Die Feinde gewaltlos lieben ist möglicherweise eine der radikalsten Forderungen von Jesus an seine Jünger. Die ersten Christen lebten das aus und gewannen das Herz ganzer Nationen. Liegt vielleicht hier eine Lösung zur Kritik der Postmoderne an Religion und Gewalt?
Wir schreiben die Jahre AD 367–372. Christliche Familien aus dem gotischen Stamm der Terwingen zittern, wenn sie hören wie fremde Wagen sich ihrem Haus nähern. Der gotische Fürst Athananrich führt eine systematische Verfolgung der christlichen Minderheit im eigenen Volk durch. Dazu lässt er Wagen mit gotischen Götter-Bildern bestücken. Diese bereisen das Land und machen Halt vor den Häusern von Christen. Wer sich weigert, das Götter-Bild anzubeten, wird samt seiner Familie im eigenen Haus im Feuer verbrannt.
Die Goten-Christen schlagen nicht zurück. Sie rächen sich nicht. Vielmehr erzählen sie weiter von ihrem Glauben an Jesus Christus und gewinnen so das Herz ihrer gotischen Nachbarn. Es entsteht eine christliche Erweckung unter den Goten. Wie kam es an erster Stelle dazu, dass sich die Herzen dieser unbeugsamen und kriegerischen Goten dem christlichen Glauben zugewendet haben?
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Gewaltlosigkeit durch Gewissheit
Während ihrer Raubzüge ins römische Reich hinein, entführen die Goten unter anderem Christen aus Kappadozien (heutige Türkei) und machen sie zu ihren Sklaven. Der Geschichts-Schreiber Philostorgios beschreibt im Jahr 400 einen dieser gotischen Raubzüge:
Als sie sich, beladen mit reicher Beute, auf den Heimweg machten, führten sie eine Menge Menschen mit sich fort, unter denen sich auch eine grosse Anzahl von Geistlichen befand. Unter diesen Gefangenen waren auch viele Gläubige. Diese verkehrten mit den Barbaren und führten nicht wenige zum Glauben (…). Unter denen, die damals fortgeschleppt wurden, waren auch die Vorfahren Wulfilas, Kappadozier von Abstammung (zitiert in Sierszyn, 2000 Jahre Kirchengeschichte, Band 2, Seite 18)
Diese entführten Sklaven-Christen gewinnen gewaltlos die Herzen ihrer gotischen Herren. Erich Schnepel erklärt, dass diese Christen:
… in ihrer Gefangenschaft so tapfer und klar den Weg mit Jesus gingen, dass sie ihre gotischen Herren innerlich eroberten (Schnepel, Jesus im frühen Mittelalter, Seite 18)
Diese gewaltlose Feindesliebe muss den Goten, die zum christlichen Glauben kommen, dermassen Eindruck gemacht haben, dass sie später in der eigenen Verfolgung ebenfalls Gewaltlosigkeit statt Vergeltung wählen.
Die geistlichen Wurzeln dieser Gewaltlosigkeit gehen möglicherweise auf den 1. Petrusbrief zurück. Dieser Brief wurde unter anderem an die Christen in Kappadozien geschrieben (1. Petr 1:1) von denen einige zu gotischen Sklaven werden. In diesem Brief bereitet Petrus Christen auf die Verfolgung durch Feuer vor:
Geliebte, lasst euch durch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur Prüfung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes (1. Petr 4:12)
Diese Feuer-Prüfungen werden mit dem einen und einzig wahren Gott, Jesus Christus in Verbindung gebracht:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten… Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, auf dass euer Glaube bewährt und viel kostbarer befunden werde als vergängliches Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. (1. Petr 1:3 und 1. Petr 1:6–7)
Es ist der tiefe Glaube an den einzig wahren Gott, der sich in Christus offenbart hat, der für diese Christen die Kraftquelle für ein gewaltloses Leben mitten im Feuer der Verfolgung war.
Wie ich später im Artikel zeigen werde, haben wir hier etwas, das die postmoderne Ideologie nicht einzuordnen vermag. Denn diese geht davon aus, dass Absolutheitsansprüche zwangsläufig zu Gewaltausübung führen. Doch bei diesen Christen erleben wir gerade die Umkehrung dieser Annahme. Hier haben wir Menschen, die mit einem religiösen Absolutheitsanspruch glauben, der sie aber nicht in die Gewaltausübung führt, sondern im Gegenteil in eine Fähigkeit, Gewalt zu erdulden!
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Jesus und Gewaltlosigkeit
Dies alles geht auf die Lehre und das Leben von Jesus Christus zurück. Jesus setzt sich der Gewalt seiner Feinde aus, indem er sich ans Kreuz nageln lässt, ohne mit Gegengewalt zu antworten. Dies entspricht ganz seiner Lehre:
Ihr wisst, dass es heißt: ›Du sollst deine Mitmenschen lieben, und du sollst deine Feinde hassen.‹ Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, und betet für die, die euch verfolgen. Damit erweist ihr euch als Söhne eures Vaters im Himmel. (Mt 5:43–45)
Die Kirche hat seit jeher mit der fast unmöglichen Anforderung gerungen, die Jesus hier an seine Nachfolger stellt. Doch die ersten christlichen Lehrer und Kirchenväter lehrten aufgrund dieser Aussage von Jesus unmissverständlich, dass Christen gewaltlos leben sollen, selbst im Angesicht von Verfolgung. Wir lesen zum Beispiel in einem der ersten Lehr-Dokumente der Kirchenväter (spätes erstes oder frühes zweites Jahrhundert):
Es gibt zwei Wege, einer zum Leben und einer zum Tod, aber es gibt einen grossen Unterschied zwischen beiden Wegen. Der Weg zum Leben ist dieser: Zuallererst sollst du Gott lieben, der dich geschaffen hat, zweitens deinen Nachbarn wie dich selbst. Segne wer dich verflucht und bete für deine Feinde. Denn welchen Dank gibt es, wenn du nur liebst, wer dich liebt? Tun das nicht auch die Heiden? Du aber liebe wer dich hasst, dann wirst du keinen Feind mehr haben. (Ausschnitte aus der Didache Kapitel 1, eigene Übersetzung)
Gewaltlosigkeit wird hier — wie auch bei Jesus — als ein Merkmal bezeichnet, welches Christen von allen anderen Menschen unterscheiden soll! Eben: Gewaltlose Feindesliebe gehört zur DNA der christlichen Gemeinde. Petrus hat das verstanden, und hat es an die Christen in Kappadozien vermittelt, welche es ihrerseits den Goten vorgelebt haben, sodass sie auch danach lebten.
Eine wichtige Komponente welche den Christen half, gewaltlose Feindesliebe zu leben, ist ihre Überzeugung, dass Gott Gerechtigkeit bringen wird, und sie sich deshalb nicht rächen müssen:
Rächt euch nicht selbst, liebe Freunde, sondern überlasst die Rache dem Zorn Gottes. Denn es heißt in der Schrift: »Das Unrecht zu rächen ist meine Sache, sagt der Herr; ich werde Vergeltung üben.« (Röm 12:18–19)
Wenn angegriffene Menschen die Ausübung von ausgleichender Gerechtigkeit in die eigene Hand nehmen, ist die Gefahr gross, dass sie zusätzliche Ungerechtigkeit und Gewalt tun. Und schon beginnt die Gewalt-Spirale!
Christen sagen bei Gewalt und Ungerechtigkeit nicht “Schwamm drüber, es ist nicht so schlimm” sondern “Es ist schlimm, aber nicht ich, sondern Gott sorgt zu seiner Zeit und auf seine Art für Gerechtigkeit”.
Auch hier haben wir wieder diese klare Einsicht, welche jeder postmodernen Ideologie unsinnig scheint: Menschen haben einen religiösen Glauben an etwas Absolutes (der Gerechtigkeit-bringende einzige Richter der Welt) und dieser Glaube führt dazu, dass sie selber keine Gewalt ausüben.
Triumphbogen des Titus am Forum Romanum in Rom — unsplash
Die Herausforderung des Staats-Christentums
Als das Christentum Ende des vierten Jahrhunderts zur ‘Staatsreligion’ erklärt wird, müssen diese Themen nochmals ganz neu durchdacht werden. Plötzlich wird alles komplexer als vorher, weil es schwer vorstellbar ist, dass ein Staat so gänzlich ohne Armee und Gewalt auskommt. Wie soll denn ein ‘christlicher Staat’ agieren, wenn die Lehre Christi Gewaltlosigkeit zu fordern scheint? Und wie agieren, wenn der Weg zu staatlicher Macht ein Sieg mittels Gewaltlosigkeit war?
Die Fragestellungen des Staats-Christentums müssen in einem anderen Artikel behandelt werden. Darf zum Beispiel ein präventiver Angriff zum Schutz der Zivilbevölkerung ausgeübt werden? Hat denn eigentlich Gott selbst immer gewaltlos agiert? Wie sollen hier gewisse Stellen im Alten Testament (und Neuen!) verstanden werden? Durfte US-Präsident Trump den iranischen General töten oder nicht?
In diesem Artikel beschränke ich mich auf Situationen, die einigermassen äquivalent zur Situation der Christen vor dem Staats-Christentum war. Ich würde sagen, dass unsere Situation in West-Europa ähnlich ist, weil wir als Christen ohne Staatsmacht agieren. Wie reagieren wir in West-Europa als Gemeinden und als einzelne Christen, wenn uns aus antichristlichen Gründen Gewalt angetan wird?
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Christliche Antwort auf Gewalt in Westeuropa
Gemäss einem aktuellen Bericht des Gatesone Institute haben antichristliche Angriffe in Europa signifikant zugenommen. Mir ist das persönlich in den letzten Monaten auch aufgefallen, noch bevor ich diesen Artikel gelesen habe. Ich nenne einige Beispiele aus dem Schweizerisch-Deutschen Kontext:
- Ausschreitungen im Zusammenhang des ‘Marsch fürs Läbe’ in Zürich, September 2019
- Vandalisierung eines Ladenlokals der Firma Läderach Oktober 2019
- Störung eines Gottesdienstes in Basel am Heiligabend 2019
- Brand-Anschlag auf Gebäude und Bus der ‘TOS’ christlichen Gemeinde in Tübingen am 27. Dezember 2019 (Die Feuer-Stellen im 1. Petrus-Brief lassen grüssen…)
- Farb-Anschlag auf die katholische Kirche St. Elisabeth-Kirche in Berlin-Schöneberg in der Nacht auf den 9. Januar 2020
Christen sollten in diesen Situationen das ausleben, was Jesus und die ersten Christen gelehrt und vorgelebt haben. Anstatt auf Vergeltung aus zu sein, sollte die gewaltlose Feindesliebe ihr Handeln bestimmen. Dies hat das enorme Potential, die Herzen der Menschen, die ihnen Gewalt angetan haben, mit der Liebe von Jesus zu erreichen.
Leider gibt es noch heute Christen, die zur Gewalt greifen. Im Moment scheint dies ausserhalb von Europa stattzufinden (hier ein Beispiel). Auch hier müssen wir festhalten, dass Gewalt auf keinen Fall der Jesus-Weg ist.
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Gewalt in Diskursen und online-Kommunikation
Ein Ort wo Gewalt ausgeübt werden kann, ist in der Kommunikation, besonders in den sozialen Medien.
Der Ton mancher Diskussion entlarvt die Sehnsucht der Diskussionspartner nach ‘Vergeltung’ — man will ein Streitgespräch gewinnen und nicht das Herz des Gegenübers. Man missrepräsentiert den Gesprächspartner.
Wir leben im Zeitalter des Internets welches Spotten und Verachtung einfach und gleichzeitig guten Diskurs schwierig macht. Deshalb müssen wir der grossen kulturellen Versuchung widerstehen, Spötter zu werden. (Tim Keller am 10. Januar 2020, eigene Übersetzung)
Wichtig ist an dieser Stelle, dass gewaltlose Kommunikation nicht bedeutet, dass man mit allem einverstanden sein muss, was der Diskurspartner sagt. Der Diskurs mag sogar angeregt verlaufen und es kann sich immer noch um gewaltlose Kommunikation handeln. Ich persönlich glaube, dass wir manchmal vehement anderer Meinung sein können als der Gesprächspartner, weil man diesen Gesprächspartner liebt!
Gewalt in der Kommunikation entsteht unter anderem in der Absicht, in der man etwas sagt. Wenn ich leise und subtil bin, um den anderen schlecht darzustellen oder dessen Ruf zu schädigen, übe ich auch Gewalt aus, einfach auf leise und subtile Art. Subtil, untergrabend oder unterwandernd agieren kann genauso Gewalt-ausübend sein wie aggressives, lautes und nicht-zuhörendes Reden, welche das Gegenüber nicht zu Wort kommen lassen will, den anderen nicht wirklich kennenlernen und ernst nehmen will.
Ich plädiere für einen offenen, ehrlichen und gerne auch angeregten Diskurs, in dem Meinungs-Unterschiede nicht unter den Boden gewischt oder ignoriert werden. Eine solche Kommunikation ist nicht von rhetorischer Gewalt bestimmt, sondern nimmt das Gegenüber mit dessen Meinung, Meinungsähnlichkeiten und Meinungsunterschieden ernst.
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Postmoderne, Absolutheitsansprüche und religiöse Gewalt
Das Thema der Gewalt hat immense Relevanz für die postmoderne Gesellschaft, welche glaubt, dass eine Ideologie, die einen Absolutheitsanspruch erhebt, ihren Standpunkt letztendlich mit Gewalt durchsetzen wird. Man sollte diesen Eindruck nicht vorschnell von der Hand weisen. Immerhin haben wir im 20. Jahrhundert von Europa ausgehend unter anderem wegen Ideologien mit Absolutheitsanspruch zwei Weltkriege vom Zaun gerissen. Die Postmoderne ist ein Protest und radikaler Widerspruch gegen alle totalitären religiösen und politischen Systeme.
Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz bringt in einem ausgezeichneten Vortrag einige wichtige Wesenszüge der Postmoderne zum Ausdruck. So liebt die Postmoderne Perspektiven, und diese dürfen durchaus widersprüchlich sein. Jede Perspektive zu einem Thema muss widerspruchslos stehen gelassen werden. Das postmoderne Mantra lautet: Gelten lassen, und zwar ohne zu werten. Deshalb ist auch das Nutzen unseres Verstandes dem postmodernen Menschen suspekt, denn der Verstand begeht zwei ‘Sünden’: die Sünde der Wertung und die Sünde des Absolutheitsanspruchs:
- Wer den Verstand benutzt, um eine Wahrheit zu finden, stuft die anderen Meinungen damit automatisch als falsch ein und wertet sie damit. Das ist ein postmodernes ’no go’.
- Das zweite Problem ist, dass der Verstand selektierend wirkt. Damit ist gemeint: Das Finden der wahren Meinung führt automatisch zum Ausschluss aller anderen, nicht-wahren Meinungen. Der Verstand macht eine Engführung von vielen Meinungen auf eine Wahrheit. Damit erhebt der Verstand letztlich einen Absolutheitsanspruch. Die nicht-wahren Meinungen haben dann keine Existenz-Berechtigung und dürfen — so die Annahme der postmodernen Ideologie — notfalls mit argumentativer, psychischer oder physischer Gewalt angegangen werden.
Für die Postmoderne sind deshalb alle Disziplinen problematisch, die stark auf dem Gebrauch des Verstandes und dessen Engführung auf eine Wahrheit beruhen. Dazu gehören die klassische Theologie und Philosophie. Dazu gehört jeder Versuch einer übergeordneten Geschichts-Erzählung (Metanarrativ) welche andere oder untergeordnete Erzählungen werten oder ausblenden. Dazu gehören Religionen, die auf einen einzigen Gott zurückgehen. Die monotheistischen Religionen, insbesondere auch das klassische Christentum, kommen da total schlecht weg, und werden als Religionen mit hohem Potential zur Gewalt eingestuft. Leider ist tatsächlich in der Vergangenheit im Namen des Christentum Gewalt ausgeübt worden, und leider findet dies auch in der Gegenwart statt.
Ich will hier nicht eine Kritik der Postmoderne machen — andere wie Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz machen das viel besser. Was ich bemerken will ist aber Folgendes: Die ersten Christen verzichteten auf Gewalt gerade WEIL sie an den einen, einzigen Gott glaubten! Die ersten Christen glaubten an den einen Gott der Bibel, der sich in Jesus Christus am Kreuz der Gewalt der Menschen hingibt. Es war dieser Glaube mit Absolutheitsanspruch, der den ersten Christen die Fähigkeit gab, auf Gewalt mit gewaltloser Feindesliebe zu reagieren!
Wir haben es hier mit einem einzigartigen Kuriosum zu tun, welches für das postmoderne Denken schlicht undenkbar ist. Ich behaupte: Nicht jeder Absolutheitsanspruch führt zwangsläufig zu Gewalt. Nicht jeder Monotheimus, nicht jedes theologische Metanarrativ, nicht jeder Gebrauch des Verstandes endet in Gewalt.
Wenn das, was ich behaupte, stichhaltig ist, dann ist das Problem unserer Gesellschaft nicht religiöser Absolutheitsanspruch, sondern der Glaube an etwas Falsches. Ich wage es, einen Schritt weiter zu gehen: Erst wenn der Mensch dem einen wahren und einen Gott in Jesus Christus begegnet, ist er in der Lage, Feindesliebe real zu leben. Immerhin ist Jesus Christus der Friedensfürst der Welt (Jes 9:5). Erst dann wird der Mensch durch diesen Glauben befähigt, auf Vergeltung zu verzichten und zu lieben, wer ihn hasst.
Die postmoderne Ideologie hingegen hat nicht die Kraft, in die Gewaltlosigkeit zu führen. Im Gegenteil — es ist auch bei der Postmoderne zu befürchten, dass sie wie viele andere Ideologien in der Gewalt-Ausübung endet. Leider gibt es Anzeichen, dass dies im Kleinen bereits geschieht. Denn die christliche Weigerung, das Relative als das ’neue Absolute’ anzuerkennen, ist mit ein Grund für die Wut gewisser politisch links ausgerichteter Gruppen auf Christen. Im Fall des Brand-Anschlags auf die TOS und des Farb-Anschlags auf die St. Elisabeth-Kirche liegen Bekennerschreiben aus ‘feministisch autonomen Zellen’ vor, welche die Anschläge unter anderem mit dem Engagement der betroffenen Kirchgemeinden für die Lebensrechte Ungeborener begründen.
Vor diesem Hintergrund stehen auch die weiter oben im Artikel erwähnten Beispiele aus der Schweiz und Deutschland. Achtung: Auch auf der politischen Rechte gibt es bei gewissen Gruppen Ausübung von Gewalt. Die Gemeinde von Jesus sollte sich jenseits von nur politisch links oder rechts aufhalten, wie der Leitartikel von Emanuel Hunziker aufzeigt und erst recht von der Gewaltausübung dieser Gruppen.
Was unsere westliche Welt braucht ist nicht die postmoderne Ausradierung jeglicher Vernunft, nicht die Auslöschung jeglicher Unterschiede, nicht die Gleichberechtigung jeder erdenklichen Perspektive und Meinung. Was unsere westliche Welt braucht ist das Finden jener einen Perspektive, welche tatsächlich fähig macht, selbst die Feinde zu lieben. Und diese Perspektive finden wir ausgelebt in der Christenheit der ersten Jahrhunderte.
Hier sehe ich eine der wichtigsten Gründe, warum die christliche Gemeinde unserer Zeit ihren Glauben solide und stabil gründen soll. Christen sollen nicht zum Zweifeln animiert werden, was im Moment leider viele tun. Nein, was wir brauchen ist tiefe Gewissheit zu finden im Glauben an den einen wahren Gott, der uns fähig macht, Menschen, die sich zu unseren ‘Gegnern’ machen, zu lieben. Nur diese aktiv gelebte Liebe, die mitunter einen hohen Preis kosten kann, hat die Kraft die selbstzerstörerischen Mechanismen der Postmoderne zu durchbrechen und die letztlich (zum Teil berechtigterweise) zynische Seele des postmodernen Menschen zu erobern mit der Liebe des einen wahren Friedefürsten: Jesus Christus!
Titelbild: iStock / Montage: Peter Bruderer
Während Vorbereitungen für den Geschichtsunterricht, ist mir aufgefallen, dass die erstaunlich friedliche Entstehung des modernen Schweizer Bundesstaats zu grossen Teilen darauf beruht, dass es damals Verantwortungsträger wie General Guillaume Henri Dufour und einige von ihm ernannte Offiziere gab, welche dieses Prinzip der “Gewaltlosen Feindesliebe” auf die militärischen Feldzüge im Sonderbundskrieg übertrugen. Das beachtenswerte Lebenswerk von Dufour beinhaltete die komplette kartographische Erfassung der damaligen Schweiz (womit es ihm gelang alle z.T. zerstrittenen Kantone für dieses Projekt zu vereinen) und gipfelte schliesslich in der Mitbegründung des IKRK, das er als erster präsidierte. Auch wenn über seinen Glauben in der Öffentlichkeit nicht viel zu lesen und hören ist, so gibt es für mich keine andere plausible Erklärung, als dass Dufour das Prinzip der “Gewaltlosigkeit gegenüber dem Feind” in der Nachfolge von Jesus Christus so radikal, unbeugsam und konsequent ausleben konnte. (ausgewählte Quellen bestätigen dies)
Ich kann seine Biographie daher jeder/jedem empfehlen, der nach einer realen (christlichen) Antwort auf viele der heutigen politischen, sozialen und militärischen Probleme sucht. Das SRF hat zu Dufour vor einigen Jahren auch einen Serienbeitrag erstellt: https://www.srf.ch/play/tv/die-schweizer/video/der-general-der-die-schweiz-rettete-guillaume-henri-dufour?id=b9dd57d2-6618–455f-a049-43bd2827e8e2