Wenn Skepsis mit Auferstehung kollidiert

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by Paul Bruderer | 12. Apr. 2020 | 1 comment

Die Erken­nt­nis, dass Jesus tat­säch­lich leib­lich aufer­standen ist von den Toten, hat in meinem Leben die Wende von Glauben­szweifel zu Glaubens­gewis­sheit bewirkt. Was in mein­er Biogra­phie passiert ist, ist seit den Anfän­gen des christlichen Glaubens eine wieder­holte Erfahrung viel­er Men­schen. Die Aufer­ste­hung Jesu kon­fron­tiert die von Skep­sis geprägte Men­tal­ität unser­er Zeit und deren intellek­tuellen Rück­zug in rein prag­ma­tis­che The­men, die nur auf das Dies­seits bezo­gen sind.

Die ersten Chris­ten tre­f­fen mit ihrer Verkündi­gung der Aufer­ste­hung von Jesus Chris­tus auf eine griechisch-römis­che Kul­tur, die sich in ein­er Zeit wach­sender Skep­sis befind­et. Die Zeit­en der berühmten griechis­chen Philosophen Sokrates, Pla­ton und Aris­tote­les sind vor­bei. Diese haben sich noch an die grossen Fra­gen herangewagt. Was ist das grundle­gende Wesen der Real­ität? Haben wir Zugang zur absoluten Wahrheit? So mutig, intel­li­gent und bril­lant sie auch gewe­sen sind, sie sind trotz­dem zu gegen­sät­zlichen Aus­sagen gekom­men. Diese Tat­sache hat zu ein­er Krise des Denkens, der Kul­tur und des Lebens geführt. «Wenn unsere besten Denker sich nicht eini­gen kön­nen auf die ele­men­tarsten Fra­gen der Wirk­lichkeit, hören wir am besten auf, über solche absoluten Wahrheit­en nachzu­denken», scheint das Mot­to gewor­den zu sein.

Diese Men­tal­ität beschreibt auch tre­f­fend die Men­tal­ität viel­er heutiger Denker und lei­der auch manch­er The­olo­gen. Die post­mod­erne Men­tal­ität hat, bei all ihrer guten Analyse, zu ein­er Skep­sis geführt, die mit ähn­lichen Worten beschrieben wer­den kann wie die dama­lige griechis­che Kul­tur. Han­na-Bar­bara Gerl-Falkovitz gibt einen aus­geze­ich­neten Ein­blick in die post­mod­erne Skep­sis. Ich habe dazu auch kür­zlich gepredigt (Predigt 1, Predigt 2). Das intellek­tuelle Kli­ma unser­er Zeit hat Ähn­lichkeit­en mit der Zeit, in der das Chris­ten­tum auf die Welt­bühne platzte. Die christliche Botschaft der Aufer­ste­hung von Jesus Chris­tus von den Toten hat dem­nach die poten­tiell gle­iche Wirkungskraft, wie sie es damals schon hatte.

Gehen wir zurück in die Zeit der ersten Chris­ten. Anstelle des intellek­tuellen Mutes von Sokrates, Pla­ton und Aris­tote­les find­en wir jet­zt zwei Denkschulen, welche die Szene prä­gen: Die Epikureer und Stoik­er. Sie zeich­nen sich aus durch einen Rück­zug von den grossen Fra­gen hin zu rein prak­tis­chen Lebens­fra­gen: Epikureer und Stoik­er sind sich einig, dass wir uns nur mit der Frage des Glücks im Hier und Jet­zt geschäfti­gen kön­nen. Grössere Fra­gen nach absoluter Wahrheit und dem Wesen der Welt zu stellen, wird als intellek­tuelle Über­he­blichkeit angesehen.

Die Epikureer sind diszi­plin­ierte Hedo­nis­ten. Es geht ihnen um Max­imierung des Vergnü­gens und Min­imierung des Lei­dens. Wer zum Beispiel zu viel Alko­hol trinkt, lei­det am näch­sten Tag. Um wirk­lich­es Vergnü­gen zu find­en, muss man also das richtige Mass find­en. Die Stoik­er hinge­gen sind daran inter­essiert zu ver­ste­hen, wie wir psy­chisch gelassen und uner­schüt­tert bleiben kön­nen, egal, was uns äusser­lich geschieht. Bei­de Denkschulen ver­fol­gen das gle­iche, auf das Dies­seits fokussierte Ziel der Glück­seligkeit. Sie tun dies aber mit unter­schiedlichen Mit­teln. Sie fördern eine tiefe Skep­sis in der bre­it­en Kul­tur und Bevölkerung.

Paulus auf dem Aeropag. Julius Schnorr von Car­ols­feld (1794–1872)

Die ersten Chris­ten tre­f­fen mit der Botschaft, dass Jesus Chris­tus von den Toten aufer­standen ist, auf dieses skep­tis­che intellek­tuelle und kul­turelle Umfeld. Wenn es wirk­lich stimmt, dass Jesus aufer­standen ist, dann führt dies ganz natür­licher­weise dazu, dass die griechis­chen Zuhör­er mehr über die absoluten Real­itäten der Welt wis­sen kön­nen, als sie bish­er gedacht haben. Diese Erken­nt­nis stösst nur bed­ingt auf Begeis­terung, wie die Inter­ak­tion zwis­chen Paulus und den Epikureern und Stoik­ern in Athen zeigt. Es kommt zu inten­siv­en Diskus­sio­nen, welche einige Zuhör­er überzeu­gen. Es kommt aber auch zu Spott und Gelächter gegenüber der Idee, dass ein Men­sch von den Toten aufer­standen sei:

Dabei kam es auch zu Diskus­sio­nen mit epikureis­chen und stois­chen Philosophen. Einige von ihnen spot­teten: »Was will eigentlich dieser son­der­bare Vogel mit seinen aufgepick­ten Weisheit­en? Glaubt er, er könne uns etwas beib­rin­gen?« Andere mein­ten: »Es scheint, als wolle er Pro­pa­gan­da für irgendwelche frem­den Göt­ter machen!« Zu diesem Schluss kamen sie, weil sie Paulus, als er das Evan­geli­um verkün­dete, von Jesus und von der Aufer­ste­hung reden hörten. (Apos­telgeschichte 17:18)

Paulus kon­fron­tiert hier die Skep­sis und Fokussierung der Stoik­er und Epikureer auf rein dies­seit­ige Fra­gen mit der Nachricht, dass Jesus aufer­standen ist. Die Aufer­ste­hung unter­gräbt ver­ständlicher­weise die philosophis­chen Fes­tle­gun­gen dieser kul­tur­prä­gen­den Influ­encer! Schließlich gewähren sie dem Wan­der­predi­ger einige Minuten Ansprache auf dem berühmten Are­opag. Sie hören gebauch­pin­selt zu, solange Paulus ihre eige­nen Autoren zitiert. Als Paulus zu Jesus schre­it­et, zu dessen Aufer­ste­hung von den Toten und dem damit ver­bun­de­nen kom­menden Gericht Gottes, ver­wan­delt sich ihre Aufmerk­samkeit in Gelächter:

Als Paulus von der Aufer­ste­hung der Toten sprach, brach ein Teil der Zuhör­er in Gelächter aus, und andere sagten: »Über dieses The­ma wollen wir zu einem späteren Zeit­punkt mehr von dir erfahren.« Damit endete die Anhörung, und Paulus ver­ließ die Ratsver­samm­lung. (Apos­telgeschichte 17:32–33)

Wo die Botschaft der Aufer­ste­hung von Jesus in der griechis­chen Kul­tur Raum gewin­nt, muss die Skep­sis zugun­sten der Gewis­sheit ver­s­tum­men. Eini­gen passt das nicht. Ihnen gefällt Skep­sis bess­er, denn diese ermöglicht ihnen ein Leben in dies­seit­i­gen Genüssen, welch­es in der Rechen­schaft vor dem aufer­stande­nen Jesus vielle­icht nicht mehr möglich wäre. Was auch immer ihre Moti­va­tio­nen sind: Sie bevorzu­gen es, skep­tisch zu bleiben, anstatt Gewis­sheit zu find­en gegenüber den grundle­gen­den Fra­gen der Wahrheit und des Wesens der Welt.

Der Are­opag in heutiger Zeit, by AJ Alfieri-Crispin

Die Aufer­ste­hung Jesu von den Toten ist auch heute ein offen­er Wider­spruch gegen die Glo­ri­fizierung von Zweifeln und gegen den intellek­tuellen Rück­zug in rein prag­ma­tis­che The­men, die nur auf das Dies­seits bezo­gen sind. Wenn Jesus tat­säch­lich leib­lich von den Toten aufer­standen ist, dann gibt es Gewis­sheit des Glaubens! Selb­stver­ständlich gibt es dann immer noch offene Fra­gen. Aber die grundle­gende Unsicher­heit darf der Gewis­sheit des Glaubens Raum geben!

Für mich als damals junger Mann war die Erken­nt­nis, dass Jesus tat­säch­lich aufer­standen ist, der Befreiungss­chlag schlechthin! Ich darf mit Gewis­sheit glauben! Hal­lelu­ja! Mein Herz fing wieder an zu sin­gen und zu loben! Das Leben macht eben doch Sinn! Das Uni­ver­sum ist doch kein Ort dun­kler Sinnlosigkeit! Mein Leben ist sei­ther für immer verän­dert. Ich darf Boden unter den Füssen haben in der Gewis­sheit, dass Jesus Chris­tus von den Toten aufer­standen ist! Ich darf mich auch mutig an die grossen Fra­gen der Welt und der Wahrheit her­an­wa­gen, ohne mich dafür ständig entschuldigen zu müssen. Was für ein gutes Gefühl! Meta­ph­ysis­che Fra­gen sind willkom­men und nicht intellek­tuell unehrlich!

Diese Erfahrung der Aufer­ste­hung führt dazu, dass ich wenig Ver­ständ­nis habe für die trendi­ge Glo­ri­fizierung von Zweifeln unter Chris­ten und The­olo­gen in unser­er Zeit. Manche Blog­ger und Influ­encer mögen mit Spott und Gelächter reagieren, wenn Chris­ten wie ich sich dazu erdreis­ten, Gewis­sheit des Glaubens im Herzen zu tra­gen. Was für mich ein kost­bares Gut und ein Geschenk von Jesus ist, ist für sie etwas, das es zu belächeln gilt. Per­sön­lich halte ich mich lieber an meinen Namensvet­ter Paulus, als an die Stoik­er und Epikureer von damals und heute. Ich darf voller Staunen, Zuver­sicht und Freude gemein­sam mit Paulus und vie­len anderen Chris­ten dieser Welt entgegenrufen:

Der Herr ist wahrhaftig aufer­standen! (Lukas 24,34)

Diese Tat­sache verän­dert alles! Diese Tat­sache verän­dert auch dein Leben. Du kannst Ostern 2020 nutzen, um weit­er in ein­er gut argu­men­tierten und kul­turell akzep­tierten Skep­sis zu ver­har­ren. Oder du kannst der Frage nachge­hen, ob Jesus Chris­tus vielle­icht tat­säch­lich aufer­standen ist, um Gewis­sheit des Glaubens zu finden!

Wenn du Fra­gen hast, ob die Aufer­ste­hung wirk­lich passiert ist, lade ich dich ein, deinen Fra­gen auf den Grund zu gehen. Viele tolle Denker haben sich damit auseinan­derge­set­zt, wie gut die Beweis­lage der Aufer­ste­hung ist. Hier eine Auswahl aus dem deutschsprachi­gen Raum:

  • Dr. Johannes Hartl hat drei gute, kurze Vorträge gehal­ten (Teil 1, Teil 2, Teil 3).
  • Blog­ger Dr. Markus Till hat einen aus­geze­ich­neten Artikel dazu verfasst.
  • Stephan Lange hat zwei tolle kurze Clips gemacht (Teil 1Teil 2).
  • Samuel, ein Stu­dent aus dem Umfeld der VBG, zeigt in diesem 3‑minütigen Clip auf, warum wir die Aufer­ste­hungserzäh­lung nicht ein­fach als Leg­ende abtun können.
  • His­torik­er Jür­gen Spiess waren diese Fra­gen in sein­er eige­nen Biogra­phie wichtig. Mit zehn The­sen äussert er sich zur Frage des leeren Grabes. Das aus­führliche Buch dazu heisst “Ist Jesus auferstanden?”
  • Ein neuer Film über das Leben von Lee Stro­bel, Jour­nal­ist, beschreibt gut dessen Weg vom Skep­tik­er zu einem Men­schen mit Glaubens­gewis­sheit. Hier ein Auss­chnitt davon. Das dazu gehörige Buch heisst “Der Fall Jesus”.
  • NT Wrights gründliche und fach­lich hochste­hende Analyse: Kapi­tel 18 in “Die Aufer­ste­hung des Sohnes Gottes”.

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Paul Bruderer

Paul Bruderer, Jahrgang 1972, als Kind von Missionaren in Afrika aufgewachsen, 1998 Gründungsmitglied der erwecklichen ‹Godi›-Jugendarbeit in Frauenfeld. Seit 2001 Pastor in der Chrischona Gemeinde Frauenfeld. Paul lebt mit seiner Familie in Frauenfeld, Schweiz.

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