagieren. Das ist eine per­sön­liche Inter­pre­ta­tion von dir und du heb­st damit von der Sache auf die Per­son ab. Genau das meine ich, wenn Jütte unter­stellt wird, dass für ihn ein Beken­nt­nis “belan­g­los” ist, weil er andere Ansicht­en dazu ver­tritt. Nun bin ich bei weit­em nicht immer einig mit Jütte’s the­ol­o­gis­chen Posi­tio­nen. Trotz­dem würde ich mir nicht anmassen zu sagen, dass ihm deswe­gen dies oder das egal ist. Das ist eine Ver­schiebung der Ebene in ein­er Diskus­sion, die ich nicht gutheisse und es würde mir leid tun, wenn ich dir das Gefühl gäbe, deine Per­son zu kritisieren.
            Die Posi­tion von Hartl zu Rohr kenne ich. Sie ver­mag mich nicht zu überzeu­gen. Die Doku­mente von Lau­sanne kenne ich eben­falls. Wie du sich­er weisst habe ich mich für eine umfan­gre­iche Forschungsar­beit während rund 1,5 Jahren mit den Doku­menten von Lau­sanne 74 bis heute inten­siv aus ver­schiede­nen Per­spek­tiv­en auseinan­derge­set­zt. Ich stelle mich voll und ganz hin­ter Lau­sanne III, Cape Town Com­mit­ment. Dazu kann ich also nicht mehr sagen. Wenn es dich inter­essiert, du find­est meine Arbeit hier: https://bit.ly/3fqZUwy
            Let­ztlich müssen wir uns wohl alle drei eingeste­hen, dass wir uns momen­tan wed­er in Anliegen noch Begrün­dung ver­ste­hen. Ich habe aber die escha­tol­o­gis­che Hoff­nung, dass wir dere­inst darüber schmun­zeln wer­den. Über unsere eige­nen Posi­tio­nen, die der anderen und über alle möglichen Speku­la­tio­nen. Im Sinne dieser escha­tol­o­gis­chen Hof­fung: Liebe Grüsse und Segen.

        • Peter Bruderer 4 Jahren ago
          Reply

          Dave.

          Wir haben vor 3 Monat­en darüber geschrieben, was für eine Stre­itkul­tur wir uns wün­schen und weshalb wir es als bess­er eracht­en mit klaren und über­prüf­baren Zitat­en zu arbeit­en. In der Wis­senschaft gehört offenes Ref­eren­zieren von Quellen zum Ein­maleins des guten Arbeit­ens. Das Ver­lin­ken von Quellen und das kor­rek­te Zitieren von konkreten Aus­sagen ermöglichen es dem Leser, diese selb­st zu über­prüfen und sich ein Bild zu machen, ob eine Quelle gut dargestellt wurde. Sie geben bei Kri­tik dem kri­tisierten die Möglichkeit, zu reagieren. Natür­lich muss es auch hier fair bleiben. Wir erleben lei­der von vie­len, wie sie mit wagen und unspez­i­fis­chen Aus­sagen dif­fuse Feind­bilder auf­bauen, welche ganze Per­so­n­en­grup­pen in Geisel­haft nehmen, ohne dass diese sich dage­gen wehren kön­nten. Das erachte ich als wesentlich prob­lema­tis­ch­er. Du hast Ste­fan Jütte ange­sprochen. Ste­fan teilt sel­ber ganz ordentlich aus, ich ste­he seit rund einem Jahr in gutem Kon­takt mit ihm und er hat bes­timmt kein Prob­lem damit, wenn ich mich zu Aus­sagen von ihm äussere. Hier noch der Artikel zur Stre­itkul­tur: https://danieloption.ch/glaube/einheit/streitkultur-wahrheitsliebe/
          Lau­sanne: Schön kannst du dich hin­ter Lau­sanne III stellen. Löst bei mir aber einiges an Fra­gen aus, wenn ich gewisse Pub­lika­tio­nen von dir mit den State­ments von Lau­sanne III ver­gle­iche – oder von Lau­sanne I. Nimm zum Beispiel das Schriftver­ständ­nis… Jeden­falls sind ja solche Beken­nt­nisse ger­ade deshalb hil­fre­ich, weil sie klärend wirken und Gespräche auch struk­turi­eren kön­nen. Deshalb finde ich die frühkirch­lichen Beken­nt­nisse auch so rel­e­vant. Deshalb hab ich auch mit viel Gewinn über das Apos­to­likum geforscht. Vielle­icht find­en wir ja mal Zeit, uns gemein­sam durchzuack­ern, zum Beispiel durch die Glaubens­grund­lage der SEA. Da finde ich dann her­aus, wie du es mit dem «stel­lvertre­tenden Opfer des men­schge­wor­de­nen Gottes­sohnes als einzige und all­genügsame Grund­lage der Erlö­sung» hast oder mit der «Recht­fer­ti­gung des Sün­ders allein durch die Gnade Gottes auf­grund des Glaubens an Chris­tus». Solche Aus­sagen sind eben auch abgren­zend, und nicht nur ein­gren­zend. Im Ernst — ein solch­es Gespräch kön­nte echt klärend sein.

          Hebs guet. Vielle­icht wieder mal in Diesen­hofen. Hab da grad ganz viele Baustellen…
          Peti

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