Die evangelikalen Post-Evangelikalen

Lesezeit: 10 Minuten
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by Paul Bruderer | 14. Mrz. 2021 | 16 comments

Post-Evan­ge­likale lesen die Bibel dif­feren­ziert, lieben Ganzheitlichkeit, sind weltof­fen, set­zen Beziehung vor Organ­i­sa­tion, suchen ein glaub­würdi­ges Christ­sein und haben die Liebe Gottes als Haup­tantrieb im Glauben. Evan­ge­likale, von denen sich Post-Evan­ge­likale abgren­zen, lesen demzu­folge die Bibel ver­mut­lich undif­feren­ziert, sind ein­seit­ig geistlich und gegen soziales Engage­ment, sehen die Welt als böse, set­zen Struk­turen vor Men­schen, leben ein unglaub­würdi­ges Christ­sein und ken­nen vor allem einen strafend­en Gott. 

Ich befasse und iden­ti­fiziere mich seit mitunter Jahrzehn­ten mit einem ganzheitlichen Ver­ständ­nis des Evan­geli­ums. In ein­er kür­zlich veröf­fentlicht­en kleinen Serie von Artikeln, habe ich diese christliche Ganzheitlichkeit skizziert und begrün­det (Teil 1, Teil 2, Teil 3):

  • Chris­ten sind Empfänger von einem unglaublich umfassenden Heil­sange­bot Gottes in allen Dimen­sio­nen des Seins: Geistlich, sozial, poli­tisch, wirtschaftlich und ökol­o­gisch.
  • Chris­ten sind Beauf­tragte in densel­ben Dimen­sio­nen den Men­schen, der Gesellschaft und ganzen Schöp­fung im Sinne Jesu Christi zu dienen.

Das The­ma der Ganzheitlichkeit ist span­nend, weil es aktuell in inner­christlichen Kon­tro­ver­sen und Umwälzun­gen öfters als Argu­ment ins Feld geführt wird. Dies ist der Fall in der Pod­cast Rei­he von Worthaus ‘Das Wort und das Fleisch’, das ich soeben in einem Artikel hin­ter­fragt habe. Ich möchte in diesem zweit­en Artikel erk­lären, was ich mir von the­ol­o­gis­chen und christlichen Influ­encer wün­sche anhand eines Beispiels.

Post-Evangelikale und Ganzheitlichkeit

Ver­gan­ge­nes Jahr las ich, wie Dr. Lukas Amstutz Post-Evan­ge­likale definiert. Das sind Chris­ten, die sich in ihrem Ver­ständ­nis so weit von der evan­ge­likalen Bewe­gung dis­tanziert haben, dass sich ihre Selb­st­beze­ich­nung über Abgren­zung gegenüber Evan­ge­likalen definiert. Sie nen­nen sich Post- also Nach- oder Nicht-Mehr-Evan­ge­likal. Amstutz nen­nt 6 Merk­male von Post-Evangelikalen:

  1. Die Bibel und ihre Ausle­gung. Post-Evan­ge­likale beschäftigt die Unter­schiedlichkeit bib­lis­ch­er Texte mit ihren teils span­nungsvollen Aus­sagen. Ein­sicht­en der Bibel­wis­senschaften helfen ihnen, die Texte in ihrem Kon­text zu lesen und ihre Weisheit in mod­erne Lebenswel­ten zu übersetzen.
  2. Ganzheitlich­es Evan­geli­um Post-Evan­ge­likale sor­gen sich nicht primär um das «See­len­heil», son­dern erwarten, dass die gute Nachricht vom Reich Gottes bere­its heute zu einem christlichen Lebensstil ans­tiftet, der auch soziale und ökol­o­gis­che Gerechtigkeit umfasst.
  3. Das Ver­hält­nis zur Welt. Post-Evan­ge­likale erleben, dass auch ausser­halb der Kirchen viel Gutes geschieht. Sie erken­nen darin das Wirken Gottes und sind bere­it, Wege des Miteinan­ders zu suchen, die ein friedlich­es Zusam­men­leben fördern.
  4. Gemein­schaft vor Struk­turen. Post-Evan­ge­likale pfle­gen neue For­men von Gemein­schaften, die Grup­pen­zuge­hörigkeit mit Flex­i­bil­ität, Authen­tiz­ität, Respekt vor der per­sön­lichen Indi­vid­u­al­ität und Platz für Scheit­ern zu verbinden suchen.
  5. Glaub­würdi­ges Christ­sein. Post-Evan­ge­likale scheuen sich nicht, Fra­gen und Zweifel offen zu for­mulieren. Schnellen und ein­fachen Antworten mis­strauen sie. Sie ziehen es vor, mit gewis­sen Span­nun­gen und Brüchen zu leben, anstatt eine christliche Dop­pel­moral zu leben.
  6. Die Liebe Gottes als Haup­tantrieb. Post-Evan­ge­likale lassen sich von der Liebe Gottes motivieren, ihren Glauben mit anderen zu teilen. In dieser Liebe sehen sie auch ihre Offen­heit gegenüber anderen Lebensen­twür­fen und –for­men begründet.

Als ich diese Merk­male las, dachte ich verblüfft: Ich muss wohl ein Post-Evan­ge­likaler sein! Denn ich kon­nte mich sofort und ohne zu zögern mit allen 6 Punk­ten iden­ti­fizieren und mit 80–90% der beschriebe­nen Aus­sagen. Mein näch­ster Gedanke war: Amstutz beschreibt hier Dinge, die auch auf viele Evan­ge­likale zutr­e­f­fen. Die von Amstutz beschriebe­nen Post-Evan­ge­likalen sind verdächtig evangelikal!

Ich ver­mute, dass Amstutz hier nicht seine eigene Mei­n­ung kund­tut, son­dern lediglich zu beschreiben sucht, was Post-Evan­ge­likale sagen. Was Amstutz in seinem kurzen Artikel son­st noch schreibt, finde ich echt gut. Mehr dazu später. Doch es fällt auf, dass er diese Selb­st-Aus­sagen von Post-Evan­ge­likalen in kein­er Weise kri­tisch hin­ter­fragt. Damit lässt er das häu­fig erzählte, anti-evan­ge­likale Nar­ra­tiv kri­tik­los weit­er­laufen. Das darf man selb­stver­ständlich tun. Aber ich plädiere hier für einen etwas anderen Weg.

Was ich meine, erk­läre ich am Beispiel des zweit­en Merk­mals, in dem es um Ganzheitlichkeit gehtGanzheitlichkeit ist gemäss Amstutz ein Merk­mal von Post-Evan­ge­likalen in ihrer Unter­schei­dung zu Evan­ge­likalen. Wenn das stimmt, dann haben Evan­ge­likale nur noch eine Rolle die sie spie­len dür­fen. Sie dür­fen anti-ganzheitlich sein. Sie dür­fen das Klis­chee leben, worin sie die geistliche Dimen­sion auf Kosten der anderen Dimen­sio­nen beto­nen. Sie dür­fen jen­seits­be­zo­gen und deshalb welt­fremd sein. Aber Ganzheitlichkeit, und dem entsprechend auch Weltof­fen­heit, ist für jene reserviert, die den Glauben in Abgren­zung zu Evan­ge­likalen leben.

Dieses Bild verblüfft insofern, weil die evan­ge­likale Bewe­gung seit jeher mit sozialem Engage­ment und Welt­gestal­tung des Reich­es Gottes in Verbindung gebracht wird.

Evangelikale und Ganzheitlichkeit

Dr. Roland Wern­er erk­lärt in einem Pod­cast, dass der Begriff ‘evan­ge­likal’ respek­tive ‘evan­gel­i­cal’ aus Eng­land kommt, wo im 18. Jahrhun­dert die anglikanis­chen The­olo­gen John Wes­ley und Charles Wes­ley ihren erweck­lichen Glauben eini­gen sozial benachteiligten Gesellschaftschicht­en bracht­en. Sie dien­ten also in der geistlichen Dimen­sion, aber weil sie dies gegenüber sozial Benachteiligten tat­en, war es auch ein Dienst in der sozialen Dimen­sion. Wern­er dazu:

Das hat natür­lich vom Vorn­here­in inner­halb dieser Erweck­ungs­be­we­gung, die dann später zur ‘evangelical’-Bewegung geführt hat, ein Bewusst­sein für die soziale Not und für die Ungerechtigkeit­en in Eng­land geführt (Wern­er Was ist evan­ge­likal? Zeit­mark­er 11:55)

Ein­er der Schüler der Wes­leys ist William Wilber­force, der zusam­men mit Ver­bün­de­ten aus­drück­lich als ‘evan­gel­i­cal’ poli­tisch aktiv wird und die Abschaf­fung der Sklaverei und des Sklaven­han­dels in Eng­land durchsetzte:

Wes­ley hat auf seinem Ster­be­bett qua­si Wilber­force nochmals als jun­gen Mann bestätigt in diesem Auf­trag und gesagt, er soll ja nicht aufgeben, bis dieses durchge­führt wird. Also bis sozusagen das Britis­che Empire die Sklaverei abschafft. (Wern­er Was ist evan­ge­likal? 12:45)

Die Argu­mente im Britis­chen Par­la­ment waren u.a. wirtschaftlich­er Natur. Man argu­men­tierte, dass man die Sklaven aus wirtschaftlichen Grün­den unbe­d­ingt brauchte. Kurz vor seinem Tod erlebt Wilber­force, der für sein ganzheitlich­es Engage­ment viel ein­steck­en musste, dass die Sklaverei im Englis­chen Imperi­um ver­boten wird. Ein Mit­stre­it­er von Wilber­force in dieser Sache ist Fow­ell Bux­ton, dessen Nachkom­men das stat­tliche Gut der Bux­tons an die the­ol­o­gis­che Aus­bil­dungsstätte ver­ma­chte, die ich Ende der 90-er Jahre besuchte. Das All Nations Chris­t­ian Col­lege betont die Bedeu­tung der ganzheitlichen (oder holis­tis­chen) Mis­sion von uns Christen.

Die evan­ge­likale Bewe­gung hat immer wieder ein ganzheitlich­es Engage­ment gezeigt. Dies set­zt sich inner­halb und durch die Lau­san­ner Bewe­gung fort, wie im let­zten Artikel skizziert wird. Die Lau­san­ner Bewe­gung hat sich auf die Fahne geschrieben, dass die ganze Kirche das ganze Evan­geli­um in die ganze Welt hin­aus­trägt. Man spürt die Ganzheitlichkeit aus allen Poren spriessen!

Der Kirchen­ver­band in dem ich arbeite, geht auf Chris­t­ian Friedrich Spit­tler zurück, der in Wort und Tat aktiv war. Spit­tler hat Organ­i­sa­tio­nen gegrün­det, die der Ver­bre­itung der Botschaft von Jesus gewid­met waren, u.a. die Basler Mis­sion, die Pil­ger­mis­sion St. Chrischona, eine Trak­tat­ge­sellschaft, Buch­hand­lung, einen Ver­lag. Der­selbe Spit­tler kaufte 1827 eine Anzahl griechis­che Kinder aus türkisch­er Sklaverei los, war u.a. Mit­be­grün­der des Basler Kinder­spi­tals, Grün­der ein­er Lehrerbil­dungsanstalt, ein­er Taub­s­tum­me­nanstalt und eines Alter­sheims für Dien­st­boten. Wie cool ist denn das alles?! Der Pietist Spit­tler und seine Werke waren stark von evan­ge­likalen Chris­ten in Eng­land inspiri­ert und lebten das typ­is­che ganzheitliche Engage­ment für Jesus Christus.

Evan­ge­likale Chris­ten dienen sowohl mit dem Wort, wie auch mit der Tat. Nur das Wort allein — das ist nicht ganzheitlich. Nur die Tat allein — das ist auch nicht ganzheitlich. Erst der Dienst in allen 5 Dimen­sio­nen, ist ganzheitlich.

Was stimmt jetzt?

Wer sich dieses Bild vor Augen malt, spürt vielle­icht etwas von mein­er Per­plex­ität, als Lukas Amstutz kom­men­tar­los ‘Ganzheitlichkeit’ als ein Merk­mal von Chris­ten auf­führt, die sich von der evan­ge­likalen Bewe­gung abgren­zen und Ganzheitlichkeit auf ihre eigene Fahne schreiben. Sind Post-Evan­ge­likale für Ganzheitlichkeit und Evan­ge­likale dage­gen? Was stimmt denn jetzt?

Ich glaube erstens, dass es ein mitunter bewusst einge­set­ztes Nar­ra­tiv gibt, das die evan­ge­likale Bewe­gung diskred­i­tieren möchte. Über die Gründe dafür zu schreiben, ist hier kein Platz. Ich sehe Amstutz da auch nicht als eine beteiligte Per­son, son­dern ich möchte in diesem Artikel beispiel­haft zeigen, was ich mir wün­sche und für wichtig halte in Sachen Kom­mu­nika­tion. Selb­stver­ständlich kann man nie­man­dem vorschreiben, wie er über andere zu reden hat. Insofern kön­nen Evan­ge­likale über die aktuell vorhan­de­nen Ver­suche, sie zu neg­a­tiv zu fra­men, ganz entspan­nt sein. Wir kön­nen vielle­icht über das Label, das Wort ‘evan­ge­likal’ reden. Behal­ten wir es? Ist es nach Trump ‘ver­bran­nt’? Suchen wir ein anderes Label? Falls wir dies tun, sollte es aber das­selbe Erbe ref­eren­zieren, wie bish­er das Wort ‘evan­ge­likal’. Ein neues Wort sollte nicht ein heim­lich­er Weg sein, sub­tile aber sig­nifikante the­ol­o­gis­che Shifts einzuschmuggeln. Ich sage das, weil ich glaube, dass die Kri­tik nicht nur eine Kri­tik am Label (wegen dessen neg­a­tiv­er Presse), son­dern mitunter auch eine Kri­tik an der the­ol­o­gis­chen und geistlichen Sub­stanz ist. Diese Art von Kri­tik wird man nicht durch ein neues Label los, son­dern nur indem man die eigene The­olo­gie ändert. Und das wollen nun­mal manche von uns nicht tun.

Zweit­ens denke ich, dass manche Poste­van­ge­likale in eini­gen Punk­ten inhaltliche “Schmarotzer” sind. Sie schmück­en sich mit frem­den, evan­ge­likalen Fed­ern. Wenn Evan­ge­likale bish­er als ganzheitliche Welt­gestal­ter im Sinne Jesu aktiv waren, und Post-Evan­ge­likale plöt­zlich sagen, sie seien das, dann ist das ein ide­ol­o­gis­ch­er Raub­bau. Schön­er und ehrlich­er wäre es zu sagen, dass sich Post-Evan­ge­likale an bedeu­tungsvollen Punk­ten mit ihren evan­ge­likalen Wurzeln einig sind. Oder dass sie in ihrer evan­ge­likalen Herkun­ft wichtige geistliche Inspi­ra­tion find­en, die ihren Glauben neu belebt, z.B. in Bezug auf Ganzheitlichkeit. Aber das wür­den sie wohl nie tun, denn sie gehen ja auf Abstand zu ihrem evan­ge­likalen Erbe.

Also was ist hier los? Ich erahne einiges, möchte hier aber nur eines erwäh­nen. Wir sind nicht mehr in den 1970-er Jahren. Die west­liche Welt hat sich 50 Jahre weit­er in eine Rich­tung entwick­elt. Dies führt dazu, dass Nichtchris­ten, junge Chris­ten und ein­fach ‘Men­schen unser­er Zeit’ viel mehr Anfra­gen an den christlichen Glauben haben. Was früher klar war, ist es jet­zt nicht mehr. Das ‘Christliche’ ist nicht mehr plau­si­bel, und zwar bis in die Fun­da­mente hinein. Man hat auch fast kein Geschichtsver­ständ­nis mehr. Welche Post-Evan­ge­likalen haben sich denn inten­siv mit z.B. der Lau­san­ner Bewe­gung auseinan­derge­set­zt? Ver­mut­lich wenige. Und welche Chris­ten haben sich mit den Chris­ten der ersten Jahrhun­derte befasst, welche auch eine erstaunlich engagierte soziale DNA gelebt haben? Auch nicht so viele.

Natür­lich gibt es in evan­ge­likalen Gemein­schaften diese Grup­pen und Per­so­n­en, welche die Bibel undif­feren­ziert lesen, gegen Ganzheitlichkeit sind, weltver­schlossen bleiben usw. Vielle­icht sind die Post-Evan­ge­likalen solchen Leuten begeg­net und reagieren gegen diese unge­sun­den Aus­prä­gun­gen in der großen und vielfälti­gen evan­ge­likalen Land­schaft. Umso wichtiger wäre es, die wirk­lichen evan­ge­likalen Wurzeln wieder zu ent­deck­en. Ein guter Weg dazu schlägt Amstutz vor:

Wichtig ist, dass es Räume gibt, in denen post-evan­ge­likale Anfra­gen ehrlich und fair zur Sprache kom­men. Anson­sten schle­ichen Post-Evan­ge­likale früher oder später auf leisen Sohlen aus den Kirchen. (Lukas Amstutz)

Ich bin mit Amstutz ein­ver­standen und möchte darum drit­tens sagen: Schaf­fen wir in allen evan­ge­likalen Gemein­schaften Räume, in denen unsere Jugend, unsere Zwei­fler, Denker und Fra­gen­den ihre Gedanken wirk­lich äussern kön­nen. Und erschla­gen wir ihre Fra­gen nicht mit vorschnellen, plat­ten Antworten, son­dern treten wir in eine beglei­t­ende, liebevolle Beziehung mit ihnen ein. In der Bibel sehen wir, dass Gott kein Prob­lem mit ehrlich fra­gen­den Gläu­bi­gen hat. Im Gegen­teil kri­tisiert Gott unehrliche Religion.

In unser­er Gemeinde machen wir Abende mit dem Titel ‘Keine Frage ist tabu’. Aber noch wichtiger als diese Abende sind die per­sön­lichen Gespräche. In diesen erlebe ich, wie Chris­ten und Nichtchris­ten sich trauen, ihre wirk­lichen Zweifel und Fra­gen zu for­mulieren. Ich habe das Priv­i­leg, viele Zwei­fler und Men­schen zu begleit­en, die auf Abstand zum Glauben gehen — manch­mal schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten.

Viertens möchte ich doch einen Wun­sch äussern an Texte wie jen­em von Amstutz. Und zwar tue ich das um unser­er Post-Evan­ge­likalen Fre­unde, und um der the­ol­o­gis­chen und geistlichen Sub­stanz des Chris­ten­tums willen. Wenn es abge­se­hen von unge­sun­den Auswüch­sen NICHT stimmt, dass evan­ge­likale Chris­ten die Bibel undif­feren­ziert lesen, eine ein­seit­ige Beto­nung der geistlichen Dimen­sion leben, die Welt nur als bös­es Umfeld sehen, kirch­liche Sys­teme vor Men­schen stellen, unglaub­würdig glauben und nur den strafend­en Gott ken­nen, dann sollte man das da und dort auch sagen. Mir geht es da nicht so sehr um Amstutz (vielle­icht hat er diese offen­sichtlich unaus­ge­wo­gene Mei­n­ung an anderen Orten kri­tisch hin­ter­fragt) son­dern all­ge­mein um Leit­er im christlichen Umfeld.

Was ich mir wün­sche ist, dass lei­t­ende Per­so­n­en in Kirchen und the­ol­o­gis­chen Aus­bil­dungsstät­ten das Fram­ing der Evan­ge­likalen nicht nur kri­tik­los ste­hen lassen. Ich erlebe (abge­se­hen von Aus­nah­men) viele evan­ge­likalen Leit­er, die in der ‘grossen Mitte’ ste­hen, als nahezu mund­tot. Wir dür­fen auch mal entspan­nt äussern, dass ein sehr ein­seit­iges Fram­ing stat­tfind­et. Wir dür­fen und sollen das fra­mende Nar­ra­tiv auch kri­tisch hin­ter­fra­gen, und zwar um jen­er Chris­ten Willen, die tat­säch­lich Zweifel und Fra­gen haben. Wenn Leit­er keine kri­tis­chen Fra­gen ein­fliessen lassen und den Men­schen nicht helfen, selb­st kri­tisch zu denken, laufen sie mit dem irreführen­den Nar­ra­tiv. Und dieses Nar­ra­tiv lautet aktuell häu­fig, dass Evan­ge­likale umfassend welt­fremde, men­schen­feindliche, apoka­lyp­tis­che Dual­is­ten sind. Dieses Nar­ra­tiv stimmt ein­fach nicht.

Mit Wort und Tat leidenschaftlich dabei

Ich glaube, dass eine Mehrheit der evan­ge­likalen Gemein­schaft unge­fähr das leben will, was ich in diesen Artikeln beschreibe und was in diesen Wochen Roland Wern­er in seinen drei Pod­casts erklärt:

“Was ist evan­ge­likal? Es ist das Bemühen um his­torisches Chris­ten­tum… um das zen­trale Christ­stein. Ich glaube die evan­ge­likale Bewe­gung hat im inner­sten Impuls dieses Bemühen, das in den Kern zu stellen… also his­torisch ortho­dox an Jesus Chris­tus zu glauben.… Und das merkt man heute in Dialogbe­mühun­gen, dass oft ger­ade an dieser Kern­sub­stanz des Glaubens die Evan­ge­likalen sehr gut anschlussfähig sind zu den ortho­dox­en, katholis­chen und alt-ori­en­tal­is­chen Kirchen.” (Roland Wern­er, Auszüge Was ist evan­ge­likal? 3/3 zwis­chen Zeit­mark­er 0:30 und 2:30)

Es lohnt sehr, 20 Minuten einzuset­zen, um diesen Pod­cast zu hören, denn Wern­er schafft es in weni­gen Minuten, die wesentlichen Dinge auf den Punkt zu brin­gen: Evan­ge­likalen Chris­ten ist die per­sön­liche Hin­wen­dung zu Jesus wichtig, die Bibel, die Verkündi­gung des Evan­geli­ums, soziales Engage­ment, Weltver­ant­wor­tung sowie Ver­net­zung über die Gren­zen der eige­nen Kirche und des eige­nen Ver­ban­des hin­aus mit anderen Chris­ten, die sich auch um den Kern des his­torischen Chris­ten­tums bemühen.

Diese Art von Kirche möchte ich so gerne mit euch leben! Das Label ist mir dabei let­ztlich unwichtig. Jesus sagt:

Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. (Joh 20:21)

Ich sehne mich danach, mit vie­len Chris­ten aller Couleur und Herkun­ft, diesen ganzheitlichen Auf­trag auszuleben! Kirche zu leben, in der die Botschaft von Jesus so gepredigt wird, dass Men­schen von einem Leben ohne oder sog­ar gegen Jesus umkehren, um mit ihnen zusam­men Jesus Chris­tus anzu­beten! Ich möchte Kirche leben, in der die Bibel geliebt und hochge­hal­ten wird, und in der ger­ade wegen der Bibel neue soziale Ini­tia­tiv­en gegrün­det wer­den. Ich möchte Kirche leben, in der den Men­schen gedi­ent wird, egal ob sie das Chris­ten­tum ger­ade cool find­en oder nicht. Ich möchte Kirche leben, in der junge Men­schen beru­fliche Hoff­nung schöpfen, indem wir ihnen helfen, Star­tups zu grün­den, indem wir beste­hende Fir­men unter­stützen oder neue Geschäft­sideen entwick­eln, die z.B. mar­gin­al­isierten Men­schen Arbeit geben. Ich möchte Kirche leben, in der Chris­ten sich für soziale Gerechtigkeit von Grup­pen und Einzel­nen ein­set­zen. Kirchen sollen Räume der Gnade sein, damit Men­schen mit Her­aus­forderun­gen im Leben sich sich­er fühlen kön­nen und wo sie auch Verän­derung und Wieder­her­stel­lung erfahren. Ich wün­sche mir, dass sich Chris­ten dif­feren­ziert und Jesus-mäs­sig in die Poli­tik ein­brin­gen, ökol­o­gisch gute Ini­tia­tiv­en unter­stützen oder grün­den. Und beson­ders wichtig: Ich wün­sche mir eine Kirche, in der gemein­sam fein gegessen und getrunk­en wird!

Ich wün­sche mir, dass Chris­ten aller Schat­tierung und Herkun­ft, auch Post-Evan­ge­likale Chris­ten am Schein der Medi­en und irreführen­den Nar­ra­tive vor­bei schauen und mit ein­steigen in das Aben­teuer der Chris­ten­heit, Jesu ganzheitlich­es Heil zu emp­fan­gen und weiterzugeben!

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Über den Kanal

Paul Bruderer

Paul Bruderer, Jahrgang 1972, als Kind von Missionaren in Afrika aufgewachsen, 1998 Gründungsmitglied der erwecklichen ‹Godi›-Jugendarbeit in Frauenfeld. Seit 2001 Pastor in der Chrischona Gemeinde Frauenfeld. Paul lebt mit seiner Familie in Frauenfeld, Schweiz.

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Kommentare zu diesen Beitrag

16 Comments

  1. Samuel Kienast

    Ich teile „evan­ge­lisch“ sehr gerne mit euch. In evan­ge­lis­ch­er Ver­bun­den­heit als fröh­lich­er „Lan­deskirch­ler“.

    Reply
    • Paul Bruderer

      Super — in evan­ge­likaler Ver­bun­den­heit als fröh­lich­es Mit­glied in der thur­gauer Landeskirche 🙂

      Reply
  2. Wolfgang Ackerknecht

    Sehr span­nende Diskus­sion. Paul, ich kann mich sehr gut deinen Fra­gen anschließen. Der Begriff ‚evan­ge­likal’ hat ‚man’ zu einem Schimpf­wort gemacht, der dann gar nicht mehr gefüllt ist. Ich kenne die stärk­ste Abkürzung: es ist ver­boten, den Begriff über­haupt zu nutzen bzw. auszus­prechen. Dies ist für mich dann bald die niedrig­ste Form des Austauschs…

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    • Paul Bruderer

      Danke Wolf­gang. Was wäre aus dein­er Sicht ein guter Weg nach vorne?

      Reply
  3. Michael Kämpf

    Danke Paul für deine Gedanken. Für mich poppte gle­ich nach dem ersten Abschnitt die Frage auf: „Wer sind denn die Poste­van­ge­likalen“? Also ich kenne das Wort als Con­tainer­be­griff, in welchen ich mich auch einord­nen würde, aber eigentlich ist es ja, soweit ich das sehe, noch keine eigen­ständi­ge Bewe­gung mit Pro­fil, son­dern, wenn ich dein Wort brauche, eine „schmarotzende“ Truppe, die sich aber immer noch in Verbindung mit dem Evan­ge­likalis­mus sieht (son­st müssten sie ja das Wort nicht mehr verwenden).

    Ich merke in deinen Artikeln und Gedanken oft, dass dir das Wort „Evan­ge­likal“ als Label für eine bes­timmte Sache offen­sichtlich sehr viel bedeutet, und du es gerne gegen Angriffe vertei­di­gen oder vor ihnen schützen möcht­est. Ich gebe dir auch recht, man soll auf­grund des Wortes keinen Ruf­mord an den betr­e­f­fend­en Men­schen bege­hen. Gle­ichzeit­ig sorge ich mich manch­mal etwas darum, gegen was du (oder auch Peti) dieses Label hier vertei­digst. Manch­mal habe ich etwas das Gefühl, du siehst irgend eine „Ver­schwörung“ gegen Evan­ge­likale am Werk, der man wehren muss. Doch gibt es diese wirklich?

    Ich habe viel mehr den Ein­druck, mal abge­se­hen von Trump, Ameri­ka und amer­i­can evan­gel­i­cal­ism, dass ein­fach immer mehr Men­schen die Lück­en und Prob­leme inner­halb der evan­ge­likalen Bewe­gung sehen. Dafür, dass Evan­ge­likale für soziale Gerechtigkeit, Offen­heit und „Ökumene“ (um diesen belasteten Begriff noch unterzubrin­gen) ste­hen sollen, sehe ich in der täglichen Prax­is das lei­der eher wenig. Ich sehe es nicht nicht!!, aber ich sehe es wenig im Ver­gle­ich zum Gegen­teil. Dazu kommt, dass die Poster­boys der Post-Evan­ge­likalen wie bspw. Dietz, Zim­mer oder die Hos­sa Jungs (obwohl ich der Überzeu­gung bin, dass Zim­mer und Dietz sich niemals Poste­van­ge­likal nen­nen wür­den!) ja nicht ein­fach irgendwelchen Stuss reden, son­dern alle ihre Erfahrun­gen in der Szene gemacht haben, und das nicht nur ein halbes Jahr lang. Ich selb­st kön­nte auch die eine oder andere Anek­dote erzählen, wo mir Evan­ge­likalien nicht zum Vorteil mit­ge­spielt hat und nicht „Kön­i­gre­ich Gottes“ an mir man­i­festiert hat.

    Ich würde nicht sagen, dass Evan­ge­likale grund­sät­zlich prob­lema­tisch sind — zumin­d­est nicht mehr, als alle anderen christlichen Labels ;). Aber der Kri­tik, die von Men­schen kommt, die selb­st etwas erlebt haben (auch wenn das nicht gen­er­al­isiert wer­den darf) und dem Bild, welch­es wir offen­sichtlich gegen Aussen immer wieder abzugeben scheinen, dem müssen wir uns doch stellen, ohne gle­ich für uns zu reklamieren, dass wir „eigentlich“ doch ganz anders wollen und ganz anders sind und ganz anders arbeit­en „soll­ten“, als wir das tun. Und natür­lich find­est du jene, die mit böswilliger Absicht (ich such mir jet­zt keinen Namen raus) gegen uns Schiessen, aber es gibt auch inner­halb der evan­ge­likalen gewisse Nasen, wo ich denke „also wenn du für Evan­ge­likalis­mus stehst, dann bin ich raus…“ — aber das sind Nebengeräusche. Im Zen­tralen Diskurs braucht es Platz und Luft für Fra­gen (auch sehr kri­tis­che — vielle­icht so, wie du es an diesen Aben­den bei euch machst), es braucht Annahme von Zweifel und Ander­s­denk­enden und den Mut, auch jene als unsere Brüder und Schwest­ern im Her­rn anzunehmen, die nicht unseren Stall­geruch haben und ihn auch nach lan­gen Vor­tragsse­rien und Predigten partout nicht annehmen wollen! Und da sehe ich noch enormes Wach­s­tumspoten­zial inner­halb unser­er Bewegung.

    Liebe Gruess
    Michael

    Reply
    • Paul Bruderer

      Danke Michael — super Gedanken und auch (An)Fragen — auch an mich per­sön­lich. Das mag ich. Du öffnest mit guter Dif­feren­ziertheit mehrere ‘Töpfe’. Am Lieb­sten würde ich dich vor die Video Cam holen um mal entspan­nt darüber uns zu unter­hal­ten und je nach­dem, gibt’s einen Pod­cast daraus. Ich möchte kurz auf deine Anfrage an mich (und Peti) einge­hen. Du stellst eine für mich wichtige Frage: Gegen was schützen wir? Ich betra­chte es als wichtig, eine grosse Bre­ite zu haben, diverse Mei­n­un­gen ste­hen zu lassen und gut mit einan­der als Chris­ten auszukom­men. Ich habe z.B. wenig Inter­esse, viel Zeit und Energie zu ver­brauchen, um darüber zu reden, was der richtige Ablauf der Endzeit ist. Mehr als den Weg dahin, inter­essiert mich das Ziel: Gottes neue Welt. Wie sieht sie aus? Und wie leben wir heute dem entsprechend, wie das Ziel ist? Darin glaube ich kön­nen wir viel Stre­it ver­mei­den und uns aus ver­schiede­nen (Endzeit-)Überzeugungen zusam­men aktiv sein für Jesus. Ich will auch nicht so viel Zeit darauf ver­wen­den, ob es diese oder jene Geis­tes­gabe noch gibt oder nicht. etc. Also: viel Raum für unter­schiedliche Mei­n­ung und auch Inter­pre­ta­tion der Bibel. Inner­halb ein­er Gemeinde und eines Ver­ban­des braucht es aber dann doch in bes­timmten Bere­ichen ein gewiss­es Ein­vernehmen, eine Hau­sor­d­nung. Aber diese eigene Hau­sor­d­nung ist nicht ‘das einzig wahre Chris­ten­tum’ oder so. Man lebt wie gesagt mit gross­er Tol­er­anz gegenüber anderen Hausordnungen.

      Jet­zt kommt das ‘aber’ und die hat mit dem Begriff ‘judeo-christliche Weltan­schau­ung’ zu tun. Mich dünkt, dass die ‘judeo-christliche Weltan­schau­ung’ so etwas wie ein Feld auf­s­pan­nt, auf dem die vorhin genan­nte Unter­schiedlichkeit möglich ist. Aber wenn man den Boden der judeo-christliche Weltan­schau­ung ver­lässt, ver­liert man damit auch die Ori­en­tierung in ein Gott-gemäss­es Heil. Ich sage damit nicht, dass Chris­ten, welche diesen Boden ver­lassen, damit in Real­ität ver­loren sind (was die Ewigkeit ange­ht). Ich meine: Sie ver­lieren die Ori­en­tierung, ein Jesus-gemäss­es Leben zu leben und prä­gen — mit allen Auswirkun­gen davon. Und das ist es, woge­gen wir schützen wollen mit unserem Pro­jekt. Wir wollen mithelfen uns Chris­ten zu schützen davor, den Boden der judeo-christlichen Weltan­schau­ung zu ver­lassen. Das ist zufäl­liger­weise recht nahe bei dem, was häu­fig als ‘evan­ge­likal’ beschrieben wird. Roland Wern­er nen­nt es in seinen Pod­casts den ‘Kern’ des his­torischen oder ortho­dox­en Christentums. 

      Ich ‘ticke’ apolo­getisch. Darum ist mir dieser ‘Rand’ so wichtig, dieser ‘Boden der judeo-christlichen Weltan­schau­ung’. Oder wie CS Lewis es nan­nte: ‘Mere Chris­tian­i­ty’. Meine Sorge ist, dass unter dem Druck oder Ein­fluss der aktuellen ide­ol­o­gis­chen Ver­schiebun­gen, christliche Lehrer, Influ­encer und Basis Chris­ten unbe­wusst oder bewusst diesen Boden ver­lassen. Dieses Ver­lassen zeigt sich an bes­timmten Punk­ten. Darüber kön­nte ich jet­zt vieles sagen und Beispiele brin­gen. Ich habe ver­sucht, diesen Grundgedanken in eini­gen Blogs zu erk­lären und illustrieren:
      Grund­sät­zlich: https://danieloption.ch/weltanschauuung/das-spannungsfeld-von-toleranz-und-abgrenzung
      Am Beispiel vom The­ma Homo­sex­u­al­ität: https://danieloption.ch/sexualitaet/homosexualitaet/die-ehe-fuer-alle-und-nicht-christliche-religionen

      Diesen ‘Rand’ will ich helfen aufzuzeigen. Respek­tive: diesen ‘Kern’ will ich schützen. Manche wer­fen mir vor, ich sei Angst ori­en­tiert und pro­tek­tion­is­tisch. Ehrlich gesagt: ja bin besorgt! Und ja ich bin pro­tek­tion­is­tisch! Weil ich Jesus kenne. Weil ich sehe was passiert in einem Leben und ein­er Gesellschaft, welche eine andere Weltan­schau­ung als tonangebend annimmt. Weil ich meine ‘Schäf­fchen’ liebe eine Ver­ant­wor­tung ver­spüre ihnen gegenüber als deren Hirte.

      Das so mal auf die Schnelle. Meld’ dich wenn du Rück­fra­gen hast.

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      • Michael Kämpf

        Danke für die schnelle Antwort. Nun ich habe natür­lich tausend und eine Rück­frage… vor und hin­ter der Kam­era :). Wenn ich mal evan­ge­likaler advo­ca­tus dia­boli (darf man das sagen?) spie­len darf, dann wäre meine Rück­frage natür­lich, was denn diese judeo-christliche Weltan­schau­ung ist bzw. wo sie von der Bibel bewusst als nor­ma­tiv gelehrt wird und nicht ein­fach als omnipräsen­ter deskrip­tiv­er Hin­ter­grund vorhan­den ist, da die Bibel nicht aus ihrer Haut bzw. ihren his­torischen Buchdeck­eln kann. Ich kann ja schliesslich auch nicht sagen Apolo­getik war ursprünglich an der Kom­mu­nika­tion mit der hel­lenis­tis­chen Rah­men­welt inter­essiert, dementsprechend betreib­st du nur Apolo­getik, wenn du dich mit Pla­ton und Aris­tote­les anlegst :).

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        • Paul Bruderer

          Zur Apolo­getik: die gibt es selb­stver­ständlich auch nach Pla­ton und Co 🙂 Ich würde sagen: das ist Stoff für einen Drink 🍺
          Zur judeo-christlichen Weltan­schau­ung. In der Bibel ist das nicht nur qua­si Hin­ter­grund­musik, son­dern die Schlüs­selthe­men wer­den als Mark­er wahrer Reli­gion ange­führt. Z.B. die ganze Polemik gegen Götzen wer­den direkt mit Gott als Schöpfer begrün­det. Siehe z.B. nur schon der Start der 10 Gebote, aber klas­sisch ist die Polemik Gottes (dem Schöpfer) gegen die Götzen, die deshalb so nut­z­los sind, weil sie Teil der erschaf­fe­nen Welt sind (Siehe ab Jesa­ja 40). Pro­fes­sor Craig Carter bringt dem­nächst (April) ein Buch dazu her­aus, welch­es ich im Voraus lesen durfte: https://www.amazon.de/gp/product/1540964418/ref=dbs_a_def_rwt_bibl_vppi_i4

          Michael Byrd zeigt, dass es fünf definierende Ele­mente gab für die Juden, welche ihre Weltan­schau­ung definierte: https://www.logos.com/product/144849/mobile-ed-ch351-history-of-heresies

          Du siehst dort: Wer sich an diesen fünf Punk­te grundle­gend ändert, der fiel sozusagen ab dem Boden der jüdis­chen Weltanschauung. 

          Chris­ten haben die Liste ein wenig erweit­ert. Ich würde die Trinität Gottes zum Beispiel dazu nehmen. Auch hier: Das ist nicht nur im Hin­ter­grund, son­dern wer z.B. die Men­schw­er­dung des Sohnes leugnete, der war Häretiker.

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  4. André Tapernoux

    Super Beitrag, danke! Ich plädiere ger­ade im Licht des Schlusses weit­er­hin dafür, das Wort „evan­ge­likal“ nicht mehr zu ver­wen­den. Für mich war es schon lange vor Trump ver­bran­nt, weil es ein tren­nen­der Begriff ist. Es wird in der Schweiz gegen aussen sowieso nicht mehr ver­wen­det. Set­zen wir uns doch lieber für die christliche Botschaft ein und arbeit­en mit allen zusam­men, die auch das gle­iche Ziel haben.

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    • Paul Bruderer

      Danke André für deinen guten Kom­men­tar! His­torisch war ‘evan­gel­i­cal’ nicht tren­nend son­dern verbindend über die Rän­der von Kirchen und Ver­bän­den hin­weg. Roland Wern­er erk­lärt das sehr gut in seinem 3 Pod­casts. Den­noch scheint es heute tat­säch­lich ein prob­lema­tis­ch­er Begriff. Ich bin unschlüs­sig. Was hättest du denn vor Vorschläge für einen Ersatz-Begriff?

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      • André Tapernoux

        Aus mein­er Sicht würde ich in der Schweiz keinen Begriff ver­wen­den. Wir sind alle ein­er christlichen Gemeinde (Frei- oder Lan­deskirche) zuge­hörig, die hof­fentlich ein Pro­fil hat. Die Evan­ge­lis­che Allianz kann als Allianz für die Mit­glieder sprechen. Ich finde es einen Vorteil, unsere Vielfalt zu zeigen. Die “Chrischone­sen” (sor­ry, ein Begriff, den meine Kinder ver­wen­den) sind nicht ein­fach gle­ich wie die ETGler. Trotz­dem acht­en wir uns als Glaubens­geschwis­ter und arbeit­en zusam­men bei Kinder­wochen, Evan­ge­li­sa­tio­nen u.a. (im Kreis 7 in Zürich). Wie auch die Chris­ten ander­er Kon­fes­sio­nen, die da mit­machen. Das ist für mich auch die ursprüngliche Idee des Begriffs “evan­gel­i­cal”, der Allianz und der Lau­san­ner Bewegung.
        Übri­gens: wenn man über die USA schreibt, ist es m.E. sin­nvoll, den Begriff “evan­gel­i­cal” ver­wen­den, solange sich die Szene dort so nen­nt. Aber lieber auf Englisch.

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        • Paul Bruderer

          Danke für deine Ein­schätzung. Du beschreib­st gut, was unsere Prax­is ist 👍. Mir schwebt das Wort, das schon einige nutzen vor: evan­ge­lisch. Was denkst du dazu? Also entwed­er keinen Begriff, oder diesen — aus mein­er Sicht

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          • André Tapernoux

            Völ­lig ein­ver­standen, alles andere heisst, die in den let­zten Jahrzehn­ten gelebte Prax­is zu missachten.
            Übrigens:Wenn du mal Zeit hast, lade ich dich gerne auf ein Bier ein, ich arbeite ja teil­weise in Frauenfeld.

          • Paul Bruderer

            Ich trinke gerne mit dir ein Bier! Meld’ dich doch per PN (face­book) oder auf info@danieloption.ch um was abzumachen 👍

          • Pasci

            Ich würde “evan­ge­lisch” als Begriff grund­sät­zlich heute, im Jahr 2021, gut find­en. Vor noch etwa 10 Jahren wäre damit wohl nur die reformierte Lan­deskirche gemeint gewe­sen. Der Trend, die Freikirchen “evan­ge­lisch” zu nen­nen, hat schon vor eini­gen Jahren ange­fan­gen. So hat sich Bspw. der BESJ von “Bund Evan­ge­likaler Schweiz­er Jungscharen” vor etwa 15 oder 20 Jahren zu “Bund Evan­ge­lis­ch­er Schweiz­er Jungscharen” umbe­nan­nt. Man kön­nte nun argu­men­tieren, dass mit “evan­ge­lisch” die Lan­deskirche gemeint ist. Da die öffentliche Wahrnehmung der reformierten Lan­deskirche in den let­zten Jahren aber rapi­de geschwun­den ist, kön­nen die Freikirchen diesen Begriff wohl gut übernehmen.

            Wozu wird er denn über­haupt gebraucht? Als “Def­i­n­i­tion” ein­er Glauben­srich­tung? Dann passt “Ich bin in ein­er evan­ge­lis­chen Freikirche” sehr gut. Als Beze­ich­nung eines Lebensstils? Dann würde “Ich bin evan­ge­lis­ch­er Christ” auch gut passen.

            Auf der anderen Seite ist der Begriff “evan­ge­likal” aus mein­er Erfahrung heutzu­tage sehr neg­a­tiv belegt. Damit wer­den “Fun­da­men­tal­is­ten” beze­ich­net und man meint dann im Unter­be­wusst­sein immer, dass diese “Evan­ge­likalen” etwa gle­ich gefährlich sind wie die “Islamis­ten”. Ausser­dem ist der Begriff auch poli­tisch ver­bran­nt, wer­den doch damit die Recht­saussen-Posi­tio­nen der US-amerikanis­chen Chris­ten gemeint und man verbindet Bilder von recht­sradikalen Milizen damit.

          • Paul Bruderer

            Danke Pas­cal — super der Bezug zum BESJ! Auch die SEA benutzt das Wort. Die weltweite SEA benutzt ‘evan­gel­i­cal’ — im Deutschen ‘evan­ge­lisch’. Da hät­ten wir einen guten Begriff. Für mich ist das Label jedoch nicht mit ‘fun­di’ ver­bun­den. Aber ich mag mich täuschen. Da wür­den mich weit­ere Mei­n­un­gen inter­essieren? Ist auch ‘evan­ge­lisch’ ein ‘ver­bran­nter’ Begriff?

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