Wenn Gott seine Hände im Spiel hat

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Es lohnt sich, unser Ver­trauen in Gott zu set­zen — auch wenn unsere gut­ge­mein­ten Pläne durchkreuzt wer­den, unsere Treue nicht belohnt wird und sich die Zufälle des Lebens schein­bar gegen uns ver­schworen haben. 

Durchkreuzte Pläne. So haben wohl viele das ver­gan­gene Jahr erlebt. Ferien­pläne wur­den durchkreuzt, geplante Pro­jek­te mussten ver­schoben oder abge­sagt wer­den, bud­getierte Ein­nah­men lösten sich in Luft auf. Was für die einen durchkreuzte Pläne waren, erlebten andere als glück­liche Zufälle oder gar göt­tliche Fügung. Der Online-Han­del blüht. Gewisse Pro­duk­tion­sseg­mente erleben eine noch nie dagewe­sene Nach­frage. Während einige Wirtschafts­branchen exis­ten­tielle Bedro­hung erleben, sehen Umweltschützer und Futur­is­ten die Welt über die Schwelle in ein neues Zeital­ter geschoben mit der Chance eines ein­ma­li­gen ‘Reset’.

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Durchkreuzte Pläne, bestrafte Treue, eigenartige Zufälle

Ähn­lich tur­bu­lent geht es vor eini­gen Jahrtausenden in der Geschichte der alttes­ta­mentlichen Fig­ur Josef zu und her. Der ver­wöh­nte Sohn von Jakob hat hochtra­bende Träume bezüglich sein­er Zukun­ft (Gen 37:3–8). Doch seine Brüder haben andere Pläne. Sie ner­ven sich über Josefs Allüren und die offen­sichtliche Bevorzu­gung durch ihren Vater. Mord­pläne wer­den geschmiedet, Josef wird zwis­chen­zeitlich in einen trock­e­nen Brun­nen gewor­fen und schlussendlich ismaelitis­chen Händlern verkauft, welche zufäl­liger­weise am Ort des Geschehens vor­beikom­men (Gen 37:18–28).

Die Geschichte von Josef kann als Aneinan­der­rei­hung von eige­nar­ti­gen Zufällen gele­sen wer­den, welche kein­er­lei Logik fol­gen. Was für den einen durchkreuzte Pläne und Hoff­nun­gen sind, erleben andere als glück­liche Fügung. Boshaftigkeit scheint bisweilen belohnt zu wer­den. Recht­es Han­deln schützt nicht vor Schick­salss­chlä­gen. Im Gegen­teil. Als Josef Sklave in Ägyten ist, bringt ihm seine Weigerung, auf die Avan­cen der Frau seines Besitzers einzuge­hen, eine kon­stru­ierte ‘Me-Too’ Sto­ry ein, welche ihn direkt ins Gefäng­nis befördert (Gen 39:7–20). Dabei wäre diese kleine Affäre gar nicht so ver­w­er­flich gewe­sen. Poti­fars Frau wollte sich gerne etwas gön­nen: Sex mit diesem attrak­tiv­en jun­gen Mann. Doch Josef, dieser sture und prinzip­i­en­vers­essene Jungge­selle, ver­weigert sich dieser ‘mod­er­nen’, ‘respek­tvollen’, poten­tiell ‘ein­vernehm­lichen’ Liebes-Transak­tion. Er lan­det dafür im Gefängnis.

Da wen­det sich wiederum das Blatt. Rein zufäl­liger­weise sitzt auch der Mund­schenk des Pharao im Gefäng­nis. Josef deutet ihm einen Traum. Der Mund­schenk wird freige­lassen und bekommt seinen Job wieder. Irgend­wann braucht auch der Pharao einen Traumdeuter. Rein zufäl­liger­weise hat sein Mund­schenk eine inter­es­sante Con­nec­tion. So wird Josef aus dem Gefäng­nis ins ober­ste Kad­er des ägyp­tis­chen Reich­es befördert und wird mit dreis­sig Jahren zum Mas­ter­mind hin­ter der Ägyp­tis­chen Ver­sorgungssta­bil­ität (Gen 41:46). Als sich eine Hunger­snot bre­it macht, zieht eben diese Ver­sorgungssta­bil­ität Joseph’s Brüder nach Ägypten. Dort kommt es zum sur­realen Zusam­men­tr­e­f­fen zwis­chen Josef und seinen Brüdern, welche ihm den Tod gewün­scht und in die Sklaverei verkauft hat­ten. Prompt gehen damit die Träume in Erfül­lung, die am Anfang der Josefs-Geschichte ste­hen: Seine Brüder ver­beu­gen sich vor ihm, einem der mächtig­sten Män­ner Ägyptens (Gen 42:6).

Was für eine einzi­gar­tige Ver­ket­tung von Ereignis­sen, welche das Über­leben der ganzen Fam­i­lie Josefs in Ägypten sich­er­stellt! Mit­ge­spielt haben Neid und böse Absicht­en (die Brüder von Josef), Zurück­hal­tung auf­grund von Gewis­sens­bis­sen (Ruben), schein­bare Zufälle (die ismaelitis­che Kar­a­vane, das Zusam­men­tr­e­f­fen im Gefäng­nis), sex­uelle Begierde, Keuschheit, ungerecht­fer­tigte Kon­se­quen­zen (Josefs Bestra­fung als ‘Sex­u­al­straftäter’), vorauss­chauen­des Han­deln (Josefs Ernährungsstrate­gie), gnädi­ge Nach­sicht (Josef gegenüber seinen Brüdern) und noch mehr.

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Gott hat seine Hände im Spiel

Das bib­lis­che Zeug­nis macht klar, dass das Ergeb­nis dieser Ver­ket­tung von men­schlichen Entschei­dun­gen und Zufällen einen grossen, unsicht­baren Mit­spiel­er hat. Als nach dem Ableben ihres Vaters Jakob die Brüder Josefs erneut von der Angst gepackt wer­den und meinen, ihre let­zte Stunde habe geschla­gen, zieht Josef sel­ber gnädig Bilanz:

«Fürchtet euch nicht! Ste­he ich denn an Gottes statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jet­zt am Tage ist, näm­lich am Leben zu erhal­ten ein großes Volk.» (Gen 50:19–20)

Men­schen han­deln mit Absicht. Gott auch.
Men­schen ver­fol­gen ihre Ziele. Gott auch.
Sehen wir es?

Viele Men­schen tick­en wie die Brüder von Josef. Sie lesen Ereignisse nur vorder­gründig und erstellen ihre Prog­nosen aus den offen­sichtlichen Tat­sachen und ihren wahrschein­lich­sten Imp­lika­tio­nen. Der Tod ihres Vaters bedeutete für sie Angst. Angst, dass damit ihr Schutz ver­loren war und Josef sich nun doch an ihnen rächen würde. Sie waren Gefan­gene ihrer ver­gan­genen Entschei­dun­gen und Tat­en und lebten deshalb in Erwartung der entsprechen­den logis­chen Kon­se­quen­zen. Doch Josef war durch seine per­sön­lichen Schick­salss­chläge und die ver­rück­ten Ereignisse des Lebens hin­weg zu ein­er anderen Per­spek­tive auf die Real­ität durchge­drun­gen. Er sah hin­ter die Kulisse der offen­sichtlichen Ereignisse und erkan­nte, dass Gott am Werk ist. Selb­st die schw­eren und unver­ständlichen Ereignisse des Lebens sah er im Lichte seines guten Lenkens. Das war auch die Basis dafür, dass er seinen Brüdern vergeben kon­nte. Er, der ein­mal Sklave war, war frei. Sie, die immer frei gewe­sen waren, waren Sklaven ihrer Angst und Schuld. Der Unter­schied zwis­chen bei­den? Der eine sah Gott hin­ter den Ereignis­sen am Wirken, die anderen nicht.

Viele Men­schen empfind­en es als Wider­spruch, dass sowohl der Men­sch als auch Gott gle­ichzeit­ig wil­lentlich han­del­nde Sub­jek­te sein kön­nen. Müsste das nicht heis­sen, das jew­eils der Eine durch den Anderen dabei behin­dert oder eingeschränkt wird?

Einige mod­erne the­ol­o­gis­che Strö­mungen lösen diese Span­nun­gen zwis­chen Han­deln Gottes und Han­deln der Men­schen gerne auf, indem sie Abstriche machen an der Idee, dass Gott sou­verän in die Geschichte der Men­schheit ein­wirkt und zu seinen Zie­len kommt. Sie zeich­nen Gott als einen, der nicht mehr ins Geschehen der Welt ein­greifen kann oder will (Deis­mus), nur begren­zte Wirk-Möglichkeit­en hat (offen­er The­is­mus), ganz oder teil­weise in der Natur oder im men­schlichen (Zeit-)Geist aufge­gan­gen ist (Pan­the­is­mus, Panen­the­is­mus, Human­is­mus), oder in ein­er evo­lu­tionären Co-Abhängigkeit mit der Schöp­fung ste­ht, welche ihn sel­ber formt und gestal­tet (Prozess­the­olo­gie).

Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich solchen Sichtweisen kri­tisch, in gewis­sen Fällen gar in stur­er Ver­weigerung  gegenüber­ste­he. An dieser Stelle fehlt auch der Platz, um auf die ver­schiede­nen The­o­rien einzuge­hen, welche gle­ichzeit­iges men­schlich­es und göt­tlich­es Han­deln zu erk­lären ver­suchen. Ich möchte ein­fach fes­thal­ten: Der Gott, der mir in den Geschicht­en der Bibel begeg­net, ist ein aktiv­er und han­del­nder Gott, der auch auf ‘krum­men Lin­ien ger­ade zu schreiben ver­mag’. Er kann sog­ar böse men­schliche Absicht­en und Hand­lun­gen für seine guten Pläne ver­w­erten. Für ihn scheint es ein Kleines, auch durch unsere wil­lentlichen Hand­lun­gen seine eige­nen Ziele zu ver­fol­gen. Für ihn scheint es kein Prob­lem, über der Entwick­lung der Men­scheits­geschichte zu wachen, während er gle­ichzeit­ig die Integrität des men­schlichen Wil­lens ermöglicht, aufrecht erhält und sog­ar schützt. Der Gott der Bibel kann das.

Es mag sein, dass sich für uns vieles erst in der Rückschau klärt. Und es ist wohl so, dass selb­st am Ende des Lebens unbeant­wortete Fra­gen bleiben. Auch dann dür­fen wir im Ver­trauen auf Gott Frieden haben, wie Josef ihn gefun­den hat. Ja, ich ver­mute dass im richti­gen Blick auf Gott und seine Möglichkeit­en ein tief­eres Geheim­nis der Verge­bung und des Friedens liegt. Wer um Gottes Wirk­mächtigkeit weiss, hat berechtigten Grund zur Hoff­nung, muss nicht immer selb­st für Recht sor­gen und ent­deckt im Schutt der eige­nen Lebens­frag­mente Gottes wun­der­schönes gestal­tendes Wirken. Wer seinen Blick auf das richtet, was Gott am Gestal­ten ist, wird selb­st mitwirken wollen, und wird von Gott sog­ar aktiv eingespannt.

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Ein Hirntumor bahnt den Weg

Auch meine Fam­i­lie erlebte vor 35 Jahren wie Pläne und Zukun­ftsvi­sio­nen durchkreuzt wur­den. Schon viele Jahre hat­ten meine Eltern als Pio­nier­mis­sion­are diverse Pro­jek­te im afrikanis­chen Dji­bouti aufge­baut. Aus heit­erem Him­mel zwan­gen uns epilep­tis­che Anfälle meines Vater, für Abklärun­gen in die Schweiz zu reisen. Ein Hirn­tu­mor wurde fest­gestellt. Auf die erste Hirn­op­er­a­tion fol­gte auf­grund von Nach­blu­tun­gen die Zweite, dann eine Lun­gen-Embolie. Die Rück­kehr in die afrikanis­che Heimat musste nach weni­gen Monat­en abge­brochen wer­den, weil Vati’s Kör­p­er das heiss-feuchte Kli­ma nicht mehr vertrug. Das aben­teuer­liche Leben der Pio­niere kam zu einem abrupten Ende. Die Papageien wur­den ver­schenkt. Die Kof­fer endgültig gepackt. Der Pio­nier wurde zum Schweiz­er Heimat­sekretär der Mis­sion: Newslet­ter ver­fassen, Mis­sion­s­stand betreuen, Predigt­di­en­ste hal­ten, Geld auftreiben. Alles, nur nicht Abenteuer.

Auch für meinen Brud­er Paul und mich war dieser biografis­che Ein­schnitt ein­schnei­dend und unge­plant. Man hätte dur­chaus bilanzieren kön­nen, dass das Schick­sal es ‘böse’ mit unser­er Fam­i­lie meinte. Doch heute blick­en wir alle gemein­sam zurück und wis­sen: Gott hat­te auch im Schw­eren gute Pläne. Die Glauben­skrise von Paul hat­te zu diesem Zeit­punkt bere­its ein grösseres Aus­mass angenom­men. In der Schweiz erlebte er die liebevolle Begleitung sein­er lokalen Chrischona Gemeinde, die ihm auf dem Weg zurück zum Glauben half. Ob das in Afri­ka so gut ver­laufen wäre? Wie auch immer: Der Umzug in die Schweiz kam für ihn goldrichtig.

Wenn in diesen Tagen unsere Visio­nen durchkreuzt wer­den und unsere Treue zu Gott sich nicht so auszahlt, wie wir es uns vorstellen — dann lass uns Gott nicht kleinre­den. Gott ist am Wirken. Er ist wed­er plan­los noch kraft­los. Wie Gott am Wirken ist, bleibt immer wieder geheimnisvoll. Dass er am Wirken ist, ist die Gewis­sheit sein­er Kinder. Aus dieser Gewis­sheit her­aus wächst ihnen Friede im Stre­it, Gelassen­heit in der Ungewis­sheit, Trost in der Trauer, ewige Hoff­nung im Angesicht men­schlich­er Vergänglichkeit, Zuver­sicht für jeden neuen Tag, Geduld und Gnade für andere Menschen.

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2 Comments
  1. Markus Alder 3 Jahren ago
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    Danke dafür! Ja, auf diesen Gott möchte ich mein ganzes Leben aus­richt­en. Ich glaube und habe keinen Zweifel daran, dass ER abso­lut sou­verän ist und ihm auch in der heuti­gen, tur­bu­len­ten Zeit und in alle Zukun­ft nichts, abso­lut nichts ent­gleit­et. Auf IHN baue ich mein ganzes Ver­trauen und weiss, dass dieser Glaube mir auch in grössten Stur­mzeit­en Halt und Ori­en­tierung ist. Da schliesse ich mich dir ganz an. Ich möchte ihn nicht klein reden, im Gegen­teil, ich möchte GROSS von IHM reden und bin mir dabei bewusst, dass ich mit men­schlichen Worten nie aussprechen kann, wie gross ER wirk­lich ist.
    Bei Josef beein­druckt mich, dass er trotz diesen schw­eren Schick­salss­chlä­gen nie ver­bit­tert wurde. Dabei hätte es dazu ganz viel Poten­tial gehabt. Begin­nend nur schon bei sein­er Fam­i­lie, wo er aufwuchs. Seine Brüder has­sten ihn, weswe­gen sie ihn töten woll­ten bzw. am Ende als Sklave nach Ägypten verkauften, um ihm nie wieder begeg­nen zu müssen… Wer hätte da nicht Ver­ständ­nis, wenn bei Josef Groll & Ver­bit­terung gewach­sen wäre. Dass er, nach­dem eine lange Zeit dazwis­chen lag, seinen Brüdern mit einem offen­sichtlich tiefen inneren Frieden begeg­nen kon­nte, beein­druckt mich. Wie du sagst, er hat­te offen­sichtlich in sein­er Beziehung zu Gott Halt, Ori­en­tierung und einen tiefen Frieden gefun­den, weshalb Ver­bit­terung keinen Platz hatte.

  2. Markus Widounig 3 Jahren ago
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    Hal­lo Peter, vie­len Dank ist sehr ermutigend.
    Wir wollen weit­er ver­trauen auf unseren Ret­ter und wir dür­fen gross­es wirken erwarten

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