Schon gewusst, dass es in der Bibel Ämter für Frauen gibt wie Diakonin, Prophetin, Leiterin einer Hausgemeinde und sogar Apostolin? In diesem Artikel lernen wir spannende und für die damalige Zeit innovative Rollen für Frauen kennen, und wie es nach der Zeit des Neuen Testaments mit diesen Rollen weiterging.
In diesem zweiten Beitrag möchte ich ein weiteres Kapitel in dieser kirchengeschichtlichen Reihe erörtern. Dabei betrachten wir einige Skizzen zum Verständnis des kirchlichen Amtes im Blick auf die Rolle der Frau. Neben geschichtlichen Fakten, werden auch theologische Bemerkungen einfliessen. Die Themen werden dabei häufig nur angeschnitten, kurz erörtert, aber sicher nicht für alle Leser und Leserinnen in der gewünschten Ausführlichkeit behandelt. Ich verweise deshalb gerne auf die im Text oder in den Fussnoten erwähnte Literatur.
Betrachten wir in der Geschichte der Kirche die Entwicklung der Leitungsämter, so scheinen verschiedene Faktoren dazu beigetragen zu haben, dass die Frauen aus den Ämtern in den Gemeinden verbannt wurden. Doch zuerst schauen wir uns die reiche Palette an Ämtern an, die auch Frauen im NT ausgeübt haben. Danach betrachten wir die Entwicklung des Bischofsamtes, das zur Alleinleitung eines Mannes in der jeweiligen Ortsgemeinde geführt hat. In einem zweiten Teil werden theologische Punkte erörtert, die mitgeholfen haben, Frauen aus den kirchlichen Ämtern zu verdrängen.
Ämter, die von Frauen im Neuen Testament ausgeübt wurden
Überraschenderweise finden wir im NT das Amt der Diakonin, der Gemeindeleiterin, der Apostelin, der Witwe (Lehrerin), der Evangelistin und der Prophetin, ohne im Einzelnen sehr viel darüber zu erfahren. Einige dieser Bibelstellen wurden im Laufe der Zeit sogar in den biblischen Manuskripten geändert, weil man es sich im Mittelalter nicht mehr vorstellen konnte, dass diese Aufgaben jemals offiziell von Frauen ausgeübt wurden.
Die Diakonin (Diakonos)
Es fällt heute in den Bibelübersetzungen oft nicht auf, dass die Frauen im NT teilweise durchaus Titel trugen, die wir traditionellerweise nur bei Männern vermuten. Z.B. wird Rom 16:1–2 bei Luther (1984) so übersetzt:
Ich befehle euch unsere Schwester Phöbe an, die im Dienst der Gemeinde von Kenchreä ist, dass ihr sie aufnehmt in dem Herrn, wie sich’s ziemt für die Heiligen, und ihr beisteht in jeder Sache, in der sie euch braucht; denn auch sie hat vielen beigestanden, auch mir selbst.
Hier sind zwei Begriffe unzureichend übersetzt, die Phöbe eigentlich als Diakon und Patronin bezeichnen. Man kann ohne Weiteres so übersetzen:.
Ich empfehle euch unsere Schwester Phöbe. Sie ist Diakonin (diakonos) der Gemeinde in Kenchreä. Nehmt sie im Namen des Herrn auf, wie es Heilige tun sollen, und steht ihr in jeder Sache bei, in der sie euch braucht, denn auch sie war Patronin (prostatis) vieler, auch für mich.[1]
Folgt man den Darstellungen der evangelischen Theologin Anni Hentschel in ihrer Dissertation zum Diakonie Begriff, ist dieser viel umfassender gewesen, als uns der heutige Begriff der Diakonisse suggeriert und umfasste auch Verkündigungs- und Leitungsaufgaben.[2] Wörtlich:
Eine Trennung von ‘Wortämtern’ und ‘Dienstämtern’ ist durch die neutestamentlichen Texte nicht belegt. […] Damit wird auch eine geschlechterspezifische Interpretation in Verkündigungsämter der Männer und Dienstämter der Frauen fraglich. Phoebe ist als diakonos von Kenchreä nicht einfach eine sozial-karitativ engagierte Gemeindehelferin, sondern eine auch für die Lehre verantwortliche Gemeindeleiterin.[3]
Ganz ähnlich argumentiert der Neutestamentler Gerhard Barth (1927 – 2002):
In der überwiegenden Mehrzahl der Stellen dagegen ist ‘Diakon’ die Bezeichnung für einen Verkündiger, Prediger, Missionar.[4]
Diesen Titel ‘diakonos’ trägt hier Phöbe. Wir können also davon ausgehen, dass sie als Frau in dieses Amt des Diakons eingesetzt worden war und alle die oben genannten Dinge tat.
Von Plinius dem Jüngeren haben wir einen interessanten Hinweis, dass Frauen zu Beginn des zweiten Jahrhunderts noch leitende Stellungen in der Gemeinde einnehmen konnten. Er schreibt in Bezug auf die zahlreichen Christen und wie er mit ihnen umgehen soll einen Brief an Kaiser Trajan, darin wörtlich:
Umso mehr hielt ich es für notwendig, von zwei Mägden, welche [bei ihnen] Diakoninnen [ministrae] heissen, mittelst der Folter die Wahrheit zu erforschen. Allein ich fand Nichts, als einen verkehrten, schwärmerischen Aberglauben.»[5]
Vielleicht haben auch Männer in der Gemeinde mitgeleitet, Doch der Titel zeigt deutlich zwei Frauen auf führenden Positionen in der Gemeinde.
Welches Ansehen Diakoninnen in Teilen der frühen Kirche gehabt haben, zeigt zudem ein Text aus der syrischen Didaskalia um 205 n.Chr.:
[Der] Levit aber und Hoherpriester ist der Bischof; dieser ist der Diener des Wortes und Mittler, […] ja er sollte von euch wie Gott geehrt werden. […] Der Diakon aber steht an der Stelle Christi, und ihr sollt ihn lieben; die Diakonin aber soll nach dem Vorbild des Heiligen Geistes von euch geehrt werden.[6]
Dieses Wissen versiegt und mit der Zeit wird die Frau aus den kirchlichen Ämtern verdrängt, wie wir weiter unten sehen werden.
Die Hausgemeindeleiterin
In Kol 4:15 wird Nympha als eine Frau vorgestellt, die in ihrem Haus eine Gemeinde hat. In vielen Bibelübersetzungen wird hier aber ein Mann mit Namen Nymphan genannt. Schaut man den ganzen Vers an, wird aber sichtbar, dass das Personalpronomen sich auf eine Frau bezieht. Einige alte Manuskripte haben dort nämlich die weibliche Form: Grüsset die Brüder in Laodizea und die Nympha und die Gemeinde in ihrem Hause.“ (Kol 4:15) Textkritisch muss man davon ausgehen, dass die schwierigere Lesart die ursprünglichere ist.
Ähnliches können wir über Lydia in Apg 16:13–40 lesen. Es scheint zwar eher selten, aber doch wie selbstverständlich, dass Frauen im NT gewisse Leitungsaufgaben wahrgenommen haben.
Die Apostelin
Weiter soll hier auf einen der wichtigsten Leitungstitel im NT eingegangen werden, den wir traditionellerweise im NT nur mit Männern in Verbindung bringen: Das Apostelamt. Überraschenderweise hat man diesen Titel über Jahrhunderte hinweg selbstverständlich auch einer Frau verliehen. In Rom 16:7 wird Junia genannt, die unter den Aposteln berühmt ist. Bis ins Mittelalter ist man davon ausgegangen, dass es sich hier um eine Frau handelte und dass sie eine Apostelin war. Chrisostomos (347 – 407) schreibt dazu in seinem Kommentar zum Rom 16:7:
Es ist schon etwas Grosses, ein Apostel zu sein; aber erst unter den Aposteln hervorragend zu sein, bedenke, was für ein Lob das ist! Hervorragend waren sie aufgrund ihrer Arbeit und ihrer rechtschaffenen Taten. Wie groß muss doch die Weisheit (griech. philosophia) dieser Frau gewesen sein, dass sie sogar für würdig gehalten wurde, den Aposteltitel zu tragen![7]
Heute steht noch immer in vielen Bibelübersetzungen Junias; die Frau wurde zum Mann umfunktioniert. Bernadette Brooten konnte schlüssig beweisen, dass erst im 13. Jh. Aegidius von Rom (1245–1316) aus der Junia einen Junias gemacht hatte. Moderne Bibelübersetzungen weisen vermehrt auf diese Tatsache hin.
Das Witwenamt
Als nächstes sei der Titel der Witwe und die Aufgaben der alten Frauen erwähnt. Witwen werden im NT vor allem im 1Tim 5:5–11 genannt. Es entwickelte sich daraus das Amt der Witwe, deren Arbeit wir in der frühen Kirchengeschichte klar umrissen vorfinden: Es «waren vor allem das Gebet und die Fürbitte, die theologische Unterweisung, die Salbung der Täuflinge und die Krankenfürsorge.»[8] Diese Aufgaben, kombiniert mit einem erst von einigen wenigen Auslegern entdeckten Hinweis über den Lehrauftrag an ältere Frauen in Tit 2:1–10, ergeben ein noch stärkeres Bild der auch lehrenden, älteren Frau und/oder Witwe.
Bei Tit 2 wird meistens so übersetzt, als ob Paulus die älteren Frauen anleite, sie sollen die jüngeren Frauen lehren. Aber der Text ist anders strukturiert und führt eigentlich aus, was Titus vier Gruppen in der Gemeinde sagen soll: den alten Männern, den alten Frauen, den jungen Frauen und den jungen Männern. Dann lautet die Anweisung an die älteren Frauen:
Du [Titus] aber lehre, was angemessen ist der gesunden Lehre: […] die alten Frauen ebenso im Verhalten der Heiligkeit angemessen, nicht verleumderisch, nicht vielem Wein unterworfen, Gutes lehrend, damit sie besonnen machen.[9]
Danach wird Titus instruiert, was er den jüngeren Frauen ausrichten soll. Damit wird hier ein Lehrauftrag sichtbar, den die älteren Frauen wahrnehmen sollen.
Der Theologe Ulrich Wendel schreibt dazu:
«Alte Kreterinnen, auch wenn sie keine Witwen waren, gehörten nicht aufs Abstellgleis. Es gab eine Aufgabe für sie.»[10]
Sie sollten in der Gemeinde in der Lehre mithelfen, damit sie andere besonnen machen. Kombiniert man die Hinweise auf Witwen und den Aufruf zu Lehren an ältere Frauen, dann erstaunt es nicht, dass sich ein lehrendes Witwenamt entwickelte, das die Kirche mit der Zeit als Konkurrenz empfand und dazu führte, dass die Bischöfe dieses Amt zurückdrängten.
Ein Zeugnis dafür liefert die Didascalia Apostolorum, eine frühchristliche Gemeindeordnung aus dem syrischen Raum, die die Kompetenzen der Witwen zurückdrängen wollte.[11] Wobei auch die sehr restriktiven Erklärungen eben gerade zeigen, dass es dieses Amt gegeben hat. Hans Achelis fasst die Bemühungen der Diskalia, den Witwenstand zu regulieren, ja förmlich abzuschaffen, folgendermassen zusammen:
Das Witweninstitut hatte eine lange Vorgeschichte, die bis in die ältesten Zeiten des Christentums hinaufreichte. Ein Vertreter des modernen Episkopats, wie der Verfasser der Didaskalia es war, musste ihre alten Rechte als Eingriffe in seine Stellung empfinden, und er suchte sie alle zu beseitigen. Da die Witwe die Taufe vollzogen hatte, die ihr unmöglich zu gestatten war, nimmt ihr der Bischof selbst die Handreichungen bei dem wichtigen Akt; und da sie die Seelsorge als ihr spezielles Gebiet angesehen hatte, so sieht er sie auch am Krankenbett nicht gern.[12]
Die Prophetin
Noch ein kurzer Blick auf das Amt der Prophetin sei hier gewährt. In der Apostelgeschichte (Apg 21:9) wird von den vier Töchtern des Philippus gesprochen, die allesamt Prophetinnen waren. Aus ausserbiblischen Quellen wissen wir, dass die beiden heiligen Hermione und Eutyche zwei dieser vier Töchter, des Evangelisten und Diakons Philippus gewesen sind. Hermione gilt als Märtyrerin unter Trajan in Ephesus. (das Amt der Evangelistin beschreibe ich weiter unten)
Das Wissen um solche Frauen in Diensten und Ämtern des Urchristentums führt aber nicht dazu, dass die Kirchenväter Frauen für den Dienst als Bischöfin oder Priesterin vorschlagen, sondern sie haben — meist in Bezugnahme auf Paulus — den Lehr- und Leitungsdienst von Frauen zurückgewiesen. Die Möglichkeit eines nichtamtlichen Lehrens sahen einige aber durch das Beispiel von Priscilla und Apollos gegeben.
Nur das Amt der Diakonin überlebt längere Zeit, vor allem im Osten und wird dort durch Chrysostomos gefördert, verschwindet dann aber später und wird erst seit 2004 wieder neu in der Orthodoxen Kirche Griechenlands zugelassen. Im Westen scheint man dieses Amt stärker bekämpft zu haben. Dadurch ist es schon früh in Vergessenheit geraten. Deshalb kann man sich bei der Synode von Nymes von 394 – 396 entsetzt zeigen, «dass ‘irgendwo’ Frauen zu einer Art ‘Amt’ zugelassen und damit zum Klerus gerechnet worden seien.»[13]
Die Synode von Orange 441 setzte dem Treiben dann definitiv ein Ende: Es darf zwar weiterhin Diakoninnen geben, aber sie dürfen nicht mehr ordiniert werden, sondern müssen als Laien ihren Dienst tun. Die wiederholte Verurteilung der Diakonissenweihe an weiteren Synoden zeigt aber, dass es trotzdem solche geben haben muss.[14] Erst im Verlaufe von Vatikanum II wurde der Weihegrad des Diakonats wiederhergestellt.
An der Spitze wird die Luft dünn
Es scheint bei allen Ämtern der urchristlichen Gemeinden in Bezug auf die Frauen schon sehr früh einen Bruch gegeben zu haben, der die Frau aus Lehre und Leitung verdrängt. Neben den oben erwähnten patriarchalen und frauenfeindlichen Grundstimmungen und der Verdrängung spezieller weiblicher Ämter, scheint die Entwicklung der Leitungsstrukturen dabei eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Diese wird in der Folge kurz geschildert.
Die gemeinsame Leitung einer Gemeinde durch Presbyter wird im zweiten Jahrhundert mehr und mehr ersetzt durch die alleinige Leitung der Gemeinde durch einen Bischof (Episkopen). Dadurch werden nicht nur die anderen Männer von der Spitze verdrängt und hierarchisch degradiert, sondern auch die mitarbeitenden Frauen müssen sich den neuen Regeln beugen. Das Wissen um die ursprüngliche Leitung der Gemeinde durch ein Presbyterium hält sich aber lange. So kann noch Hieronymus (347 – 420) schreiben:
[…] Bevor in [unserer] Religion durch Anstiftung des Teufels Parteiungen entstanden und bevor unter den Menschen gesagt wurde: ‘Ich gehöre zu Paulus, ich zu Apollos und ich zu Kephas’, wurden die Gemeinden gemeinsam von einem Presbyteriumsrat geleitet. Sobald jeder von ihnen begann, die von ihm getauften als seine Eigenen zu betrachten, und nicht als von Christus, war es für die ganze Welt entschieden, dass ein einzelner, welcher aus dem Kreis der Presbyter [in jeder Gemeinde] gewählt wurde, über den Rest gesetzt werden sollte, um für die ganze Gemeinde Sorge zu tragen. […] Aus diesem Grund sollten Vorsteher beachten, dass sie gemäß einer überkommenen Gewohnheit und nicht wegen eines Gebotes des Herrn über Presbyter eingesetzt sind.[15]
Dieser Prozess kann nicht mehr umgekehrt werden. Jeder Gemeinde steht im Verlaufe des 2. Jahrhunderts ein Bischof vor, später werden aus den Landbischöfen einfache Priester, die den Bischöfen grösserer Orte unterstellt sind. In Anlehnung an den römischen Beamtenstaat, entstand eine christliche Beamtenkirche, mit klaren Hierarchien und ohne Frauen in leitenden Ämtern. Nachdem das Christentum im Laufe des 4. Jahrhunderts zur römischen Staatsreligion emporgestiegen ist, übernimmt die Kirche noch mehr die Form eines römischen Beamtenapparates.
Diese Hierarchie wird nicht einmal in der Reformation durchbrochen, obwohl sich das Amtsverständnis grundlegend ändert und viele Frauen hoffen, dass sich dieses neue Verständnis auch auf ihre Rolle in der Kirche auswirken würde. Ute Gause fasst zusammen:
Die reformierten Frauen erhofften sich von der neuen Glaubensbewegung neue religiöse Möglichkeiten. […] In ihrer Frühzeit war die Reformation […] eine Bildungsbewegung für Frauen, die die biblische Botschaft als für sich befreiend interpretierten. Da jedoch das lutherische wie reformierte Selbstverständnis an den biblischen Subordinationsvorstellungen festhielt und der Gedanke des Priestertums aller Gläubigen mit der Konfessionalisierung in den Hintergrund trat, wurde dieser Versuch der Veränderung des weiblichen Rollenbildes [hin zur religiösen Mitarbeit in der Kirche] zurückgewiesen.[16]
Somit kann sich in den Kirchen kein «weibliches Amt» der Frühzeit halten und bis in die Neuzeit hinein auch keines entwickeln. Während die Katholischen und die Orthodoxen Kirchen darum bis heute keine Frauenordination kennen, haben sich seit dem 19. Jh. bei den evangelischen Landeskirchen,[17] der anglikanischen Kirche und bei einigen Freikirchen die Dinge geändert.
Die Anfänge bei den evangelischen Kirchen gehen zurück auf den lutherischen Altpietismus der Herrnhuter, gegründet durch Niklaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700 – 1760). Dort gibt es für Frauen und Männer die gleichen Ämter, wobei die Geschlechter stark getrennt sind. Doch können sich Frauen bei Zusammenkünften frei äussern.
Die evangelische Amerikanerin Antoinette Brown (1825 – 1921) wird zur ersten ordinierten Frau der neueren Kirchengeschichte. Als junge amerikanische Frauenrechtlerin und Christin will sie unbedingt eine geistliche Ausbildung. Als sie 1850 das Oberlin-College beendet hat, wird sie aber nicht ordiniert. Erst als drei Jahre später eine Gemeinde sie anstellt, hat sie die Ordination erhalten.
Catherine (1829 – 1890) und William Booth (1829 – 1912) gründen im 19. Jahrhundert die Heilsarmee. Sie setzen rasch beide Geschlechter als «Soldaten Christi» gleichberechtigt zum Dienst ein. Cathrine schreibt 1859 eine Schrift,[18] worin sie das Recht der Frau zu predigen verteidigt.
Die erste ordinierte Pastorin der evangelischen Kirchen Deutschlands wird Elisabeth Haseloff (1914 – 1974). 1958 wird sie im Sinne des westdeutschen Gesetzes zur Gleichberechtigung von Mann und Frau als ledige Frau in den Pfarrdienst eingesetzt.
Theologische Begründungen
Die Entwicklung zur rein durch Männer geleiteten Gemeinde hat auch theologische Gründe. Erstens wird die Geschlechtersymbolik der Schrift betont, die in Christus den Bräutigam, in der Kirche die Braut oder Mutter sieht. Zweitens wird dazu die Tatsache als Vorbild genommen, dass Christus keine Frauen in ein Amt hinein berufen hat und drittens überträgt man das alttestamentliche Priestertum in das Leitungsverständnis der Kirche.
Daraus ergibt sich die folgende Argumentationslinie: Jesus als Bräutigam und Hohepriester tritt im Priester als seinem Repräsentanten der Gemeinde (der Braut Christi) gegenüber. Der Priester allein hat in dieser Stellung auch das Recht, die Sakramente (speziell das Abendmahl) zu verwalten. So tritt im Priester Christus unter die Gemeinde und bringt im Abendmahl das «Opfer» dar.
Hier werden mehrere Entwicklungen angedeutet, die die Männerordination als alleinige Möglichkeit offenlassen und damit die Amtsfähigkeit der Frau grundsätzlich in Frage stellen. Dazu einige Erläuterungen: Zur Repräsentanz Christi kam es durch den Gedanken, dass der Priester als Repräsentant des Bräutigams (Christus) der Braut (die Gemeinde) gegenübertritt. Daher kann die katholische Kirche bis heute keine Frau zulassen, denn Christus ist ein Mann, ihn kann keine Frau vertreten. Dazu ist aus evangelischer Sicht zu sagen, dass dies aus biblischer Perspektive gar nicht nötig ist. Christus ist durch den Heiligen Geist unter uns und nicht durch ein Amt oder einen Amtsträger. Der Priester muss auch nicht Christus beim Abendmahl repräsentieren. Dieses Mahl ist der Gemeinde zur Verwaltung gegeben und sie kann die Durchführung so ordnen, wie sie es innerhalb der biblischen Linien für angemessen erachtet.
Auch die Übertragung alttestamentlicher Priestervorstellungen auf das Amt des Gemeindeleiters ist vom NT her nicht geboten. Der Pfarrer bringt in evangelischen Kirchen im Abendmahl kein Opfer dar, ist nicht Mittler zwischen Gott und Gemeinde und hat keine sakramentale Weihegnade, die in irgendeiner Art und Weise die Wandlung von Brot und Wein zustande bringen könnte und so nur ihm die Sakramentsverwaltung ermöglicht. Der Priester (resp. Pfarrer/Pastor) ist auch nicht das Gegenüber im Blick auf die Gemeinde. Er ist einer aus der Gemeinde, der einen wichtigen Dienst in der Kirche Jesu ausübt, wobei es noch viele andere wichtige Aufgaben und Dienste daneben gibt.
Neben der Frage nach der Amtsfähigkeit der Frau steht die Frage der Verkündigung der Frau als zweites theologisches Hindernis zum Dienst der Frau im Raum. Nach der Zeit des deutlich offeneren Urchristentums war es über Jahrhunderte klar, dass die Frau nicht lehren und reden darf in der Gemeinde. Der einzige Ausweg der katholischen Frau war der Weg ins Kloster oder auf evangelischer Seite in die Mission (siehe Artikel 3/3) und/oder seit dem 19. Jh. in die neu aufgekommene Diakonie, wo Frauen unter sich waren. Die Frage konzentrierte sich hier auf das vermeintliche Lehr- und Redeverbot für Frauen bei Paulus. Dies wurde im Verlaufe der Kirchengeschichte fast durchgehend so ausgelegt, dass die Frau kein Recht zum Predigen hatte. Ausnahmen, wie das oben erwähnte Notrecht bei Luther und Calvin, bestätigen die Regel nur.
Grundsätzlich geht es meistens um die beiden Stellen im 1Tim 2:12 und im 1Kor 14:33–34. Als Gedankenanstösse werden hier zu jeder Stelle einige Hinweise gegeben ohne Vollständigkeit zu beanspruchen, da dies ja auch nicht der Fokus dieses Textes ist.
Zur Stelle von 1Tim 2: 1992 erschien eine philologische Arbeit von Catherine Clark Kroeger (1925 – 2011)[20]: Lehrverbot für Frauen? Was Paulus wirklich meinte – eine Auseinandersetzung mit 1. Timotheus 2, 11–15. Durch alternative Übersetzungsvarianten zeigt Kroeger auf, dass Paulus hier eventuell ganz falsch verstanden worden ist und er gar kein Rede- und Lehrverbot aussprechen, sondern nur eine gängige Irrlehre und ihre Verkündigung verbieten wollte. Es muss hier auch mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass der Kontext, in der diese Aussage gemacht wird eigentlich das Gebet ist und Paulus dann noch kurz auf die Frage der Frau eingeht, einen Exkurs ins AT macht und anschliessend ganz singulär davon spricht, dass Frauen durch Kindergebären gerettet werden (V15), was Paulus ja sicher nicht so meint, mahnt er doch im 1Kor 7 noch, dass Frauen ledig bleiben sollen, um dem Herrn besser dienen zu können. Diese Stelle ist also nicht einfach zu verstehen. Abschliessend: Grundsätzlich sollte von so einer eher «dunklen» Stelle her, keine Lehre entstehen mit so weitreichenden Folgen!
Ferner ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass Paulus in den Pastoralbriefen an einigen Stellen betont, dass er sich dem (damaligen) Zeitgeist anpassen möchte, damit das Evangelium nicht «verlästert» werde (z.B. 1Tim 6:1; Tit 2:5). Ihm scheint daran gelegen, auch in dieser Frage die heidnische und jüdische Umgebung nicht schon dadurch zu verärgern, dass Frauen öffentlich reden und sich in Männerangelegenheiten einmischen. Wie sehr die römische Kultur dies missbilligt, habe ich schon früher erwähnt.
Hier möchte ich noch Plutarch aus dem ersten Jahrhundert nach Christus zitieren:
Dem Stand der Athena gab Phidias die Schlange zur Seite und dem der Aphrodite in Elis die Schildkröte, um anzudeuten, dass Jungfrauen der Bewahrung bedürfen, den verheirateten Frauen aber Häuslichkeit und Schweigen ziemt.[21]
Paulus will sich also dem Zeitgeist anpassen, damit das Evangelium nicht schon durch unzeitgemässes Verhalten negativ wahrgenommen wird. Mit diesem Hinweis und der schon früher gemachten Feststellung, dass der jüdische Mann nicht mit einer fremden Frau sprechen soll, ist die Überleitung zum Schweigegebot im 1. Korintherbrief schon geschehen.
Aber will Paulus dort ein Schweigegebot überhaupt einfordern? Zu 1Kor 14:33–34 liefert Heinzpeter Hempelmann 1997 in seinem Buch Gottes Ordnungen zum Leben – Die Stellung der Frau in der Gemeinde hilfreiche Hinweise, dass es in 1Kor 14 nicht um ein generelles Schweigegebot, sondern um ein spezielles gehe, das die Frau nur in Fragen der Auslegung von prophetischem Reden betreffe. Damit schafft es Hempelmann auf überzeugende Weise, die beiden Stellen im 1. Korintherbrief (Kapitel 11 und 14) zu harmonisieren, ohne eine Stelle als Interpolation wegdiskutieren zu wollen.[22]
Exkurs zur Vordringlichkeit der Evangeliumsverkündigung bei Paulus
Der folgende Exkurs löst sicher einiges an Diskussionsstoff aus. Aber ich wage es hier trotzdem: Paulus muss grundsätzlich von seiner Vordringlichkeit das Evangelium zu verkündigen verstanden werden. Das ist sein Auftrag von Christus her. Die hier aufgeführten Stellen aus dem Römerbrief sollen das unterstreichen:
Paulus, Knecht Jesu Christi, berufener Apostel, ausgesondert zum Evangelium Gottes, welches vorher verheißen wurde durch seine Propheten in heiligen Schriften, betreffs seines Sohnes, der hervorgegangen ist aus dem Samen Davids nach dem Fleisch und erwiesen als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geiste der Heiligkeit durch die Auferstehung von den Toten, Jesus Christus, unser Herr; durch welchen wir Gnade und Apostelamt empfangen haben, um für seinen Namen Glaubensgehorsam zu verlangen unter allen Völkern,… (Rom 1:1–5)
Denn Gott, welchem ich in meinem Geist diene am Evangelium seines Sohnes (Rom 1:9)
Dass ich ein Diener Jesu Christi für die Heiden sein soll, der das Evangelium Gottes priesterlich verwaltet, auf dass das Opfer der Heiden angenehm werde, geheiligt im heiligen Geist. (Röm. 15:16)
Diesem Auftrag ordnet Paulus alles unter. Er ist um des Evangeliums willen bereit, sich selber völlig hinzugeben:
Denn wiewohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knechte gemacht, auf dass ich ihrer viele gewinne. (1Kor 9:19)
Und dies fordert er auch von den Gemeinden, die durch ihn entstanden sind. Betrachten wir unter diesem Aspekt nur einige Hinweise bei Paulus:
- Er möchte am liebsten, dass alle ledig bleiben (1Kor 1:1 und folgende) und die, welche verheiratet sind, müssen «in der noch verbleibenden Frist» so leben, «als hätten sie keine» (1Kor 7:29).
- Obwohl die Taufe für ihn etwas ganz Wichtiges ist, nimmt er sich kaum die Zeit dafür, wie er selbst ausführt im 1Kor 1:14: «Ich danke Gott, dass ich niemand von euch getauft habe, ausser Krispus und Gajus; so kann doch niemand sagen, ihr seiet auf meinen Namen getauft! Ich habe aber auch das Haus des Stephanas getauft. Sonst weiß ich nicht, ob ich noch jemand getauft habe; denn Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkündigen.»
- Die Gesellschaftsordnung lässt er stehen, obwohl er im Blick auf z.B. die Sklaverei durchaus die Gemeinden ermutigt (Philemon) hier einen neuen Kurs einzuschlagen. Aber er fordert die Sklaven auf, treue Sklaven zu bleiben, auch wenn sie im Herrn frei geworden sind. Kol 3:22 zeigt dies deutlich: «Ihr Knechte, gehorchet in allen Dingen euren leiblichen Herren, nicht mit Augendienerei, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens, als solche, die den Herrn fürchten.» (siehe auch Eph 6:5, 1Petr 2:18, etc.). In 1Tim 6:1 bringt er den Gehorsam der Sklaven direkt mit der Verlästerung des Evangeliums zusammen: «Alle, welche Sklaven unter dem Joch sind, sollen ihre eigenen Herren aller Ehre würdig achten, auf dass nicht der Name Gottes und die Lehre verlästert werde.»
- Daher wird er auch den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche und erwartet dies auch von seinen Mitarbeitern. Deshalb lässt er den Timotheus beschneiden (Apg 16:3) und geht auf ein Gelübde ein (Apg 21:24).
Diesem Auftrag ordnet Paulus auch die Gemeindeordnung unter. Für Paulus zählt eigentlich alles Nichts, wenn es um das Evangelium geht, sogar seine eigene Herkunft bezeichnet er als Kot, obwohl er darauf doch echt stolz hätte sein können (Phil 3:8). Umgekehrt kann man auch sagen alles zählt, wenn es darum geht, der Verlästerung des Evangeliums unter den Heiden durch irgendeine Handlung in der Gemeinde keinen Vorschub zu leisten.
Wir betrachten das hier aber nur im Blick auf die Frau in der Gemeinde. Obwohl er Frauen in seiner Mitarbeiterschaft hat, und sie grüsst an etlichen Stellen in den Briefen, geht er doch auch hier Konzessionen ein, um der Verkündigung des Evangeliums Willen. Wir müssen die Stellen, wo er den Frauen scheinbar oder je nach Auslegung auch ziemlich klar etwas verbietet, nicht abweisen unter dem Vorwand, das war damals halt so und ist heute nicht mehr so. Sondern wir müssen es viel mehr als eine Konzession — wider besseres Wissen – an den Zeitgeist/die Kultur betrachten. Paulus nimmt bewusst auf diese Sitten Rücksicht, damit das Evangelium nicht verlästert wird. Schauen wir die Aussagen des Paulus unter diesem Schlüssel an.
Paulus will die Frauen förmlich gewinnen für die Arbeit am Evangelium, darum ruft er sie auf ledig zu bleiben, damit sie sich ganz der Arbeit am Evangelium hingeben können (1Kor 7:34). Er freut sich über die Hausgemeinden bei Lydia (Apg 16) und Nympha (Kol 4:15). Er betont, dass die Frauen auch lernen sollen, einfach Zuhause, bis sie in der Gemeinde mitreden, respektive mitbeten und weissagen können (1Kor 11:5). Er übergibt seine bedeutendste Schrift einer Diakonos (Phoebe), um sie nach Rom zu bringen und dort vorzulesen, sozusagen als seine Botschafterin. Er grüsst die Apostelin Junia und seine Mitevangelistinnen Tryphäna, Tryphosa, Persis, (alle Römer 16), aber auch die Euodia und Syntyche (Phil 4:2–3).
Er will aber nicht, dass sich die Dinge in der Gemeinde so verändern, dass dadurch die Heiden abgeschreckt werden. Darum ist er zurückhaltend, wenn es um die Leitung in den Gemeinden geht. Er will nicht, dass die Umgebung das Gefühl hat, in den Gemeinden der Christen herrschen die Frauen (1Tim 2:12)[23]. Er will überhaupt nicht, dass in den Gemeinden jemand allein herrscht: Christus ist das Haupt! Ja, Christus ist der einzige Meister in der Gemeinde: «Und ihr sollt euch nicht lassen Meister nennen; denn einer ist euer Meister, Christus (Mat 23:10).» Daher hat Paulus immer Gremien eingesetzt und nicht eine einzelne Person.
Die Zielrichtung bei Paulus ist auch im Blick auf das Miteinander der Geschlechter klar. Er bewegt sich zwar in Worten, die gut in die Sitten der Zeit hineinpassen, aber er korrigiert diese deutlich, indem er den Männern die Liebe Christi als Vorbild der Liebe des Mannes zur Frau aufträgt (Eph 5:25). Das sagt eigentlich schon alles.[24]
Fazit:
- Paulus in diesem Bereich unter dem Horizont der dringlichen Evangeliumsverkündigung lesen – das ist sein Ziel, dem er fast alles unterordnet.
- Paulus unter dem Horizont der Bereitschaft kulturelle Konzessionen zumachen verstehen.
- Paulus im Wissen lesen, dass er das AT sicher nicht korrigieren/in Frage stellen will, sondern dass ihn die AT Anthropologie trägt und ihn zu sehr egalitären Aussagen führt.
- Der sicherste Ansatz, Paulus richtig zu verstehen in diesen Fragen, ist es immer bei Jesus vorbeizuschauen. Das ist die Zielrichtung des Paulus.
- Unter dem Horizont von 1Kor 13, der für Paulus den höchsten Weg darstellt, sollten wir gabenorientiert in Familie und Gemeinde als in Christus erlöste und befreite gleichwertige Gotteskinder leben.
Man kann Paulus auch anders verstehen als hier beschrieben, und das tun einige. Aber, wer den Gedanken der Freiheit des Evangeliums verstanden hat, wer die frische Luft des Evangeliums geschnuppert hat und erkennt, dass hier steinerne Herzen weich (Hesekiel), die Herzen der Generationen versöhnt (Maleachi) und die Fallgestalt von Genesis 3 aufgehoben wird, der will nicht mehr zurück: In der Ehe nicht und in der Gemeinde nicht. Denn in der Freiheit des Evangeliums achtet man sich gegenseitig höher, ist die Liebe untereinander Markenzeichen, freut man sich am Wohl des andern und respektiert die Gaben, die Gott allen gegeben hat zum Wohl seiner Gemeinde und zum Bau seines Reiches.
Denn, wenn wir in dieser Art miteinander umgehen, wird genau das sichtbar, was Paulus so am Herzen lag und von dem er wusste, dass es sein Meister will:
Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt; dass, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. (Joh 13:34–35)
Thesen
These 1: Die Verdrängung der Frauen aus den noch im NT sichtbaren Ämtern hat das allgemeine Priestertum untergraben und einen grossen Teil der Gemeinde an der weiteren Arbeit im Reich Gottes gehindert. Ist dadurch nicht viel Segen verhindert worden? Durch das allgemeine Priestertum, das gerade bei Petrus dem ganzen Volk der Christen zugesprochen wird (Apg 2:14 und folgende; 1Petr 2:9) und z.B. auch dem Bild der Gemeinde als Leib Christi (1Kor 12:12 und folgende) bei Paulus entspricht, ist nicht mehr der Mann Repräsentant Christi, sondern die Gemeinde. Das Schweigegebot der Frauen war damals Sitte. Paulus forderte dies, damit das Evangelium nicht gelästert wird. Heute ist dies aber keine Sitte mehr und wir sollten uns überlegen, ob wir Paulus nicht korrekter verstehen, wenn wir uns hier – wie er damals – den Sitten anpassen würden in dieser Frage. Paulus würde heute sagen: Damit das Evangelium nicht gelästert wird, sollen alle – Frauen und Männer ganz egalitär und in allen Bereichen – ihre Gaben zum Bau der Gemeinde einsetzen?![25]
These 2: Die Aufgabe der Gemeindeleitung sollte nicht in der Hand einer einzelnen Person liegen, sondern eines Gremiums. Die Aufgabe der Verkündigung aber darf unter der Aufsicht des leitenden Gremiums von verschiedenen Menschen wahrgenommen werden.
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Fussnoten:
[1] Ute Eisen, Handout am Symposium “Geh und verkündige. Frauen in ‘Ämtern’ in der frühen Kirche” vom 27. September 2008 in Frankfurt a. M., S. 1. Ähnlich übersetzt auch Ulrich Wendel, Priska, Junia & Co. Überraschende Einsichten über Frauen im Neuen Testament, Giessen 2003, S. 27.
[2] Vgl. Anni Hentschel, Gemeinde, Ämter, Dienste. Perspektiven zur neutestamentlichen Ekklesiologie, Neukirchen-Vluyn 2013, S. 229
[3] Ebd., S. 229.
[4] Gerhard Barth, Der Brief an die Philipper, Zürcher Bibelkommentare NT (Bd. 9), Zürich 1979, S. 16.
[5] C. Plinius Caecilius Secundus. Briefe, übersetzt von Ernst Klussmann und Dr. Wilhelm Binder, 3. Band, 8. ‑10. Buch, Stuttgart 1869, S. 138.
[6] Achelis, Hans, die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts. Die syrische Didaskalia, Leipzig, 1904, S. 45.
[7] PG 60/669f. Auch Origenes (185 – 253) und Hieronymus (340–419) bezeugen, dass Junia weiblich war.
[8] Eisen, Amtsträgerinnen, S. 33.
[9] Wendel, Priska, Junia & Co., S. 83.
[10] Ebd., S. 87.
[11] Vgl. Eisen, Amtsträgerinnen, S. 33–34.
[12] Die syrische Didaskalia übersetzt und erklärt von Hans Achelis und Johs. Flemming in: Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts, Band 2, Leipzig 1904, S. 281.
[13] Christiane Müller, Das Amt der Diakonin in der ersten fünfhundert Jahren der Kirchengeschichte, Hamburg 2012, S. 61.
[14] Eisen, Amtsträgerinnen, S. 191.
[15] Hieronymus, Commentarius in Epistulam Pauli ad Titum 1,5.
[16] Ute Gause, Calvin und Calvinismus ein gegenderter Blick in: Traugott Jähnichen, Thomas K. Kuhn, Arno Lohmann (Hg.), Zeitansage. Calvin entdecken Wirkungsgeschichte – Theologie – Sozialethik (Bde. 6), Berlin 2011, S. 47.
[17] Vgl. «Frauen auf der Kanzel — Frauenordination und Frauenpfarramt in den reformierten Kirchen der Schweiz» von Pierre Aerne, Zürich 2017.
[18] Catherine Booth, Das Recht der Frau zu predigen, London 1859, dt. Köln 2000.
[19] Vgl. Rainer Hering, Frauen auf der Kanzel? Die Auseinandersetzungen um Frauenordination und Gleichberechtigung der Theologinnen in der Hamburger Landeskirche, in: Rainer Hering und Maria Jepsen (Hg.), Kirchliche Zeitgeschichte (20. Jahrhundert), in: Hamburgische Kirchengeschichte in Aufsätzen Teil 5, Hamburg 2008, S. 135. Sehr lesenswert zum Thema des Amtes und der Ordination ist das Buch von Wilfried Härle, Von Christus berufen. Ein biblisches Plädoyer für Ordination und Priesterweihe von Frauen, Leipzig/Paderborn 2017.
[20] Catherine Klark Croeger war Altphilologin und Neutestamentlerin. Sie lehrte in den USA an verschiedenen theologischen Hochschulen und war Gründungsmitglied in mehreren Institutionen, die sich für die Rechte der Frauen in den USA einsetzte. Ihr Buch, das sie gemeinsam mit ihrem Mann geschrieben hatte, wurde sehr kontrovers aufgenommen und erhielt teilweise heftige Kritik.
[21] Plutarch (45–125 n.Chr.), der in vielen Bereichen des sozialen Lebens eigentlich recht fortschrittlich dachte, zeigt hier deutlich auf, dass Schweigen nicht eine paulinische Sitte, sondern eine allgemeine Sitte war. Plutarch, Drei Religionsphilosophische Schriften: Über den Aberglauben, über die späte Strafe der Gottheit, über Isis und Osiris, griechisch-deutsch übersetzt und herausgegeben von Herwig Görgemanns, Düsseldorf 22009, S. 263.
[22] Heinzpeter Hempelmann, Gottes Ordnungen zum Leben. Die Stellung der Frau in der Gemeinde, Ammerbuch 1997, S. 35–46.
[23] Der Begriff «herrschen» wird im ganzen NT überhaupt nur hier gebraucht. Paulus wäre es ein leichtes gewesen, dies an anderer Stelle (oder hier) bewusst in Bezug auf die Männer zu schreiben. Tut er aber nicht.
[24] Dieser Text will nicht die Beziehung der Geschlechter zueinander weiter diskutieren. Dazu fehlt der Raum. Deutlich ist aber, dass Paulus die Verantwortung der Männer für ihre Familie hervorhebt und die in der Antike so oft fehlende Liebe der Männer zu den eigenen Frauen fordert. Nimmt man Paulus in der Tiefe ernst, sieht man bei ihm deutlich, dass die Liebe in jeder Ehe der Massstab sein soll für das Miteinander. Und zwar die Liebe, die sich in gegenseitiger liebevoller Unterordnung auszeichnet. Schaut man die Verse über die Ehe bei Paulus aus diesem Blickwinkel an, stellt man fest, dass er den Frauen eigentlich nur das damals kulturell «Normale» zuspricht und fordert. Die Männer aber werden zu einer Liebe zu ihren Ehefrauen aufgefordert, die nicht üblich war, denn die Ehefrau war für den erbberechtigten Nachwuchs und nicht für die eheliche Liebe und Treue da. Für ihre sexuellen und romantischen Abenteuer hatten sie Prostituierte, Mätressen und Lustknaben.
[25] Von einer etwas anderen Argumentationslinie her – aber im Prinzip ähnlich – argumentiert Norbert Baumert in Frau und Mann bei Paulus. Überwindung eines Missverständnisses, Würzburg, 1993 (2. Auflage). Siehe dort u.a. S. 180f. Auf S. 283 schreibt er: «Für uns aber kann sich aus demselben Prinzip eine Folgerung ergeben, die dem Wortlaut zu widersprechen scheint. Wie aus dem Grundsatz, die Frau solle sich verhalten, wie es dem allgemeinen Empfinden und der Gemeindeordnung entspricht, damals folgte, dass sie in Entscheidungsversammlungen schweigen, heute aber, dass sie reden sollte, so würde aus dem Grundsatz: ‘Nehmt unter den jeweiligen Umständen den euch angemessenen Platz ein’, heute angesichts der Rechtsgleichheit folgen: Ordnet euch in Freiheit in Christus einer dem anderen unter: der Mann der Frau und die Frau dem Mann.»
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