Wer die Postmoderne verstehen will, wird um die Aspekte, die durch das Kürzel V.U.K.A. beschrieben werden, nicht herumkommen. In verschiedenerlei Hinsicht wird die gesamte westliche Welt und das Lebensgefühl darin (auch unabhängig von Corona) immer mehr V.U.K.A.:
V: veränderlich (volatility):
Dauernde Veränderungen werden zur einzigen Konstanten.
U: unsicher (uncertainty):
Unsicherheit macht sich breit und man weiss je länger je weniger, was einem in einem Monat, Jahr oder Jahrzehnt erwartet.
K: komplex (compexity):
Die Komplexität des Lebens steigt und der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung wird immer schwieriger zu erkennen.
A: ambig (ambiguity):
Ambiguität bedeutet Mehrdeutigkeit und Widersprüchlichkeit. Informationen und Sachverhalte scheinen mehrdeutig oder gar widersprüchlich.
Die Frage stellt sich: Wie treiben wir Theologie in einer V.U.K.A.-Welt? Mit einer Theologie, die ebenfalls veränderlich, unsicher, komplex und ambig ist? Soll die Theologie unserer Gesellschaft gleichen, oder soll sie im Gegensatz zu V.U.K.A. beständig, sicher, klar und einheitlich sein? Gibt es unabdingbare, feststehende, verlässliche Elemente einer evangelischen Theologie? Und falls ja, welche sind dies? Und welche Partnerschaften und Allianzen zwischen verschiedenen Konfessionen, Denominationen und Kirchen sind angesichts der bestehenden theologischen Unterschiede möglich?[1]
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Drei Haltungen zum Thema Einheit
Wir sind als Christen verschiedener Strömungen und theologischen Prägungen aufgerufen, die Einheit zu suchen und dadurch in dieser Welt handlungs- und zeugnisfähig zu bleiben.[2] Gleichzeitig sollen wir uns an alle Gebote Jesu halten.[3] Wie können wir Einheit erleben, während wir unterschiedliche Lehrüberzeugungen haben? Es gibt drei grundsätzliche Möglichkeiten:
1. Theologischer Minimalismus: Einheit via Toleranz
Einheit wird nicht über den Konsens in christlichen Lehren gesucht, sondern in gelebter Toleranz, auch “Ambiguitätstoleranz” genannt.
Vertreter und Vertreterinnen einer liberalen Theologie behandeln die christlichen Glaubenswahrheiten weitgehend so, als ob grundsätzliche Freiheit herrschte, ob man dies als Christ glauben möchte oder nicht. So werden auch Lehren, die in der Kirchengeschichte als zentral erkannt wurden, weitgehend beliebig gemacht.[4]
Hier wird zum Beispiel argumentiert, die verbindende Mitte sei nicht die Lehre des Christentums, sondern die Person Christus. Dabei wird in der Regel jedoch nicht beantwortet, wer und wie dieser Christus ist, was er gelehrt und für uns getan hat, was Nachfolge bedeutet, woher wir verbindliche Informationen über das alles bekommen, und falls wir diese Informationen aus der Bibel bekommen, wie wir die Bibel lesen und verstehen sollen.[5]
“Einheit via Toleranz” bedeutet pointiert formuliert: Alle theologischen Lehren sind veränderlich, unsicher, komplex und ambig, also V.U.K.A.. Wer dies nicht erkennen oder aushalten kann, wird schnell als naiv oder fundamentalistisch diffamiert.
2. Theologischer Maximalismus: Einheit via Konsens
Einheit wird über den Konsens in möglichst allen christlichen Lehren gesucht.
Fundamentalistische Gläubige verschiedenster Prägungen erklären, dass grundsätzlich jede theologische Frage entscheidend wichtige Lehren betreffe. So wird eine Übereinstimmung in weitgehend allen theologischen Fragen als Voraussetzung von Gemeinschaft und Rechtgläubigkeit definiert.[6]
“Einheit via Konsens” bedeutet pointiert formuliert: Alle theologischen Lehren sind immer gleichbleibend, sicher, im Grunde klar und eindeutig, also das Gegenteil von V.U.K.A.. Wer dies nicht anerkennen kann, wird schnell als liberal diffamiert.
Diese beiden Extrempositionen sind gefährlich.[7] Der hier vorgeschlagene dritte Weg beschreibt eine Alternative jenseits von Liberalismus und Fundamentalismus:
3. Theologische Gewichtung: Einheit via Konsens in den Kernfragen und Toleranz in allen Nicht-Kernfragen
Dies ist eine Kombination zwischen den zwei bisher genannten Möglichkeiten, setzt aber voraus, dass man zwischen dem Gewicht verschiedener theologischer Aussagen unterscheidet.
Dieser Weg folgt dem Grundsatz: “In den Kernfragen Einheit, in den Nicht-Kernfragen Freiheit, in allem Liebe.”
Diese dritte Möglichkeit auf die Frage zu antworten, welche Glaubensinhalte heute noch verbindlich sind und wo Freiheit bestehen soll, soll durch die hier formulierten Ausführungen skizziert werden.
Dies ist der “schwarze Elefant”[8] im Raum: Einheit in der “pietistisch-evangelikal-charismatischen” Christenheit wird nur möglich sein, wenn es uns gelingt, angemessen zwischen der Gewichtung theologischer Fragen zu unterscheiden. Wo dies nicht gelingt, wird es noch stärker als bisher zu schmerzhaften Brüchen und Trennungen kommen in lokalen Kirchen, Kirchenverbänden, überkonfessionellen Organisationen und theologischen Ausbildungsstätten. Im Moment bin ich mir da und dort nicht so sicher, wie weit es uns gelingt, die Einheit zu bewahren. Die Zukunft wird Weisheit und Mut brauchen seitens der leitenden Personen. Hier mein unfertiger Diskussionsbeitrag dazu.
Christliche Wahrheitsansprüche beschreiben die “Quelle” und die “Grenzen”
Es geht nicht nur darum, dass man irgendetwas glaubt und dies mit angemessener Leidenschaft und Überzeugung sowie Toleranz gegenüber Andersgläubigen tut. Es geht beim christlichen Glauben auch darum, was man glaubt.[9] In den letzten zweitausend Jahren haben sich Christen um die Person Jesus Christus und um Dinge, die sie über ihn und in seinem Zusammenhang glaubten, gesammelt und vereint.
Davon ausgehend, dass man eine Viehherde über einen gemeinsamen, sauberen Brunnen oder über einen Zaun zusammenhalten kann, waren solche Glaubensaussagen in den letzten zweitausend Jahren Kirchengeschichte in unterschiedlicher Betonung beides: Einerseits hielten sie die Kirche bei der Quelle, beim gemeinsamen Zentrum. Andererseits steckten sie das Feld des christlichen Glaubens ab, zeigten Grenzen auf.
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Unterscheidung verschiedener theologischer Gewichtungen zeugt von christlicher Reife
“Dass die Lehren der christlichen Theologie von unterschiedlichem Gewicht sind, wird heute fast in der gesamten Theologie der unterschiedlichen Kirchen und Konfessionen (mit Ausnahme mancher fundamentalistischen Gruppen) anerkannt.” “Konkret heißt dies, dass für den christlichen Glauben die Frage nach dem Heil bzw. der Erlösung im Zentrum steht (dogmatisch die Soteriologie). Da die Erlösung nicht zu trennen ist von Jesus Christus, unserem Erlöser (also dogmatisch von der Christologie), und Jesus Christus nur als Gottmensch (Sohn Gottes) die Erlösung vollbringen konnte, was in der Dogmatik die Gotteslehre (d.h. die Theo-logie i.e. Sinne) zum Ausdruck bringt, kann man von einer Vorordnung der Gotteslehre, Christuslehre und Erlösungslehre vor den anderen Lehrbereichen (Ekklesiologie, Anthropologie, Hamartiologie, Mariologie etc.) sprechen.” [10]
Luther unterschied in seinen Schmalkadischen Artikeln zwischen 1. unstrittigen Lehren, 2. nicht verhandlungsfähigen Lehren und 3. Lehren, über die man verhandeln könnte. In der römisch-katholischen Kirche geht man vom Prinzip der “Hierarchie der Wahrheiten” aus.[11] Auch die Lausanner Bewegung hat sich 1974 im Artikel “The Nature of Biblical Unity” mit solchen Fragen auseinandergesetzt.[12] Im US-amerikanischen evangelikalen Bereich hat Albert Mohler[13] 2005 den Begriff “Theological Triage” geprägt,[14] zu Deutsch in etwa “theologische Gewichtung”. Er gab seinem Aufsatz den vielsagenden Titel “A Call for Theological Triage and Christian Maturity”, zu Deutsch “Ein Ruf nach theologischer Gewichtung und christlicher Reife”. Demnach ist die Fähigkeit, theologische Aussagen nach ihrem Gewicht unterscheiden zu können, ein Zeichen christlicher Reife.[15] Die folgende Gewichtung theologischer Aussagen orientiert sich weitgehend am Ansatz Mohlers und Ortlunds,[16] der Mohlers Ansatz weiter ausformuliert.
Eine Gewichtung theologischer Wahrheiten ist ein wichtiges Werkzeug für theologische Diskussionen und die Beziehung zwischen Christen verschiedener Prägungen.
Es geht bei dieser Gewichtung theologischer Lehren und in diesen Ausführungen nicht um die durchaus wichtige und berechtigte Frage, was jemand glauben muss, um gerettet zu werden. Natürlich liegt der Gedanke nahe, dass er oder sie möglichst alle Glaubensaussagen der unten beschriebenen Kategorie “Konsens christlicher ‘Rechtgläubigkeit’ ” bejahen sollte. Dabei handelt es sich um “Lehren erster Ordnung”, die entscheidend sind für den christlichen Glauben. Aber der Verbrecher am Kreuz neben Jesus wusste und glaubte zum Beispiel lediglich, dass Jesus unschuldig stirbt, dass er der Messias ist und sein Reich noch aufrichten wird, was eine Auferstehung voraussetzt. Und er hoffte, dass Jesus ihm gnädig sein würde.[17] Ob er wusste, dass Jesus Gott ist oder was genau er über den Heiligen Geist dachte, wissen wir nicht. Welche der entscheidenden Wahrheiten des Evangeliums jemand unbedingt glauben muss, um gerettet zu werden, ist also sehr schwierig zu sagen. Das Urteil über uns Menschen liegt in Gottes Hand. Wir selbst sollten damit sehr vorsichtig sein.[18]
Fragen, die für die Gewichtung christlicher Lehren leitend sind
Eine Gewichtung christlicher Lehren darf nicht einfach vom Bauchgefühl her entschieden werden, auch wenn man damit in den meisten Fällen wohl nicht falsch liegen würde. Es gibt konkrete rationale Fragen, die entscheidend sind:
1. Wie klar ist das biblische Zeugnis zu dieser Frage?[19]
Artikel 1.7 des Westminster Bekenntnisses[20] von 1646 erklärt:
“In der Schrift sind nicht alle Dinge gleichermassen in sich selbst klar und auch nicht gleichermassen klar für alle (2.Petr 3,16); aber diejenigen Dinge, die zu erkennen, zu glauben und zu beobachten zum Heil notwendig sind, sind an der einen oder der anderen Stelle der Schrift so klar dargelegt und aufgedeckt, dass nicht nur die Gelehrten, sondern auch die Ungelehrten bei rechtem Gebrauch der gewöhnlichen Hilfsmittel zu einem hinreichenden Verständnis derselben gelangen können (Ps 119,105; 119,130).”[21]
Ausser Vertretern und Vertreterinnen einer liberalen Theologie würden wohl alle Gläubigen für sich in Anspruch nehmen oder wenigstens zum Ziel haben, dass ihr theologisches “Konstrukt” dem biblischen Zeugnis am ehesten entspricht.[22]
2. Wie entscheidend ist die Frage für das Evangelium?[23]
Judas schreibt: “Ihr Lieben, […] ich hielt es für nötig, euch in meinem Brief zu ermahnen, dass ihr für den Glauben kämpft, der ein für alle Mal den Heiligen überliefert ist.” (Jud 3) Wir sind also aufgefordert, das Evangelium wo nötig zu verteidigen. Dazu hilft die Frage: Ist das Thema (1.) ein entscheidender Aspekt des Evangeliums, (2.) eine Lehre, die das Evangelium untermauert oder (3.) für die wichtigsten Aussagen des Evangeliums weniger entscheidend?[24]
3. Wie lautet das Zeugnis der alten Kirche zu dieser Frage?[25]
Bereits in seinen ersten Jahrhunderten war das Christentum mit falschen Lehren (Häresien) konfrontiert. Die frühesten Glaubensbekenntnisse (und Konzilsbeschlüsse) wurden formuliert, um den Kern der christlichen Lehre zu schützen.[26]
4. Welchen Einfluss hat die heutige Sicht der Kirche und Zeit auf diese Frage?
Gibt es Aspekte, die heute anders gelesen und interpretiert werden können und dürfen als früher? Wurde die Frage in der Kirchengeschichte auf Grund der damaligen Verhältnisse und hermeneutischen Voraussetzungen vielleicht einseitig interpretiert, so dass hier bei aller Treue zur Bibel eine Korrektur möglich oder gar angezeigt ist? Dabei gilt: “Lehrmäßige Veränderungen bedürfen einer klaren Schriftbegründung.”[27]
5. Welchen Einfluss hat die Frage auf die Einheit heutiger Kirchen?[28]
Können Vertreter und Vertreterinnen der verschiedenen Ansichten zu dieser Frage innerhalb einer lokalen Kirche oder Denomination Gemeinschaft pflegen, ohne in dauernden Zwist zu geraten?
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Gewichtung christlicher Lehren
Um der unterschiedlichen Gewichtung theologischer Fragen gerecht zu werden, braucht es eine minimale Anzahl verschiedener “Gewichtungs-Kategorien”. Gleichzeitig dürfen es aber nicht zu viele solcher “Kategorien” sein, weil man sonst den Überblick verlieren würde. Im Suchen eines hilfreichen Kompromisses zwischen unterschiedlicher Gewichtung theologischer Fragen und Überschaubarkeit schlage ich vier verschiedene Gewichtungs-Kategorien vor:
- Theologischer Minimalismus
- Kernfragen für die Einheit christlicher “Rechtgläubigkeit” (Orthodoxie)
- Kernfragen für die Einheit innerhalb einer lokalen Kirche oder Denomination
- Nicht-Kernfragen, bei denen wir in Einheit Freiheit leben können
Dabei muss uns bewusst sein: Jede Kategorisierung ist immer auch eine Pauschalisierung, der mancher Komplexität nicht gerecht wird. Und es gibt immer auch Mischformen.
1. Theologischer Minimalismus
Vertreter und Vertreterinnen dieser Kategorie verstehen sich selbst in der Regel als (nominelle) Christen, vertreten aber verglichen mit der zweiten Gewichtungs-Kategorie “Kernfragen für die Einheit christlicher ‘Rechtgläubigkeit’ ” abgeschwächte Positionen. Man könnte hier zum Teil auch von einer kulturchristlichen[29] Religiosität und Philosophie sprechen. Vertreter und Vertreterinnen einer liberalen Theologie sind oft (mehr oder weniger ausgeprägt) hier anzusiedeln.Das Problem: Kirchen, die nur Glaubensaussagen dieser Kategorie verkündigen – so wichtig und richtig diese Aussagen auch sind –, schrumpfen im Allgemeinen und werden wohl aussterben.[30]
Glaubensaussagen: richtig, aber unvollständig
- Bibel als Zeugnis dessen, was Menschen als Gottes Offenbarung erlebt habenOffenbarung Gottes in der Geschichte[31] und durch Geisteserfahrungen verschiedenster Art
- Der Mensch als mündiges Gegenüber Gottes
- Gott als transzendente “Quelle” von Gnade und Liebe[32]
- Jesus als Mensch, Vorbild, Lehrer und Prophet[33]
- Das Sterben Jesu am Kreuz als Beispiel der Selbsthingabe
- Die Auferstehung Jesu als Symbol der Überwindung des Bösen durch das Gute
- Der Heilige Geist als transzendente göttliche Energie
- Gleichnishafte, psychologische (existentiale) Interpretation[34] der biblischen Wunderberichte[35]
- Gleichnishafte, psychologische (existentiale) Interpretation des Apostolischen Glaubensbekenntnisses
- Anliegen der Verbesserung der Weltzustände
- ethische Aspekte wie Nächstenliebe, Selbstbestimmung, Erhalt der Schöpfung, Entwicklungshilfe
Problematische Aspekte mancher Vertreter und Vertreterinnen dieser Gewichtungs-Kategorie (zumindest in der Tendenz)
- Die meisten weiteren theologischen Lehren sind veränderlich, unsicher, komplex und ambig: V.U.K.A..
- Kritische Haltung zur Gottesoffenbarung durch Lehre und durch propositionale, begründete Wahrheitsaussagen
- Gewisse Aussagen der Bibel werden als heute unvertretbar abgelehnt:[36] z.B. Wunderberichte, göttliche Gerichtshandlungen, Autorenangaben biblischer Bücher
- Jesus und die neutestamentlichen Autoren werden als “Menschen ihrer Zeit” gesehen, die zum Teil Ansichten vertraten, bei denen wir heute “weiter” sind.
- liberale Positionen bei Sexualethik, Ehe und Lebensrecht
- liberale Position in “Frauenfrage” aufgrund liberaler Hermeneutik
- Allversöhnung, Universalismus
- Synkretismus, Anleihen aus anderen Religionen und Spiritualitätsformen
- Einerseits führen die richtigen aber unvollständigen Glaubensaussagen dieser Gewichtungs-Kategorie oft zur Übernahme solcher problematischen Aspekte, in der Praxis läuft es aber sehr oft umgekehrt:Die Übernahme manch problematischer Aspekte (z.B. Allversöhnung) führt zu einer Reduktion der Glaubensaussagen im Sinn des theologischen Minimalismus.
2. Kernfragen für die Einheit christlicher “Rechtgläubigkeit” (Orthodoxie)
Hier geht es um entscheidende Lehren des christlichen Glaubens.[37] Chesterton sagt dazu: “Es gab nie etwas so abenteuerliches und spannendes wie Rechtgläubigkeit.” “Es ist einfach, ein Ketzer zu sein.”
Christliche Kirchen und Denominationen, die sich in diesen Glaubensaussagen einig sind, können in der Regel gut zusammenarbeiten. Gleichzeitig muss der Umgang mit theologischen Unterschieden aller Gewichtungs-Kategorien für eine Zusammenarbeit gut geklärt sein (insbesondere bezüglich speziell römisch-katholischer Lehren).
Vertreter und Vertreterinnen dieser Kategorie bejahen auch die Glaubensaussagen der Gewichtungs-Kategorie “Theologischer Minimalismus”, gehen jedoch entscheidend darüber hinaus.
“Die Gemeinde der Zukunft wird [in diesen Punkten] […] konservativ sein, weil sie Klarheit in ihren Glaubensgrundlagen braucht, um ihre Identität zu wahren und ihren Auftrag zu leben.”[38]
Glaubensaussagen: Konsens christlicher “Rechtgläubigkeit”
- Bibel als autoritatives Reden Gottes und Gottes inspirierte Botschaft auch für heute (“Gottes Wort”)[39]
- Offenbarung Gottes verbindlich durch die Bibel (die Schrift allein)
- Der Mensch als Ebenbild Gottes in der Schöpfungsdualität von Mann und Frau
- Monotheismus[40]
- Gott als Schöpfer,[41] König[42] und Richter[43] der Welt
- Jesus ist Mensch und Gott[44] sowie König[45]
- Sündhaftigkeit des Menschen und Rettung aus Gnade (Gnade allein)[46] durch den Glauben (Glaube allein)[47] infolge Jesu Sterben am Kreuz (Christus allein)[48]
- körperliche Auferstehung Jesu[49]
- der Heilige Geist als Teil der Dreieinigkeit Gottes[50] und Siegel der Erlösung[51]
- Ewigkeitshoffnung
- historisch-reales Verständnis der biblischen Wunderberichte gemäss der jeweiligen Textgattung[52]
- historisch-reales Verständnis des Apostolischen Glaubensbekenntnisses[53] inklusive Jungfrauengeburt[54] sowie körperlicher Auferstehung und Wiederkunft Jesu
- ethische Aspekte wie grundsätzlich konservative Sicht von Sexualethik, Ehe und Lebensrecht[55](Unter Umständen könnte man diese ethischen Aspekte auch in der nächsten Gewichtungs-Kategorie verorten, sicher jedoch nicht in der übernächsten der “Freiheit”.)
Problematische Aspekte mancher Vertreter und Vertreterinnen dieser Gewichtungs-Kategorie
(zumindest in der Tendenz)
3. Kernfragen für die Einheit innerhalb einer lokalen Kirche oder Denomination
Solche christlichen Lehren können für die Einheit einer lokalen Kirche oder eines Kirchenverbandes (Denomination) entscheidend sein.[58]
Vertreter und Vertreterinnen dieser Kategorie bejahen auch die Glaubensaussagen der Gewichtungs-Kategorien “Theologischer Minimalismus” und “Kernfragen für die Einheit christlicher ‘Rechtgläubigkeit’ ”.
Oft schliessen sich die verschiedenen Positionen in den Glaubensaussagen dieser Gewichtungs-Kategorie im Leben einer Kirche gegenseitig aus, so dass man sich für einen Weg entscheiden muss.[59]
Glaubensaussagen (Lehren zweiter Ordnung)
- Säuglingstaufe und/oder Glaubenstaufe[60]
- Praktizieren von Geistesgaben:[61] nicht, gemässigt oder ausgeprägt charismatisch
- Leitungsverständnis in Kirchen und überkirchlichen Strukturen
- Umgang mit Fragen rund um Mitgliedschaft und Zugehörigkeit (u.a. “Gemeindezucht”)
- Progressive oder historische Position in “Frauenfrage” bei konservativer Hermeneutik[62]
- Wichtige hermeneutische Prinzipien (z.B. Themenprofil Chrischona Schweiz, Chicago Erklärungen, Hermeneutik der Demut)[63]
- Speziell römisch-katholische Lehren (Papsttum, Verehrung und Anrufung Marias und der Heiligen, Fegefeuer, Zölibat, Eucharistie)
Problematische Aspekte mancher Vertreter und Vertreterinnen dieser Glaubensaussagen (zumindest in der Tendenz)
- Theologischer Maximalismus: Die Zustimmung zu solchen Glaubensaussagen oder deren Ablehnung wird zum Teil zum Massstab der “Rechtgläubigkeit” erhoben.[64]
- Überheblichkeit gegenüber Leuten, die sich Christen nennen, in solchen Fragen aber anders denken.
4. Nicht-Kernfragen, bei denen wir in Einheit Freiheit leben können
Christliche Lehren, die bei aller Wichtigkeit für die Einheit einer lokalen Kirche oder eines Kirchenverbandes (Denomination) in der Regel nicht entscheidend sind.[65]
Vertreter und Vertreterinnen dieser Kategorie bejahen auch die Glaubensaussagen der Gewichtungs-Kategorien “Theologischer Minimalismus” und “Kernfragen für die Einheit christlicher ‘Rechtgläubigkeit’ ”.
Vertreter und Vertreterinnen der verschiedenen Positionen können in aller Regel gut miteinander in derselben Kirche auskommen.[66]
Glaubensaussagen (Lehren dritter Ordnung)
- Detaillierte Erklärungen zu den Glaubensaussagen der Gewichtungs-Kategorie “Kernfragen für die Einheit christlicher ‘Rechtgläubigkeit’ ”[67]
- Detaillierte Erklärungen zu einzelnen Bibeltexten
- Liturgische Elemente und Anbetungsstil[68]
- Prädestination und/oder freier Wille[69]
- Wirksamkeit von Abendmahl und Taufe[70]
- Gottes Schöpfungshandeln durch 7‑Tage-Schöpfung, Intelligent Design oder theistische Evolution[71]
- Detaillierte Aussagen zu Endzeit (Eschatologie) und Millenium (Tausendjähriges Reich)[72]
- Israeltheologie
- Engelslehre (Angelologie)[73]
Problematische Aspekte mancher Vertreter und Vertreterinnen dieser Glaubensaussagen
(zumindest in der Tendenz)
- Theologischer Maximalismus: Die Zustimmung zu solchen Glaubensaussagen oder deren Ablehnung wird zum Teil zum Massstab der “Rechtgläubigkeit” erhoben.
- Überheblichkeit gegenüber Leuten, die sich Christen nennen, in solchen Fragen aber anders denken.
Nochmals: Einheit in der “pietistisch-evangelikal-charismatischen” Christenheit wird nur möglich sein, wenn es uns gelingt, angemessen zwischen der Gewichtung theologischer Fragen zu unterscheiden.
Ich meine, wir müssen unterscheiden zwischen:
- Theologischer Minimalismus
- Kernfragen für die Einheit christlicher “Rechtgläubigkeit” (Orthodoxie)
- Kernfragen für die Einheit innerhalb einer lokalen Kirche oder Denomination
- Nicht-Kernfragen, bei denen wir in Einheit Freiheit leben können
Somit hätten wir Einheit in den nötigen Kernfragen und Freiheit in allen Nicht-Kernfragen.
Möge Gott uns bei der Abwägung, welche Frage in welche Gewichtungs-Kategorie gehört, die nötige Weisheit und den nötigen Mut schenken.
[1] Gavin Ortlund: Finding the Right Hills to Die On: The Case for Theological Triage. Wheaton: Crossway, 2020, 20.
[2] Joh 13,35; 17,21–23.
[3] Mt 28,20.
[4] Rhyne R. Putman: When Doctrine Divides the People of God: An Evangelical Approach to Theological Diversity. Wheaton: Crossway, 2020, 240.
[5] Markus Till: Mehr Toleranz oder mehr Konsens? Was dient der Einheit? 2020. http://biblipedia.de/2020/11/22/mehr-toleranz-oder-mehr-konsens-was-dient-der-einheit/; aufgerufen 06.01.2021.
[6] Rhyne R. Putman, a.a.O., 240.
[7] Albert Mohler: A Call for Theological Triage and Christian Maturity. 2005. https://albertmohler.com/2005/07/12/a‑call-for-theological-triage-and-christian-maturity; aufgerufen 06.01.2021.
[8] Eine Herausforderung, die wir eigentlich kennen, aber weitgehend ignorieren.
[9] “Kirche ist nur möglich, wenn sie eine Gemeinschaft des Glaubens ist. Mit Glaube ist nicht eine beliebige Form von Gläubigkeit gemeint, also nicht ein Glaubensakt irgendwelcher Art, der gegenüber einem möglichen Inhalt neutral ist, sondern ein Glaube mit ganz bestimmten, konkret angebbaren Inhalten, auf die der Glaube sich bezieht, an denen er orientiert ist.” Heinrich Fries und Karl Rahner: Einigung der Kirchen: reale Möglichkeit. Freiburg, Basel, Wien: Herder. 1983, 23.
[10] Werner Neuer, E‑Mail vom 24.11.2020.
[11] Zweites Vatikanisches Konzil (1962–1965), Ökumenismusdekret, Unitatis Redintegratio, Nr. 11.; Heinrich Fries und Karl Rahner, a.a.O., 31.
Dazu erklärt Papst Franziskus: “Alle offenbarten Wahrheiten entspringen aus derselben göttlichen Quelle und werden mit ein und demselben Glauben geglaubt, doch einige von ihnen sind wichtiger, um unmittelbarer das Eigentliche des Evangeliums auszudrücken. […] In diesem Sinn hat das Zweite Vatikanische Konzil gesagt, ‘dass es eine Rangordnung oder «Hierarchie» der Wahrheiten innerhalb der katholischen Lehre gibt, je nach der verschiedenen Art ihres Zusammenhangs mit dem Fundament des christlichen Glaubens’. Das gilt sowohl für die Glaubensdogmen als auch für das Ganze der Lehre der Kirche, einschließlich der Morallehre.” Papst Franziskus: Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die Personen geweihten Leben und die christgläubigen Laien, über die Verkündigung des Evangeliums in der Welt von heute. 24. November 2013, Nr. 36; vgl. Nr. 37 und 246.
“Die Lehren der Kirche – dogmatische wie moralische – sind nicht alle gleichwertig. […] Eine missionarische Verkündigung konzentriert sich auf das Wesentliche, auf das Nötige. Aus dieser Verkündigung fließen dann die moralischen Folgen.” Antonio Spadaro: Das Interview mit Papst Franziskus (German Edition; Kindle-Version). Freiburg, Basel, Wien: Herder. 2013, 50.
[12] lausanne.org/content/the-nature-of-biblical-unity; aufgerufen 06.01.2021.
[13] Präsident des Southern Baptist Theological Seminary in Lousville, Kentucky.
[14] Carson, Foreword, in: Gavin Ortlund, a.a.O., 11; Albert Mohler, a.a.O.
[15] Vgl. z.B. 1Kor 7,39–40.
[16] Gavin Ortlund, a.a.O.
[17] Lk 23,39–43.
[18] Gavin Ortlund, a.a.O., 80–82
“Es werden nicht alle Orthodoxen, es werden nicht alle Pietisten […] in den Himmel kommen! […] Es wird hier wirklich einem jeden nach seinen Werken, d. h. nach der gelebten Wirklichkeit seines Glaubens oder Unglaubens vergolten werden. […] Gerade nur die Hoffnung und zwar die allein und ganz auf ihn gerichtete Hoffnung wird uns retten an diesem Tag und in diesem Gericht!” Karl Barth: Credo: Die Hauptprobleme der Dogmatik dargestellt im Anschluß an das Apostolische Glaubensbekenntnis. München: Chr. Kaiser. 1935, 110–111.
[19] Gavin Ortlund, a.a.O., 79; Rhyne R. Putman, a.a.O., 220–225.
[20] Das Bekenntnis von Westminster gilt bis heute als das offizielle Glaubensbekenntnis presbyterianischer Kirchen.
[21] Thomas Schirrmacher: Der evangelische Glaube kompakt. Hamburg: RVB und Bonn: VKW. 2004. http://winterthur.erkwb.ch/westminster-bekenntnis/kapitel-1-von-der-heiligen-schrift/; aufgerufen 06.01.2021.
[22] “everyone believes that his or her theological construction is the biblical one.” M. James Sawyer: The Survivor’s Guide to Theology (Kindle-Version). SacredSaga Press. 2010.
[23] Gavin Ortlund, a.a.O., 79; Rhyne R. Putman, a.a.O., 225–232.
[24] Rhyne R. Putman, a.a.O., 225.
[25] Gavin Ortlund, a.a.O., 79.
[26] Albert Mohler, a.a.O.; vgl. “Plädoyer für das Apostolische Glaubensbekenntnis”.
[27] Reinhard Spincke: Gemeinde der Zukunft: Zehn Koordinaten für einen geistlichen Aufbruch. Witten: SC; Bundes. 2020, 152.
[28] Gavin Ortlund, a.a.O., 79; Rhyne R. Putman, a.a.O., 232–240.
[29] “Liberale Theologie ist Kulturtheologie”. Wilhelm Gräb: Was bedeutet liberales Christentum im 21. Jahrhundert?, 2008, 1; https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/95366/Gr%C3%A4b_212.pdf?sequence=1&isAllowed=y; aufgerufen 06.01.2021.
[30] “gerade die liberalen, modernen Formen von Religion, die von den meisten säkularen Menschen für die überlebensfähigsten gehalten werden, nicht überleben. […] Diese liberale Art von Religion, die nur horizontal und nicht vertikal ausgerichtet ist, gefällt einem säkularen Publikum in Amerika sehr gut. Doch nach den Ergebnissen der Soziologen ist sie die Art von Glaube, die am schnellsten ausstirbt, während Richtungen, die auf Bekehrung beruhen, exponentielles Wachstum aufweisen. Vor ein paar Jahren sprach ich mit einem Mann, der vierzig Jahre in einer liberalen Großkirche in Manhattan als Pastor gearbeitet hatte. Er erzählt mir von seiner Ausbildung in den frühen Sechzigerjahren, als man ihm zuversichtlich beigebracht hatte, dass die einzige Religion, die in der Zukunft eine Chance hätte, eine besonders milde, moderne sei, die nicht an Wunder oder die Gottheit Christi oder eine buchstäbliche, leibhaftige Auferstehung glaubte. Doch nun stand er kurz vor der Rente und sah, dass die meisten aus seiner Pastorengeneration in leeren Kirchen vor schrumpfenden, überalterten Gemeinden standen. Er stellte fest: „Ironischerweise können sie überhaupt nur noch ihren Betrieb aufrechterhalten, indem sie an wachsende, lebendige Gemeinden vermieten, in denen ausgerechnet all die Lehren vertreten werden, von denen uns gesagt wurde, dass sie bald obsolet seien.” Timthy Keller: Glauben wozu? Religion im Zeitalter der Skepsis. Giessen: Brunnen. 2019, 38–39.
Soziologe Jürg Stolz. «Eine Religion, die zu liberal wird, verschwindet früher oder später. Wenn eine Religion zu tolerant, zu offen wird, verschwimmen ihre Grenzen zur Umwelt, und sie wird überflüssig.» www.beobachter.ch, “Ist Gott ein Auslaufmodell?” Veröffentlicht am 09.05.2016
“Erweckungen lebten in der Geschichte nicht von einer neuen Lehre, sondern von der Wiederentdeckung alter biblisch-theologischer Wahrheiten und von frischen Gotteserfahrungen, die zu neuer persönlicher Hingabe, neuem missionarischen Eifer, dem Aufbau neuer geistlicher Gemeinschaften und zu neuer Liebe zu Gott und Menschen führten.” Reinhard Spincke, a.a.O., 33–34.
“Wer möchte, dass es christliche Gemeinschaften gibt, muss auch ihre Andersartigkeit von der Umgebungskultur wollen, und nicht das Aufgehen in dieser. Folglich müssen christliche Gemeinschaften ihre Identität ‘managen’, in dem sie eine aktive ‘Grenzpflege’ betreiben.” Miroslav Volf: Öffentlich glauben in einer pluralistischen Gesellschaft. Marburg: Francke-Buch. 2017, 133; zitiert bei Reinhard Spincke, a.a.O., 97.
[31] Wolfhart Pannenberg: Offenbarung als Geschichte. Göttingen: Vadenhoeck & Ruprecht. 1961.
[32] “Gott ist [in der liberalen Theologie] nicht nach Art eines personalen Gegenstandes, der in Raum und Zeit existiert, vorzustellen. […] Das mit dem Wort ‘Gott’ Gemeinte kann überhaupt nur als etwas gedacht werden, das die Welt als Ganze und unser eigenes Dasein in ihr trägt. […] Gott kann nicht gewusst werden, er muss geglaubt werden.” Wilhelm Wilhelm Gräb, a.a.O., 8.
“Glaube ist überhaupt kein Wissen, weder über Gott noch über sein Handeln in der Welt, sondern ein Vertrauen, das zur Kraftquelle in der Bewältigung des Lebens wird.” Wilhelm Gräb, a.a.O., 13.
[33] Mt 8,19; 13,57; 19,16; 21,11; 22,16.36; 23,8–10; Joh 3,2; 6,14; 7,40; 13,13–14; Hebr 1,1–2.
[34] In der “existentialen Interpretation” werden Wunder als mythologische Sprachbilder verstanden. Unabhängig davon, ob sie so stattgefunden haben, wollen sie eine bildhafte Botschaft für das heutige Glaubensleben zum Ausdruck bringen. Bei der Interpretation der biblischen Texte werden Form (Mythos) und Sache (Kerygma) der Botschaft unterschieden. Vgl. Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie: Das Problem der Entmythologisierung der neutestamentlichen Verkündigung. 1941.
“Liberale Theologie und Frömmigkeit […] nehmen die gegenständlichen Vorstellungen der biblischen Tradition von Gott dem Schöpfer, Versöhner und Erlöser auf, versuchen sie aber in ihrem symbolischen Sinn zu verstehen. Die Aussagen über Gott im symbolischen Sinn zu verstehen, heißt, sie in dem zu verstehen, was sie uns über uns selbst und unser Dasein in der Welt sagen.” Wilhelm Gräb, a.a.O., 16.
[35] Joh 6.
[36] “Liberale Theologie betont […] die Zeitbedingtheit der überlieferten Dogmen und Glaubenslehren, [ebenso] die historische Welt auch der Bibel. […] Sie […] erkennt […] [den] zeitbedingten, somit wandelbaren Glaubensausdruck. Die Sprache des Glaubens ist einer jeden Gegenwart gemäß neu zu finden und nicht durch die biblischen Texte bzw. die altkirchlichen Dogmen oder die Bekenntnisse des 16. Jahrhunderts normativ fixiert.” Wilhelm Gräb, a.a.O., 11–12.
In der liberalen Spiritualität geht es darum, den “Glauben aus den engen Grenzen kirchlichen Bekenntnisses und gemeindlicher Vereinsfrömmigkeit zu befreien. Liberale Spiritualität kommt einer undogmatischen Frömmigkeit gleich.” Wilhelm Gräb, a.a.O., 16.
[37] Gavin Ortlund, a.a.O., 19: “essential to the gospel itself”.
“These first-order doctrines represent the most fundamental truths of the Christian faith, and a denial of these doctrines represents nothing less than an eventual denial of Christianity itself. … Those who deny these revealed truths are, by definition, not Christians.” Albert Mohler, a.a.O.; vgl. Stanley J. Grenz und Roger E. Olson: Who needs Theology? Downers Grove: IVP Academic. 2009, 73; Rhyne R. Putman, a.a.O., 216.
[38] Reinhard Spincke, a.a.O., 156.
[39] 2Tim 3,16–17; 2Petr 1,20–21.
“the acceptance or rejection of a first-rank doctrine is often part and parcel of the acceptance or rejection of Scripture itself (Whether this is admitted or not). … One reason first-rank doctrines are worth fighting for is that their denial weakens the authoritative, corrective role that God’s word is supposed to have over us.” Gavin Ortlund, a.a.O., 85–86; vgl. Rhyne R. Putman, a.a.O., 216; Albert Mohler, a.a.O.
“Die Urkunde des so nach Inhalt und Vollzug beschriebenen christlichen Glaubens ist die Heilige Schrift. Sie ist der schriftlich gewordene vielfältige Niederschlag des Glaubens einer Gemeinschaft, der an Jesus Christus orientiert ist: an seiner Person, an seinem Wort, an seinem Wert, an dem in ihm Ereignis Gewordenen, das in Tod und Auferstehung kulminiert.” Heinrich Fries und Karl Rahner, a.a.O., 24.
[40] Ex 20,3; Jes 44,6
“ ‘Ich glaube an Gott’ heißt also: ich glaube an den einen, den unvergleichlichen, den einzigen Gott.” Karl Barth, a.a.O., 17.
[41] Gen 1,1; Joh 1,1–3; Apg 14,15.
[42] 2Mo 15,18; 2Chr 20,6; 2Kö 19,15.19; Ps 10,16; Ps 24,1.10; 95,3–5; 96,10; 1Tim 1,17; Off 15,3.
[43] Ps 48,11; 97,2; 103,6; 119,137; Jes 61,2; Jer 23,6; 33,16; Mt 5,29–30; 24,45–25,46; Joh 5,22.27.30; 8,50; Apg 12,23; Röm 2,2; 1Kor 6,9–10; 11,23–32; Gal 5,19–21; Off 19,11; 20,11–15.
[44] Joh 1,1.14; 5,18; 10,30–33.36–38; 20,28; Mt 1,23; Mk 2,5–12; Röm 9,6; 2Kor 5,19; Kol 2,9; Phil 2,5–8; 1Joh 4,2–3; Hebr 1,8–9; 1Joh 5,20; vgl. Phil 2,10–11 mit Jes 45,23; vgl. Off 1,17–18 mit Jes 44,6.
Rhyne R. Putman, a.a.O., 216.
“Christianity stands or falls on the affirmation that Jesus Christ is fully man and fully God. … The essential truths of the incarnation include the death, burial, and bodily resurrection of the Lord Jesus Christ. Those who deny these revealed truths are, by definition, not Christians. The same is true with the doctrine of Trinity.” Albert Mohler, a.a.O.
“Die Bezeichnung Jesu Christi als ‘der einige Sohn Gottes’ sagt eben dies: daß er selber Gott, Gottes Sohn, […] kein anderer als der eine einzige Gott selber ist. […] Verwirft man die biblischen [sic!] Lehre, daß Jesus Christus Gottes Sohn […] und also alle Gottesoffenbarung […] ist – und redet man dann trotzdem von ‘Glauben’ an Jesus Christus, […] dann ist man heimlich schon vom christlichen Glauben abgefallen zu einem Polytheismus […]. Die Kirche Jesu Christi […] wird durch diese Verkündigung immer weniger gebaut werden.” Karl Barth, a.a.O., 44.46.
“er war und ist Gott und Mensch, aber eben immer Beides, nicht Eines ohne das andere, und Beides (jedes in seiner Weise!) gleich ernsthaft und nachdrücklich” Karl Barth, a.a.O., 59.
[45] Mt 2,2; 21,5; 25,31.34.40; Lk 1,33; 23,2; Joh 1,49; 18,37; Apg 5,42; 8,12; 17,7; 20,24; Röm 10,12; Phil 2,9–11; 1Tim 6,14–15; Off 1,5; 17,14; 19,16; Ps 2,6–8; Ps 72,1.8; Ps 89,19–20; 26–27; Jes 9,5–6; Jer 23,5.
Rhyne R. Putman, a.a.O., 227.
[46] Eph 2,8–10; Gal 1,6–9; 2,21; 5,4; Apg 15,8–11.
Gavin Ortlund, a.a.O., 87.
[47] Joh 3,16–18; Mk 1,15; Apg 10,43; 20,21; Röm 10,9–13.
Rhyne R. Putman, a.a.O., 227; Albert Mohler, a.a.O.
[48] Gal 2,21; 14,6.
[49] 1Kor 15,1–8.14.17; Joh 2,19–21.
“Perhaps we may find ecumenical agreement in a truly minimal proposition: the church is the community of a message, that the God of Israel has raised his servant Jesus from the dead. Anyone who cannot agree even to so much belongs to a different religious community”. Robert W. Jenson: Canon and Creed: Interpretation: Resources for the Use of Scripture in the Church (Kindle-Version). Louisville und Kentucky: Westminster John Knox. 2010, Kindle-Positionen 80–82.
“the Gospels offer themselves to be Scripture precisely because, as extended narrative identifications of the risen one”. Robert W. Jenson, a.a.O., Kindle-Position 477.
Demnach sind die Evangelien nicht wie von Martin Kähler (Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus, 1892) postuliert “Passionsgeschichten mit ausführlicher Einleitung”, sondern wenn überhaupt “Auferstehungsgeschichten mit ausführlicher Einleitung”.
“Die Heilige Schrift, vor allem das Neue Testament, ist das Zeugnis […] der Verkündigung und des Glaubens der Apostel, der von Jesus Berufenen, der zeugen der Auferstehung Jesu”. Heinrich Fries und Karl Rahner, a.a.O., 24.
“Ein Zeuge Jesu Christi sein (Act. 1,8), heißt unter allen Umständen ein ‘Zeuge seiner Auferstehung’ sein (Act. 1,22 [2,32; 3,5; 4,33; 5,30–32; 10,39–42; 13,30–31; 1Kor 15,15]).” Karl Barth, a.a.O., 87.
“Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Wobei unter ‘wahrhaftig’, wenn wir exegetisch genau bleiben wollen, durchaus verstanden werden muß: leiblich auferstanden, so daß auch von einer Streichung des leeren Grabes, wenn wir das apostolische Zeugnis nicht durch ein anderes zu ersetzen uns getrauen, keine Rede sein kann.” Karl Barth, a.a.O., 89.
“man kann nicht anders an das Kreuz Christi glauben und man kann das Kreuz Christi nicht anders verstehen denn von seiner Auferstehung her. Die Auferstehung setzt alles das ans Licht und in Kraft, was in der Kreuzigung Christi von Gott her verborgen geschehen ist.” Karl Barth, a.a.O., 91.
[50] Joh 4,24; 2Kor 3,17–18; Apg 5,3–4; vgl. 1Kor 3,16 mit 6,19; Mt 28,19. Gavin Ortlund, a.a.O., 19; Rhyne R. Putman, a.a.O., 216; Albert Mohler, a.a.O.
[51] Eph 4,30; 1,13; 2Kor 1,21–22.
[52] Joh 20,30–31; 21,24–25; Lk 1,1–4.
[53] Gavin Ortlund, a.a.O., 87.95.97.
“The doctrines fundamental to the faith are the consensus doctrines spelled out in the ancient creeds.” M. James Sawyer, a.a.O.
“Der in der Heiligen Schrift gegebene normative Ursprung des christlichen Glaubens [hat] eine Geschichte seiner Wirkung […]. Zu diesen geschichtlichen Wirkungen gehören die sogenannten Glaubensbekenntnisse […]. [Im] Glaubensbekenntnis […] werden nicht alle Einzelinhalte artikuliert, sondern die Inhalte in ihrer sie konzentrierenden Mitte, also die Grundwahrheiten des christlichen Glaubens ausgesagt.” Heinrich Fries und Karl Rahner, a.a.O., 25–26.
“Die Grundwahrheiten des Christentums, wie sie in der heiligen Schrift, im Apostolischen Glaubensbekenntnis und in dem von Nicäa und Konstantinopel ausgesagt werden, sind für alle […] verpflichtend.” Heinrich Fries und Karl Rahner, a.a.O., 23.
[54] Diese Lehre wird in der Bibel klar bezeugt (Mt 1,18–25, Lk 1,30–37). Es geht hier um die Frage, welche Autorität wir der Bibel zugestehen. Gavin Ortlund, a.a.O., 83–84.
“Jesus Christus [ist] wahrhaftiger Gott und wahrhaftiger Mensch […]. Und es ist das Besondere, das Äußere, das Zeichen, von dem sie reden das Wunder: daß Jesus Christus als dieser wahrhaftige Gott und Mensch allein Gott zum Vater und also die Jungfrau Maria zur Mutter hat.” Karl Barth, a.a.O., 57.
“Bis jetzt ist, soweit das Auge reichst, mit der Form und dem Zeichen auch noch immer der Inhalt und die Sache verloren gegangen. Es ist wohl wahr, daß das Dogma von der Jungfrauengeburt nur die Form und Gestalt des Zeugnisses von der wahren Gottheit und Menschheit Christi ist.” Karl Barth, a.a.O., 58.
“Man hat oft gesagt, daß man die Offenbarung Gottes und also die Wahrheit und also das Geheimnis der Einheit von Gott und Mensch in Jesus Christus gut und gern auch ohne dieses Wunders [der Jungfrauengeburt] zu gedenken, glauben und erkennen und darstellen könne.” Karl Barth, a.a.O., 62.
“Aber nun würde man ja gewiß auch nicht sagen können, daß die Wahrheit und Kraft der von Jesus Mk. 2,5 dem Gichtbrüchigen zugesprochenen Sündenvergebung dadurch begründet oder vermehrt werde, daß er ihn nachher (Mk. 2,11) so wirksam auffordert, sein Bett zu nehmen und heimzugehen. Dennoch will diese Geschichte offenbar nicht ohne dieses Heilungswunder gelesen und verstanden sein. Jene Aufforderung an den Gichtbrüchigen geschieht nämlich nach Mk. 2,10: ‘Auf daß ihr wisset, daß des Menschen Sohn macht hat, die Sünde zu vergeben auf Erden …’ Eben dies ist auch das Verhältnis zwischen dem Geheimnis der Inkarnation und dem Wunder der Jungfrauengeburt. Das Wunder der Jugnfrauengeburt hat nicht ontische [seinsmässige] sondern neotische [erkenntnismässige] Bedeutung. Es zeigt [als Zeichen] an, was hier geschieht.” Karl Barth, a.a.O., 62–63.
[55] Im Neuen Testament werden ethische Aussagen immer wieder dogmatisch im Wesen Gottes (2Mo 20,2–17; Eph 5,1–18; 1Petr 1,14–16; Röm 12,1–2) und Jesu (Kol 3,3–6; Röm 13,13–14; Eph 4,20–32) begründet. Paulus benutzt ethische Vergehen als Auschlusskriterium (1Kor 5,1–13; Eph 4,11–32). Bei Apostelkonzil wurden in Apg 15,20 folgende Aspekte festgehalten, an die sich die Gemeinde mit Leuten aus jüdischem und nicht-jüdischem Hintergrund zu halten hatte: Enthalten von Götzen und sexueller Unmoral als allgemeingültige Regeln, Enthalten von nicht-geschächtetem Fleisch und Blutgenuss als Voraussetzung für die Gemeinschaft zwischen Juden und Nicht-Juden. In der Didache, der ersten Kirchenordnung von zirka 100 n.Chr., werden diverse ethische Aussagen zu Sexualethik, Lebensrecht, Synkretismus usw. gemacht (Kapitel 2–6).
Gemäss Schlatter zeigt uns die Dogmatik den Grund der Ethik und die Ethik das Ziel der Dogmatik. Adolf Schlatter: Christliche Ethik. Calw, 1914, 29ff.
“Grundsätzlich gehören also Dogmatik und Ethik unlösbar zusammen.” Helmut Burkhardt: Einführung in die Ethik: Grund und Norm sittlichen Handelns. Gießen: Brunnen, 1996, 25.
[56] “Konservativ steht nicht für eine Theologie, der es aufgrund mangelnder intellektueller Kapazitäten und mangelnden Mutes an der Weite im Denken fehlt.” “An dieser Stelle sei nur gesagt, dass ein konservativer Umgang mit der Bibel eben nicht zur Abschottung und zur gesetzlichen Verurteilung andersdenkender Menschen führen muss.” Reinhard Spincke, a.a.O., 28 und 29.
[57] “Nein, eine tote Orthodoxie wird niemals zu geistlichem Aufbruch führen. Aber eine Anpassung biblischer Maßstäbe an den Zeitgeist auf Kosten der Nachfolge wird es auch nicht gelingen.” Reinhard Spincke, a.a.O., 34.
[58] “urgent for the health and practice of the church such that they frequently cause Christians to separate at the level of local church, denomination, and/or ministry”, “but not essential to the gospel”, Gavin Ortlund, a.a.O., 19 und 47.
“Christians across a vast denominational range can stand together on the first-order doctrines and recognize each other as authentic Christians, while understanding that the existence of second-order disagreements prevents the closeness of fellowship we would otherwise enjoy.” Albert Mohler, a.a.O.; vgl. Rhyne R. Putman, a.a.O., 216.
[59] Gavin Ortlund, a.a.O., 117.
[60] Gavin Ortlund, a.a.O., 19 und 96.
[61] Gavin Ortlund, a.a.O., 96.
[62] Gavin Ortlund, a.a.O., 96.
“Die Frage nach der Ordination von Pastorinnen führte im Bund Freier evangelischer Gemeinden [in Deutschland] zu einer neuen theologischen Diskussion, die trotz sehr unterschiedlicher Auffasungen in respektvollem Umgang auf Bases eines einheitlichen Schriftverständnisses gut ausgetragen wurde mit dem Ergebnis, dass […] die unterschiedlichen Sichtweisen respektiert werden.” Reinhard Spincke, a.a.O., 35.
[63] Gavin Ortlund, a.a.O., 57.
[64] “Wir müssen in unseren Gemeinden Freiraum für Fragen und Zweifel lassen und mache allzu behütete Seele auch mal intellektuell und glaubensmäßig herausfordern.” Reinhard Spincke, a.a.O., 39.
[65] “important to Christian theology, but not enough to justify separation or division among Christians”, 19, “not essential to the gospel or necessarily urgent for the church”, Gavin Ortlund, a.a.O., 47.
[66] Gavin Ortlund, a.a.O., 143.
[67] Rhyne R. Putman, a.a.O., 232.
[68] Gavin Ortlund, a.a.O., 19.
[69] Gavin Ortlund, a.a.O., 53; Rhyne R. Putman, a.a.O., 233.
[70] Gavin Ortlund, a.a.O., 54 und 55.
[71] Gavin Ortlund, a.a.O., 125.
“Über die Frage, wie die Welt entstanden ist, haben auch Christen unterschiedliche Meinungen: von der Sechs-Tage-Schöpfung, über Intelligent Design bis hin zur theistischen Evolution.” “Gemeinsam ist allen christlichen Positionen seit Jahrhunderten, dass die Schöpfung nicht aus dem Nichts entstanden ist, sondern dass es einen Schöpfer gibt.” Reinhard Spincke, a.a.O., 92 und 93.
[72] Gavin Ortlund, a.a.O., 19.55.125; Albert Mohler, a.a.O.
[73] Gavin Ortlund, a.a.O., 19.
Vielen Dank, Manfred Reichelt, für Ihr Feedback.
Gute Theologie und lebendige Spiritualität gehören immer zusammen. Man könnte sagen: Es gibt keine gute Theologie ohne lebendige Spiritualität und keine lebendige Spiritualität ohne gute Theologie.
Theologie ohne lebendige Spiritualität ist — wie Sie sagen — trockenes Stroh. Spiritualität ohne gute Theologie ist fundamentlos.
Wir sollten beides suchen. Mehr dazu:
https://blog.chrischona.ch/2019/11/nur-so-hat-kirche-bedeutung/
https://blog.chrischona.ch/2020/04/merkmale-echter-chrischona-gemeinden/
Theologie — ob evangelikal oder liberal — ist heute meistens nichts anderes als Schriftgelehrtheit. Das heißt mit anderen Worten, man hat keinen Bezug zur Realität und so ist das, was gelehrt wird, nur trockenes Stroh!
Wie man ein gottgefälliger Theologe wird, habe ich hier beschrieben:
https://www.academia.edu/21127861/Theologisieren_heute_Eine_notwendige_Besinnung (zum Lesen rechts mit dem corsor scrollen)