Der gesellschaftliche Druck auf Christen und die Kirche ist immens geworden, ihre Meinung in vielen sexualethischen Fragen zu ändern. Man hält uns vor, dass wir in der Vergangenheit unsere Meinung schon oft geändert hätten in Fragen der Sklaverei und der Rolle von Frauen, und dass wir es konsequenterweise in Fragen der Homosexualität auch machen sollten. Stimmt diese häufig gehörte Argumentation?
Ich erlaube mir, in diesem Artikel etwas mehr zu schreiben als sonst und muss persönlich anfangen. Nachdem mir in meiner Gemeinde ein junger Mann eröffnete, dass er homoerotisch empfindet, fing eine längere und intensive Reise an. Auf dieser Reise bin ich in einen freundschaftlichen Kontakt gekommen mit mehreren homosexuellen Personen. Unter anderem hatte ich ein lesbisch lebendes Paar als Nachbarinnen. Wir halfen einander aus in praktischen Nachbarschafts-Hilfen. Als sie Beziehungsprobleme hatten und wussten, dass ich Pastor bin, baten sie um Hilfe. Ich half ihnen seelsorgerlich, wieder zu einander zu finden. Inzwischen haben ich guten Kontakt mit mehreren homoerotisch empfindenden Personen aus meinem Umfeld.
Auf einer Wegstrecke brachte mir ein geliebter Freund die oben genannte Argumentation vor. Ich merkte, dass ich mir ehrlich dem Vorwurf stellen musste: Wenn ich schon in Fragen der Sklaverei und der Rolle der Frau über das hinausgehe, was die Bibel explizit lehrt, dann muss ich doch auch in der Frage der Homosexualität meine Meinung ändern.
Ich wollte den Vorwurf nicht zu schnell auf die Seite schieben. Ich wollte herausfinden, ob es vielleicht tatsächlich richtig sein könnte, meine Meinung über Homosexualität zu ändern. Ich brauchte mehrere Jahre, um Klarheit für mich zu bekommen, was mich wirklich überzeugt und was nicht. In meiner nachfolgend eingebundenen Predigt lege ich dar, weshalb die Argumentation meines Freundes meiner Meinung nach nicht stimmig ist. In diesem Artikel möchte ich Einsichten beschreiben, die mir wichtig geworden sind.
Wir haben uns schuldig gemacht
Ich finde, dass wir tatsächlich unsere Meinung ändern sollten in Bezug auf unseren Umgang mit Homosexualität! Kirchen und Christen haben in der Vergangenheit Homosexuelle ausgestossen und entwürdigend behandelt. Nicht nur Christen natürlich, sondern die ganze Gesellschaft! Aber eben auch Christen.
Eines der grössten Probleme ist dieses: Wir liessen damals unsere Meinung zu sehr vom gesellschaftlichen Konsens bestimmen. Der gesellschaftliche Konsens war damals, dass Homosexualität unangebracht sei. Wir hätten gegen diese herrschende Einstellung agieren müssen und Homosexuelle in unseren Gemeinschaften willkommen heissen sollen. Immerhin fanden sie zu biblischen Zeiten Eingang in die Gemeinde. Die deutlichen Worte von Paulus in 1Kor 6:11 “Auch ihr gehörtet zu denen” zeigen, dass es denkbar oder sogar wahrscheinlich ist, dass Homosexuelle in der Gemeinde in Korinth waren.
Wir haben es also nötig, um Vergebung zu bitten, denn wir haben uns als Christen schuldig gemacht gegenüber Homosexuellen, die Gott genauso annimmt, wie er alle Menschen annimmt. Wir haben uns schuldig gemacht gegenüber Gott, der sie in seinem Bild geschaffen hat. Und wir haben uns schuldig gemacht gegenüber der Gesellschaft, weil wir unsere gesellschaftskritische Rolle nicht wahrnahmen und deshalb der Gesellschaft von damals keine Orientierung gaben, wie Gott sich den Umgang mit Homosexualität vorstellt.
Diesen Fehler machten wir bei der Sklavenfrage übrigens nicht. William Wilberforce beispielsweise hat in England entscheidend zum Verbot der Sklavenhaltung und des Sklavenhandels beigetragen. Er zeichnete sich eben grad nicht dadurch aus, dass er auf einen schon vorhandenen gesellschaftlichen Trend aufsprang, sondern den Konsens kritisch hinterfragte und dafür sogar ins Gefängnis musste.
Machen sich Landes- und Freikirchen erneut schuldig?
Es ist sicher nicht im Sinne von Wilberforce, wenn wir als Christen unsere Meinung in Fragen der Homosexualität einfach nur deshalb ändern, weil der gesellschaftliche Trend es will. Tun wir das, stehen wir in der Gefahr, uns in der gleichen Weise wieder gegenüber der Gesellschaft schuldig zu machen wie früher — einfach mit umgekehrten Vorzeichen! Diese Gefahr ist real, weil wir als Menschen (Theologen inklusive) unsere Meinung gerne durch Gewöhnung verändern anstatt nach Reflexion. Steve Turner formuliert es so:
“Die meisten Leute ändern ihre Meinung zu wichtigen ethischen Fragen nicht wegen einer alles überstrahlenden Offenbarung oder eines unanfechtbaren Arguments, sondern durch Akklimatisierung, und diese wird häufig durch die Medien orchestriert.” (Steve Turner, Cool, christlich, stylish: Mutig leben in der Popkultur, Kindle-Position 933)
Einige unserer Landeskirchen haben sich nahezu unumkehrbar in diese Richtung entwickelt. Sie lassen sich meiner Meinung nach von der Gegenwartskultur assimilieren. Die evangelischen Landeskirchen der Schweiz wollen im November 2019 entscheiden, ob sie die ‘Ehe für alle’ befürworten. Im Vorfeld gab Gottfried Locher wegweisend bekannt, dass Homosexualität dem Schöpfungswillen Gottes entspräche.
Diverse Freikirchen oder Kreise innerhalb der Freikirchen ziehen da mit.
Nicht-kirchliche Beobachter kommentieren diese Art von Entwicklung mit folgenden Worten:
«Ganz unschuldig ist die Kirche nicht daran, dass die Bänke leer bleiben. Die Reformierten praktizieren eine zwiespältige Politik der Öffnung“, sagt Soziologe Stolz. «Eine Religion, die zu liberal wird, verschwindet früher oder später. Wenn eine Religion zu tolerant, zu offen wird, verschwimmen ihre Grenzen zur Umwelt, und sie wird überflüssig.» (Nicole Krättli und Susanne Loacker, ‘Volk ohne Gott’, Beobachter Nr. 10, Mai 2016)
Ich wünsche allen kirchlichen Verbänden, dass sich ihre Kirchenbänke wieder füllen! Dazu müssten sie aber Gottes Berufung wieder entdecken, eine dienende und kritische Position gegenüber gesellschaftlichen Trends einzunehmen, welche gegen Gottes Gedanken für seine Geschöpfe gehen.
Sklaven, Frauen und Homosexuelle?
Für uns als Christen ist zentral, ob wir gemäss der Bibel unsere Meinung anpassen sollten. Führen also dieselben Prinzipien der Bibel-Auslegung, die uns zu einer Meinungsänderung in der Sklaven- und Frauen-Frage brachten, auch dazu, dass wir in der Homosexualitätsfrage unsere Meinung ändern sollten? Etwas theologischer ausgedrückt: Sind Sklaven, Frauen und Homosexuelle im gleichen hermeneutischen Boot? Die Meinungen in dieser Frage gehen weit auseinander. In meiner Predigt erkläre ich, warum ich denke, dass Sklaven, Frauen und Homosexuelle nicht im selben Boot sind.
Zusammengefasst kann man sagen, dass die Bibel in der Sklaven- und Frauen-Ethik die damalige Gegenwartskultur immer in eine bestimmte Richtung bewegte. Bei den Sklaven gab die Bibel immer mehr Schutz, als die umliegenden Völker sie gab — aber ohne die Sklaverei abzuschaffen. Als durch Wilberforce und andere die Sklaverei verboten wurde, vervollständigten sie lediglich die Entwicklung, welche die Bibel vorgegeben hatte. Hier kann man sagen: Wilberforce war konsistent mit der von der Bibel vorgegebenen Richtung und deshalb war seine Ethik richtig.
In den Fragen der Rolle der Frau war die Bibel zwar nicht anti-patriarchalisch, doch sie bewegte sich in Richtung Gleichberechtigung — aber ohne sie zu vervollständigen. Die Meinungen gehen in der Christenheit auseinander in dieser Frage. Aus meiner Sicht ist es stimmig, dass wir heute eine Gleichberechtigung haben. Das ist die logische Vervollständigung dessen, was die Bibel als Entwicklung angefangen aber nicht fertig gemacht hat.
Wir sehen an diesen Beispielen: Die Bibel definiert etwas, was die Mathematiker einen ‘Vektor’ nennen. Sie gibt eine Richtung vor, in der sich nach-biblische Theologie und Ethik weiterentwickeln soll.
Das Neue Testament und Homosexualität
In welche Richtung zeigt der Vektor bei der Homosexualität?
John Boswell hat aus säkularer Sicht einen Klassiker über Homosexualität in der antiken Welt der Bibel geschrieben. Darin zeigt er, dass es zur Zeit des Neuen Testaments vier Arten ausgelebter Homosexualität gab, die gesellschaftlich völlig akzeptiert waren.
- Zwei Frauen oder zwei Männer hatten eine Liebesbeziehung ohne gesetzliche Bindung.
- Sklaven, die manchmal viel jünger waren als ihre Herren, wurden von diesen benutzt oder missbraucht.
- Weiter konnte sich ein Ehemann nebst seiner Frau einen anderen Mann nehmen.
- Schliesslich gab es die Verheiratung zweier Männer.
Die damalige Gesellschaft war in Sachen Homosexualität zum Teil weiter entwickelt als unsere und gleichzeitig auch missbräuchlicher (Knabenliebe — Päderastie). Man will uns heute manchmal den Eindruck vermitteln, dass Homosexualität damals fast nur negativ und ausbeuterisch ausgelebt wurde. Dieses Bild stimmt nicht mit den uns bekannten Fakten überein.
Dass man damals eine hoch entwickelte Fähigkeit hatte, positiv und negativ ausgelebte Homosexualität zu unterscheiden und zudem von ‘fixierten’ sexuellen Orientierungen ausging, zeigt sich bei Plato, einem der wichtigsten Philosophen der Menschheitsgeschichte. Er lebte einige Jahrhunderte vor der Zeit des Neuen Testaments und lieferte eine Schöpfungs-Philosophie, welche so ausformuliert war, dass sie den homosexuellen Lebensstil rechtfertigte.
Platos Idee war, dass die ersten Menschen ‚binär’ gewesen sein müssen, also immer zwei Teile hatten. In seinem ‘Symposium’ (ca. 416 vor Christus) beschreibt er folgende drei Arten von Menschen, die es am Anfang der Zeit gegeben haben soll (Ab Seite 41):
- Mann-Mann
- Frau-Frau
- Mann-Frau
Zeus soll diese Menschen in zwei Teile geschnitten haben. Die sexuelle Orientierung dieser ‚Hälften’ war bestimmt durch den anderen Teil, den sie quasi verloren hatten. Man fühlte sich nach der Trennung angezogen von dem Teil, den man verloren hatte. Männer, die vorher Mann-Mann waren, waren nach der Trennung grundsätzlich homosexuell. Dasselbe galt bei den Frauen. Und wer früher Mann-Frau war, war anschliessend heterosexuell.
Im selben Buch unterscheidet Plato zwei Arten von Liebe (ab Seite 22 ganz unten): Die himmlische und die kommune (allgemeine) Liebe. Männer, welche die kommune Liebe leben, verlieben sich in Frauen anstatt in Männer und wollen nur den Körper der Frau. Wenn hingegen ein Mann die himmlische Liebe erlebt, verliebt er sich in Männer, weil diese mehr Verstand haben und die Liebe zu Männern eine höherwertige und stärkere Liebe ist. Plato kritisiert Formen von Päderastie, in denen es nur um das Körperliche geht. Dementsprechend sollte ein Jüngling nicht zu schnell dem Sex nachgeben, nur weil er Geld oder Status will. Er sollte warten, bis wirkliche Liebe entsteht und er selbst vom älteren Mann lernen kann.
Man hört heute oft, dass es früher kein Konzept von ’sexueller Orientierung’ gab. Am Beispiel von Plato sehen wir das Gegenteil. Wir sehen auch, dass gebildete Menschen der damaligen Zeit eine hoch entwickelte Unterscheidungsfähigkeit besassen, positive und negative Arten von ausgelebter Homosexualität zu unterscheiden.
Paulus, der im Neuen Testament über Homosexualität schreibt, war ebenfalls ein gebildeter Mann. Es gibt keinen offensichtlichen Grund, warum ausgerechnet er diese Unterscheidungsfähigkeit nicht hätte haben sollen. Wenn Paulus z.B. in Römer Kapitel 1 nur die ausbeuterischen Varianten der Homosexualität hätte negativ bewerten wollen, hätte er das tun können. Er tut es jedoch nicht, sondern spricht von Homosexualität allgemein und damit von allen damals vorhanden Varianten.
Angesichts dieser hohen gesellschaftlichen Akzeptanz und Fähigkeit, zwischen verschiedenen Formen zu differenzieren: In welche Richtung zeigt der ‘Vektor’ des Neuen Testaments?
Es sind nicht viele Stellen, die direkt über Homosexualität reden, aber ausnahmslos alle lehnen ausgelebte Homosexualität ab. Interessant ist: Wenn die biblischen Autoren über Homosexualität redeten, packten sie nicht die Gelegenheit, um die breit vorhandene kulturelle Differenziertheit zu reflektieren. Sie sagten nicht: “Leute, Päderastie ist nicht okay, aber die anderen Formen von Homosexualität sind es”.
So hätten die Autoren von 1Kor 6:9 und 1Tim 1:10 das im damaligen Griechisch verfügbare Wort ‘paiderastes’ benutzen können, taten es aber nicht. Auch Paulus machte in Römer 1 keine Unterscheidung nach damals bekannten Formen von Homosexualität. Auf diese Weise hätte er jene Varianten, die er als von Gott gewollt ansah, rechtfertigen und die missbräuchlichen ablehnen können. Paulus machte aber nichts von all dem! Wenn wir annehmen, dass ihm wohl bekannt war, welche Arten von ausgelebter Homosexualität existierten, so hat er in Römer 1 alle Varianten gemeinsam als inakzeptabel für gottesfürchtige Menschen bezeichnet.
Der Vektor des Neuen Testaments zeigt von der damaligen Akzeptanz von Homosexualität weg in eine Richtung, die alle ausgelebte Homosexualität als nicht im Sinne Gottes betrachtet. Der Grund für diese Haltung Gottes muss anderswo behandelt werden. Ob das biblische Gebot der Liebe diesen Befund aushebelt, muss ebenso anderswo diskutiert werden. Was klar scheint ist dies: Dort, wo das Neue Testament sich ausdrücklich der Frage der ausgelebten Homosexualität stellt, ist der Befund umfassend negativ.
Dies muss für viele Zeitgenossen völlig unverständlich und unnötig hart rüberkommen. Es klingt in den Ohren der heutigen Menschen als pure Intoleranz. Deshalb möchte ich diesen Artikel abschliessen mit einigen Sachen, die mir wichtig sind bezüglich der christlichen Gemeinde und Gemeinschaft.
Christliche Gemeinden sind ‘Räume der Gnade’
Der Befund, dass ausgelebte Homosexualität in keiner Variante dem Willen Gottes entspricht, führte nicht dazu, dass Homosexuelle aus den Gemeinden ausgeschlossen waren!
Nachdem er in 1Kor 6:9 Homosexualität in der Sünden-Liste aufführte, sagte Paulus in 1Kor 6:11. “Auch ihr gehörtet zu denen”. Für mich ist klar, dass homoerotisch empfindende Menschen in den christlichen Gemeinden aufgenommen wurden. Sie wurden dort auch nicht als ‘Christen zweiter Klasse’ gesehen. Sie lernten jedoch, ihre Sexualität in die Wege ihres Schöpfers zu führen — wie alle anderen auch, die zur Gemeinde stiessen.
Die Promiskuität unter heterosexuellen Männern war damals horrend. Auch sie haben unter der Gnade des Evangeliums ihre Sexualität in die Wege Christi zu führen gelernt. Dabei war niemand von ihnen vollkommen — daran zweifle ich nicht. Es gab Rückfälle. Es gab das, was die Engländer ‘messiness’ nennen. Aber die Richtung war klar.
Heterosexuelle und Homosexuelle erkannten gemeinsam, was die Werte ihres Glaubens an Jesus für den Umgang mit ihrer sexuellen Orientierung bedeuten. Und sie merkten, dass ein Leben nach diesem Jesus-Weg sie als einzelne Person und als Gemeinschaft zum Aufblühen bringt. Der Jesus-Weg wurde als heilsbringend verstanden!
Bei niemand anderem ist Rettung zu finden; unter dem ganzen Himmel ist uns Menschen kein anderer Name gegeben, durch den wir gerettet werden können. (Apg 4:12)
Die Bibel bringt Menschen aller sexuellen Orientierungen zusammen unter die Gnade von Jesus Christus. In einer Diskussion rund ums Thema beschreibt Jens Kaldewey die christliche Gemeinde als ‘Raum der Gnade’. Das gefällt mir sehr gut! Christliche Gemeinden dürfen ‘Räume der Gnade’ sein, wo jeder Mensch willkommen ist, egal, was seine sexuelle Orientierung oder sexuelle Herausforderung ist:
Das gilt ohne Unterschied für Juden wie für alle anderen Menschen. Alle haben denselben Herrn, der seine Reichtümer großzügig allen schenkt, die ihn darum bitten. (Rom 10:12)
Das Wort ‘Gnade’ passt perfekt, weil Gnade radikale Annahme aller Menschen vorgibt, aber gleichzeitig nicht alles gutheisst, was der Mensch leben möchte. Hier gibt es Raum, einen Weg der Veränderung zu gehen, ohne dass er aufgezwungen wird. Hier gibt es Vergebung, wenn Versagen da ist. Hier gibt es Feste der Freude, die gefeiert werden, wenn man auf dem Jesus-Weg ins Heil einen Schritt weiter gekommen ist. Hier lernen alle Gläubigen zu entdecken, was es heisst, wahrhaftig zu sein in der Liebe und zu wachsen in allen Lebensbereichen zu dem hin, der das Haupt ist, Christus (Eph 4:15).
Es gibt diese Menschen auch heute. Pastor Ed Shaw aus Bristol, England, ist ein homoerotisch empfindender Mann. Er schreibt in seinem Buch darüber, wie er lebt und wie seine Gemeinde ihn herzlich aufnimmt — ihn, den Pastor, der ihnen dient! Shaw, der seine Homosexualität nicht auslebt, obschon er so empfindet, stellt auf eindrückliche Weise die Frage — grad auch an heterosexuelle Menschen — ob der Glaube uns denn noch etwas kosten darf. Ich empfehle die Lektüre dieses Buches wärmstens!
Es stimmt: Wir Christen müssen um Vergebung bitten für die Fehler, die wir in der Vergangenheit gemacht haben gegenüber Homosexuellen. Aber wir sollten unsere Meinung nicht ändern, einfach weil der Druck der Gegenwartskultur gross ist. Wir würden uns gleich nochmals an der Gesellschaft schuldig machen, die es nötig hat, vorgelebte Modelle der Wege Jesu zu sehen! Was es heute braucht, sind Christen wie Ed Shaw, die zeigen, was das Evangelium Jesu Christi für homoerotische Menschen bedeutet. Was es heute braucht, sind Gemeinden, die sich als Räume der Gnade verstehen und alle Menschen willkommen heissen, ohne dabei den Anspruch und die Schönheit und den Preis der Nachfolge Jesu Christi zu kompromittieren!
Unsere weiteren Artikel zum Thema:
Die Ehe für alle und nicht-christliche Religionen (2019)
Das Reformierte Glaubensbekenntnis zur ‘Ehe für alle’ (2019)
Ehe für alle? (2021)
Lieber Bruder(er) Paul,
als ziemlich einfach gestrickter Mann bin ich auf Klarheit angewiesen. Und da kommt mir GOTTes Wort sehr entgegen.
Ich glaube, dass es nicht nur Wahrheiten enthält, sondern DIE WAHRHEIT ist — für alle Zeit (auch für unsere) aus der Ewigkeit und in Ewigkeit. Wir halten heute in den 66 Büchern der Heiligen Schrift die Volloffenbarung GOTTes in der Hand!
Das einmal als Grundlage.
Als ehemaliger Kommunist und DDR-sozialisierter „Staatsgläubiger“ glaube ich, seit mir Jesus Christus begegnete — wie Paulus auch bekannte — allem, was geschrieben steht. Und dazu gehört, dass
1. ausgelebte Homosexualität Sünde ist
2. Homosexualität vom Reich der Himmel in Ewigkeit ausschliesst und
3. in die ewige Verdammnis führt
4. Jesus Christus zur Busse und Umkehr aufruft
5. Gnade zur Vergebung durch SEINEN Tod am Kreuz und durch SEIN Blut erwirkt hat
6. diese Gnade jedem gewährt, der zu IHM kommt und
7. durch SEINE Auferstehung zu einem immerwährenden Neuanfang zum Leben innerhalb SEINER Gebote und Ordnungen aufruft und die Kraft dazu dem gibt, der IHN darum bittet.
Wir „Christen“ haben uns schuldig gemacht — das stimmt!
Unsere Schuld lag darin, dass wir Menschen dazu gezwungen haben, die Gesetze des Reiches Christi zu leben, auch wenn sie das gar nicht wollten! Denn im Himmel sind nur Freiwillige — und in der Hölle ebenfalls.
Und wir machen uns wieder schuldig — das stimmt!
Doch unsere Schuld liegt darin, dass wir Sünde und Schuld nicht mehr beim Namen nennen, dass wir die lebenszerstörende Wirkung der Sünde klein- und sogar schönreden, dass wir eine billige Gnade verkündigen, dass wir mit dieser billigen Gnade das „Recht zum Sündigen“ propagieren, dass wir den Menschen vorgaukeln, dass, wer zu Christus kommt und sich zu IHM bekennt, so bleiben kann, wie er ist…
Wir machen uns damit schuldig gegenüber dem lebendigen GOTT und Jesus Christus, der SEIN Leben auf grausamste Weise an unserer Stelle geben musste, um uns zu erlösen, gegenüber den Menschen, denen wir nicht mehr offen und ehrlich gegenübertreten und gegenüber uns selbst, die wir dadurch selber in Lauheit und Schlaf verfallen.
Denn
1. „billige Gnade“ ist eine Lüge und
2. „teure Gnade“ gibt’s nur für den, der auch die Konsequenzen der Nachfolge tragen will. Und dazu gehört eben auch das „Bekennen und Lassen der Sünde“ als Folge der „Erneuerung der Gesinnung“.
Wem es nicht einfällt, sich von der Sünde abzuwenden oder wenigstens mit ihr zu brechen und es ablehnt, heil zu werden, weil er es nicht will oder weil niemand es ihm sagt oder sagen will, der ist und bleibt in der Welt und geht mit ihr verloren, denn GOTT sagt es so.
Und wenn unser eigenes Leben im Geist Jesu Christi und
Und das auszusprechen, ist weder lieblos, noch richtend, noch unbarmherzig — sondern warnend, zu Jesus Christus rufend und SEINE Gnade (und damit SEIN Evangelium) anbietend.
Unser modernes Verständnis von „Liebe“ kommt uns da wohl allen mehr oder weniger in die Quere…
Herzliche Grüsse
F.v.G.
Danke Markus für die Rückmeldung und Gottes Segen beim studieren der Bibel 🙏 Paul Bruderer
Hallo Paul
Danke für deine freundliche und zeitnahe Antwort. Das Angebot einen Kaffe mit dir zu trinken, nehme ich gerne an. Siehe Mail.
Guten Tag Herr Bruderer
Ich war an ihrem Vortrag in Aarau am 9. Dezember. Es hat mich sehr fasziniert. Als ich aus dem Raum lief, dachte ich, es fühlt sich wahr an, ich spürte eine Übereinstimmung mit dem Geist. Für mich und mein Setting stimmt das auch prima. Glücklich verheiratet, Mutter von drei Kindern. Grossmutter von drei Enkeln. Bloss, was sage ich meinen lesbischen, homosexuellen und Transfreunden? Darüber wurde ich sehr traurig. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass Gott dienen höher ist als menschliches Glück. Doch welche Kirche kann ich meinen Freunden empfehlen? (Nach meiner Auffassung ist die sexuelle Orientierung nicht Heilsentscheidend). Deshalb habe ich gestern mal die regenbogenkirche der emk gegoogelt und bin dort auf einen Vortrag gestossen. (Barthel, Jörg, Am andern Ufer? Bibel und Homosexualität, Theologie für die Praxis 31
(2005) 99–113 (Barthel) Es ist ein pdf zum runterladen https://regenbogenkirche.ch/wer-wir-sind/ Unsere Überzeugung.)
Darauf hatte ich eine schlaflose Nacht.
Ich bin eine Jesus Nachfolgerin, keine Theologin. Als Frau (mit einer Gabe in Leitung) in einer Freikirche aufgewachsen. Zu einer Zeit, als die Theologen sehr überzeugt wussten wo eine Frau hingehört. Ich habe erlebt, wie es sich anfühlt durch reine Existenz ein Problem zu sein. Zum Glück ist Jesus nicht so! Das ist die grosse Befreiung durch das Evangelium. Meine Angst ist, dass ich diese Menschen nicht wie Jesus es tun würde behandle. Dass plötzlich ich zur “Täterin” zur Schriftgelehrten und Pharisäerin werde. Dass ich mich schuldig mache an meinen Freunden. Was denken sie darüber?
Vielen Dank Esther (ich erlaube mir, dich zu dutzen) dass du deine Gedanken offen schreibst. Keiner von uns sollte sich schuldig machen an seinen Freunden — und auch nicht anderen Menschen gegenüber. Du stellst gute Fragen! Du tauchst mit diesen Fragen voll ein in eine der heissesten Debatten unserer Zeit. Am Besten ist wohl ein Treffen, wo wir über das Ganze reden können. Darf ich dich zu einem Kaffee in Frauenfeld einladen? mlg Paul
Lieber Paul Bruderer,
Vielen Dank für diesen Artikel. Ich habe vor kurzem mein Theologiestudium beendet und arbeite jetzt als Vakanzvertretung in Niedersachsen in einer Gemeinde. Und versuche mich jetzt gerade in den zurzeit sehr kontroversen Diskussionen zurecht zu finden. U.a. im Thema zur Homosexualität.
Der kleine Nebensatz, dass Sie mehrere Jahre gebraucht haben, um sich eine Meinung über dieses Thema zu bilden macht mir sehr viel Mut, weil ich mir dadurch auch diese Freiheit einzuräumen gestehe, ohne dem gesellschaftlichen Druck nachgeben zu müssen. Ihre Ausführungen weiter machen sehr viel Sinn und treffen sich mit meinen bisherigen biblischen und theologischen Erkenntnissen.
Danke also noch einmal für diesen Artikel und die Ermutigung, die Kirche als “Räume der Gnade” zu betrachten.
Mit freundlichen Grüßen
Lieber Tim (ich hoffe uns zu dutzen ist okay) ich freue mich, dass der Artikel dir eine Hilfe war! Sei gesegnet in deinem noch jungen Dienst und meld’ dich wieder mal. Solltest du in der Gegend von Konstanz sein, komm’ doch auf einen Kafi oder auf ein feines Bierchen. Lieber Gruss Paul
Lieber Paul,
vielen Dank für die freundliche Antwort. Ich habe gestern erfahren, dass wir beide Chrischonabrüder sind. Die Studiengangsleitung Theologie und Musik (S.Hagen) hat mich darauf hingewiesen, dass du mich vermutlich auch schon am tsc erlebt hat. Vielen Dank daher für die Einladung! Vermute, dass wir in der nächsten Zeit nicht im Umkreis von Konstanz sein werden, aber wenn du mir deine adresse nochmal auf meine email versendest, weiß ich wenigstens, wohin wir kommen müssen, wenn es mal soweit sein sollte.
Lieben Gruß in den Süden
Tim
Lieber Tim
Susanne Hagen hat da vermutlich recht 🙂 Ich selbst habe zwar nicht am TSC studiert sondern ANCC in London. Aber ich bin seit Jahren an den Konferenzen am TSC. Meine Adresse — solltest du mal in der Nähe sein: Ringstrasse 2, 8500 Frauenfeld, Schweiz
Moin,
und danke für die prompte und sehr ausführliche Antwort.
Daraus müsste man ja Schlussfolgern, dass die Dinge, zu denen Jesus Stellung bezogen hat, nicht! im jüdischen Kontext geklärt sind.
Doch m.E. ist dem wohl eher nicht so…
Denn das Gebot der Liebe ist ja usus…
Warum also darüber reden?
Doch Jesus tat es.
Und: Ich halte es für AUSGESCHLOSSEN, dass es in der jüdischen Gemeinde…also im ganzen Volk… keine homoerotische Sexualität (in welcher Form auch immer) gab (und gibt).
Und: Man kann davon ausgehen, das auch und gerade jüdische Mächtige — aber auch Menschen aller Coleur in dieser “Sache” aktiv waren.
Alles andere wäre Augenwischerei und Glorifizierung eines (banal menschlichen) auserwählten Volkes.
Soweit.
Herzliche Grüße
Jörg Stahn
Lieber Herr Bruderer,
vielen Dank für Ihre Ausführungen.
Jedoch gibt es m.E. eine (die!) entscheidende Komponente, die nicht berücksichigt wurde: wwJd?
Oder besser: Wieso wurde uns kein Jesus-Zitat überliefert, wenn es doch ein so elemantar!!! wichtiges Detail des Glaubens, der Gottesliebe und ‑treue(und des Zuammenlebens) ist?
Meine Vermutung: Weil Jesus wusste, dass wir als eine Jüngerinnen und Jünger…ganz andere Probleme des Miteinanders zu stemmen haben: Liebe, Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Demut…
HG J.Stahn
Lieber Jörg, ausgezeichnete Frage! Ich denke Jesus hat sich nicht zur Homosexualität geäussert, weil das im Judentum absolut geklärt war. Und ich meine mit dem Wort ‘absolut’ genau das: absolut. Die jüdische Weltanschauung hat wirklich keinen Platz für irgendeine Variante ausgelebter Homosexualität. Dies sieht man bei diversen jüdischen Autoren der Zeit, z.B. bei Philo, Josephus und anderen. Es gab keine Homosexualitätsfrage, deshalb sagte Jesus auch nichts dazu.
Ich ziehe eine Parallele zur Frage der Wiederheirat. Viele fragen: Warum sagt die Bibel nirgends direkt etwas zur Wiederheirat nach einer Scheidung? Einige schliessen von diesem Schweigen, dass Wiederheirat nicht erlaubt ist. Ich denke es läuft anders. Wiederheirat war in den jüdischen Scheidungsbriefen geklärt. Die Scheidungsbriefe hatten Raum für gewisse Variationen, aber folgender Satz war gemäss den Rabi’s zwingend in jeder Scheidungsurkunde drin. Das klang beispielsweise so: “Siehe du bist frei für jeden Mann… Und dies soll von mir zu dir sein eine Urkunde der Scheidung und ein Freilassungsbrief und eine Bestätigung der Entlassung, dass du verheiratet sein darf zu jedem Mann deiner Wahl” (Mischna m.Git.9.3 in Neusner, The Mischna 1988, eigene Übersetzung). Wir sehen hier: War jemand mal geschieden, war sonnenklar, dass mit der Scheidung die Erlaubnis einer Wiederheirat mit inbegriffen war. Die Juden debattierten nicht die Wiederheirat sondern für sie war die Frage: Wann ist eine Scheidung berechtigt und wann nicht? DAZU äussert sich Jesus. Ich deute das so: Wenn eine Scheidung aus Sicht von Jesus berechtigterweise geschieden wurde, dann ist aus Sicht von Jesus auch eine Wiederheirat möglich. SONST hätte er dazu etwas gesagt. Er hat dazu aber nichts gesagt — folgedessen ist er in Bezug auf die Wiederheirat nach einer Scheidung mit dem jüdischen Konsens einverstanden.
Bei der Homosexualität sehe ich es gleich. Gerade die Tatsache, dass Jesus zur Homosexualität nichts sagt, zeigt, dass er mit dem klaren jüdischen Konsens einig war. SONST hätte er BESTIMMT etwas gesagt. Wenn Jesus wirklich für das Ausleben bestimmter Varianten der Homosexualität ist, hätte er mit Bestimmtheit etwas gesagt und den jüdischen Konsens herausgefordert oder konfrontiert. Dies tut er nämlich bei der Scheidungsfrage und auch bei anderen Fragen der Sexualethik. Jesus konfrontiert zum Beispiel den jüdischen Konsens, dass eine Person verheiratet sein muss, als er in Matthäus 19,12 drei Kategorien von Singles auflistet. Eine davon ist das freiwillige unverheiratet bleiben. Diese Idee von freiwilligen unverheiratet bleiben war im Judentum undenkbar. Jesus korrigiert hier sehr klar den jüdischen Konsens und sagt: es ist okay, freiwillig unverheiratet zu bleiben.
Ich denke: hätte Jesus eine positive Sicht ausgelebter Homosexualität, hätte er dazu etwas gesagt. Wenn das so stimmt, muss das Schweigen von Jesus zur Homosexualität als ein äusserst deutliches Zeichen gewertet werden, dass Jesus keine Variante ausgelebter Homosexualität gutheisst. Was das bedeutet für die Menschen unter uns, die homoerotisch empfinden, ist eine sehr wichtige Frage auf die man auch eingehen muss. Doch was Jesu’ Haltung betrifft, dünkt mich, dass oben beschriebene Sachen eine deutliche Sprache sprechen.
Gerne!
Ich denke wie auch, dass da und dort was homosexuelles gelaufen ist — auch im Judentum. Mein Punkt war nicht, was gelaufen ist, sondern wie es ethisch beurteilt wurde. Und diesbezüglich herrschte Klarheit.
Das habe ich verstanden.
Jedoch wäre dann der Umkehrschluss, dass Jesus sich nur zu den Themen geäußert hat, bei denen Unklarheit bestand — oder?
Und das hielte ich für eine “steile” These.
Und ich bin überzeugt: Wenn wir als Christen mit halb soviel Engagement, wie beim Thema Homosexualität, die Themen Nächstenliebe, Demut, Achtung, Missbrauch (auch theol./seelsorgerl.), Mission, Gemeindebau, Vergebung etc. beackern würden…
Wow…Wachsende Gemeinden, mehr Frieden in der Welt (und in den Gemeinden..;-) )
Und weil Jesus uns so genau kennt…hat er das zum Thema gemacht, was ex. wichtig ist.
Noch einemal: Die Feststellung, dass Jesus nur über die Sachen sprach, die unklar waren…ist doch etwas weit hergeholt.
Dennoch akzeptiere ich natürlich Ihre Sichtweise. Sie hilft m.E. jedoch nicht weiter.
HG JS
Thx Hansjörg,
ich würde die steile Variante auch nicht gut heissen. Mit grosser Sicherheit hat Jesus auch über Dinge gesprochen, die im Judentum klar waren und hat diese bestätigt.
Bestätigt. Ja.
Und erweitert!
Und: Eine neue/andere Sichweise/Blick auf den Vater/Gott und die Dinge (des Lebens)!
HG JS
Sehr ehrliches auseinander setzen mit einem Thema das uns durch entsprechende Lobby Arbeit, aber auch durch eigene Fehler auf die Agenda geschrieben wurde. Meine Anerkennung dazu
alexbischoff@me.com
Vielen Dank Alexander
Vielen Dank für diesen argumentativ starken und wegweisenden Artikel. Er ermutigt mich darin, als Christ, der Veränderung seines homosexuellen Empfindens erlebt hat, auch trotz Widerständen aus verschiedensten Richtungen, Zeugnis zu geben:
https://www.youtube.com/watch?v=qOz4eZrjHSQ
https://www.youtube.com/watch?v=4cbckG7PrFw
Danke Jens! Freue mich darauf, deine Inputs anzuschauen. Grüsse aus der Schweiz! Paul
Paul, sehr coole und differenzierte Darstellung. So vieles, was uns im Moment verkauft wird, radikalisiert einfach. Du machst es vor: mehr forschen und tiefer denken.
Sehr hilfreich. Danke 🙂
Vielen Dank Reinhold!
Vielen Dank für eure Gedanken (auch von Stefan). Ja wir Christen müssen uns immer mehr rechtfertigen und entschuldigen… So fehlt oft Raum und Zeit für die Themen, die unser Leben reich machen. — Es macht auch keine Freude, ständig an einem abbruchreifen Haus herumzubasteln. Es müsste abgerissen werden, damit das Neue gebaut werden kann und Freude bereitet.
Hallo Schreiberlinge von DanielOption
Danke für diesen Beitrag. Es sind sehr interessante und überlegenswerte Gedanken. Ich mache mir in letzter Zeit einige Gedanken über das Thema «Homosexualität» und werde ab und zu davon überrascht. Um es vorweg zu nehmen: Ich bin heterosexuell, glücklich verheiratet und Christ.
Am letzten Donnerstag, 05.09.19, wurde in der Tagesschau folgender Beitrag zu einem beantragten Konversionsverbot von Homosexuellen, das der Bundesrat ablehnt, ausgestrahlt:
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/das-ladensterben—es-braucht-neue-ideen?id=7291f3ce-e334-4682–920c-cdacf29ae367
Darin fordert Nationalrätin Rosmarie Quadranti ein Verbot von Konversionsversuchen an Homosexuellen seitens Freikirchen, Psychotherapeuten und anderen interessierten Gruppen. Frau Quadranti betont, dass sie überrascht, bzw. traurig ist, dass im 21. Jahrhundert eine so ablehnende Haltung gegenüber ihrem Anliegen zum Ausdruck kommt.
Ich denke, dass der christlichen Gemeinde, bzw. jedem einzelnen Christen, die Wissenschafts- und Weiterentwicklungsgläubigkeit der Menschheit im Weg steht. Wissenschaftlich erkennt man immer mehr Zusammenhänge, stösst immer tiefer in Unerklärbares vor und will das Unerklärbare auch noch klären können. Wie haben es die Amerikaner immer wieder als freiheitsliebende Menschen betont: “Für uns ist nur der Himmel die Grenze!” Nun — es scheint mir, dass dies nicht nur im technischen Fortschritt der Fall ist, sondern auch in gesellschaftsrelevanten Themen. Und vermutlich akzeptiert man dort die Grenze «Himmel» nicht mehr.
Die gesellschaftsrelevanten Themen werden heute vielfach von den Medien aufgebauscht und sind darum von Menschenmeinung abhängig. Aber ist das das Mass aller Dinge. Ich glaube nicht… und doch erscheint es so schwierig.
Es wird von Säuglingssterblichkeit berichtet, wenn diese, wie im letzten Jahr, zu den Vorjahren ansteigt (Wieso konnte man das nicht unterbinden? Was ist das Problem? Wo mangelt es an wissenschaftlichen Erkenntnissen, um erwünschtes Leben am Leben zu erhalten?). Doch wenn die Abtreibungsrate steigt, wird es nicht erwähnt oder dann vielleicht als positiv gewertet, da unerwünschtes Leben bestehendes Leben nicht mehr in seiner Existenz bedroht. Aber wer definiert in diesem Fall erwünschtes Leben? Der Mensch. Und nicht Gott. Und es scheint breit akzeptiert zu sein. Erwünscht oder nicht erwünscht definiert der Mensch in seinem Entwicklungs- und Selbstfindungswahn.
Die Definition, was gut oder schlecht ist, ist je länger, umso mehr, vom Menschenverstand abhängig. Und diese Seuche greift langsam in christlichen Kreisen um sich. Darum haben die Gedanken Gottes aus Jesaja 55,8+9 immer weniger Wirkung und Einfluss auf das Denken vieler Christen:
Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR; sondern so viel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken.
Wenn Gottes Gedanken nicht meine Gedanken sind MUSS und KANN ich nicht alle Weisungen von ihm verstehen. Ich muss sie einfach annehmen. So wie ein 5‑jähriges Kind seinem Vater blind vertraut, dass er für ihn das Beste will, so muss ich Gott vertrauen, dass er weiss, was er sagt, wenn er Homosexualität (und nicht die Homosexuellen per se!) verurteilt. Seine Gedanken sind höher. Ich vertraue ihm in dieser Frage und stelle SEINE Meinung darum nicht in Frage.
Was mir allerdings ein bisschen Bauchweh macht: Wie lange darf ich in unserem Land diese Meinung noch öffentlich vertreten? Ohne Sanktionen oder Benachteiligungen zu erleben? Man kann ja sagen: Darauf musst du nicht achten, solange du nach Gottes Willen handelst. Das stimmt zwar, aber viele Gläubige (und ich zähle mich auch dazu) wollen doch von Nichtgläubigen geachtet sein. Wir sollen gute Beispiele sein für diese Welt. Sind wir aber das, wenn wir uns gegen die öffentliche Meinung stellen? Jesus tat es. Darum darf ich das auch, wenn ich der Überzeugung bin, dass dies rechtens ist, ohne eine betroffene Person zu diffamieren. Muss aber mit den Konsequenten rechnen.
Sind wir Christen dazu bereit?