Frauen zwischen Mitarbeit und Ausschluss in der Kirche (1/3)

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by Claudius Buser | 23. Jan. 2022 | 4 comments

Sollte es nicht selb­stver­ständlich sein, dass alle im Reich Gottes nach ihren Gaben (Charis­men) mit­tra­gen, mithelfen, verkün­den und anpack­en, damit die Liebe Gottes sicht­bar unter uns wird und das Evan­geli­um von Jesus Chris­tus möglichst wei­therum gehört, geglaubt und gelebt wird? Klar doch, so soll es sein!

Und dann spricht «man(n) und frau» über die konkrete Mitar­beit in der Gemeinde und plöt­zlich ist es in gewis­sen Gemein­den und Kirchen nicht mehr so klar, da einige doch nur gewisse Dinge tun soll­ten, nicht weil sie das nicht tun kön­nten, son­dern weil sie nicht männlich sind. Wie erratis­che Blöcke ste­hen zwei Bibel­stellen von Paulus im Raum, eine aus dem 1. Korinther­brief und die andere aus dem 1. Tim­o­theus­brief (1Kor 14:33–34; 1Tim. 2:12); bei­de scheinen das Predigt- und Lehrver­bot der Frau in der Gemeinde zu lehren. Natür­lich wer­den noch andere Stellen hinzuge­zo­gen, die die prinzip­ielle Gle­ich­w­er­tigkeit von Mann und Frau, aber im gle­ichen Atemzug auch die Unterord­nung der Frau zeigen sollen.

Ich habe als Lehrer an staatlichen Schulen gear­beit­et, da war dieses The­ma gar kein The­ma. Ich habe 10 Jahre als Pas­tor in ein­er Gemeinde gear­beit­et, da tauchte das The­ma immer mal wieder auf. Nun bin ich seit fast 20 Jahren Dozent für Kirchengeschichte am The­ol­o­gis­chen Sem­i­nar St. Chrischona (TSC). Seit dieser Zeit tre­ffe ich immer wieder Stu­dentin­nen an, die unsich­er sind, ob sie predi­gen, respek­tive eine Gemeinde leit­en dür­fen. Auch bin ich mit Kol­legin­nen unter­wegs, die als Frauen bei uns unter­richt­en und sich diesen Fra­gen stellen müssen und mussten.

Dieser Beitrag ver­sucht in drei Teilen unter dem Titel, «Frauen zwis­chen Mitar­beit und Auss­chluss in der Kirche – eine kurze Betra­ch­tung der kirchengeschichtlichen Sit­u­a­tion» hinzuschauen, was wir aus dieser Sicht zu diesem wichti­gen The­ma sagen können.

Meine eigene Posi­tion möchte ich mit Worten von Tere­sa von Avi­la, ein­er der grossen Kirchen­lehrerin­nen, von Anfang an klarstellen. Sie lehrte, leit­ete, grün­dete sog­ar Klöster und wurde deshalb von kirch­lichen Behör­den und The­olo­gen stark in Frage gestellt. In der Stille war es ihr ein­mal, als ob:

«der Herr zu mir [sprach]: ‘Sage ihnen, sie soll­ten nicht nur ein­er Schrift­stelle fol­gen, son­dern auch die andern über­denken, ob sie mir dann noch die Hände binden kön­nen’.»[1]

Die Grundausrichtung dieser Blog Serie

Wenn wir der Rolle der Frau in der Kirche auf den Grund gehen wollen, lohnt sich ein Blick in die Geschichte auf mehrfache Weise. Die Frage: Wie haben es die Müt­ter und Väter in der Kirchengeschichte gemacht, kann span­nende Ergeb­nisse zu Tage fördern. Gelebter Glaube mit all seinen frucht­baren und furcht­baren Ergeb­nis­sen ist wie ein Bilder­buch voller Geschicht­en Gottes mit den Men­schen. Das darf und kann uns Beispiel, Ideenge­ber, Kor­rek­tur und Ans­porn sein, unsere eigene Prax­is mit der­jeni­gen der «Kirche vor uns» zu ver­gle­ichen. Das ist zuerst ein­mal nicht nor­ma­tiv, son­dern deskrip­tiv. Die Lebens­bilder, the­ol­o­gis­chen Ein­sicht­en und Texte, sowie die früheren kirch­lichen Struk­turen und Ord­nun­gen kön­nen uns aber ein neues Ver­ständ­nis über Gottes Wege mit sein­er Gemeinde und eventuell auch einen neuen Zugang zur Schrift, respek­tive unserem Ver­ständ­nis einzel­ner Schrift­stellen geben.

Zu denken geben muss uns auch, dass im Blick auf den grössten Teil der kirch­lichen Glieder – näm­lich der Frauen – wenig über­liefert ist. Zudem wer­den in vie­len Geschichtswerken Frauen­beispiele, die wir ken­nen, über­gan­gen: Im zwölf­bändi­gen Werk über «Gestal­ten der Kirchengeschichte» her­aus­gegeben von Mar­tin Greschat (1984 ‑1985) find­en sich unter dutzen­den von Män­nern genau fünf Frauen. Genau­so sieht es auch bei anderen Werken aus: Die vie­len Frauen der Kirchengeschichte ver­schwinden hin­ter ein­er stark durch Män­ner dominierten Kirche und Kirchengeschichtss­chrei­bung. Ins­beson­dere Frauen, die in der Kirchengeschichte in Leitung und Ämtern standen, wer­den ignori­ert oder stark­er Kri­tik ausgesetzt.

Nun kön­nte ich durch die Kirchengeschichte gehen und einige Beispiele von bekan­nten und unbekan­nten Frauen aufzeigen, die sich in der Kirche einge­set­zt haben. Dadurch würde sicht­bar, dass es trotz ander­slau­t­en­der kirch­lich­er Vor­gaben Freiräume und Möglichkeit­en gab, in denen Frauen eine gewisse Anerken­nung erlangten oder grosse Leis­tun­gen erbracht­en. Damit wäre aufgezeigt, dass Gott Frauen auch ausser­halb der gängi­gen Nor­men geseg­net hat. Ich entschloss mich zu einem anderen Vorge­hen. Ich möchte anhand von vier wichti­gen The­men­feldern, Lin­ien in der Geschichte aufzeigen, die ich als hil­fre­ich betra­chte in Bezug auf unser Thema:

Erster Blog­beitrag: Anthro­pol­o­gis­che Lin­ien und die Frau (dieser Artikel)
Zweit­er Blog­beitrag: Skizzen zum Ver­ständ­nis des kirch­lichen Amtes und der Rolle der Frau
Drit­ter Blog­beitrag: Entwick­lungslin­ien der Bil­dungs­geschichte der Frau + Mis­sion und die Frau

Beispiele wer­den als hil­fre­iche Ergänzun­gen erwäh­nt. Fuss­noten enthal­ten die nöti­gen Infor­ma­tio­nen zur Lit­er­atur und weit­er­führende Hinweise.

Anthropologische Linien und die Frau

Im Rah­men dieses Beitrages kann keine aus­führliche Anthro­polo­gie ent­fal­tet wer­den. Sie wird deshalb nur skizzen­haft – über ver­schiedene Epochen und Kul­turkreise hin­weg – im Blick auf die Rolle der Frau und in ihrem Ver­hält­nis zum Mann dargestellt.

Die Anfänge

Das Ver­ständ­nis vom Men­schen der Antike und Spä­tan­tike ist von der römisch-griechis­chen Kul­tur gestal­tet. Das Chris­ten­tum selb­st ver­bre­it­et sich zuerst inner­halb des jüdis­chen Volkes, drängt danach aber rasch in den genan­nten römisch-griechis­chen Raum und später in den ger­man­is­chen Kul­turkreis. Die Beschrei­bun­gen der Frau aus diesen patri­ar­chalen Kul­turen spot­ten teil­weise jed­er heuti­gen Überzeu­gung und natür­lich auch jed­er bib­lisch gesun­den Anthro­polo­gie. Die Sit­u­a­tion ist – wie so oft – etwas kom­pliziert­er als gedacht: Ein­er sehr kleinen Ober­schicht von Frauen ste­ht trotz der vorherrschen­den neg­a­tiv­en Mei­n­ung über die Frau dur­chaus der Zugang zu Bil­dung und Macht offen.

Doch was war vor der Antike los? Gab es nicht in der Vorzeit fried­fer­tige Gesellschaften, die von Frauen geleit­et wur­den? Die im 19. Jahrhun­dert aufk­om­mende Diskus­sion um mögliche Matri­ar­chate fusst auf weni­gen Quellen ist aber pop­ulär. Johann Jakob Bachofen (1815–1887) aus Basel mit seinem Buch ‘Das Mut­ter­recht. Eine Unter­suchung über die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religiösen und rechtlichen Natur’ lanciert die Diskus­sion, wobei er eine «Aufwärt­sen­twick­lung» vom Matri­ar­chat zum Patri­achat pos­tuliert. Bis heute hat sich das Bild ein­er fried­fer­ti­gen, egal­itären matri­ar­chalen Kul­tur, die vor der nun vorherrschen­den patri­ar­chalen Struk­tur bestanden habe, unter anderem in pop­ulär-fem­i­nis­tis­ch­er Lit­er­atur gehal­ten, ist aber wis­senschaftlich sehr umstrit­ten. Wür­den wir nur wieder dahin zurück­find­en, unsere Welt wäre viel bess­er dran, so fasst Elke Hart­mann den Tenor dieser Texte zusam­men.[2]

Fern­er wird oft die frühe Antike als der Ort des Wan­dels dargestellt, in der sich die weib­liche Kul­tur (Ama­zo­nen, Göt­tin­nen) gegen die aufk­om­mende Män­ner­herrschaft stellen. Dabei rival­isieren sich das weib­liche Kre­ta und das männliche Mykene. Auch diese Deu­tung ist sehr umstrit­ten und scheint wis­senschaftlich nicht halt­bar zu sein. Nicht umstrit­ten ist, dass es in ein­er Min­der­heit der heute bekan­nten Kul­turen dur­chaus matri­ar­chalis­che (Matri­lin­ear­ität, Matrilokalität) Aus­for­mungen gegeben hat oder noch gibt. Immer­hin kann dies in ein­er Anzahl von Kul­turen in der einen oder andern Form nachgeze­ich­net wer­den. Doch bleiben es Aus­nah­men, die eher die Regel der grund­sät­zlich sehr alten patri­ar­chalen Ord­nun­gen bestäti­gen. In der Eth­nolo­gie wer­den die ver­schiede­nen Ursachen, die zu eher matri­ar­chalen, respek­tive patri­ar­chalen Struk­turen geführt haben, heiss diskutiert.

Die für den Nahen Osten damals wichtigsten kulturellen Einflüsse

Für unsere weit­eren Beobach­tun­gen ist wichtig, dass es sich bei den Kul­turen, in denen sich das Chris­ten­tum zuerst ent­fal­tet hat, um patri­ar­chale Kul­turen handelt.

Für den griechisch-römis­chen Kul­turkreis sind Sokrates, Pla­ton und Aris­tote­les die mass­gebend­sten Philosophen. Natür­lich gab es noch andere ein­flussre­iche Rich­tun­gen und Autoritäten, aber wir beschränken uns hier auf diese. Während Sokrates in Pla­tons ‘Politeia’ von ein­er Gle­ich­w­er­tigkeit der Frau spricht – wobei diese in allem schwäch­er als der Mann sei – ist es schon für Aris­tote­les klar: Die Frau ist eigentlich ein «miss­lun­gener Mann». Der Mann sei der richtige Men­sch und daher ist «das männliche Wesen dem schwächeren weib­lichen von Natur aus über­legen.» Nach Aris­tote­les weisen die Griechen der Frau das Haus und dem Mann das Leben unter dem Him­mel zu, d.h. in Feld und Wald, in Han­del und Politik.

Die Frau der Antike gehört also immer in ein Haus, in einen Haushalt, zu einem Haus­be­sitzer. Sie gehört rechtlich als unver­heiratete Frau dem Vater, als ver­heiratete dem Ehe­mann. Arnold Angenendt schreibt dazu:

Undenkbar, dass die Frau in der Öffentlichkeit hätte auftreten kön­nen: keine Möglichkeit zur Gericht­san­rufung, kein Zutritt zu The­at­er­auf­führun­gen, keine Teil­nahme an Sportver­anstal­tun­gen, jeden­falls nicht in Athen. [3]

Dieses Bild des unfer­ti­gen Weib­lichen (kein richtiger Mann), das der Herrschaft bedürfe, prägt die Geschichte der Frau über viele Jahrhun­derte. Ursu­la Mey­er resümiert:

Dieses philosophis­che Bild von der natür­lichen Min­der­w­er­tigkeit der Frau zieht sich, später unter­stützt von den christlichen Lehren, durch die gesamte Philoso­phiegeschichte. [4]

Auch bei den Römern unter­ste­ht die Ehe­frau dem Mann. Sie gehört ganz ihm und hat, ohne ihn nichts zu sagen. Dies zeigt z.B. Titus Livius (59v.Chr.-17n.Chr.) in sein­er römis­chen Geschichte. Dort ruft Mar­cus Por­cius Cato (234 – 149 v. Chr.) ca. im Jahre 197 vor Chris­tus den Män­nern zu:

Nach dem Willen unsr­er Vor­fahren soll­ten Frauen­z­im­mer keine einzige, selb­st keine Pri­vat­sache ohne Vor­mund führen: sie soll­ten des Vaters, des Brud­ers, des Mannes Eigen­tum sein. [5]

Wobei sich bei diesem Ereig­nis Frauen eben nach draussen gewagt hat­ten und ihre Stim­men erhoben, um ein Gesetz, das in ein­er Not­si­t­u­a­tion erlassen wurde, wieder abzuschaf­fen. Cato fährt fort:

Wie, wenn ihr ihnen ges­tat­tet, dass sie erst an diesem und jen­em zwick­en, es den Män­nern entwinden, und endlich diesen gle­ichgestellt sind; glaubt ihr, dass ihr euch dann noch ihrer werdet erwehren kön­nen? Den Augen­blick, so wie sie anfan­gen, euch gle­ich zu sein, wer­den sie eure Obern sein. [6]

Cato galt als kon­ser­v­a­tiv, kon­nte sich aber nicht durch­set­zen. Ein­er, der sich für die Abschaf­fung dieses Geset­ztes einge­set­zt hat, beschwichtigt:

Nie wer­den Weiber, solange die männlichen Ihri­gen leben, das Band der Unter­wür­figkeit abstreifen: sie selb­st ver­ab­scheuen die Unge­bun­den­heit, die ihnen durch des Mannes, oder des Vaters Abster­ben zu Theil wird. [7]

Trotz dieser klaren Unterord­nung der Frau unter den Mann kann sie sich – natür­lich immer nur im Gehor­sam gegenüber dem Mann – etwas freier bewe­gen als bei den Griechen. Diese Strenge wird unter Kaiser Augus­tus (44 v.Chr. – 14 n.Chr.) gelin­dert, hält sich aber noch lange. Später, unter dem wach­senden Ein­fluss der Stoa, ändert sich auch das Ver­ständ­nis der Ehe hin zum gegen­seit­i­gen Kon­sens. Die rechtliche Sit­u­a­tion der Frau verbessert sich dadurch zwar nicht grund­sät­zlich, doch kann sie mehr Raum im gesellschaftlichen Leben einnehmen.

Der im 3. Jh. n.Chr. aufk­om­mende Neu­pla­ton­is­mus entwick­elt in der Folge dage­gen wieder «eine Abnei­gung gegen alles Kör­per­liche und selb­st gegen die Ehe» das Resul­tat ist eine «Abscheu allem Weib­lichen gegenüber».[8] Die Sit­u­a­tion der Frau ver­schlechtert sich nun erneut.

Im rab­binis­chen Juden­tum ist die Rolle der Frau gegenüber ihrem Mann durch den Schöp­fungs­bericht zemen­tiert, aus dem man ihre Unterord­nung, Min­der­w­er­tigkeit und ihre Ver­ant­wor­tung für den Sün­den­fall her­auszule­sen meint. Wobei zu beacht­en ist, dass in der Zeit zwis­chen den Tes­ta­menten das Juden­tum unter den Ein­fluss der griechisch-römis­chen Kul­tur ger­at­en ist und daher die Frau zur Zeit des Neuen Tes­ta­ments einen schlechteren Stand gehabt hat als zur Zeit des Alten Tes­ta­ments. Z.B. in Bezug auf die juris­tis­che Ver­ant­wor­tung der Geschlechter schreibt Julius Stein­berg in einem lesenswerten Aufsatz:

Mit ein­er gewis­sen Vor­sicht lässt sich sagen, dass in der altisraelitis­chen Zeit die juris­tis­che Ver­ant­wor­tung des Mannes eher im Sinne ein­er fest­ge­fügten Rol­len­verteilung als im Sinne ein­er grund­sät­zlichen Überord­nung des Mannes über die Frau ver­standen wurde. [9]

Dies wird aber schon zur Zeit Jesu nicht mehr wirk­lich gelebt, so dass Tal Ilan heute zusam­men­fassend schreiben kann:

Das Juden­tum war in erster Lin­ie eine patri­ar­chalis­che, androzen­trische Gesellschaft, die die Frau als zweitk­las­siges Glied der Gemein­schaft und als Eigen­tum ver­schieden­er männlich­er Fam­i­lien­ange­höriger betra­chtete. [10]

Fern­er soll der fromme Jude nicht zu viel mit der eige­nen, geschweige denn mit der frem­den Frau reden: «Und ver­weile nicht zu sehr im Gespräch mit der Frau.» Dazu der Kom­men­tar: «Von der eige­nen Frau haben sie das gesagt. Um wieviel mehr gilt es von der Frau des Näch­sten. Von daher sagen die Weisen: Immer, wenn der Men­sch lang im Gespräch mit ein­er Frau ver­weilt, zieht er sich Unheil zu; er ver­nach­läs­sigt die Worte der Tora.»[11] Das jüdis­che Mäd­chen darf nicht in der Tho­ra aus­ge­bildet wer­den: «Wenn jemand seine Tochter Tho­ra lehrt, ist es, als ob er sie Auss­chwei­fung lehre.»[12]

Es ist natür­lich festzustellen, dass im Juden­tum die Unterord­nung der Frau durch die Sün­den­fallgeschichte noch immer ein Fak­tum der «Fal­lord­nung» ist, das bis heute ein­fach als Real­ität geglaubt wird. Sie haben noch keinen Mes­sias, der ihnen eine neue Erlö­sungskul­tur vor­leben und brin­gen kön­nte, wie wir das als Chris­ten kennen.

Die Frau ist also im Ver­ständ­nis der patri­ar­chalen Gesellschaften der Griechen, Römer und Juden dem Mann gegenüber min­der­w­er­tig, ihm zu Gehor­sam verpflichtet und gehört zu seinem Besitz.

Jesus geht einen anderen Weg

In dieser von der römis­chhel­lenis­tis­chen und jüdis­chen Kul­tur geprägten Zeit kommt Jesus von Nazareth zu Welt. Wie ver­hält er sich gegenüber dem «Zeit­geist» von damals? Lässt er sich von den Kon­ven­tio­nen der Zeit ein­gren­zen in Bezug auf die Frauen, oder geht er einen eige­nen Weg? Einige wer­den sagen, er passe sich der Zeit an, das sähe man schon daran, dass er nur Män­ner als Apos­tel gewählt hat, andere schauen etwas genauer hin und entdecken:

Jesus sagt nir­gends etwas expliz­it Geschlechtsspez­i­fis­ches in den Evan­gelien. Sog­ar als seine Fam­i­lie – wohl etwas verun­sichert über sein Ver­hal­ten – ihn sprechen will, meint er:

Wer den Willen meines Vaters tut, der ist mein Brud­er, meine Schwest­er, meine Mut­ter. (Mt 12:50)

Und als er nach der Ehe, respek­tive nach Schei­dungsmöglichkeit­en gefragt wird, weist er auf das Paradies zurück und deutet an, dass dieses egal­itäre Miteinan­der der Geschlechter, wie es im Paradies vor dem Sün­den­fall war, eigentlich die Norm unter seinen Jüngern sein sollte (Mt 19:4ff). Er weist fern­er deut­lich darauf hin, dass seine Jünger sich an ihm ein Beispiel nehmen sollen. Dies umfasst doch sich­er auch seine ger­adezu rev­o­lu­tionäre Art, wie er als ledi­ger Mann Umgang mit ver­heirateten und ledi­gen Frauen gepflegt hat.

Das Neue Tes­ta­ment (NT) spricht somit eine andere Sprache (siehe obige Tabelle) als die kul­turelle Umwelt, wobei es – vor allem bei Paulus – um des Evan­geli­ums willen, zu Ein­schränkun­gen kom­men kann. D.h. ger­ade für Paulus war es wichtiger, z.B. den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche zu wer­den, um möglichst ohne unnöti­gen Wider­stand, das Evan­geli­um zu verkündi­gen, als auf die eige­nen Rechte oder Frei­heit­en zu pochen. So kann er dur­chaus sagen, dass sich jemand – bei gewis­sen Stellen expliz­it die Frau – so und nicht anders ver­hal­ten soll, damit das Evan­geli­um nicht ver­lästert wird (siehe auch Exkurs unten).

Die Kirche nimmt das Beispiel Jesu nicht auf

Petrus, Paulus und die anderen Apos­tel sind ver­traut mit Jesu Umgang mit den Frauen, daher find­en wir eine grosse Offen­heit im Miteinan­der der Geschlechter in den ersten Jahrzehn­ten der jun­gen Kirche. Petrus zitiert bei sein­er ersten Predigt an Pfin­g­sten aus dem Propheten Joel und erwäh­nt das prophetis­che Reden von bei­den Geschlechtern ganz selb­stver­ständlich (Apg 2:17f). Er hat ja soeben auch erlebt, wie der Geist Gottes auf bei­de Geschlechter in feuri­gen Zun­gen gekom­men ist.

Im näch­sten Blog­g­beitrag wer­den wir sehen, wie sich ganz selb­stver­ständlich weib­liche «Ämter» entwick­el­ten wie Diakonin­nen, Prophetinnen, Evan­ge­listin­nen, das Amt der Witwe, ja sog­ar Gemein­delei­t­erin­nen und eine Apos­telin wird erwäh­nt. Sich­er, Paulus kann Ein­schränkun­gen set­zen um des Evan­geli­ums willen, aber grund­sät­zlich freut er sich an vie­len weib­lichen Mitar­bei­t­erin­nen, die mit ihm für das Evan­geli­um ein­ste­hen. Die Gruss­worte an den Briefend­en des Paulus leg­en darüber ein beredtes Zeug­nis ab.

Lei­der haben sich die neg­a­tiv­en Ideen über das Wesen der Frau aus der antiken Umwelt vom 2. Jh. an dann aber rasch unter den nacha­pos­tolis­chen Schrift­stellern und den Kirchen­vätern ver­bre­it­et. Obwohl einige Väter mit Blick auf Gen­e­sis 1–3 noch pos­i­tiv und gle­ich­berechtigt von der Frau sprechen kön­nen, ist doch mit Bedauern festzustellen, dass diese ab dem 4. Jh. – mitunter durch den Ein­fluss des aufk­om­menden Neu­pla­ton­is­mus – der Frau gegenüber sehr neg­a­tiv eingestellt sind, ja generell – leib- und frauen­feindlich­er werden.

Zwei pos­i­tive Zitate seien hier zuerst erwäh­nt. Zuerst Clemens von Alexan­drien (150 – 215), der in seinen «Tep­pichen» von der Gle­ich­w­er­tigkeit der Frau spricht:

Es ist aber offen­bar nicht so, dass hin­sichtlich des Men­sch­seins die Frau eine andere Natur hätte als der Mann; vielmehr haben bei­de die gle­iche Natur, also auch die gle­iche Tugend.[13]

Oder Chrysos­to­mos (349 – 407), der in seinen Hom­i­lien über die Gen­e­sis schreibt:

Der men­schen­fre­undliche Gott sagt das […] zum Weibe […]: ‘Ich habe dich zwar von Anbe­ginn an in gle­ich­er Ehre mit dem Manne erschaf­fen und habe gewollt, dass du in allem der gle­ichen Würde teil­haftig seiest! Wie dem Mann, so habe ich auch dir die Herrschaft über alle Dinge in die Hände gegeben! [14]

Diesen pos­i­tiv­en Beispie­len kön­nen nun eine Rei­he neg­a­tiv­er zuge­sellt wer­den, ich nenne nur zwei, z.B. Ter­tul­lian (150 – 220), der

giftig meint […], Frauen müssten immer wieder daran erin­nert wer­den, dass sie wie Eva seien, ‘die dem Teufel Ein­gang ver­schafft hat’ (cult. Fem. I 1,2). [15]

Mitschuldig am neg­a­tiv­en Frauen­bild wird auch Augusti­nus (354 – 430). Er wet­tert über die Frauen als min­der­w­er­tig und dem Mann nicht eben­bür­tig. So kon­nten Sprüche wie die Frau sei «‘Ursache allen Übels’, ‘Steig­bügel Satans’ und ‘Tor zur Hölle’»[16] pop­ulär wer­den. Die Frau war nicht nur die Ver­führte, son­dern auch Ver­führerin. So kommt zu den frauen­ver­ach­t­en­den Ten­den­zen der antiken Kul­turen noch die Stig­ma­tisierung dazu, die Frau sei Ein­gangstor und Aus­gangspunkt des Bösen für die Men­schheit, respek­tive für den Mann. Dies führte zu ein­er frauen­ver­ach­t­en­den und frauen­feindlichen Grund­ten­denz in Kirche und Gesellschaft im Mit­te­lal­ter und der frühen Neuzeit, ja, teil­weise bis hinein in die Moderne.

Die Ehe als Kern der Fam­i­lie wird im Neuen Tes­ta­ment grund­sät­zlich pos­i­tiv dargestellt und von Paulus sog­ar als Geheim­nis der Beziehung zwis­chen der Gemeinde und Chris­tus (Eph 5:32) beschrieben. Obwohl Jesus und Paulus auch auf den Verzicht der Ehe hin­weisen im Blick auf das Reich Gottes (Matt 19:12, 1Cor 7:1ff), wird Ehe und Intim­ität nir­gends ver­achtet oder schlecht gemacht. Doch lei­der wird bei­des von der Kirche prob­lema­tisiert. Augusti­nus wirkt dabei neg­a­tiv prä­gend im Blick auf das Ver­ständ­nis der Ehe. Seine Lehre von der «sündlichen Lust» «befleckt» die Ehe­bet­ten der (katholis­chen) Kirche bis weit ins 20. Jahrhun­dert hinein. Dies hat sich sehr belas­tend auf die Beziehung von Mann und Frau gelegt. Und noch viel ver­heeren­der auf die Stel­lung der Frau in der Gesellschaft.

Paul Ger­hardt Schmidt (1937 – 2010), ehe­ma­liger Pro­fes­sor für lateinis­che Philolo­gie des Mit­te­lal­ters, bestätigt dies in seinem Buch Die misog­y­ne Tra­di­tion wenn er schreibt:

Von der griechis­chen und römis­chen vorchristlichen Antike bis ins 15. Jh. gibt es eine kaum über­schaubare Zahl von frauen­feindlichen Tex­ten, aber meines Wis­sens keinen einzi­gen män­ner­feindlichen Text. [17]

Büch­er wie: «Dis­pu­ta­tia nova con­tra Mulieres, Qua pro­batur eas Homines non esse» annonym erst­mals 1595 in Frank­furt her­aus­gegeben und die näch­sten 300 Jahre immer wieder aufgelegt, beweisen dies. Noch 1910 veröf­fentlichte der deutsche Autor Max Funke (1879 – 1943) die Schrift: «Sind Weiber Men­schen? Mulieres homines non sunt» und gibt schon im Titel auf lateinisch die Antwort: Frauen sind keine Men­schen.[18]

Die Kirche tritt in den Raum der germanischen Kultur

In der Zeit der Völk­er­wan­derung nah­men die Ger­ma­nen das Chris­ten­tum an. Sei­ther ist die ger­man­is­che Kul­tur mitbes­tim­mend in Sachen Frauen­bild. Doch ändert sich dadurch nicht viel, denn auch bei den Ger­ma­nen ist die Frau Teil des Besitzes des Mannes, ihm unter­ge­ord­net. Buch­stäblich trägt sie der Ehe­mann über die Schwelle in seinen Herrschafts­bere­ich. Vorher gehörte sie zum Haushalt ihres Vaters und dessen Rechts­bere­ich. Die Frau bleibt ins Haus und an den Herd gebun­den, wobei sie dort ger­ade bei den Ger­ma­nen dur­chaus «Her­rin» im Hause sein konnte.

Nur die aufk­om­mende Ver­her­rlichung des Jungfrauen­standes bot ledi­gen Frauen ab dem 4. Jh. in Klöstern eine neue Exis­ten­z­form an: Die der Nonne. In der Spä­tan­tike und im Mit­te­lal­ter bis hinein in die Neuzeit wird das die über­höhte Ide­al­norm für christliche Frauen. In der Per­son der Maria und ihrer immer­währen­den Jungfrauen­schaft, ihrer mitunter dadurch erre­icht­en Sünd­losigkeit und ihrer Ehren­stel­lung als Mut­ter der Kirche, find­en alle Frauen in der katholis­chen Kirche das grosse Vor­bild. Als Köni­gin des Him­mels zeich­net Maria jed­er Jungfrau den Weg des wahren, christlichen, jungfräulichen Lebens vor. Maria wacht über ihnen und wird sie ein­mal zu sich in den Him­mel aufnehmen.

Die Kirche zemen­tiert ihr all­ge­mein neg­a­tives Frauen­bild im Jahr 1140 dadurch, dass ins Kirchen­recht der Satz aufgenom­men wurde: «Die Frau ist nicht das Eben­bild Gottes»[19]. Thomas von Aquin toppte in sein­er Sum­ma dies alles zusät­zlich mit der Aus­sage, dass Frauen vor allem deshalb eine Daseins­berech­ti­gung haben, weil Män­ner keine Kinder kriegen kön­nen. Der bekan­nte Schweiz­er The­ologe Hans Küng fragt deshalb mit Recht:

Hat Thomas nicht in Sachen ‘The­olo­gie des Weib­lichen’ viele Aus­sagen Augustins noch gesteigert und präzisiert und damit die Ger­ingschätzung der Frau nicht gemildert, son­dern ver­schärft? [20]

Denn Aquin behauptet schlussendlich noch schär­fer als Augusti­nus, die Frau sei «etwas Man­gel­haftes und Miss­lun­ge­nes».[21]

Die Reformation bleibt hinter den Erwartungen der Frauen zurück

Die Refor­ma­toren ste­hen hier an einem Schei­deweg. Bei Mar­tin Luther (1483 – 1546) find­et man das Rin­gen deut­lich. Die Sys­tem­atik­erin Chris­tine Glo­big zeigt die Span­nung auf: Neben ein­er ein­deuti­gen Gle­ich­w­er­tigkeit der Geschlechter als Gottes Eben­bild, sieht man bei Luther auch die Zus­tim­mung zur neg­a­tiv­en Frauen­sicht der Scholastik­er und alten Griechen.[22] Glo­big wertet aber bei Luther die pos­i­tiv­en Äusserun­gen stärk­er, so dass sie zusam­men­fassend erk­lären kann:

Men­schliche Wesens­bes­tim­mung geschieht in Rela­tion zu dem ‘Urbild’ in Chris­tus, auf das hin die Men­schen geschaf­fen sind und auf das sie in der christlichen Erneuerung zukün­ftig aus­gerichtet wer­den. Das bet­rifft den Mann wie die Frau. [23]

Luther sah aber auch die Gegeben­heit der Stände als von Gott gewollt und von daher keine Möglichkeit, dass Frauen ausser­halb der Fam­i­lie Auf­gaben übernehmen sollten.

Johannes Calvin (1509 – 1564) argu­men­tiert im Blick auf die Frau anders als die Scholastik­er, indem er ihre Unterord­nung nicht mehr aus ein­er natür­lichen Min­der­w­er­tigkeit ableit­et, son­dern rein the­ol­o­gisch erk­lärt. Dies führt in der Prax­is zu ähn­lichen Schlussfol­gerun­gen, die Argu­men­ta­tion ist aber anders. Bei­de, Luther wie Calvin, sehen im Falle ein­er Not­si­t­u­a­tion die Möglichkeit gegeben, dass Frauen auch verkündi­gen dür­fen.[24]

Neben diesen dif­feren­ziert­eren generellen Betra­ch­tun­gen der Frau ver­halfen auch die Lehren der Refor­ma­toren vom all­ge­meinen Priester­tum, von der Beru­fung aller Men­schen in ihre Arbeit und ihren Stand und die pos­i­tive Wer­tung der Ehe[25] und Fam­i­lie zu ein­er verbesserten Stel­lung der Frau in Kirche und Gesellschaft. Die evan­ge­lisch-lutherischen oder evan­ge­lisch-reformierten Pfar­rhäuser mit dem Pfar­rehep­aar wur­den zu Vor­bildern für viele Gen­er­a­tio­nen von Pfar­rehen. Die Ehe­frauen arbeit­eten an der Seite ihrer Män­ner mass­ge­blich in der Neugestal­tung der Kirche mit, z.B. Katha­ri­na von Bora (1499 – 1552) in Wit­ten­berg an der Seite Luthers, Katha­ri­na Zell (1497 – 1562) und Elis­a­beth Sil­bereisen (1495 – 1541) in Stras­bourg, Wibran­dis Rosen­blatt (1504 – 1564) in Basel und Anna Rhein­hart (1484 – 1538) in Zürich. Auch ledi­ge Frauen wie Mar­garete Blar­er (1494 – 1541) in Kon­stanz, oder ver­heiratete Frauen, deren Män­ner eher im Hin­ter­grund blieben, wie Argu­la von Grum­bach[26] in Bay­ern oder wie Marie Den­tière (1495 – 1561)[27] in Genf, trat­en schreibend und verkündi­gend für die Ref­or­ma­tion ein. Lei­der wurde aber keine neue Grund­lage geschaf­fen, die den Frauen ein öffentlich­es religiös­es Amt ermöglicht hät­ten, wie wir weit­er unten sehen werden.

Der Weg in die Gegenwart ist steinig

Durch die Ein­führung der all­ge­meinen Men­schen­rechte in der Zeit der Aufk­lärung, die auch unter dem Ein­fluss des Chris­ten­tums zus­tande kamen, wurde die Sit­u­a­tion der Frau erneut zum The­ma. Nun proklamierte die Elite, vor­angetrieben durch die Werte der Franzö­sis­chen Rev­o­lu­tion und der sozial­is­tis­chen Bewe­gung, die prinzip­ielle Gle­ich­heit von Mann und Frau. Bis aber Frauen in allen Gesellschafts­bere­ichen als gle­ich­w­er­tig und gle­ich­berechtigt mitre­den kon­nten, dauerte es noch viele Jahrzehnte, denn der Wider­stand kon­ser­v­a­tiv­er, patri­ar­chal eingestell­ter Gesellschaftss­chicht­en wich nur langsam. Die Frauen mussten den Kampf für ihre Rechte selb­st in die Hand nehmen. So ent­stand im 19. Jh. eine Frauen­e­manzi­pa­tions­be­we­gung, die bis heute zäh um die Gle­ich­stel­lung kämpfen muss. Während die Frauen in Deutsch­land ab 1918 das aktive und pas­sive Wahlrecht erhiel­ten, mussten sie in der Schweiz bis 1971 rin­gen, bevor sich die allein wahlberechtigten Män­ner zu einem Ja «umstim­men» liessen. Damit waren die Schweiz­er Frauen (fast) die let­zten in Europa, die das Stimm- und Wahlrecht beka­men.[28]

The­olo­gen aus katholis­ch­er und reformiert­er Sicht nehmen sich im 20. Jh. den anthro­pol­o­gis­chen Fra­gen ganz neu an. Nun wer­den die Gle­ich­w­er­tigkeit und die Eben­bildlichkeit bei­der Geschlechter neu betont, wobei die Frage der gle­ich­berechtigten Mitar­beit in der Kirche unter­schiedlich beant­wortet wird.

Entschuldigung!

Am Schluss dieses Beitrags muss ich ein­fach eine Entschuldigung for­mulieren. Die ersten Jahrzehnte der Gemeinde Jesu erscheinen aus dieser Per­spek­tive in einem hellen Licht: In dieser Zeit durften Frauen in den Gemein­den auf eine Art in der Mitar­beit und Ver­ant­wor­tung ste­hen, wie sie es spätestens vom 4. Jahrhun­dert an nicht mehr tun kon­nten. Danach hat das Chris­ten­tum in dieser Frage an gegenkul­tureller Kraft ver­loren und sich den frauen­feindlichen Strö­mungen der jew­eilig herrschen­den Kul­turen angepasst. Und die The­olo­gen haben nicht kor­rigierend einge­grif­f­en, son­dern Texte geschrieben, der­er man/Mann sich schä­men muss.

Als Mann, als Christ bin ich zutief­st erschüt­tert, was wir Män­ner über Frauen im Namen des Chris­ten­tums gedacht, verkündigt und geschrieben haben. Liebe Mitchristin­nen, liebe Frauen, es tut mir leid.

Thesen

These 1: Die lange Zeit sehr defiz­itäre, frauen­feindliche Anthro­polo­gie der The­olo­gen, die geprägt wurde von ihrer kul­turellen Umge­bung und vom Bild der min­der­w­er­ti­gen, ver­führten Ver­führerin, ver­hin­derte ein frucht­bares Miteinan­der von Frauen und Män­nern in der Kirche. Eine bib­lisch fundierte Anthro­polo­gie schafft die Grund­lage für ein neues Miteinan­der der Geschlechter in der Kirche. Unser Umgang der Geschlechter untere­inan­der und in der Mitar­beit in der Kirche muss immer wieder sorgfältig im Lichte ein­er bib­lis­chen Anthro­polo­gie, die die grund­sät­zliche Gle­ich­w­er­tigkeit und Eben­bildlichkeit Gottes bei­der Geschlechter betont, betra­chtet werden.

These 2: In alle grossen Wel­tre­li­gio­nen wer­den die Frauen als Men­schen zweit­er Klasse beschrieben oder wenig­sten den Män­nern nicht in allen Din­gen gle­ichgestellt. Ger­ade das Chris­ten­tum hat durch Jesus Chris­tus nicht nur ein Vor­bild für den gle­ich­w­er­ti­gen Umgang, son­dern auch den Erlös­er vom Fluch der Sünde. Damit ist in Chris­tus der Geschlechterkampf been­det. Die Frau ist nun nicht mehr unter die Herrschaft des Mannes gestellt, son­dern darf neu seine erlöste Part­ner­in sein. Das befre­it bei­de zu einem neuen Miteinan­der, das geprägt ist von Liebe, Respekt und gegen­seit­igem Höherachten.

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Fussnoten:

[1] Tere­sa von Avi­la zitiert in: Wal­traud Herb­strith (OCD), Tere­sa von Avi­la. Lebensweg und Botschaft, München, Zürich, Wien 1993, S. 130.
[2] Vgl. Elke Hart­mann, Zur Geschichte der Matri­ar­chat­sidee (Öffentliche Vor­lesun­gen der Hum­boldt Uni­ver­sität. Heft 133, Berlin 2004, S. 19f.
[3] Arnold Angenendt, Ehe, Liebe, Sex­u­al­ität im Chris­ten­tum. Von den Anfän­gen bis heute, Mün­ster 22015, S. 38.
[4] Ursu­la I. Mey­er, Das Bild der Frau in der Philoso­phie, Aachen, 1999, S. 35.
[5] Titus Livius, Römis­che Geschichte über­set­zt von Kon­rad Heusinger, Bd. 4, Kap 34,2, Braun­schweig 1821, S. 205.
[6] Ebd. Kap 34,3, S. 206.
[7] Ebd. Kap 34,7, S. 214–215.
[8] Von Pad­berg, In Gottes Namen, S. 47.
[9] Julius Stein­berg, Christlich­er Glaube und die Gen­der-Debat­te. Alttes­ta­mentliche Grundle­gun­gen, in: Christoph Raedel (Hg.), Das Leben der Geschlechter. Zwis­chen Gottes­gabe und men­schlich­er Gestal­tung, Berlin 2017. S. 8.
[10] Tal Ilan, Frau VI. Juden­tum, 1 Antike, in:  Reli­gion in Geschichte und Gegen­wart (Bde. 3), Tübin­gen, Stu­di­en­aus­gabe 2008, S. 266­–268, hier S. 268.
[11] Gün­ter Stem­berg­er, Der Tal­mud, Ein­führung, Texte, Erläuterun­gen, München 42008, S. 72. Die Aus­sage wird Jose ben Jochanan (2. Jh. vor Chris­tus) aus Jerusalem zuge­sprochen. Natür­lich wird im Tal­mud und anderen jüdis­chen Tex­ten auch pos­i­tiv über die gute Frau gesprochen, aber eben, das hier gehört zur guten Frau…
[12] Baby­lonis­ch­er Tal­mud, Sota 21 b.
[13] Clemens von Alexan­drien, Tep­piche (strom.) Buch IV, 55,9 – 60,1; bkv 48.
[14] Prinz Max Her­zog zu Sach­sen (HG), Johannes Chrysos­to­mos. Hom­i­lien über die Gen­e­sis oder das erste Buch Mosis, Pader­born 1913, S. 208.
[15] Von Pad­berg, in Gottes Namen, S. 52.
[16] Ebd., S. 53.
[17] Paul Ger­hardt Schmidt, Die misog­y­ne Tra­di­tion von der Antike bis ins Früh­mit­te­lal­ter, in: Com­por­ta­men­ti e immag­i­nario del­la ses­su­al­ità nell’alto medio­e­vo (SSAM 53), Spo­le­to 2006, S. 419f.
[18] Max Funke, Sind Weiber Men­schen? Mulieres homines non sunt. Stu­di­en und Dar­legun­gen auf Grund wis­senschaftlich­er Quellen, Marhold, Halle 1910.
[19] Lat. wörtlich: «Vir qui­dem non debet velare caput quia ima­go et glo­ria Dei est, muli­er ideo velat, quia non est glo­ria aut ima­go Dei.» dt: «Der Mann sollte in der Tat nicht das Haupt ver­hüllen, weil er Bild und Her­rlichkeit Gottes ist, die Frau muss deswe­gen ver­hüllen, weil sie nicht Her­rlichkeit und Bild Gottes ist.» (Über­set­zung vom Autor). Dieser Satz stammt vom Kirchen­rechtler Gra­t­ian (? – 1160) von 1140: Decre­tum Gra­tiani Ques­tio V Causa 13 in Cor­pus Juris Canon­i­ci, A. Fried­berg (Hg.), Leipzig 1879–1881; Nach­druck: Graz 1955; vol. 1, Spalte 1254.
[20] Küng, Die Frau im Chris­ten­tum, S. 55.
[21] Vgl. ebd., S. 55.
[22] Vgl. Chris­tine Glo­big, Frauenor­di­na­tion im Kon­text lutherisch­er Ekkle­si­olo­gie, Göt­tin­gen 1994, S. 34.
[23] Ebd., S. 36.
[24] Vgl. ebd., S. 43.
[25] Wir müssen uns vor ein­er zu vere­in­fachen­den Darstel­lung hüten. Die Ehen waren nicht ein­fach durch die Lehre der Refor­ma­toren plöt­zlich bess­er oder vorher alle schlechter, nicht ein­mal in den Darstel­lun­gen der vor­refor­ma­torischen Ehe­büch­er. Für Luther blieb die Sex­u­al­ität sündlich. (Luther, Vom ehe­lichen Leben: «Aber mit all diesem Preis [Lob] des ehe­lichen Lebens will ich nicht der Natur zugegeben haben, dass dort keine Sünde sei, son­dern ich sage, (…) dass keine Ehep­flicht ohne Sünde geschieht. Aber Gott ver­schont sie aus Gnade deshalb, weil die ehe­liche Ord­nung sein Werk ist, und behält auch mit­ten und durch die Sünde hin­durch all das Gute, das er darein gepflanzt und geseg­net hat.» (WA 10, 2, 304) Hinge­gen für Calvin, Bucer und Bullinger ist der ehe­liche Sex­u­alakt frei von Sünde (siehe Roth Detlef, Hein­rich Bullingers Eheschriften, in: Zwingliana XXXI, Zürich 2004, S. 297).
[26] Argu­la von Grum­bach ist eine Adlige aus Bay­ern, die sich mutig für die Ref­or­ma­tion ein­set­zt. Birn­stein Uwe, «Argu­la von Grum­bach. Das Leben der bay­erischen Refor­ma­torin, Neufeld 2014.
[27] Marie Den­tière, ver­heiratet mit zwei reformierten Pfar­rern der Refor­ma­tion­szeit, ist eine fast gän­zlich vergessen gegan­gene «Refor­ma­torin» in Genf und Umge­bung. Frauen sollen ihrer Mei­n­ung nach auch predi­gen dür­fen. Als Schrift­stel­lerin und His­torik­erin prägte sie die Ref­or­ma­tion mit. Da es aber Frauen damals ver­boten war, Büch­er zu veröf­fentlichen, bedi­ente sie sich eines Pseu­do­nyms. 2002 wurde ihr Name als einziger Name ein­er Frau dem Refor­ma­tions­denkmahl in Genf hinzugefügt.
[28] Dazu das Stan­dard­w­erk: Yvonne Voegeli, Zwis­chen Haus­rat und Rathaus. Auseinan­der­set­zun­gen um die poli­tis­che Gle­ich­berech­ti­gung der Frauen in der Schweiz 1945–1971, Zürich 1997.

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Claudius Buser

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Kommentare zu diesen Beitrag

4 Comments

  1. René Graf

    Ich bin ein­ver­standen. Das störte mich auch immer wieder, dass man(n) so über Frauen dachte und aus dog­ma­tis­chen Überzeu­gun­gen ver­hin­derte, dass Frauen ihr Gaben, ihre Lei­den­schaften, ihre Tal­ente, etc. für das Reich Gottes ein­set­zen kon­nten und durften.

    Nur ein Detail finde ich nicht so wirk­lich stim­mig: Unter “Wie es Jesus machte” wer­den der Lobge­sang der Maria und die Verkündi­gung der Han­na aufge­führt. Klar in bei­dem geht es um Jesus, aber er selb­st trug da jet­zt mal auf der rein men­schlichen Ebene nichts dazu bei. Diese bei­den Texte kön­nen auch so gele­sen wer­den, dass auch in Zeit­en vor Jesu Geburt Frauen nicht nichts zu sagen hat­ten, auch wenn ihr Wort vor Gericht bspw. deut­lich weniger (bzw. kein) Gewicht hat­te. Umso erstaunlich­er, dass Lukas diese Worte fest­ge­hal­ten hat­te. Und das bedeutet doch auch, dass man diese Worte weit­er­erzählte. Er selb­st war ja nicht dabei. Dafür, dass in manchen Kreisen eine Frau nichts zu sagen hat, hat­ten sie damals deut­lich mehr Einfluss.

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    • Claudius Buser

      Danke für Ihren Hin­weis. Bei­de Texte haben es — wie sie selb­st schreiben — eben doch in die Evan­gelien geschafft als Teil der Lebens­darstel­lung Jesu. Ich sehe darin einen stark­er Hin­weis dafür, dass solche öffentlich geäusserten Texte von Frauen eben gut zum Leben und zum Han­deln Jesu passen. Natür­lich gibt es noch andere Stellen in den Evan­gelien, bei denen Frauen das Wort öffentlich ergrif­f­en, z.B. Martha, die Jesus ent­ge­gen­lief und draussen auf der Strasse — also in der Öffentlichkeit — Jesus ansprach (Joh. 11,20ff), oder Maria (Joh. 11,32f), oder auch Maria Mag­dale­na (Joh. 20,15f), oder die kananäis­che Frau (Mt. 15,22ff), oder die kranke Frau (Lk. 8,47ff) um nur einige Stellen zu nennen.

      Reply
  2. Fritz Wannerer

    Sehr auf­schlussre­ich­er Beitrag. Bin schon ges­pan­nt auf die näch­sten Blog­beiträge (dann vielle­icht mit nur einem G).

    Reply
    • Paul Bruderer

      Vie­len Dank!

      Reply

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