«Des Abends sprecht ihr: Es wird ein schöner Tag werden, denn der Himmel ist rot. Und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute ein Unwetter kommen, denn der Himmel ist rot und trübe. Über das Aussehen des Himmels wisst ihr zu urteilen, über die Zeichen der Zeit aber könnt ihr nicht urteilen?» (Mt 16:3)
Vor genau 5 Jahre stosse ich online auf das Video. Publiziert hatte es eine selbsterklärte ‘Sex-Hexe’, die im Rahmen einer Feier in Nashville [USA] ins Mikrofon singt. Da ist ein wunderschön klingendes Lied. Da ist Brot und Wein. Es ist eine Eucharistiefeier. Die Hexe bezeichnet diese Feier als ein ‘atheistisches Abendmahl’. Auf der Bühne steht auch der Gastgeber dieses Abendmahls. Es ist niemand anders als Michael Gungor — ein Künstler, der kurz zuvor an meinem christlichen Musik Festival in Frauenfeld gespielt hatte, dem Springtime Festival.
Diese Entdeckung, welche ich später zu meinem ersten Artikel auf Daniel Option verarbeitet habe, hat mich damals zutiefst geschockt und aufgerüttelt. Ich konnte fast nicht glauben, was sich da vor meinen Augen abspielt! Es war der Moment, an dem aus einem eigenartigen Bauchgefühl Gewissheit wurde: Wenn es okay sein soll, dass ein angeblicher Lobpreisleiter zusammen mit einer atheistischen Sex-Hexe ein ‘Abendmahl’ austeilt, dann bahnen sich in meinem christlichen Umfeld grössere Veränderungen an.
Kennst du die Momente im Leben, wo du auf einmal merkst, dass ‘etwas’ anders ist? Wechselndes Wetter bringt manchmal solche Momente. Vielleicht bist du im Sommer im Schwimmbad. Du liest ein Buch und schläfst dabei ein. Du wirst von einer aufkommenden Brise geweckt und merkst: Irgendetwas ist anders! Genau: Alle anderen um dich herum sind schon am Einpacken und verlassen die Wiese, um irgendwo unter einem Dach Zuflucht zu suchen. Das Gewitter ist nicht nur im Anzug, es ist schon praktisch über dir.
Auch im persönlichen Leben gibt es diese Momente, an denen du merkst: etwas hat sich atmosphärisch verändert. Irgendetwas ist anders. Diese atmosphärischen Veränderungen, diese Verschiebungen in der Realität um uns herum, sind oft schwierig zu greifen. Aber es kommt der Zeitpunkt, an dem du realisiert: es ist anders als vorher. Für mich gab es vor 5 Jahren diesen Moment. Es lag definitiv eine neue, andere Wetterlage in der Luft.
Culture Shifts in der Künstlerszene
Rückblickend weiss ich: In der freikirchlich/evangelikalen Welt, welche mein natürliches geistliches ‘Biotop’ ist, lagen vor 5 Jahren die Vorboten von neuen grossen Trends in der Luft. Heute sind diese Trends deutlich sichtbarer und deshalb auch greifbarer. Sie haben Namen bekommen respektive sich selbst Namen gegeben: «progressives Christentum», «Postevangelikalismus», «Glaubensdekonstruktion», «Ex-Evangelikal» und dergleichen heissen die Stichworte. Treiber dieser neuen geistlichen Grosswetterlage sind besonders Fragen der Sexualethik.
So ist ein stürmisches Wetter auf die freikirchlich/evangelikale Welt im Westen und deutschsprachigen Raum angekommen. Die ersten Böen des Unwetters haben den einen oder anderen Tisch umgeblasen, einige Ziegel vom Dach gefegt und einigen Christen und Leitern die Orientierung geraubt. Gleichzeitig scheint mir, dass auch wenn der Sturm weiterhin tobt, die erste Wucht des Sturmes überstanden ist. Dies ist ein guter Zeitpunkt um zurückzublicken und nach vorne zu schauen.
Während mein Bruder die tiefgreifenden Veränderungen vergangene Woche in Bezug auf die Sexualethik reflektiert hat, bin ich selbst immer sehr sensibel gewesen im Hinblick auf Entwicklungen in der internationalen christlichen Musikszene, mit der ich durch meine Konzertarbeit viel zu tun habe. Künstler wittern tiefergreifende kulturelle Entwicklungen oft früher als andere und gehen sie selbst manchmal auch mit. Ich habe in den vergangenen Jahren die Abwendung eines Teils der freikirchlichen/evangelikalen Welt von historischen Glaubenssätzen des Christentums deutlich an biografischen Entwicklungen im christlichen Musikzirkus mitverfolgt.
Jon Steingard von Hawk Nelson (2010 am Springtime Festival) vollzog eine sehr öffentliche Abwendung vom Christentum. Die begabte Worship-Sängerin Audrey Assad machte sich auf die Dekonstruktions-Reise: Scheidung, Drogenexperimente, Wicca-Zeremonien, jungsche Tiefenpsychologie… die Reise ist wohl noch nicht zu Ende. Tiffany Arbuckle (Plumb) schaffte diesen Sommer nach endlosen Andeutungen endlich ihre erste Teilnahme an einer Pride-Parade. Sie hat damit die progressive ‘Glaubenstaufe’ vollzogen. Ich könnte weitere Namen nennen. Äussert beliebt ist die Identifikation als “Spiritual not Religious” geworden. Da musst du dich mit keiner Glaubenslehre, Glaubensgemeinschaft und auch keinem Moralcode mehr identifizieren — und kannst dir dennoch den Schein geistlicher Erleuchtung wahren. Aaron Gillespie von The Almost (2012 bei uns in Frauenfeld) gehört leider in diese Kategorie. Die Biografien dieser Künstler bleiben oft stark in Bewegung und verlaufen auch sehr unterschiedlich.
«Künstler scheinen es schwieriger zu haben, orthodox zu bleiben», meinte mal der zum Pastor umgeschulte Elektro-Pionier Ronnie Martin mir gegenüber. Da ist wohl etwas dran. Es gibt aber auch diejenigen Künstler, die genauso feinfühlig sind auf die Trends, aber ihre Wurzeln tiefer in die christliche Orthodoxe treiben. John Cooper von Skillet (2013 am Springtime Festival) ist dafür ein Beispiel. Als Künstler, welcher sowohl im christlichen als auch im säkularen Musikmarkt äusserst erfolgreich ist, hat er in den vergangenen Jahren seine Karriere riskiert, als er angefangen hat, schwierige Entwicklungen in der christlichen Welt anzusprechen. Auch Marc Hall von den Casting Crowns (2017 am Springtime Festival) hat die aktuellen Entwicklungen aus dem Blickwinkel der christlichen Orthodoxie kommentiert. Es lohnt sich, den Song 2nd Opinions anzuhören, der mit folgenden Zeilen beginnt:
“Well, church gather ‘round ‘cause we got us a problem
There’s a lot of inspiration floating around these days Words that paint a pretty picture but you won’t find them in the scripture That’s because they’re all from the book of second opinions.”
Flugzeuge starten gegen den Wind
Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben auch meinen ganz persönlichen Freundeskreis berührt. Der Sturm hat zu zwischenmenschlichen Brüchen und Entfremdung geführt. Gräben haben sich aufgetan zu Menschen, welche mir immer noch lieb sind. Wege haben sich getrennt. Das ist nicht einfach. Offene Kommunikationskanäle sind auch da wichtig, wo die gemeinsame Grundlage verloren gegangen ist. Manchmal lässt man einander aber auch besser eine Weile lang in Ruhe. Aber eigentlich würde ich mir wünschen, wir wären alle noch zusammen in meinem Garten, bei Bier, Steak und Sonnenschein, wie es einmal war.
Trotz dieser Schattenseiten hat sich in mir die Gewissheit verstärkt: Gott stellt mich gerade für diese Zeit da hin, wo ich bin. Er traut mir zu, dass ich auch im Sturm bestehen kann und noch mehr – einen Beitrag für den Aufbau seines Reiches leisten kann. Was auf Felsen gebaut ist, wird der Sturm nicht wegfegen. Auch im Sturm gibt es Freude und Frieden zu finden. Auch bei schwierigem Wetter lässt es sich arbeiten und leben. Und wie mir ein neuer Freund am Wochenende erklärt hat: Flugzeuge starten gegen den Wind.
In der Rückschau wird mir aber auch klar, wie ahnungslos ich über viele Jahre hinweg doch gewesen war. Die Diagnose, welche Jesus an die Pharisäer gestellt hat, trifft auch auf mich zu. Sie wollten «ein Zeichen vom Himmel» (Mt 16:1), um ohne allzu grosses Nachdenken über die Runden zu kommen. So war ich auch, bevor mir klar wurde, dass sich diese epochalen Shifts abzeichnen. Es reichte mir ein «ein Zeichen vom Himmel»: Ein guter Schuss positive Emotionen vom Gottesdienst am Sonntag, welcher mich bis zum nächsten ‘Fix’ durchträgt — die Strategie von tausenden von Kirchgemeinden und Millionen von Christen wie mir.
Ich halte diese Momente weiterhin für wichtig, an denen Gottes unmittelbares Reden in unser Leben hinein oder eine existenzielle Erfahrungen mit ihm uns einen ganz besonderen Kick geben. Aber manchmal wäre noch etwas anderes dran als von einem geistlichen ‘Kick’ zum nächsten zu leben. Manchmal wäre es dran, dass wir die einfachen und grundlegenden ‘Zeichen an der Wand’ mit Gottes Hilfe lesen lernen. Ich glaube, dass wir einer Zeit leben, in der wir das neu lernen müssen.
Die Grosswetterlage verstehen.
In den vergangenen 3 Jahren hat sich mein Forschungsfeld zunehmend geweitet. Ich will nicht nur verstehen, was im christlichen ‘Garten’ vor sich geht, sondern welche ‘Umweltfaktoren’ zum Sturm geführt haben könnten, der über diesen Garten hineingebrochen ist. Ich habe angefangen, den Ideologien und Ideen nachzuspüren, welche unsere säkulare Welt von heute prägen. Ich will verstehen, woher die vielgerühmte ‘Fachwelt’ ihre Ideen hat. Mein Bücherschrank hat angefangen, sich mit alten verstaubten Büchern zu füllen, die mir Einblick in die Ideen derjenigen Menschen geben, die unsere Kultur massgeblich beeinflussen und die Veränderungen unserer Zeit vorantreiben. Manchmal bezeichne ich diesen Bücherschrank als ‘Giftschrank’, denn an toxischen Ideen mangelt es nicht im ideologischen Museum der vergangenen 200 Jahre. Und wie man so schön sagt: Ideen haben Konsequenzen.
Der Publizist Aaron M. Renn spricht in Zusammenhang mit der aktuellen geistlichen ‘Grosswetterlage’ von 3 ‘Stimmungsphasen’ gegenüber dem Christentum. Er spricht von den USA – aber ich denke seine Befunde können in groben Zügen auch auf unsere europäische Situation übertragen werden. Gemäss Renn gab es bis 1994 gesellschaftlich gesehen in den USA eine grundlegend positive Einstellung gegenüber dem Christentum. Christliche Moralvorstellungen waren auch die grundlegenden Moralvorstellungen der Gesellschaft. Zwischen 1994 und 2014 spricht Renn dann von einer Welt, die dem Christentum gegenüber neutral eingestellt war. Das Christentum hat in dieser Zeit keinen privilegierten Status mehr, wird aber auch nicht missbilligt. Seit 2014 aber leben wir gemäss Renn in einer gegenüber dem Christentum ‘negativen Welt’: Als Christ bekannt zu sein, kann nun ein sozialer Nachteil sein, insbesondere in den elitären Bereichen der Gesellschaft. Die christliche Moral wird ausdrücklich abgelehnt und als Bedrohung für das Gemeinwohl und die neue, öffentliche Moralordnung angesehen.
Die Feindseligkeit gegenüber dem Christentum kommt nicht aus dem Nichts. Sie hat tiefe Wurzeln, die mir in den verstaubten Büchern meines ‘Giftschrankes’ auf Schritt und Tritt begegnen.
Dennoch bleibt unsere westliche Kultur vom Christentum geprägt. Einige der Werte, die unserer Kultur sehr wichtig sind, verdankt sie nichts anderem als dem Christentum. Dinge, wie zum Beispiel das Bewusstsein für die innewohnende Würde aller Menschen und daraus abgeleitet die universellen Menschenrechte oder die Einvernehmlichkeit für die Sexualität. Diese im Christentum begründeten Werte scheinen heute aber eher wie ‘heimatlose’ Moleküle in unserer Atmosphäre herumzuschwirren. Die zusammenhängende christliche Gesamtschau für unsere Welt ist abhanden gekommen. Trotzdem sind diese christlichen Werte weiterhin ein wesentlicher Bestandteil der Luft, die wir atmen. Aus ihrer Beheimatung in der christlichen Weltsicht entfremdet, werden diese an sich christlichen Werte nun auch benutzt, um Praktiken zu rechtfertigen, welche gegen das Christliche gehen. Mein Bruder hat dies in seinem aktuellen Artikel gut erläutert.
Doch es gibt auch gegenläufige Bewegungen zur scheinbar unabwendbaren Säkularisierung. Denn der Culture Shift vom Christlichen weg hin zum Säkularen/Heidnischen hat reales destruktives Potential. Das merken aufmerksame Menschen, welche sich selbst wohl nicht als praktizierende Christen bezeichnen. In diese Kategorie gehört beispielsweise die Journalistin Louise Perry, welche mit ihrem Buch «The Case Against the Sexual Revolution» eine vernichtende Bilanz über die moderne sexuelle Revolution gezogen hat und — wie soll man es sagen – anfängt in der Luft herumschwirrende christliche ‘Moleküle’ einzufangen und diese wieder miteinander in Bezug zu setzen.
In einem interessanten Gastbeitrag in einer christlichen Online-Zeitschrift legte Perry kürzlich ihre eigene Perspektive zur geistlichen ‘Grosswetterlage’ dar. Ihre These: Das Heidentum war nie weg – es wurde lediglich zurückgedrängt. In unseren Tagen macht sich das Heidentum gemäss Perry daran, verlorenes Land wieder zurückzugewinnen. Sie vergleicht das Christentum mit einem wunderschönen Garten mitten im bedrohlichen, wilden, aber eben auch faszinierenden Wald des Heidentums. Das Alleinstellungsmerkmal dieser kultivierten Lichtung ist gemäss Perry: der unverstellte Blick in den Himmel. Nun aber würden sich die Wurzeln des Waldes wieder ausbreiten und die Triebe aus dem Boden spriessen. Da es niemanden mehr gibt, der den Garten pflegt, erobert sich der Wald den Boden zurück und zerstört dabei den Garten. Darum weicht auch der Himmel und verschwindet langsam wieder aus den Augen der Menschen.
Egal mit welchen Bildern wir operieren und ob wir eher zu den Pessimisten oder Optimisten gehören. Der grundlegende ‘Culture Shift’ in unserer Gesellschaft ist eine Realität. Und die neuen Realitäten unserer Zeit fordern auch eine Rekalibrierung des christlichen ‘Modus Operandi’.
Zwei gegenläufige Trends
Wichtig für unsere aktuelle Situation scheint mir, zwei gegenläufige Trends wahrzunehmen.
Der eine grosse Trend — der Trend der mich vor 5 Jahren so beunruhigt hat — ist die rasante Säkularisierung der Kirche. Diese hat spätestens mit dem Einzug der sozialen Medien auch in die bis anhin behütete freikirchliche Bubble durchgeschlagen.
Wir müssen dabei verstehen, dass die Säkularisierung nicht einfach etwas ist, was durch Einwirkung von Aussen an der Kirche geschieht. Vielmehr ist die aktive Selbstsäkularisierung seit Jahrzehnten eine bewusste Strategie in gewissen elitären kirchlichen Kreisen. Die Kirche soll sich möglichst nahe an das anschmiegen, was die säkulare Elite grad als ‘sexy’ definiert. Idealerweise ist die Kirche bei diesem Ansatz der Gesellschaft im Säkularisierungsprozess stets einen Schritt voraus — so geschehen in den Entwicklungen rund um die Ehe für alle in der Schweiz.
Wenn sich an unseren Unis in unseren Tagen die Studiengänge in «Queer Studies» multiplizieren, wird es ganz bestimmt nicht lange dauern, bis da einer ruft: «Gott ist Queer!». Und alle ‘Frommen’, die auf keinen Fall ‘konservativ’ oder ‘altbacken’ sondern unbedingt ‘Hip’ sein wollen, stimmen in diesen Chor mit ein. Sie haben möglicherweise keine Ahnung was für ein Lied sie da eigentlich singen – aber sie wollen ganz vorne dabei sein!
Wenn das säkulare Narrativ die Kirche als etwas bezeichnet, das aus der Zeit gefallen oder sogar toxisch ist, dann wird der selbstsäkularisierende Flügel der Kirche auch sofort mit einstimmen ins Basching.
Beispielhaft für diese Mechanismen können Ereignisse rund um die Anklage der ehemaligen finnischen Ministerin Päivi Räsänen aufgeführt werden. Sie wurde 2019 von der finnischen Staatsanwaltschaft im Rahmen des Gesetzes gegen «Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit» angeklagt. Sie hatte sich in einem Tweet kritisch gegenüber der Leitung ihres eigenen Kirchenverbandes über dessen Sponsoring einer Pride-Parade geäussert. Dabei hatte sie ein Foto einer allseits bekannten Bibelstelle zum Thema aus dem Anfang des Römerbriefes gepostet. Räsänen wurde in erster Instanz und nun auch in zweiter Instanz in allen Anklagepunkten freigesprochen.
Dass es zu einer solchen Anklage kam, ist in einer gegenüber dem Christentum ‘negativen Welt’ nicht verwunderlich. Interessant ist nun aber, wie Vertreter einer sich selbst säkularisienden Kirche auf die Anklage reagierten. Bei uns in der Schweiz sah sich Dr. Stephan Jütte, mittlerweile der Ethik-Verantwortliche der Evangelischen Kirche Schweiz, umgehend dazu veranlasst sich zu den Mitanklägern von Räsänen zu gesellen. In einem polemischen und zudem schlecht recherchierten Artikel rückte er Räsänen gezielt in die Ecke von Eugenikern und “Hitlerverehrer*innen”. Dabei baute seine Argumentation auf fehlerhaften Zitaten, die er teilweise wohl direkt von der Internetseite einer Queeren Lobbygruppe kopierte, ohne diese weiter zu prüfen. Wichtig ist die folgende Beobachtung: Der einflussreiche Chefethiker der Evangelischen Kirche Schweiz hat sich ganz zum Handlanger des säkularen Narrativs gemacht und seine Argumentation darauf aufgebaut — inklusive der Übernahme unwahrer Zitierung aus einer voreingenommener Quelle. [1]
Sicher müssen Kirchen lernen, berechtigte Kritik ernst zu nehmen. Sie können dies aber machen, ohne dem säkularen Narrativ zu verfallen. Eine Kirche die sich selbst säkularisiert ist eine Kirche die sich selbst auflöst. Was die Kirche aber auf jeden Fall sollte, ist wieder lernen, wie sie fröhlich eine lebendige gegenkulturelle Gemeinschaft in dieser Welt sein kann. Dies ist enorm wichtig, weil es auch noch einen zweiten deutlichen Trend gibt.
Es liegt vielleicht gerade im Wahnsinn unserer Zeit begründet, dass wir auf ein neues Interesse für die weltanschauliche Gesamtperspektive des Christentums hoffen dürfen. Denn in einer Zeit, in der viele ‘Fromme’ das Gefühl haben, die Rettung von Kirche und Glauben bestehe darin, christliche Vorstellungen in Fragen der [Sexual-]Ethik an den Nagel zu hängen, entdecken andere Menschen genau diese Werte für sich als Schatz und fangen an, sich auf die Suche nach ihren Ursprüngen zu machen.
Das sind Menschen wie die erwähnte Louise Perry.
Es sind Menschen, welche die verschiedenen romantischen Spielarten unserer Zeit durchexerziert haben und merken, was für eine Verwüstung das Ausleben des säkularen Traumes zurücklassen kann.
Es sind Menschen, welche die Schattenseiten und Unzulänglichkeiten aktueller Ideologien bemerken.
Es sind Menschen, welche auf der Suche nach Bleibendem über Werte und Wahrheiten stolpern, welche das Christentum in unsere Welt eingebracht hat.
Es sind Menschen, die merken, dass Männer und Frauen verschieden sind und dass das gut ist so.
Es sind Menschen, die merken, dass gewisse Sehnsüchte schlecht sind, dass Sex ohne Liebe nicht befreiend ist, dass es mehr braucht als nur Einverständnis, wenn es um die Sexualität geht, dass Ehe etwas Gutes ist.
Das sind die Menschen, welche sich auch in unseren Tagen aufmachen, um etwas von der wunderschönen ‘Better Story’ Gottes für uns Menschen zu entdecken. Sie entdecken, wie heilsam christliche Ethik eigentlich ist. Und hoffentlich werden sie am Ende ihres Weges nicht nur schätzen, was CHRISTLICH ist, sondern wer CHRISTUS für sie sein möchte.
Es ist um Menschen wie Perry und anderer willen, dass wir als die Kirche Jesu nicht das Megaphon für jede neue Melodie der säkular/heidnischen Welt sein sollten. Vielmehr liegt es an uns, die herrlich schöne und gute weltanschauliche Gesamtperspektive des Christentums in dieser Welt durch Wort und Tat sichtbar zu machen. Ich bin mehr denn je überzeugt: Wir dienen der Welt am besten, indem wir Gott gegenüber treu bleiben, seine Melodie entdecken und mit Freude singen – gerade auch in stürmischen Zeiten. Nach Jahren der Schönwetterfliegerei dürfen wir in diesen Tagen lernen, im Sturmwind zu fliegen. Gott traut uns das zu. Es ist ein herausforderndes Vorrecht, eine Ehre.
Culture Shift
In diesem Sinne möchten wir auch an die Culture Shift Konferenz vom Freitag 07. bis Samstag 08. Juni in Thun einladen. Bei dieser Konferenz möchten wir die Denkweisen untersuchen, die unsere Gesellschaft prägen und wie sich diese auf Identität, Beziehungen und Sexualität auswirken. Anhand der Bibel wollen wir Gottes Melodie für uns Menschen wieder neu entdecken und uns fragen, wie wir diese auch in stürmischen Zeiten mit Freude singen können, so dass Menschen sie hören und mit einstimmen.
Damit die Konferenz speziell wird, haben wir neben viel ‘CH-Power’ mit Nancey Pearcey eine der weltweit in Themen Gender, Sexualität und Weltanschauung wohl profiliertesten Persönlichkeiten mit an Bord. Für Pearcey wird die Konferenz so etwas wie ein Heimkommen sein, denn sie hat vor vielen Jahren bei einem Aufenthalt in der Schweiz zum Glauben gefunden.
Wir hoffen und beten, dass wir in diesen 2 Tagen einen offenen Himmel erleben und seine Melodie für unsere Zeit auch in Fragen von Gender und Sexualität neu entdecken.
Bilder: iStock
Fussnote:
[1] Der Artikel von Stephan Jütte baut auf einem Zitat auf von Dr. Räsänen und benutzt dieses Zitat dann, um sie in die Ecke von Eugenikern und «Hitlerverehrer*innen» zu stellen. Räsänen habe in einem Interview Homosexualität als mögliche «genetische Degeneration» bezeichnet. Hat Dr. Räsänen eine solche Aussage gemacht? Sie selbst sagt nein und hat dabei das Gericht auf ihrer Seite. Ich habe bei Räsänen persönlich nachgefragt, In ihrer Antwort auf meine Anfrage liefert sie gleich den entsprechenden Auszug aus der Urteilsbegründung mit:
“Last year, the Helsinki District Court gave its ruling on my case and stated in its ruling that I have not said what the Prosecutor General has claimed in the application for summons: “No such allegation appears in the radio programme. Räsänen has not claimed in the programme that homosexuality is a genetic degeneration and a genetic inheritance which causes disease and impairment.” The Helsinki Court of Appeal stated the exact same this autumn, as the Court ruled that all the charges against me have been dismissed, and that no such statements have been made by me.”
Aufgrund meiner Intervention beim Autor wurde der Artikel vor einigen Tagen geringfügig abgeändert. Anführungs- und Schlusszeichen wurden entfernt, etwas Kosmetik gemacht. Die neue Sachlage hätte aber eine transparente Kommunikation der Veränderung benötigt und vor allem auch eine Anpassung der polemischen Botschaft des Artikels, der nun die argumentative Basis fehlt. Wer den ursprünglichen Wortlaut des Artikels lesen will kann dies über die Internet Archivfunktion machen.
Lieber Peter
danke dir und Paul für diese Website (Danieloption.ch), für euer Ringen um die Wahrheit, um Differenzierung, um Beziehung (nicht Verurteilen) zu Anders-Denkenden. All das ermutigt, inspiriert und begeistert mich.
Vielen Dank für Eure Arbeit.
Im Zusammenhang mit “…entdecken andere Menschen genau diese Werte für sich als Schatz und fangen an, sich auf die Suche nach ihren Ursprüngen zu machen.…” möchte ich noch auf die interessante Arbeit von ARC (www.arcforum.com) hinweisen (nicht alles sind Christen), die den erwähnten Gegentrend exakt bestätigen.
Euch in eurem Dienst weiterhin viel Freude, Ideen und Kreativität. Lieber Gruss, Tom
Vielen Dank Tom. Ja ich bin über ARC auf dem Laufenden (Wäre sogar eingeladen gewesen an die Konferenz). Es ist auf jeden Fall ermutigend, wenn in der Bibel begründetete Werte wieder entdeckt werden und Menschen sich auf die Suche machen. Persönlich bleibe ich aber auch vorsichtig. Das Christentum ist nicht per Se einfach konservativ. Ich denke du weisst was ich damit meine… Eine gute Analyse der ARC Konferenz und der Ansprache von Peterson macht Glen Scrivener: https://www.youtube.com/watch?v=omNdy1hDq70
Ganz Herzliche Grüsse und es guets Neus!