Fragen erlaubt. Antworten auch! (Teil 2/2)

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Jesus hat auf Fra­gen manch­mal mit ein­er Rück­frage geant­wortet. Die Idee, dass er dies sehr häu­fig getan hat, passt aber nicht zum Bild von Jesus, das uns die Evan­gelien geben. Meine Mei­n­ung: Jesus ist der men­schge­wor­dene Schöpfer des Uni­ver­sums und er möchte let­ztlich vor allem Antworten geben auf die Fra­gen der Menschen!

In unserem Blog ‘Fra­gen erlaubt — Antworten auch’ haben wir drei Kat­e­gorien von Fra­gen-Stel­lun­gen vorgeschla­gen. Wir haben um Rück­mel­dun­gen gebeten und bedanken uns für den Hin­weis auf eine wichtige weit­ere Kat­e­gorie. Ich nenne sie hier ‘ler­nen­des Fragen’.

Was ist ‘ler­nen­des Fra­gen’? Man sagt: “Wenn du einem Juden eine Frage stellst, antwortet er mit ein­er weit­eren Frage!” Es stimmt, dass die Juden — auch zur Zeit von Jesus — diese Art von ‘ler­nen­dem Fra­gen’ geübt und gelebt haben. Ein wichtiges Ziel dieser Art von Gespräch war, bess­er zu ver­ste­hen, was das Gegenüber wirk­lich meint. ‘Ler­nen­des Fra­gen’ führt dazu, dass ich Neues lerne über mein Gegenüber und in meinen eige­nen Gedanken weiterkomme.

Jesus war mitunter ein Meis­ter im ‘ler­nen­den Fra­gen’. Diese Erken­nt­nis, die einen neuen Zugang zu gewis­sen Tex­ten möglich gemacht hat, hat sich inzwis­chen in der Chris­ten­heit herumge­sprochen. Ich begeg­ne unter­dessen bei vie­len Chris­ten der Idee, dass Jesus auf Fra­gen vor allem mit Rück­fra­gen geant­wortet hat. Ich habe zwei Anfra­gen an diese Idee:

  1. Men­schen, die gut sind im Rück­fra­gen stellen, haftet manch­mal etwas charak­ter­lich Schwieriges an. Kön­nte es sein, dass wir dieses charak­ter­lich Schwierige auf Jesus über­tra­gen, wenn wir sagen, dass Jesus vor allem mit Rück­fra­gen geant­wortet hat?
  2. Stimmt es, dass Jesus vor allem mit Rück­fra­gen reagiert hat?

Nur mit Rückfragen zu antworten kann irritieren

In mein­er Gemein­dear­beit begeg­ne ich immer wieder Men­schen, die mis­strauisch reagieren, wenn jemand eine Frage nicht direkt beant­wortet. Vielle­icht ist es die Desil­lu­sion­ierung über Poli­tik­er. Vielle­icht kommt es ander­swo her. Aber es ist das dumpfe Gefühl, dass Leute, die bewusst und strate­gisch mit Fra­gen antworten, damit oft ihre Über­legen­heit zum Aus­druck brin­gen möcht­en. Oder sie wollen die andere Per­son auf Abstand halten.

Diese Vorstel­lung kann sich auf Jesus über­tra­gen. Die Annahme, Jesus kön­nte in den Gesprächen seine krasse Über­legen­heit zum Aus­druck brin­gen oder müh­same religiöse Leute auf Dis­tanz hal­ten wollen, wäre äusserst prob­lema­tisch, weil er — dessen bin ich mir sich­er — den Men­schen Antworten geben will.

Bild: unsplash

Jesus antwortet häufiger mit direkten Antworten

Das ‘ler­nende Fra­gen’ ist etwas, das Jesus als jüdis­ch­er ‘Rab­bi’ auch gepflegt hat. Aber er gibt erstaunlich viele direk­te Antworten! In den vier Evan­gelien der Bibel, welche zusam­men eine ver­lässliche Darstel­lung des Lebens von Jesus geben, sehen wir zusam­menge­fasst etwas über 50 Vorkomm­nisse, bei denen Jesus eine Frage gestellt wird. In über 80% dieser Fälle reagiert Jesus nicht mit ein­er Rück­frage, son­dern gibt eine konkrete Antwort.

Die Antworten von Jesus kom­men in ver­schiede­nen For­men. Er benutzt Para­beln und Meta­phern, aber auch immer wieder propo­si­tionale Aus­sagen. Hier ein Beispiel von ein­er direk­ten und klaren Antwort:

»Rab­bi«, fragten die Jünger, »wer ist schuld daran, dass dieser Mann blind ist? Hat er selb­st Schuld auf sich geladen oder seine Eltern?« »Wed­er noch«, antwortete Jesus. »Vielmehr soll an ihm die Macht Gottes sicht­bar wer­den.” (Joh 9:2–3)

Logisch: Die Imp­lika­tio­nen dieser Antwort brin­gen alle Synapsen in unserem Gehirn zum Explodieren. Aber die Antwort ist direkt und klar und zeigt uns, wie Gott ‘tickt’.

Jesus sucht menschliche Nähe

Im fol­gen­den Beispiel gibt Jesus eine Antwort und kom­biniert sie mit ein­er Ein­ladung, Zeit mit ihm zu verbringen:

»Rab­bi, wo wohnst du?«»Kommt mit, dann werdet ihr es sehen!«, sagte Jesus. Also gin­gen sie mit Jesus dor­thin, wo er wohnte. Es war unge­fähr vier Uhr nach­mit­tags, und sie blieben bei ihm bis zum Abend. (Joh 1:38–39)

Jesus benutzt Gleichnisse, um die Dinge deutlich zu machen

Manch­mal erzählt Jesus eine gle­ich­nishafte Geschichte, um seine Antwort deut­lich zu machen:

»Und wer ist mein Mit­men­sch?« Daraufhin erzählte Jesus fol­gende Geschichte: »Ein Mann ging von Jerusalem nach Jeri­cho hin­unter…” (Lk 10:29ff)

Der Zweck des Gle­ich­niss­es ist nicht Ver­schleierung, son­dern eine Antwort zu geben. Es stimmt auch, dass die Antworten von Jesus manch­mal schwierig zu ver­ste­hen sind, wie wir an dieser Reak­tion der Zuhör­er sehen:

Die Zuhör­er Jesu ver­standen nicht, was er ihnen mit diesem Ver­gle­ich sagen wollte. (Joh 10:6)

Jesus benutzt Rückfragen zielgerichtet

Es gibt einige Sit­u­a­tio­nen, in denen Jesus Rück­fra­gen benutzt. In diesem Beispiel set­zt er Rück­fra­gen ein, um die Fra­gen­den in die Schranken zu weisen:

»Woher nimmst du dir das Recht, das alles zu tun? Wer hat dir die Voll­macht dazu gegeben?« (fra­gen die jüdis­chen Leit­er) »Ich will euch eine Gegen­frage stellen«, erwiderte Jesus. »Wenn ihr mir darauf antwortet, werde ich euch sagen, woher ich die Voll­macht habe, so zu han­deln.” (Mt 21:23ff — Es lohnt sich, den Rest zu lesen.)

In ein­er anderen Gegeben­heit benutzt Jesus Fra­gen in liebevoller seel­sorg­erisch­er Art, um Petrus wieder­herzustellen, nach­dem er Jesus ver­leumdet hat:

»Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?« (Joh 21:15ff)

An den Antworten Jesu scheiden sich die Geister

Grund­sät­zlich ist Jesus ein aus­geze­ich­neter Kom­mu­nika­tor. Das Prob­lem scheint weniger zu sein, dass seine Antworten schw­er zu ver­ste­hen sind, son­dern eben ger­ade, dass sie ver­standen werden!

Seit Beginn sein­er Dien­stzeit geht es um die Frage, wer Jesus ist. Vor einem jüdis­chen Gericht wird er wieder­holt gefragt: «Bist du der Chris­tus?» Zuerst antwortet er nicht, dann aber sagt er:

«Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Men­schen­sohn sitzen zur Recht­en der Kraft und kom­men mit den Wolken des Him­mels.» (Mk 14:62)

Diese Antwort ist nicht ver­schleiernd. Sie ist nicht tak­tisch geschickt angelegt. Diese Antwort auf die Frage nach der wahren Iden­tität von Jesus ist der­art klar, dass sie zu ein­er krassen Reak­tion des Hohe­p­riesters führt:

«Da zer­riss der Hohe­p­riester seine Klei­der und sprach: «Was bedür­fen wir weit­er­er Zeu­gen? Ihr habt die Gottes­lästerung gehört.» (Mk 14:63–64)

Jesus reizt! Aber er reizt nicht mit ein­er geschick­ten rhetorischen Tech­nik, son­dern mit ein­er krassen Behaup­tung über seine Per­son. Jesus weiss, wer er ist. Er lebt dementsprechend. Er antwortet dementsprechend. Aber er erniedrigt sein Gegenüber nicht, indem er seine Über­legen­heit zeigt. Auch weicht er seinem Gegenüber nicht aus, son­dern gibt Antworten, die Gottes Sicht der Dinge zeigen.

Jesus stellt uns die entscheidende Frage

Jesus ist gemäss Kol 1:16–20 der men­schge­wor­dene Schöpfer und Hei­land des Uni­ver­sums. Wenn du einen Moment Zeit hättest, diesem Schöpfer der Sterne und Galax­ien eine Frage zu stellen, was würdest du ihn fragen?

Eines bin ich mir sich­er: Er würde dir antworten. Und in sein­er Antwort würde Jesus dir auf für dich ver­ständliche Weise zeigen, wer er ist. Und irgend­wann würde Jesus dir dieselbe Frage stellen, die er seinen Jüngern stellt:

»Und ihr – für wen hal­tet ihr mich?«, fragte er sie. Da antwortete Simon Petrus: »Du bist der Chris­tus, der von Gott gesandte Ret­ter! Du bist der Sohn des lebendi­gen Gottes.« (Mt 16:16–17)

Wie würdest du Jesus antworten?

Bild: unsplash

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