Corona rüttelt am Fundament der westlichen Welt und einmal mehr teilt sich die Christenheit in zwei entgegengesetzte Lager.
Auf der einen Seite stehen die „Wisser“, die biblische Erklärungen und teilweise sogar genaue Fahrpläne in die Zukunft vorzuweisen haben. Manche von ihnen sind beispielsweise überzeugt, dass das Virus bei Anwendung des richtigen Gebetes oder Psalms umgehend gestoppt werden kann.
Die „Gutdenker“ auf der anderen Seite haben dafür nur mitleidiges Lächeln übrig. Sie wissen, dass man nicht wissen kann. Weder was Gott plant, noch wie Bibelstellen richtig zu interpretieren sind. Sicher sind sie sich hingegen, dass die von ihnen als Verschwörungstheoretiker deklarierten Mitchristen daneben liegen. Und dass der Bund und die berichterstattenden Medien grundsätzlich vertrauenswürdig sind.
Dass bei beiden hier dargestellten Gruppen nochmals unzählige Nuancen existieren, ist mir bewusst. Persönlich mag ich mich weder dem einen, noch dem anderen Lager zuordnen. Aus meiner Sicht zeigt Gottes Wort uns einen ganz anderen Weg, eine dritte Option weit abseits von Gutdenken und (Alles)Wissen.
Bild: iStock
Kein rosa Brillenträger
Kaum ein Buch stellt sich Katastrophen und menschlichen Abgründen so ehrlich, wie die Bibel dies tut. Gottes Diagnose des menschlichen Herzens ist bereits in der Geschichte von Noah ernüchternd. „Das menschliche Herz ist böse von Jugend auf“, stellt der Schöpfer in 1. Mose 8:21 fest und leitet ein Reset ein.
Auch Jesus, der von den rosa Brillenträgern gerne als menschenfreundlicher Optimist dargestellt wird, findet klare Worte, wenn es um die geht, zu denen er gesandt wurde. Ganz am Anfang des Johannesevangeliums lesen wir: „Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie und wusste, wie es in den Menschen wirklich aussieht. Ihm brauchte über die menschliche Natur niemand etwas zu sagen.“ (Joh. 2:24–25 NgÜ)
Jesus stellte sich der ungeschminkten Wahrheit über das menschliche Herz, ohne deshalb den Bettel hinzuwerfen. Im Wissen um ihre Abgründe wählt er zwölf Männer zu Nachfolgern aus und vertraut ihnen nicht nur seine Freundschaft, sondern das Reich seines Vaters an. Realismus und Hoffnung sind nicht Gegensätze, sondern Zwillinge. Weil Christus die Welt überwunden hat, kann er ihrer ganzen Schönheit und ihrem ganzen Schrecken ins Gesicht sehen, ohne Weichzeichner einzusetzen.
Nicht Wissende, sondern Glaubende
Auch das Konzept der Wissenden scheitert an Jesus von Nazareth. Er redet in Gleichnissen zu ihnen die sie nicht verstehen und preist die selig, die nicht sehen und doch glauben. (Joh. 20:29)
Und gerade die Endzeitreden von Jesus rufen All-Wissende zu gesunder Demut auf: Wenn nicht einmal der Sohn weiss, wann er wiederkommt, wie sollten seine Jünger Tag, Stunde oder andere Details kennen (Mt 24:36)?!
Bild: unsplash
Zwischen den Stühlen leben und vertrauen
Als Gläubige leben wir beständig in der Spannung zwischen himmlischen und menschlichen Realitäten. Wir sind, wie Bernhard Ott es im Titel seines neuen Buches ausdrückt „Tänzer und Stolperer“, leben zwischen Nichtwissen und absoluter Gewissheit. „Ich weiss, dass mein Erlöser lebt!“ sagt Hiob, der sich als Schwergeprüfter trotz fehlender Erklärungen wie eine Klette an seinen Gott hängt. Was wir in Krisenzeiten brauchen sind Menschen, die mit unverlierbarer Hoffnung der Wirklichkeit ins Auge sehen: der Realität des Nichtwissens wie auch der Realität der Abgründe des menschlichen Herzens.
„Wir sind verlorener als wir zugeben wollen“, schreibt der dänische Philosoph Sören Kierkegaard. Es gibt leider durchaus Grund zur Annahme, dass im Hintergrund mancher Katastrophen Einzelne, Organisationen oder Firmen am Werk sind, die aus Machtstreben oder Profitgier heraus handeln. Und, ja, es gibt geistliche Mächte, die Unheil anrichten und zerstören wollen. Jesus selber spricht davon und es wäre kurzsichtig, diese Realitäten auszublenden, weil sie Unbehagen auslösen. Vieles ist wohl sogar schlimmer, als der geübteste Schwarzseher es vorhersagen könnte und nicht alles, was nach düsteren Phantasien klingt, ist Hirngespinst. Manche der alttestamentlichen Propheten würden heute wohl als Verschwörungstheoretiker in die Ecke gestellt werden.
Doch gleichzeitig ist auch nicht alles, was geistlich klingt, Gottes Reden. Ein Teil der kursierenden Vorhersagen und Erklärungen entspringen wohl eher menschlichem Sicherheitsdenken oder dem Wunsch nach Aufmerksamkeit als dem Wirken des Heiligen Geistes.
Dritte Option – auch für Corona-Zeiten
„Wir sind tiefer erlöst, als wir zu hoffen wagen.“, so die Fortsetzung des Zitates von Kierkegaard. Christen empfinden zwar die gleichen Ängste wie alle anderen, aber in ihren Herzen leuchtet wie ein helles Licht das Wissen, dass es gut kommt mit dieser Welt. Nicht weil die Menschen doch nicht ganz so schlecht sind oder die Welt durch rechtzeitiges Krisenmanagement gerettet werden könnte. Sondern weil Christus, der gesalbte und gekrönte König aller Könige die Geschichte unseres Planeten zu einem guten Ende führen wird.
Weil der Sohn des Höchsten Anfang und Ende in Händen hält und in dieser Zwischenzeit in einer zerbrochenen Welt sein Reich baut, haben wir begründete Hoffnung und, wie im Hebräerbrief steht, einen „Anker für unsere Seelen“ (Heb 6:19). Ein Mann erzählte mir kürzlich, dass er im Gebet gefragt habe, was oder wer hinter Corona stecke. Doch Gott habe ihm geantwortet: „Das ist nicht dein Thema. Wichtig ist nicht, was die Herrscher der Welt tun, sondern was ich, der allmächtige Gott, tue und vorhabe.“ Christen der dritten Option spekulieren nicht, sondern setzen im Blickkontakt auf ihren Vorausgeher und Wegbereiter Jesus Christus mutig und aufmerksam einen Fuss vor den anderen. Wer sich auf den Herrn aller Herren konzentriert, kann Hinweise prüfen, ohne sie vorschnell belächeln oder blind befolgen zu müssen. Wer sich Gott unterordnet, kann Informationen einholen und Anweisungen der Behörden umsetzen, ohne deswegen sein Vertrauen auf BAG und Tagesschau zu setzen.
Im Fokus von Christen der dritten Option stand und steht seit jeher das, was Christus in dieser Welt zu tun beabsichtigt. Sein ewiges Reich ist der Stein, den Daniel in seiner Vision heranrollen und alle Reiche der Welt zerschmettern sah. (Dan 2:34) Auf Ihn, den Auferstandenen hoffen und warten wir. Er wird kommen, so sicher, wie nach jeder Nacht der neue Tag anbricht. Nichts wird ihn aufhalten, den hellen Morgenstern (Offb 22:16) und wir als seine Gemeinde sind aufgefordert, zu leben wie Menschen, die ihren Herrn erwarten. „Jemand muss wachen, Herr, unten an der Brücke, um deine Ankunft zu melden. Jemand muss zu Hause sein um Mitternacht, um dir das Tor zu öffnen und dich einzulassen, wo immer du kommst“, schreibt Silja Walter in ihrem bekannten Text über das „Kloster am Rand der Stadt“.
Dass er kommt, ist über jede Spekulation erhaben, wann er kommt, allein Sache des Vaters. Wir warten. Realitätsbewusst und doch voller Vertrauen. Von Ängsten bedroht, aber mit einem Lied der Hoffnung auf den Lippen. Komm, Herr Jesus! (Offb 22:2)
0 Comments