Streitkultur, Wahrheitsliebe

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Nun ist er also erfol­gt, der grosse Appell für eine neue Stre­itkul­tur. Unter der Schirmherrschaft von ERF Medi­en in Deutsch­land sowie namhafter Per­sön­lichkeit­en im evan­ge­lisch-freikirch­lichen Raum wer­den 20’000 Unter­schriften gesucht für eine neue, “liebevollere” Stre­itkul­tur. Auch uns bei DanielOp­tion bet­rifft dieses The­ma. Viele Lesen mit Freude unsere Artikel, aber einige sehen die Art, wie wir schreiben, auch kri­tisch. Zeit, uns zurück­zunehmen und uns anderen Hob­bys zuzuwenden?

Wir leben in ver­rück­ten Zeit­en. In den sozialen Medi­en ver­schwim­men die Gren­zen zwis­chen pri­vater und öffentlich­er Kom­mu­nika­tion. Rechen­zen­tren analysieren jedes Wort und jeden Mausklick, den wir machen und erstellen ziel­gerichtete Pro­file zur Weit­er­ver­w­er­tung. Face­book ist längst nicht mehr nur das Net­zw­erk pri­vater Fre­unde, son­dern auch Schlacht­feld der Mei­n­ungs­mach­er und Influ­encer. Vor­bei sind die Zeit­en, wo der Pas­tor sich darauf ver­lassen kon­nte, dass seine Worte ab der Kanzel und eine gut kuratierte Kirchen­bib­lio­thek seine Schäfchen auf dem guten Pfad hal­ten wird. Mei­n­ungs­bil­dung – auch christliche – find­et heute zu einem grossen Teil online statt.

Die let­zten Jahre haben im Bere­ich der Mei­n­ungsäusserung schein­bar wider­sprüch­liche Entwick­lun­gen gebracht. Diverse aktuelle Stu­di­en bele­gen die Angst eines grossen Teils der Bevölkerung, die eigene Mei­n­ung im öffentlichen Raum zu sagen. Auf der anderen Seite wach­sen auch Empörung und ver­bale Aggres­sion im Netz. Mit Shit­storms und öffentlich­er Brand­markung wer­den Per­so­n­en mit uner­wün­scht­en Hal­tun­gen ver­bal “ver­nichtet”, wie beispiel­sweise kür­zlich der EVP-Jung­poli­tik­er Ben­jamin Zürcher. Ern­sthafte und kon­struk­tive Diskus­sio­nen sind jed­erzeit gefährdet durch Trolling.

Auch die christliche Szene erlebt dieser Tage die Fol­gen der Gren­zver­wis­chun­gen im dig­i­tal­en Raum. The­olo­gien und Sichtweisen kämpfen um Ein­fluss, auch die abstruses­ten Glauben­sid­een find­en ihre Abnehmer, und Rich­tungskämpfe inner­halb von Kon­fes­sio­nen und Gemein­schaften find­en ihren Aus­druck in Blogs und hitzi­gen Online-Diskus­sio­nen. Dabei ent­larvt auch hier der Ton in so man­cher Dis­kus­si­on die Sehn­sucht der Dis­kus­si­ons­part­ner nach “Ver­gel­tung” — man will lieber das Streit­ge­spräch gewin­nen als das Herz des Gegenübers.

Seit einem hal­ben Jahr mis­chen auch wir mit DanielOp­tion mit. Neben vie­len pos­i­tiv­en Reak­tio­nen gibt es auch einige, welche unsere Kom­mu­nika­tion manch­mal als «tren­nend» empfind­en. Einige stossen sich daran, dass wir The­olo­gen und kirch­liche Leitungsper­so­n­en auch mal mit einem kri­tis­chen Kom­men­tar namentlich zitieren. Einige empfind­en, dass wir die wertvolle Ein­heit unter Chris­ten in Frage stellen, wenn wir eine Abgren­zung vornehmen. Doch die Art und Weise unseres Schreibens ist bewusst und selb­st­gewählt. Nach­fol­gend möcht­en wir einige Hin­ter­gründe dazu geben.


Kampf der Ele­phanten, Bild: iStock

Quellenangaben ermöglichen gesunde Meinungsbildung

In der Wis­senschaft gehört offenes Ref­eren­zieren von Quellen zum Ein­maleins des guten Arbeit­ens. Das saubere Ver­linken von Quellen und das kor­rek­te Zitieren von konkreten Aus­sagen ermöglichen es dem Leser, diese selb­st zu über­prüfen und sich ein Bild zu machen, ob eine Quelle gut dargestellt wurde. Sie nicht anzugeben ist mitunter auch eine Bevor­mundung des Lesers.

In der Blo­gosphäre hat sich zum Teil eine andere Kul­tur etabliert. Viele verzicht­en auf Ver­linkun­gen und sauberes Zitieren. Dies hat bei eini­gen sich­er mit dem Anliegen zu tun, nie­man­den an den Pranger zu stellen. Bei anderen Blog­gern liegt der Grund aber darin, dass sie kein “Traf­fic” gener­ieren wollen auf den Web­seit­en, die sie kri­tisieren. Was zusät­zlich dazu kommt: Ohne Ref­eren­zieren und Zitieren ist es ein­fach­er, die Sach­lage so darzustellen, wie es einem am besten passt. Es entste­hen dann sehr ein­fach verz­er­rte und unfaire Feind­bilder, welche nicht weit­er über­prüft und öffentlich kor­rigiert wer­den können.

Deshalb haben wir uns bei DanielOp­tion für ein möglichst sauberes Ref­eren­zieren und Zitieren entsch­ieden. Wir wollen unsere Leser nicht bevor­munden, son­dern sie in ihrer unab­hängi­gen Mei­n­ungs­bil­dung unter­stützen. Dieses Vorge­hen bietet uns einen besseren Schutz davor, andere verz­er­rt darzustellen und es kommt mit der Ver­ant­wor­tung, zitierte Per­so­n­en fair wiederzugeben. Dies mag nicht immer per­fekt gelin­gen, aber wir glauben, dass dies der bessere Weg ist, als unsere Quellen zu verschweigen.

Schreiben ist Silber, reden ist Gold

Wir möcht­en mit dem Pub­lizieren unser­er Gedanken wichtige Diskus­sio­nen für die christliche Gemein­schaft anstossen und mit­prä­gen! Wir möcht­en Ori­en­tierung und Inspi­ra­tion geben in unsere Zeit hinein! Wir möcht­en selb­st der Wahrheit Gottes auf die Spur kom­men, und unsere Ent­deck­un­gen nicht für uns behalten!

Dabei ist es uns wichtig, dass unsere Kom­mu­nika­tion keine Ein­bahn­strasse ist. Deshalb hat mit der Lancierung unseres Blogs auch die Pro­duk­tion unseres eige­nen Biers und unseres eige­nen Kaf­fees begonnen. Wir möcht­en nicht nur schreiben, son­dern auch reden, indem wir unsere Gesprächspart­ner per­sön­lich tre­f­fen. Unzäh­lige per­sön­liche Begeg­nun­gen haben so in den ver­gan­genen Monat­en stattge­fun­den – mit neuen Fre­un­den, Neugieri­gen und auch kri­tisch gesin­nten Lesern.


Kampf der Bären, Bild: iStock

Wahrheit ist auch trennend

Das Trainieren der „Liebesfähigkeit“ dürfe nicht auf Kosten der Wahrheit geschehen, meinte Andreas Bop­part kür­zlich am Leitungskongress von Wil­low Creek. Damit spricht «Bop­pi» etwas Wesentlich­es an, das in unser­er Zeit gle­ichzeit­ig eine grosse Her­aus­forderung ist.

Unsere west­lichen Kul­turen sind heute näm­lich stark von einem post­mod­er­nen Wahrheits­be­griff geprägt, welch­er absolute Wahrheit ablehnt und gar als Bedro­hung sieht. Das post­mo­der­ne Man­tra lau­tet: Gel­ten las­sen, und zwar ohne zu wer­ten. Wer die «Wahrheit» ein­er anderen Per­son in Frage stellt, ist aus post­mod­ern­er Sicht automa­tisch lieb­los und aus­gren­zend. Die christliche Vorstel­lung ein­er real vorhan­de­nen Wahrheit ste­ht damit in direk­tem Kon­flikt zur dom­i­nan­ten Wahrheitsvorstel­lung unser­er Zeit.

Wahrheit ist eben, kon­se­quent gedacht, auch tren­nend. Und zwar tren­nend in Bezug auf die Gedanken, in Bezug auf das Men­tale, nicht aber auf die Beziehun­gen. Das will heis­sen: Ich kann gän­zlich ander­er Mei­n­ung sein als du, aber trotz­dem dein Fre­und sein und ein Bier mit dir trinken. Wahrheit ist in diesem richtig ver­stande­nen Sinn tren­nend, denn wenn es Wahrheit gibt, gibt es auch Unwahrheit. Diese Unter­schei­dung zu machen, fällt uns aber zunehmend schw­er, weil der post­mod­erne Men­sch dies als Man­gel an Liebe inter­pretiert, es als aus­gren­zend empfindet.

Der bekan­nte Autor und Apolo­get Fran­cis Scha­ef­fer sprach bere­its 1984 von ein­er christlichen Aver­sion gegen Kon­fronta­tion und Kor­rek­tur. Das Ver­sagen der evan­ge­likalen Welt, für die Wahrheit als Wahrheit einzuste­hen, sei «das grosse evan­ge­likale Desaster». Wahrheit sei untrennbar mit Kon­fronta­tion verbunden:

«Wahrheit bringt Kon­fronta­tion mit sich. Wahrheit ver­langt nach Kon­fronta­tion, liebevoller Kon­fronta­tion, aber Kon­fronta­tion nichts­destotrotz.» Fran­cis A. Scha­ef­fer, The Great Evan­gel­i­cal Dis­as­ter, Eigene Übersetzung

Wem die Wahrheit lieb ist, der muss auch bere­it sein, über Unwahrheit zu reden, der muss auch bere­it sein zur liebevollen Konfrontation.


Kampf der Füchse, Bild: unsplash

Konfliktlösung durch Ausklammerung?

Was wir heute lan­dauf und landab hören, ist, dass christliche Ein­heit nicht auf bes­timmten Lehren oder ethisch-moralis­chen Vorstel­lun­gen, son­dern allein auf die Per­son von Jesus Chris­tus fokussieren sollte.

Dieser Überzeu­gung liegt möglicher­weise die Vorstel­lung zugrunde, dass Lehre in unseren Tagen beziehungstren­nend wirkt. Man kann es sich kaum noch vorstellen, dass man gut mit einan­der auskom­men kann, wenn man unter­schiedlich­er Mei­n­ung ist. Diese Ansicht beruht vielle­icht auf der Mei­n­ung, dass es im Urwald ver­schieden­er Lehrmei­n­un­gen nicht mehr möglich ist, an gemein­samen christlichen Lehr-Fun­da­menten festzuhal­ten. Darum, so die Annahme, soll­ten wir uns um der Ein­heit willen von Lehre fern hal­ten und uns stattdessen auf Jesus konzentrieren.

Diese Art von Appell häuft sich in ein­er Zeit, in der grosse gesellschaftliche Umbrüche im Bere­ich der Ethik auch in der christlichen Szene stat­tfind­en und zu Span­nun­gen in Werken und Gemein­schaften führen. Fol­gende Beispiele zeigen, wie das aus­for­muliert wird:

Andreas Bop­part meint an der Wil­low-Creek Konferenz:

«Am Ende ist Wahrheit nicht in einem steifen Dog­men-Kat­a­log zu find­en, denn Wahrheit ist eine Per­son. Deshalb kom­men wir im Glauben nicht um diese Chris­tus-Beziehung herum.»

Tobias Faix appel­liert am Gnadauer Zukun­ft­skongress im März 2019:

«Es ist nicht die The­olo­gie, die uns zusam­men­hält. Es ist Christus.
Es ist nicht die richtige Fröm­migkeit, nein, es ist Christus.
Es ist nicht die richtige Ethik, es ist Christus.»

Solche Aus­sagen bein­hal­ten eine wichtige Wahrheit, welche Jesus in Joh 14:6 seinen Jüngern klar­ma­cht: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.» Christliche Wahrheit hat einen Namen: Jesus. Der christliche Glaube ist Beziehung. Wir beten keine The­olo­gie an und keine Ethik und auch nicht die Bibel, son­dern Jesus Chris­tus. Er ist Gott, nicht die Bibel, nicht unsere The­olo­gie, nicht unsere Ethik.

Gle­ichzeit­ig macht uns die Abgren­zung Mühe, denn in solchen State­ments wird christliche Lehre gegen die Per­son Jesus aus­ge­spielt. Faix for­muliert es ziem­lich abso­lut: Nicht die The­olo­gie … son­dern Chris­tus. Doch warum ist uns unwohl bei solchen Aussagen?

Zum einen ist die Behaup­tung, dass Lehre in unserem Glaubensleben einen neben­ge­ord­neten Platz haben sollte, selb­st eine lehrmäs­sige Behaup­tung, die wahr oder falsch sein kann. Tim Keller bringt es auf den Punkt:

Die ständi­ge Behaup­tung, dass Lehre unbe­deu­tend ist, ist in sich selb­st eine Lehre (Tim Keller auf Twit­ter)

Zum anderen sehen wir im bib­lis­chen Text etwas Weit­eres, näm­lich, was für ein Gewicht Jesus und die ersten Chris­ten den Fra­gen von Lehre und Glauben­sprax­is gaben.

Der Wert der Lehre bei Jesus

Wenn Jesus sich in Joh 14:6 als die per­son­ifizierte Wahrheit präsen­tiert, sagt er im gle­ichen Atemzug, wie eng die Verknüp­fung der Liebe (=Beziehung) zu ihm mit dem Gehor­sam seinem Wort (=Lehre) und seinen Geboten (=Ethik) gegenüber ist: “Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote hal­ten.” (Joh 14:15) “Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt.” Joh 14:21 “Wer mich liebt, der wird mein Wort hal­ten.” (Joh 14:23) 

Ohne Beziehung zu Jesus, der Wahrheit in Per­son, ist alle The­olo­gie und Ethik nichts wert. Aber das andere gilt auch: Wenn unsere Beziehung zu Jesus nicht konkret wird in gesun­der Lehre und in der Art und Weise, wie wir leben, ist uns Jesus nichts wert. Dann ist das Beken­nt­nis zu Jesus ein bloss­es Lip­pen­beken­nt­nis, eine religiöse Emo­tion. Dann ist es fraglich, ob wir es über­haupt noch mit dem wahren Jesus zu tun haben!

Wenn uns unsere soeben abgeschlossene DNA-Serie etwas gelehrt hat, dann dies, wie sich bei den ersten Chris­ten der Glaube in einem konkreten Lebensstil niedergeschla­gen hat, der Leben und Lehre in radikale Verbindung bringt. Ihr Lebensstil stand oft in einem starken Kon­trast zur dama­li­gen Kul­tur und war ein wichtiges Ele­ment des christlichen Zeugnisses.

In Joh 17:17 bit­tet Jesus seinen Vater für seine Jünger: «Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit.» Wahrheit ist eine Per­son. Und diese Wahrheit in Per­son stellt sich auch ganz hin­ter die Wahrheit in ver­schrifteter Form und möchte uns helfen, diese zu ver­ste­hen. (Lk 24:25–27) Diese Wahrheit in Per­son gibt uns durch sein Leben und sein Wort auch eine ganz beson­dere Sicht auf den Men­schen und die Schöp­fung. Lehre, Beziehung und Ethik find­en im christlichen Glauben eine wun­der­bare Har­monie und wirken zusam­men. Lehre/Wahrheit ausklam­mern wird let­ztlich dazu führen, dass wir auch die Beziehung und den guten Lebenswan­del ver­lieren, den Jesus von uns möchte.

Der Wert der Lehre in der frühen Kirche

Dass sich Gottes Wahrheit auch in Form von guter Dok­trin und Ethik im Leben sein­er Kinder zeigen soll, wussten bere­its die ersten Chris­ten. Das Erste, was wir über­haupt von der ersten christlichen Gemeinde lesen, ist dies: «Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apos­tel.» (Apg 2:42)

Diese Lehre wurde sehr schnell auch ver­schriftet, zum Beispiel in Form von ersten Beken­nt­nis­sen, welche ihren Ein­gang fan­den in die neutes­ta­mentlichen Schriften. Beispiele solch­er früh­ester Beken­nt­nisse find­en wir in 1Kor 15:3–7 oder Phil 2:5–11 (der Chris­tushym­nus). Der Apos­tel Paulus spricht im Zusam­men­hang mit der Bewahrung christlich­er Ein­heit davon, dass die Chris­ten nicht nur der­sel­ben Gesin­nung, son­dern auch der­sel­ben Überzeu­gung sein sollen. (siehe 1Kor 1:10)

Gute, wahre Lehre ist wichtig. Und sie muss uns auch heute die eine oder andere respek­tvolle inner­christliche Kon­fronta­tion und Klärung wert sein. Das war bei den ersten Chris­ten nicht anders. Da wurde eben­so inten­siv um Fra­gen von Dok­trin und Ethik gerun­gen. Gut doku­men­tiert sind zum Beispiel die Span­nun­gen zwi­schen Juden­chri­sten und Hei­den­chri­sten in den ersten Jahr­zehn­ten der christ­li­chen Gemein­de. Die­ser schwe­len­de Kon­flik­t wurde nicht durch Appelle, miteinan­der nett zu sein, gelöst, son­dern durch offe­nes Benen­nen der Kon­flikt­punk­te, inten­si­ve Gesprä­che und Dis­kus­sio­nen sowie im gemein­sa­men, geord­ne­ten Rin­gen auf der Basis der Schrift.

Im ersten Apo­stel­kon­zil (Apg. 15) wur­den sowohl dok­trinelle Fra­gen (Gottes Heil­s­plan für die Hei­denchris­ten) als auch ethisch/moralische Aspek­te (Absage der sex­uellen Unzucht) geregelt. Die­ses Konzil hat­te dann auch Vor­bild­cha­rak­ter für diver­se wei­te­re Kon­zi­le (z.B. Nicäa, Cal­ce­don usw.), wo die wach­sen­den christ­li­chen Gemein­schaf­ten in weit­eren Glaubens­fra­gen gemein­sa­me Über­zeu­gun­gen fan­den. Sich­er gilt es, zwis­chen Kern­fra­gen des Glaubens und weniger zen­tralen Fra­gen zu dif­feren­zieren. Wo sollen wir einan­der Luft zum Atmen geben, und wo geht es um Fun­da­men­tales? Fun­da­men­tale christliche Wahrheit­en sind zu kost­bar, als dass sie einem Schein-Frieden oder ein­er Schein-Ein­heit geopfert wer­den sollten.

In unserem aktuellen Artikel ’ “Die Dritte Option” sprechen wir darüber, dass Wahrheit für uns nicht nur rela­tion­al-sub­jek­tiv, son­dern auch propo­si­tion­al-objek­tiv sein sollte:

«Wahrheit ist objek­tiv da und muss sub­jek­tiv erlebt wer­den in der Begeg­nung mit Jesus Chris­tus. Deshalb bietet Wahrheit sowohl Gewis­sheit über Gott, wie auch Beziehung zu ihm. Beken­nt­nisse und Lehre sind wesentlich und bes­tim­men Ein­heit unter Chris­ten.» (Paul Brud­er­er, die Dritte Option)

Lass uns unser post­mod­ernes Wahrheit­sprob­lem nicht dadurch lösen, dass wir wesentlich­ste Fra­gen unseres Glaubens und Lebens aus der Diskus­sion ausklam­mern und in die pri­vate Kam­mer ver­ban­nen, son­dern indem wir die Lehrin­halte und Wahrheits­fra­gen offen auf den Tisch brin­gen! Und das in guter Fre­und­schaft — zum Beispiel bei einem Glas Bier oder ein­er Tasse Kaffee!


Kampf der Antilopen, Bild: iStock

Harmonie um jeden Preis?

Wir Chris­ten haben ein gross­es Bedürf­nis nach Har­monie. Ja, wir selb­st (Peter und Paul) sind unglaublich har­moniebedürftig. Wir has­sen Kon­flik­te, sie bere­it­en uns Kopf­schmerzen und schlaflose Nächte. Wenn irgend­wie möglich suchen wir einen Weg, sie nicht aus­tra­gen zu müssen! Auch als Chris­ten ist unsere ober­ste Maxime oft die Wahrung ein­er wie auch immer geart­eten Ein­heit und wir unterord­nen dieser Maxime vieles – möglicher­weise auch die Wahrheit?

In sein­er Rede am Wil­low Kongress sprach Michael Herb­st die Gefahr von Leit­ern an, «welche blind­en Gehor­sam fordern, anstatt andere zu ermächti­gen, mündi­ge Chris­ten zu wer­den.» Diese Gefahr sehen wir vor allem als eine Anfrage an Basis­chris­ten. Wir lassen uns oft nur zu gerne blind an der Hand führen. Es ist bequem und prak­tisch. Doch Gott möchte, dass wir mündi­ge Chris­ten wer­den, seine Wahrheit­en ver­ste­hen, ganz per­sön­lich ergreifen und leben. Scheuen wir die Energie nicht, welche es dazu braucht.

Leit­er ver­di­enen unseren Respekt und unsere Unter­stützung. Aber auch sie sind nicht gefeit vor Betrieb­s­blind­heit, schle­ichen­der Ent­frem­dung von ihrer Basis oder elitärem Denken. Vor allem leben Leit­er auch immer wieder mit Sachzwän­gen, welche sich aus ihren Ver­ant­wor­tun­gen ergeben. Ger­ade deshalb braucht es auch die Stim­men der Basis, welche gewisse The­men unbe­fan­gener ansprechen kön­nen! Eine Basis, die sich aktiv und kon­struk­tiv mit aktuellen The­men und Entwick­lun­gen befasst und bere­it ist, auch Fra­gen zu stellen, leis­tet deshalb einen wichti­gen Dienst für die christliche Gemeinde.

Wie kaum eine andere Per­son hat sich Markus Till mit innerkirch­lich­er Stre­itkul­tur auseinan­derge­set­zt und bietet in seinem Buch «Zeit des Umbruchs» zehn hil­fre­iche Ansätze zu einem kon­struk­tiv­en und respek­tvollen Diskurs:

  1. Bei der Sache bleiben, statt den anderen Men­schen anzugreifen!
  2. Bere­it sein, sich dem per­sön­lichen Gespräch und den Fak­ten zu stellen!
  3. Men­schen statt Diskus­sio­nen gewinnen!
  4. Im geeigneten Rah­men Namen zu nen­nen, statt all­ge­mein zu bleiben!
  5. Stets die eigene Moti­va­tion und Hal­tung überprüfen!
  6. Auf Augen­höhe disku­tieren, statt von oben herab!
  7. Einan­der loslassen!
  8. Vom Heili­gen Geist abhängig bleiben!
  9. Den anderen wirk­lich ver­ste­hen, bevor wir ihn kritisieren!
  10. Sich von Hoff­nung und Ver­trauen statt von Mis­strauen leit­en lassen!

Diese zehn Punk­te bieten schon ein ziem­lich­es Übungsfeld!

Alles hat seine Zeit. Frieden und Ruhe. Aber auch mal wichtige Klärun­gen. Ja, auch die christliche “Par­ty” braucht ab und zu “Par­ty­crash­er” mit nervi­gen Fra­gen. Lass uns ver­suchen, diese liebevoll und respek­tvoll zu klären (Phil 4:8) mit dem Wun­sch, dass sich Gott uns allen darin offenbart.

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Titel­bild: iStock

5 Comments
  1. Peter Bruderer 4 Jahren ago
    Reply

    Span­nen­des Inter­view mit Prof. Thomas Schirrma­ch­er, stv. Gen­er­alsekretär der Weltweit­en Evan­ge­lis­chen Allianz (WEA), welche rund 600 Mio. evan­ge­lis­che Chris­ten ver­tritt. Auf Her­aus­forderun­gen hin befragt meint er:

    “Die größte Bedro­hung ist, dass die Bibelken­nt­nis abnimmt.”
    Und:
    “Weil das Chris­ten­tum nie nur religiöse Prax­is ist, son­dern im Kern ein Beken­nt­nis hat. Wenn den Chris­ten zum Beispiel inhaltlich nicht mehr bewusst ist, dass die Dreieinigkeit aus der Offen­barung kommt, dann ist Tor und Tür dafür geöffnet, dass jed­er aus dem Chris­ten­tum das macht, was ihm sel­ber ger­ade passt. Das kann man keinem ver­bi­eten, wir haben Reli­gions­frei­heit. Aber das ist dann nicht mehr Chris­ten­tum. Das Chris­ten­tum kommt nicht ohne Inhalte aus. Das, was uns verbindet, sind die Inhalte, nicht die For­men, mit denen wir sie zum Aus­druck bringen.”

    https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/2020/06/25/mangelnde-bibelkenntnis-bedroht-christenheit/?fbclid=IwAR338Tu0cNuRrcRDySwMVTs4PwdUn3VLK5BUzBMXexNZKNP-JspjcpptBo8

  2. David M. Taylor 4 Jahren ago
    Reply

    If you don’t mind me com­ment­ing in Eng­lish. A very good arti­cle. I par­tic­u­lar­ly like the way that you jus­ti­fy your approach to nam­ing peo­ple, link­ing sources and address­ing specifics. 

    I have been pon­der­ing this prob­lem very intense­ly in recent days. Because the peo­ple who seem warmest in per­son can be the first ones to with­draw when it comes to seek­ing truth. 

    God bless you both.

    • Peter Bruderer 4 Jahren ago
      Reply

      Thank you David!

  3. Manfred Reichelt 4 Jahren ago
    Reply

    Alles schön und gut. Aber viele Chris­ten meinen ja “die Wahrheit” zu HABEN. Nur dumm, dass sie nicht mit der “Wahrheit” des anderen Chris­ten übere­in­stimmt. Hat ein NUR Gläu­biger die Wahrheit? Hat man nicht Wahrheit nur dann, wenn man sie selb­st erken­nt und NICHT, wenn man nur den Äußerun­gen ander­er, und sei es Gott, GLAUBT? — Eine Wahrheit, die ich als solche betra­chte und NUR Glaube soll zur ERKENNTNIS führen. Hät­ten also Chris­ten ERKENNTNISSE, dann kön­nten sie sich darüber aus­tauschen und tat­säch­lich ver­ständi­gen. Auf der Ebene des Glaubens ist das UNMÖGLICH. 

    Und da wir bei der Wahrheit sind: An dieser Wahrheit kann kein­er mehr vor­beige­hen, der die Wahrheit sucht:
    https://www.academia.edu/37936734/Genetik_Reinkarnation_Kirche

  4. Regula Lehmann 4 Jahren ago
    Reply

    So wichtig. Danke für diesen Artikel, der auf den Punkt bringt, was mich in let­zter Zeit beschäftigt hat. Unter anderem, weil ich inner­lich keinen Frieden hat­te, den Stre­itkul­tur-Aufruf von ERF zu unter­schreiben. Obwohl ja total viel Gutes drin ist. Kür­zlich sagte jemand, ver­söhn­lich zu disku­tieren bedeute für ihn, dass es nicht ums Rechthaben gehe. Ich bin ein­ver­standen, dass es nicht darum geht, dass ICH recht habe. Aber die Frage, was das Rechte ist, gehört doch zur Wahrheitssuche und zu ein­er vernün­fti­gen Diskus­sion dazu. Und zu einem plau­si­blen, sin­n­machen­den Glauben. “Aus Liebe zur Wahrheit lasst uns stre­it­en”, heisst es in einem genialen Song auf Klaus Andre Eick­hoffs CD über Mar­tin Luther.
    So viel sollte die Wahrheit uns wert sein. Auch wenns ab und zu schlaflose Nächte gibt deswegen…😏

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