DNA (4/10): Revolutionäre Sexualität

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“Wir brauchen den grössten Mut, uns auf eine einzige andere Per­son einzu­lassen. Die Ehe bietet den Schutzraum, dieses zu tun. Wenn man sich dann ero­tisch begeg­net, entste­ht Ekstase und man erlebt dabei die Liebe Gottes. Alles andere ist erweit­erte Selb­st­be­friedi­gung.” (Kirs­tine Fratz zitiert einen unge­nan­nten The­olo­gen, Novem­ber 2018)

Dieses Zitat fasst die rev­o­lu­tionäre Sex­u­alethik der Chris­ten zusam­men, welche eine radikale Alter­na­tive darstellte zu den sex­u­alethis­chen Werten der römis­chen Kul­tur zur Zeit von Jesus Chris­tus. Die christliche Vision von Sex­u­al­ität war anfänglich in der bre­it­en Bevölkerung unpop­ulär und wurde verspot­tet. Mit der Zeit wur­den die men­schen­fre­undlichen Vorteile dieser Vision erkan­nt, sodass sie inner­halb weniger Jahrhun­derte einen ‘Turn­around’ im römis­chen Reich bewirk­te. Lasst uns dieser sex­uellen Rev­o­lu­tion etwas auf die Spur kom­men! Immer­hin war sie Teil ein­er umfassenden neuen Sicht des Lebens der Chris­ten, welche dazu führte, dass die Gemeinde von Jesus trotz Ver­ach­tung und Ver­fol­gung das Herz der römis­chen Gesellschaft mit der Liebe Jesu eroberte und veränderte.


“Satyr und Mänade”. Pros­ti­tu­tions-Darstel­lung auf einem römis­chen Fresko in Pompeji

Römische sexuelle Freizügigkeit für Männer

Es gibt viel darüber zu sagen, wie Sex­u­al­ität in der römis­chen Gesellschaft zur Zeit von Jesus aus­gelebt wurde. Ich fokussiere hier auf jene Merk­male, welche entschei­dend dazu beitru­gen, dass die römis­che Gesellschaft irgend­wann die christliche Sex­u­alethik als eine Befreiung emp­fand und sie annahm.

Römis­che sex­uelle Moral war dop­pel­bödig, weil sie den Män­nern grosse sex­uelle Freizügigkeit gewährte, während dies den Frauen ver­wehrt blieb.

Bei den Ehe­frauen ver­langte man ehe­liche Treue und hat­te sog­ar Worte dafür. Frauen, die zeit ihres Lebens einem einzi­gen Ehe­mann treu gewe­sen waren, wur­den auf ihrem Grab­stein oder in Grabre­den als ‘uni­vi­ra’ (lateinisch) oder ‘monan­dros’ (griechisch) gelobt, also als ‘Frau eines Mannes’.

Es ist kennze­ich­nend, dass es in diesen Sprachen kein Wort gab für das männliche Gegen­stück, weil es als unauswe­ich­lich galt, dass Ehemän­ner mit mul­ti­plen Part­nern Sex haben wür­den. Es wurde toleriert und war üblich, dass Män­ner Sex mit vie­len Men­schen hat­ten, die im gesellschaftlichen ‘Rank­ing’ unter ihnen waren, also mit anderen Frauen, Sklaven, hier­ar­chisch unter­ge­ord­neten Män­nern sowie mit Pros­ti­tu­ierten. Auch Sex mit Teenagern oder gar mit Kindern war akzep­tiert und wurde sog­ar lyrisch gefeiert von Autoren wie Juve­nal, Petro­n­ius, Horace und anderen. Sex war also oft Ausübung gesellschaftlich­er Macht.

Plutarch erk­lärte dies ein­er frisch ver­heirateten Frau namens Eurydice:

Wenn dein Ehe­mann ein ‘pec­ca­dil­lo’ mit ein­er Geliebten oder Sklavin hat, sei nicht empört oder wütend … Es ist sein Respekt für dich, der ihn dazu führt, seine Auss­chwei­fung, Zügel­losigkeit und Mutwilligkeit mit anderen Frauen zu teilen. (zitiert in Instone-Brew­er, Bib­li­cal sex­u­al ethics — eigene Übersetzung)

Es existierten nur wenige Gren­zen für die männliche sex­uelle Zügel­losigkeit. Allem voran war Sex mit der Ehe­frau eines anderen Mannes unange­bracht, weil die Ehe­frau als Besitz des Ehe­mannes galt. Es ging also nicht um die Frau und deren Wün­sche, son­dern darum, dass der Besitzanspruch des anderen Mannes gewahrt blieb. Sex mit ein­er anderen Ehe­frau war de fac­to Dieb­stahl bei deren Ehemann.

Homo­sex­u­al­ität war gesellschaftlich akzep­tiert­er als bei uns und wurde dif­feren­ziert aus­gelebt. Man hört heute oft, dass Homo­sex­u­al­ität damals fast nur in der aus­beu­ter­ischen Form von Päderastie aus­gelebt wurde — also Sex mit Knaben. Man sagt uns heute auch oft, dass homo­sex­uelle Ori­en­tierung etwas Mod­ernes ist, das es früher nicht gab. Bei­de Behaup­tun­gen stim­men nicht mit den his­torischen Fak­ten übere­in. Es stimmt, dass der Begriff ‘Homo­sex­u­al­ität’ eine mod­erne Wortschöp­fung ist. Aber schon Pla­to hat eine Schöp­fungs­geschichte definiert, um eine homo­sex­uelle Iden­tität zu begrün­den. Und John Boswell zeigt, dass min­destens vier Arten aus­gelebter Homo­sex­u­al­ität gesellschaftlich akzep­tiert waren:

  • Zwei Frauen oder zwei Män­ner hat­ten eine Liebes­beziehung ohne geset­zliche Bindung.
  • Sklaven, die manch­mal viel jünger waren als ihre Her­ren, wur­den von diesen benutzt oder miss­braucht. Hier kon­nte es auch zur Päderastie kom­men, also zu sex­uellen Hand­lun­gen mit männlichen älteren Kindern.
  • Ein Ehe­mann kon­nte sich neb­st sein­er Frau einen anderen Mann nehmen.
  • Schliesslich gab es die Ver­heiratung zweier Männer.

Män­ner ver­sucht­en zu ver­mei­den, der ‘weichere’ oder ‘unter­legene’ Part­ner beim homo­sex­uellen Sex zu sein. Auch hier zeigt sich der Sex als Aus­druck gesellschaftlich­er Macht.

Es geht mir nicht darum, das Bild der römis­chen Sex­u­alethik schlechter darzustellen als nötig. Sich­er gab es Men­schen, die erfüll­ten ein­vernehm­lichen Sex genossen. Es gab auch einige wenige nicht-christliche Kri­tik­er der Sex­u­alethik, deren Kri­tik auf die männliche Freizügigkeit aus­gerichtet war. Zum Beispiel lehrte Muso­nius Rufus, dass Män­ner sex­uell enthalt­sam leben soll­ten wie ihre Ehe­frauen. Seine Begrün­dung ist inter­es­sant: Er glaubte, dass Sex aus Freude am Sex grund­sät­zlich falsch sei — eine Auf­fas­sung, die der christlichen Sex­u­alethik wider­spricht, wie wir nach­her noch sehen wer­den. Zweit­ens war für Muso­nius die männliche Freizügigkeit ein Man­gel an Selb­st­be­herrschung, was für den Mann beschä­mend sei. An diesem Punkt erwies sich die christliche Alter­na­tive als Ausweg in ein würde­volles Sex­u­alleben, weil sie Zugang zur sex­uellen Selb­st­be­herrschung eröffnete.

Zusam­menge­fasst kann man sagen, dass die römis­che Sex­u­alethik dop­pel­bödig war. Während Män­nern nahezu alles zuge­s­tanden wurde, was ihre Freizügigkeit begehrte, ver­langte man von Ehe­frauen strik­te ehe­liche Treue. Die Opfer dieses sex­uellen Macht­sys­tems waren Frauen all­ge­mein, Kinder, Sklaven und Pros­ti­tu­ierte (Pros­ti­tu­ierte waren oft aus­ge­set­zte Babys, die aufge­le­sen wur­den, um später als Sexsklaven zu dienen). Es sind diese Opfer, die zu den Gewin­nern der sex­uellen Rev­o­lu­tion wur­den, welche durch das Chris­ten­tum ins Römis­che Reich Einzug hielt.


Bild: iStock

Revolutionäre christliche Sexualethik

Mit der Zeit erkan­nte die römis­che Gesellschaft die christliche Sex­u­alethik als einen Ausweg aus der freizügi­gen Dop­pel­moral des männlichen Macht-Sex. Man muss ver­ste­hen, dass die christliche Sex­u­al­ität ein ein­deutiger Gege­nen­twurf zur römis­chen Sex­u­alethik war, weil sie sich an ein­er ganz anderen Weltan­schau­ung ori­en­tierte — der judeo-christlichen Weltanschauung.

So war christliche Sex­u­alethik nicht freizügig, son­dern entsagend. Sie beruhte nicht auf Macht, son­dern auf Geschlecht. Chris­ten lebten ihren Sex­u­al­trieb nicht beliebig aus, son­dern nur in der het­ero­sex­uellen Ehe. Sie sahen Enthalt­samkeit als Aus­druck von Men­schen­würde; als Zeichen, dass der Men­sch fähig ist, frei zu agieren, ohne seinen Trieben aus­geliefert zu sein.

Mod­erne Leser müssen auf­passen, diese heute als kon­ser­v­a­tiv emp­fun­de­nen Werte nicht vorschnell neg­a­tiv zu werten. Auf dem Hin­ter­grund der wuch­ern­den miss­bräuch­lichen Sex­u­al­ität der römis­chen Gesellschaft wur­den die christlichen Werte als das erkan­nt, was sie auch heute noch sind: Eine sex­uelle Befreiung in eine erfüllte Sex­u­al­ität hinein! 

Wenn der Sex­u­alakt los­gelöst stat­tfind­et von ein­er liebevollen, verbindlichen sex­uellen Beziehung, führt das aus christlich­er Sicht zu aushöh­len­dem und unbe­friedi­gen­dem Sex und demzu­folge zu uner­füll­ter Sex­u­al­ität. Die Kri­tik des Chris­ten­tums an der römis­chen sex­uellen Freizügigkeit war also nicht die Häu­figkeit des Sex-Habens, son­dern dass der Sex in einem unpassenden Kon­text stat­tfand.

Aus judeo-christlich­er Sicht war häu­figer Sex mit dem Ehep­art­ner dur­chaus erwün­scht. Paulus mah­nt dazu, in der Ehe nicht über län­gerem Zeitraum sex­uell enthalt­sam zu leben (1. Kor 7:5). Rab­bin­er gaben sog­ar Ratschläge, wie oft Ehep­aare Sex haben soll­ten. Der Rat hing prak­tis­cher­weise vom Beruf ab 🙂 Nor­male Arbeit­er soll­ten gemäss Mish­nah Ketub 5.6 min­destens zweimal die Woche Sex mit der Ehe­frau haben. Bei Esel-Trans­portern (den Last­wa­gen­fahrern der Antike) reichte ein­mal die Woche, da sie öfters auss­er Haus waren. Arbeit­er auf Segelschif­f­en ein­mal im hal­ben Jahr — also bei jed­er Rück­kehr von den lan­gen Arbeit­saus­flü­gen in der mediter­ra­nen Welt. Und Män­ner ohne Arbeitsver­hält­nis soll­ten … täglich Sex haben. Keine Spur von prüder sex­ueller Enthalt­samkeit hier!

Die Männer kommen in die Mangel

Die neutes­ta­mentliche Sex­u­alethik fokussiert an vie­len Orten darauf, die sex­uelle Freizügigkeit der männlichen Kon­ver­titen zum Chris­ten­tum zu kor­rigieren. Neu sollen diese auss­chliesslich Sex mit der Ehe­frau haben. Paulus gibt den Frauen radikaler­weise die gle­ichen Rechte wie den Män­nern und den Män­nern die gle­ichen Pflicht­en wie den Frauen (1. Kor 7:1–5). Christliche Sex­u­al­ität soll — nein: sie muss! — gle­ich­berechtigt und ein­vernehm­lich sein! Wir ahnen, dass die Ehe­frauen im römis­chen Reich diese Ethik als eine totale Befreiung willkom­men geheis­sen haben! Keine dop­pel­bödi­ge Sex­ual­moral mehr!

Chris­ten unter­sagten in aller Klarheit auch Sex mit Pros­ti­tu­ierten und damit auch die sex­uelle Aus­beu­tung von Sklaven. Eben­so ver­boten Chris­ten Sex mit Kindern. Martens zeigt, dass die Chris­ten das griechis­che Wort für Sex mit Kindern ‘paiderastēs’ (Lieb­haber von Kindern) erset­zt haben mit dem Wort ‘paidoph­thoros’ (Zerstörer/Korruptmacher von Kindern). So erscheint in ein­er der früh­esten christlichen Lehrtexte der Befehl ‘Du sollst Kinder nicht kor­rumpieren’ direkt nach dem Ver­bot von Mord und Ehe­bruch (Didache 2.2).

Wir sehen hier, dass christliche Sex­u­al­ität nicht ent­lang den gesellschaftlichen Macht­struk­turen ver­läuft, son­dern inner­halb der Polar­ität von Mann und Frau. Diese sex­uelle Rev­o­lu­tion war angetrieben von ein­er neuen Weltan­schau­ung: der judeo-christlichen Weltan­schau­ung. Umwälzun­gen in der Sex­u­alethik sind (möglicher­weise immer) angetrieben durch den Einzug von anderen grundle­gen­den Weltan­schau­un­gen. Zwei Ele­mente der judeo-christlichen Weltan­schau­ung, die für die Sex­u­alethik entschei­dend waren, sind diese:

  • Die Überzeu­gung, dass Gott den Men­schen nach seinem Eben­bild (‘Ima­go Dei’) geschaf­fen hat, als Mann und als Frau.
  • Die Ein­heit des Men­schen als physisch-seel­is­che Ein­heit betont, dass der Kör­p­er des Men­schen etwas Gutes ist. Wir haben in der judeo-christlichen Weltan­schau­ung eine tiefe Kör­per­fre­undlichkeit.

Mit diesen bei­den Überzeu­gun­gen legten die Chris­ten das weltan­schauliche Fun­da­ment für eine sex­uelle Revolution.

Ebenbildlichkeit

Jonathan Sachs erk­lärt, dass in der Antike nur Herrsch­er, Könige und Pharao­nen als Men­schen ange­se­hen wur­den, die das Eben­bild Gottes tra­gen. Indem der bib­lis­che Schöp­fungs­bericht behauptet, dass alle Men­schen das Eben­bild Gottes tra­gen, hebt die Bibel jeden Men­schen in einen würdi­gen, königlichen Sta­tus hin­auf. Diese Gottes-Eben­bildlichkeit aller Men­schen ver­langt danach, Mann und Frau auch im Bere­ich der Sex­u­al­ität gle­ich­w­er­tig zu behan­deln — denn bei­de tra­gen das ‘Ima­go Dei’.

Die Kon­se­quenz davon war, dass Sex neu inner­halb des Geschlechts von Mann und Frau aus­gelebt wurde, anstatt ent­lang der Macht­struk­turen ein­er von Män­nern dominierten Gesellschaft. Dies wiederum brachte Schutz vor sex­uellem Miss­brauch von Kindern, Sklaven, Pros­ti­tu­ierten und min­derbe­mit­tel­ten Frauen.

Körperfreundlichkeit

Die Kör­per­fre­undlichkeit der judeo-christlichen Weltan­schau­ung führte zu ein­er völ­lig neuen Ein­schätzung des men­schlichen Kör­pers in der Sexualität.

Andere ein­flussre­iche Weltan­schau­un­gen, wie der Pla­ton­is­mus und ins­beson­dere die Gnos­tik, prägten ein kör­per­feindlich­es Bild des Men­schen. Die Gnos­tik war kör­per­feindlich, weil alle Materie als böse definiert war. Der imma­terielle Geist des Men­schen ist gemäss der Gnos­tik das Entschei­dende, nicht der Kör­p­er. Etliche sex­uelle Ide­olo­gien unser­er heuti­gen Zeit kom­men der kör­per­feindlichen Gnos­tik sehr nahe, weil sie behaupten, dass die Seele allein bes­tim­mend ist für das Geschlecht. Der Kör­p­er wird als sekundär gese­hen und man endet, ohne sich dessen bewusst zu sein, in ein­er kör­per­feindlichen Sicht von Sexualität.

Span­nen­der­weise war unter anderem die Kör­per­feindlichkeit der Gnos­tik ein Motor für die het­ero- und homo­sex­uelle Freizügigkeit in der römis­chen Antike. Wenn der Kör­p­er nicht so wichtig ist, kommt es — so die Logik — nicht so drauf an, was man mit dem eige­nen Kör­p­er anstellt — und mit dem Kör­p­er eines anderen Menschen.

Die neue pos­i­tive Wer­tung des Kör­pers durch die judeo-christliche Weltan­schau­ung eröffnete völ­lig neue Ein­sicht­en. Plöt­zlich wurde klar, dass die het­ero­sex­uelle und homo­sex­uelle Promiskuität Kör­p­er-unwürdig ist. Damals wie auch heute ist es möglich zu erken­nen, dass wir als Geschöpfe in ein­er guten Schöp­fung leben, welche vom Schöpfer ins Leben gerufen wurde.

Als Chris­ten kön­nen wir ver­ste­hen, dass das Erschaf­fene — unser Kör­p­er — in sich stim­mig ist und ein­er inneren Bedeu­tung und Logik fol­gt. Unser Kör­p­er spricht eine Sprache, der wir ver­trauen kön­nen. Unser Kör­p­er gibt uns wichtige Infor­ma­tio­nen, näm­lich dass wir erschaf­fen wor­den sind als Mann und als Frau. Wir respek­tieren und ehren diese Bedeu­tung und Logik mit der Art, wie wir leben. Damit ehren wir auch den­jeni­gen, der als Schöpfer uns diesen Kör­p­er gegeben hat.

Diese neue christliche Kör­per­fre­undlichkeit führte zur Eindäm­mung der sex­uellen Freizügigkeit. Neu wurde Het­ero­sex­u­al­ität nur inner­halb der Ehe zwis­chen Mann und Frau aus­gelebt. Aus­gelebte Homo­sex­u­al­ität wurde als etwas erkan­nt, das nicht zu unser­er geschaf­fe­nen Kör­per­lichkeit passt (siehe z.B. Römer 1:24–27).

In diesem Gesamt­bild kön­nte man den Ein­druck haben, dass die Män­ner die ‘Ver­lier­er’ dieser christlichen sex­uellen Rev­o­lu­tion waren. Die Gewin­ner sind klar: Frauen, Kinder, Sklaven, Pros­ti­tu­ierte. Es ist kein Wun­der, dass in der Anfangszeit des Chris­ten­tums ver­mut­lich mehr Frauen zum Glauben an Jesus Chris­tus kamen als Männer.

Männer blühen wieder auf

Doch waren die Män­ner wirk­lich Ver­lier­er? Waren sie vielle­icht nicht auch Gewin­ner? Harp­er argu­men­tiert, dass die christliche Sex­u­alethik zu einem neuen und würdi­gen­den Ver­ständ­nis des Wil­lens des Men­schen führte. Sog­ar Män­ner sind in der Kraft des Heili­gen Geistes fähig, ihren Sex­u­al­trieb zu kon­trol­lieren — ein Zeichen der Würde des Mannes! Dies galt sowohl für het­ero- wie auch homo­sex­uell Empfindende.

Mir ist klar, dass wir in unser­er heuti­gen Kul­tur bezüglich Homo­sex­u­al­ität eine Entwick­lung haben, die gegen­läu­fig ist zur antiken Entwick­lung. Andere, dafür bess­er geeignete Men­schen müssen sich zur Frage äussern, ob homo­ero­tisch Empfind­ende, die zöli­batär leben, dies als würdi­gen Umgang mit ihrer Sex­u­al­ität empfind­en kön­nen. Ed Shaw ist ein­er von ihnen, wie auch sein Kol­lege Sam All­ber­ry (hier ab Minute 18:34 hören). Es gibt hier wichtige The­men, wie mit Sex­u­al­ität in Zeit­en umge­gan­gen wird, in denen man sie nicht auslebt oder nicht ausleben kann.

Als Seel­sorg­er und The­ologe finde ich es wichtig, dass wir min­destens diese Grund­fra­gen zulassen: Kön­nte es sein, dass Leben in der göt­tlichen Gabe der Selb­st­be­herrschung ein Weg ist zurück zur Würde und Kör­per­fre­undlichkeit des Men­sch­seins? Auch in der Ehe gibt es mitunter Zeit­en, die lange dauern kön­nen, in denen man Sex­u­al­ität nicht ausleben kann. Selb­st­be­herrschung in der Ehe, welche sich durch Treue auch in allfäl­li­gen Zeit­en des Verzichts aus­drückt, ist meines Eracht­ens auch mit Würde ver­bun­den. Kön­nte es sein, dass ein enthalt­sames Leben der Selb­st­be­herrschung auch für Sin­gles und homo­ero­tisch Empfind­ende mit Würde und Frieden ver­bun­den ist?


Bild: unsplash

Zusammenfassung

Christliche Sex­u­alethik ist fest gegrün­det in der bib­lis­chen Weltan­schau­ung. Darin erfahren wir, dass jed­er Men­sch im Eben­bild Gottes geschaf­fen ist als Mann und Frau. Diese Werte führen zu ein­er radikal alter­na­tiv­en Sex­u­alethik gegenüber Sex­u­alethiken, welche andere Weltan­schau­un­gen zugrunde liegen haben.

Dank der Gottes-Eben­bildlichkeit von allen Män­nern und allen Frauen find­en die Opfer der römis­chen Sex­u­al­prax­is Befreiung! Sie begin­nen, eine gle­ich­berechtigte und ein­vernehm­liche Sex­u­al­ität zwis­chen Mann und Frau in der het­ero­sex­uellen Ehe zu erleben. Diese christliche Sex­u­al­ität ehrt alle Män­ner, weil sie in der gottgegebe­nen Fähigkeit zur Selb­st­be­herrschung eine neue Würde als Men­sch finden.

Die tief­ere Logik dahin­ter beste­ht darin, Sex nicht nur als Appetit zu sehen, der gestillt wer­den muss, son­dern als einen Weg, sich selb­st einem anderen Men­schen ganz hinzugeben. Und indem diese Art der selb­st­geben­den Liebe aus­gelebt wird, ahmt das liebende Paar die selb­st­gebende Liebe Gottes nach. Durch diese Nachah­mung erlebt das Paar oben drauf auch göt­tliche, erfül­lende Liebe. Kirs­tine Fratz for­muliert es tat­säch­lich gut:

“Wir brauchen den grössten Mut, uns auf eine einzige andere Per­son einzu­lassen. Die Ehe bietet den Schutzraum, dieses zu tun. Wenn man sich dann ero­tisch begeg­net, entste­ht Extase und man erlebt dabei die Liebe Gottes. Alles andere ist erweit­erte Selb­st­be­friedi­gung.” (Kirs­tine Fratz zitiert einen unge­nan­nten The­olo­gen, Nov 2018)

Um sex­uelle Fehlen­twick­lun­gen zu ver­mei­den, die ihre neuen Opfer haben wer­den, müssen heutige Chris­ten den Mut haben, ihre Sex­u­alethik nicht von der Gesellschaft abzuleit­en, son­dern von der judeo-christlichen Weltan­schau­ung, die uns in der Bibel sicht­bar gemacht wird. Die aktuellen mas­siv­en Verän­derun­gen in der Sex­u­al­tethik unser­er Gesellschaft sind mein­er Mei­n­ung nach Zeichen des Einzugs völ­lig neuer und nicht-christlich­er Weltan­schau­un­gen.

Wo Chris­ten diesen Mut wiederfind­en, gibt es Hoff­nung auf erfül­lende, ein­vernehm­liche, gle­ich­berechtigte Sex­u­al­ität, welche sie zu ein­er Erfahrung der göt­tlichen, eksta­tis­chen Liebe führen wird. Es ist mein Gebet, dass Chris­ten diese radikal alter­na­tive Sex­u­al­ität ausleben, welche völ­lig anders ist als jene, welche unsere Gesellschaft uns schmack­haft machen will. Es ist meine Hoff­nung, dass solche Chris­ten zum Katalysator eines ähn­lichen und rev­o­lu­tionären ‘Turn­arounds’ der Sex­u­al­ität wer­den, wie damals zur Zeit von Jesus Christus!

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5 Comments
  1. Daniel Kleger 4 Jahren ago
    Reply

    Ich habe viel gel­ernt, danke im speziellen über die römis­che Kultur. 

    Was ich aber anders kenne ist, dass die jüdis­che Kul­tur im speziellen ortho­dox­en mehrheitlich die Frauen nicht als eben würdig in Gottes Bild geschaf­fen sehen und ihnen auch nicht so würdig begegnen. 

    Jesus bringt ein Gle­ich­nis vom Phar­isäer der im Tem­pel betet, danke Gott das ich nicht so bin wie der Zöll­ner, ich bete ich faste und so weit­er… im Tal­mud ste­ht dieses Gebet auch ein ortho­doxe muss das aber so wie der Phar­isäer dreimal täglich beten, da ste­ht noch was mehr drin. Danke das ich kein Hei­de bin und danke das ich keine Frau bin. 

    Das ist schon entwürdigend.
    Wie die Män­ner sich als die bessern, erwählten sehen und andere so erniedrigen

  2. Bettina Jans 4 Jahren ago
    Reply

    Danke für die span­nen­den Aus­führun­gen. Ein The­ma fehlt aus mein­er Sicht noch, näm­lich wie als Ehep­aar mit der (poten­tiellen) Frucht­barkeit umge­gan­gen wer­den soll, oder auch, wenn diese allen­falls nicht da ist wenn gewün­scht. Auch hier gilt es, dem Main­stream in unser­er Gesellschaft zu wieder­ste­hen und uns auf die Suche zu machen, nach einem ethisch vertret­baren Umgang der auch für die Ehe wohltuend ist. Gefun­den habe ich eine extreme reiche Erfahrung von gläu­bi­gen Men­schen, die sich bere­its seit über 60 Jahren mit der Natür­lichen Empfäng­nis­regelung auseinan­derge­set­zt haben. Eine Lebensweise, die unsere Kör­p­er als Gottes gute Schöp­fung ehrt anstatt sie als fehler­haft hinzustellen, wie dies in der Regel Ver­hü­tungsmit­tel impliz­it tun. Span­nend ist, dass hier die katholis­che Kirche mit ihrem “Ver­bot” von Ver­hü­tungsmit­teln eine prophetis­che Stimme war, die heute recht bekommt mit ganz vie­len säku­laren Frauen, die sich von hor­monellen Ver­hü­tungsmit­teln den natür­lichen zuwen­den, die meist von Katho­liken erforscht wur­den, allen voran Dr. med. Josef Rötzer. Würde mich freuen, hier auch bald the­ol­o­gis­che Über­legun­gen zu diesem Aspekt zu lesen. Ich bin gerne mit Lit­er­atur und Gespräch bere­it zum Unterstützen.

  3. Wolfgang Ackerknecht 4 Jahren ago
    Reply

    Danke Paul für diese Ausführungen.
    Ja, wie kann es in einem von der Selb­st­bes­tim­mung bes­timmten Leben gelin­gen, dass Men­schen erken­nen, dass in der Treue zu einem Men­schen; in der gegen­seit­i­gen Ergänzung; im Ver­trauen auf die geschenk­ten gegen­seit­i­gen Stärken; in einem Ort, wo Fehler und Schwächen Raum und Platz haben; grosse Schätze ver­bor­gen sind.
    Unter der von der Welt kom­mu­nizierten und dargestell­ten Frei­heit und Freizügigkeit lei­den viele Men­schen, denn sie wün­schen sich auch eine/n treue/n Part­ner für sich alleine.

    • Paul Bruderer 4 Jahren ago
      Reply

      Gute Frage Wolf­gang! Es braucht sich­er (unter anderem) das Vor­leben von christlichen Ehen, welche inte­ger sind, in denen Freude ist und wo die Men­schen den Unter­schied sehen kön­nen. Aber es braucht auch die Wirkung von Gottes Geist, damit den Men­schen die inneren Augen geöffnet wer­den, wenn sie die neg­a­tiv­en Auswirkun­gen der ‘weltlichen’ Sex­u­alethik zu spüren bekom­men. Lieber Gruss Paul

      • Wolfgang Ackerknecht 4 Jahren ago
        Reply

        Ja, das ist so!

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