Frauen zwischen Mitarbeit und Ausschluss in der Kirche (3/3)

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Die Real­ität ist, dass sich Frauen schon immer als Evan­ge­listin­nen und Mis­sion­ar­in­nen direkt am Auf­bau des Reich­es Gottes beteiligt haben. Auch dann, wenn ihr Umfeld das nicht gefördert hat oder sog­ar zu ver­hin­dern suchte. Sollte das nicht auch für uns heute ein ermuti­gen­des Beispiel sein, das wir in unseren Kirchge­mein­den nachah­men sollten?

In diesem drit­ten Beitrag schauen wir zuerst beim The­ma Bil­dung vor­bei, danach wid­men wir uns dem weit­en Gebi­et der Evan­ge­li­sa­tion und Mis­sion immer im Blick auf die geschichtliche Entwick­lung und im Zusam­men­hang mit den Per­spek­tiv­en für die Frau in der Kirche. Auch hier kön­nte viel mehr gesagt, müsste eigentlich viel mehr gesagt wer­den. Ich ver­weise dafür auf die angegebene Lit­er­atur für weit­er­führende Lektüre.

Entwicklungslinien der Bildungsgeschichte und die Frau

Die Antike hat­te hohe Bil­dungside­ale, wobei die Bil­dung der Frau nicht im Vorder­grund stand, sich aber reiche, adlige Frauen Zugang zur Bil­dung ver­schaf­fen konnten.

Es ist ein Fakt, dass die Bil­dung der Gesellschaft nach den Jahrhun­derten der Völk­er­wan­derung mehr als zu wün­schen übrigliess. Darunter litt ins­beson­dere die Bil­dung der Frau. Auch hier hat der Adel seinen Frauen (falls die Väter/Brüder es zuliessen) in fast allen Jahrhun­derten über Pri­vatlehrer den Zugang zur Bil­dung ermöglicht.

Im West­en über­dauert das Wis­sen der Antike die unruhi­gen Jahrhun­derte der Völk­er­wan­derung wenig­stens teil­weise in den Klöstern. Hier wer­den der eigene Nach­wuchs und junge Adlige aus­ge­bildet. Dieser Weg ist aber Frauen ver­schlossen. Nur in den Frauen­klöstern gibt es für Frauen ausser­halb des Adels einen Weg zu einem «selb­st­bes­timmten» Leben und vor allem einen Zugang zu Bil­dung. Diesen Weg wählen zeitweise auch viele Adel­stöchter; frei­willig oder um Heirat­en zu entgehen.

In Frauen­klöstern entste­hen richtige Bil­dungszen­tren für Frauen, die auch in der Gesellschaft beachtet wer­den. Namentlich bekan­nte Frauen des Mit­te­lal­ters sind u.a. Hilde­gard von Bin­gen (1098 – 1179), Brigitte von Schwe­den (1303 – 1373), Katha­ri­na von Siena (1347 – 1380) oder Tere­sa von Avi­la (1515 – 1582).[1]Doch ein all­ge­meines Ver­ständ­nis für die Notwendigkeit der Bil­dung der Frau sieht man nir­gends. Auch die im 12. Jh. aufk­om­menden Uni­ver­sitäten ver­schliessen ihre Tore für die Frauen.

Obwohl die Refor­ma­toren grund­sät­zlich Wert auf die Aus­bil­dung leg­en,[2] ist Jan Amos Come­nius ((1592 – 1670) Bischof der Uni­tas fratrum) der erste fass­bare The­ologe und Päd­a­goge, der die Bil­dung der Mäd­chen emp­fohlen hat („Omnes, omnia, omni­no“ (Alle sollen alles allum­fassend ler­nen dür­fen)) und dies auch umzuset­zen begin­nt. Als erstes Land in Europa führt 1648 Würt­tem­berg die all­ge­meine Schul­bil­dung[3] ein. Über die Grund­schule hin­aus­führende Schulen für Mäd­chen wer­den von August Her­mann Francke (1663 – 1727) gegrün­det; 1709 eröffnet er eigens dafür ein Gynae­cum.[4]

Doch lange bleiben die Uni­ver­sitäten oder auch nur eine gute Grun­daus­bil­dung Frauen ver­schlossen. Eine Frau aus dem 16. Jahrhun­dert klagt:

«Glück­lich bist du Leser, wenn du nicht zu dem Geschlecht gehörst, dem man alle Güter ver­wehrt, indem man ihm die Frei­heit ver­sagt […] und es zu keinen Pflicht­en, Ämtern und öffentlichen Funk­tio­nen zulässt […] glück­lich auch der, der ohne ein Ver­brechen zu bege­hen, weise sein kann: deine Eigen­schaft, Mann zu sein, geste­ht dir zu, was man den Frauen ver­wehrt: jeglich­es bedeu­ten­des Han­deln, jeglich­es abwä­gende Urteil und jegliche ausseror­dentliche Speku­la­tion.»[5]

Sieht man von der Aus­nah­meer­schei­n­ung Anna Maria van Schur­manns (1607–1678)[6] ab, dür­fen Frauen in Europa in der Schweiz seit 1840 als Hörerin­nen die Uni­ver­sität besuchen. Ab 1870 wird das Frauen­studi­um in fast ganz Europa einge­führt. Die erste Deutsche pro­movierte The­olo­gin ist Car­o­la Barth (1879 – 1959), sie studiert ab 1902 in Frank­furt Geschichte und The­olo­gie und pro­moviert 1907. Deshalb ist es kein Wun­der, dass im «Lexikon früher evan­ge­lis­ch­er The­ologin­nen. Biographis­che Skizzen»,[7] das 2005 erschienen ist, prak­tisch nur Frauen aus dem späten 19. Jh. und dem 20. Jh. erwäh­nt werden.

Die Pil­ger­mis­sion St. Chrischona (heute tsc) nimmt ab 1905 eine Aus­bil­dung von Frauen in Einzelfällen vor und richtet dann ab 1909 bewusst eine «Frauen­bibelschule» ein. Damit ist sie eine der allerersten deutschsprachi­gen Schulen, die Frauen den Zugang zu ein­er the­ol­o­gis­chen Bil­dung ermöglicht hat.

1986 wird die Europäis­che Gesellschaft für the­ol­o­gis­che Forschung von Frauen (ESWTR) in der Schweiz gegrün­det, die heute über 600 Mit­glieder zählt. Wir sehen hier, wie jung die Forschung von Frauen, ger­ade auch in der The­olo­gie ist.

Eine These und Frage

Die Kirche hat über viele Jahrhun­derte die Tal­ente der Frau an den Rand gedrängt, begraben oder zumin­d­est brach­liegen lassen, weil sie die Mäd­chen nicht geschult hat. Dadurch ist den meis­ten Frauen der Weg zu ein­er ihren Gaben und Fähigkeit­en entsprechen­den Arbeit im Reich Gottes genom­men wor­den. Gross­er Segen ging dadurch ver­loren. Glück­licher­weise hat sich heute vieles grundle­gend verän­dert. Wie sehen hier weit­ere Schritte aus, um bei­den Geschlechtern die richtige Bil­dung zu gewährleis­ten und was kön­nte der Beitrag der Gemeinde sein?

Mission/Evangelisation und die Frau

Mit weni­gen Strei­flichtern wird hier auf die Mis­sions- und Evan­ge­li­sa­tion­sar­beit von Frauen im Überblick durch die Jahrhun­derte eingegangen.

Ein Blick in die Evan­gelien zeigt uns erste Frauen in Aktion. Die Frau am Jakob­s­brun­nen wird für ihr ganzes Dorf zur Mis­sion­ar­in (Joh 4:5ff). Die Frauen am Grab Christi wer­den die ersten Verkündi­gerin­nen der Aufer­ste­hungs­botschaft (Matt. 28:10). Geschichtlich zuerst fass­bar ist bei Hip­polyt von Rom und danach bei Hierony­mus in diesem Zusam­men­hang der Begriff: Apos­tellinnen der Apos­tel.[8] In Joh 20:21 gibt der Aufer­standene den Anwe­senden den Auf­trag als gesandte Men­schen an sein­er statt hin­auszuge­hen; nach Apg 1:14 dür­fen wir die Anwe­sen­heit von Frauen erwarten, obwohl sie hier nicht aus­drück­lich erwäh­nt sind: Jesus sendet hier die ganze Gemeinde.[9] Diese Boten an Christi statt tra­gen die gute Nachricht in die damals bekan­nte Welt hinaus.

Petrus, der erste unter den Apos­teln, ist mass­ge­blich beteiligt an den Anfän­gen. Er ver­weist in sein­er Pfin­gst­predigt ein­drück­lich auf eine Ver­heis­sung aus dem Propheten Joel, die Frauen und Män­ner gle­icher­massen als geis­ter­füllte Men­schen kennze­ich­net, die weis­sagen (propheteo) wer­den. Diese Män­ner und Frauen erzählen das Evan­geli­um weit­er und wer­den zu Mitar­beit­ern am Werk des Her­rn. Im Römer­brief erwäh­nt Paulus mehrere Frauen als Mitar­bei­t­erin­nen im Dienst am Evan­geli­um, z.B. Phoebe, Tryphena, Tryphosa und Per­sis. Diese haben «evan­ge­lisiert, wie Paulus auch».[10] Jeman­dem in Philip­pi schreibt Paulus, dass er die Stre­it­igkeit­en zwis­chen den bei­den evan­ge­lisieren­den Frauen Euo­dia und Syn­ty­che schlicht­en helfen soll (Phil 4:2ff).

Auch ausser­bib­lis­che Quellen bericht­en von predi­gen­den Frauen im ersten Jahrhun­dert, beson­ders bedeu­tend ist hier das Zeug­nis der Thekla von Iko­ni­um.[11] Michael Green schreibt dazu:

«Die Akten von Paulus und Thekla sind Dich­tung, aber das Bild ein­er Frau, die predigt, tauft und um ihres Glaubens willen den Mär­tyr­ertod erlei­det, war als solch­es keine Erfind­ung.»[12]

In der Leg­ende von Thekla steckt ein wahrer Kern. Frauen standen auch in Zeit­en der Ver­fol­gung den Män­nern in nichts nach und wur­den so zu Zeu­gen für den Her­rn, man denke nur an Bland­i­na (ca. 150 — 177) und Per­pet­ua (ca. 181 — 203), zwei sehr bekan­nte Mär­tyrerin­nen aus dem 2. Jahrhundert.

Diese Verkündi­gungsar­beit bricht in den kom­menden Jahrhun­derten nicht ab. Als Beispiel sei hier Nino (ca. 325 — 361), die Mis­sion­ar­in der Georgi­er, genan­nt. Im 4. Jh. kommt sie als Kriegs­ge­fan­gene in den Osten des Reich­es und kann dort ihren Glauben verkündi­gen. In ein­er Chronik der geor­gis­chen Geschichte «wird sie als Mis­sion­ar­in des Lan­des beschrieben, begin­nend mit der Bekehrung des geor­gis­chen Königshaus­es. Es heisst, dass sie ‘verkündigte’, ‘bekehrte’ und ‘taufte’.»[13]

Spätere bekan­nte Mitar­bei­t­erin­nen im Mis­sions­di­enst sind Walpur­ga (oder Wal­burg ca. 710 — 779), Lio­ba (ca. 710 — 782) und Huge­burc (ca. 730 — ?). Boni­fatius (672 — 754), der grosse Apos­tel der Deutschen, ist der Onkel von Walpur­ga und ein­er der ersten nach den Völk­er­wan­derungsstür­men, der Frauen zur Mis­sion­sar­beit ermutigt hat. Nach guter Aus­bil­dung im Kloster Wim­borne in Dorset wird Walpur­ga mit ihren Mitkol­legin­nen[14]nach Deutsch­land gesandt. In der Fol­gezeit wird sie eine der bedeu­tend­sten Frauen ihrer Zeit.

Mit Walpur­ga und ihren Gefährtin­nen rück­en die Ordens­ge­mein­schaften ins Blick­feld. Durch ver­schiedene Frauenor­den ist das Evan­geli­um in die Welt getra­gen wor­den. Im Mit­te­lal­ter seien neben den Dominikaner­in­nen auch die Franziskaner­in­nen genan­nt, die damals wie heute durch ihre Arbeit und Verkündi­gung in der Mis­sion vieles geleis­tet haben. Auch in späteren Jahrhun­derten sind hier viele Frauen tätig. Kar­di­nal Karl Lehman schreibt zur Entwick­lung der mis­sion­ieren­den Frauenorden:

Beson­ders im 18. und 19. Jahrhun­dert ent­standen in Europa viele mis­sion­ierende Orden im eigentlichen Sinne, vor allem auch Frauenge­mein­schaften, die weltweit tätig wur­den. Ihr Dienst bestand in der Erstverkündi­gung des Glaubens und der Grün­dung neuer Ort­skirchen und im Auf­bau eines lokalen Bil­dungs- und Gesund­heitswe­sens.[15]

Die protes­tantis­che Mis­sion, angestossen durch die Pietis­ten August Her­mann Francke (1663 — 1727) und Lud­wig Niko­laus Graf von Zinzen­dorf,[16] gibt vie­len Frauen Raum zur Arbeit in der Mis­sion. Unter Fredrik Fran­son (1852 — 1908) entste­hen im 19. Jh. viele Mis­sion­sor­gan­i­sa­tio­nen. Bemerkenswert für unseren Überblick ist seine bewusste Entschei­dung, Frauen zu ermuti­gen sich gle­ich­berechtigt als Mitar­bei­t­erin­nen in Evan­ge­li­sa­tion und Verkündi­gung einzuset­zen. Viele Frauen fol­gen seinem Ruf und es entste­hen wach­sende Gemein­den durch die Arbeit dieser Mis­sion­ar­in­nen.[17] In Nor­dameri­ka grün­den im 19. Jh. Frauen eigene Mis­sion­sor­gan­i­sa­tio­nen und senden hun­derte von Mitar­bei­t­erin­nen aus; um 1890 gibt es über 30 solch­er Organ­i­sa­tio­nen in den USA.[18] Der Mis­sion­swis­senschaftler David Bosch meint dazu:

Auf den ‘Mis­sions­feldern’ waren die Frauen, selb­st im Fall von Gesellschaften, die von Män­nern geleit­et wur­den, in der Mehrheit. Und sie tat­en all die Dinge, die son­st die Män­ner tat­en, ein­schliesslich des Predi­gens.[19]

Inter­es­san­ter­weise kön­nen Frauen auf den Mis­sions­feldern wirken, ohne auf grossen Wider­stand zu stossen. Es scheint, als ob die Verkündi­gung der weis­sen Frau unter den Far­bigen Afrikas, Indi­ens und Chi­nas Män­ner umfassen darf, während sie Zuhause diesen Dienst nicht wider­spruch­s­los ausüben kann. Steckt dahin­ter der Zeit­geist des Kolo­nial­is­mus, der die Kul­tur der far­bigen Völk­er als min­der­w­er­tig ein­stuft? Die Abstu­fung: Weiss­er Mann, weisse Frau, schwarz­er Mann, schwarze Frau stellt die weisse Frau über die ein­heimis­chen Män­ner und scheint so die Arbeit der Frau auf dem Mis­sions­feld erle­ichtert zu haben.

Erst wenn sie in Europa oder Ameri­ka auch vor Män­nern predi­gen, gibt es klar for­mulierte Kri­tik. Auf Wider­stand stiess z.B. die Evan­ge­listin Cäcilie Petersen (1860 – 1935), die Begrün­derin des Diakonis­sen­mut­ter­haus­es Salem in Berlin-Licht­en­rade. Zuerst ermutigt von Eduard Graf von Pück­ler (1853 — 1924) wurde sie zur Verkündi­gerin des Evan­geli­ums in Berlin, Ham­burg und an anderen Orten Deutsch­lands. Die Ver­samm­lun­gen waren anfänglich nur für Frauen gedacht, doch bald kamen auch Män­ner. Viele fan­den dadurch zum Glauben. Dies führte sofort zu Diskus­sio­nen inner­halb der Gemein­schafts­be­we­gung.[20]

Auf Wider­stände stiessen viele Frauen auch in anderen Erweck­ungs­ge­bi­eten des 19. und 20. Jahrhun­derts. Obwohl ihre Ver­di­en­ste im Hin­blick auf Evan­ge­li­sa­tion und Seel­sorge auch unter Män­ner nicht zu überse­hen waren.

Heute sind auf allen Kon­ti­nen­ten Frauen im Ein­satz in den ver­schieden­sten mis­sion­ar­ischen Pro­jek­ten. Sie verkündi­gen die fro­he Botschaft auf vie­len Mis­sion­ssta­tio­nen und set­zen sich selb­st fundiert mit der Frage der Frau in der Mis­sion­ssi­t­u­a­tion auseinan­der.[21] Der schon erwäh­nte Fredrik Fran­son meinte zu einem Kol­le­gen nach ein­er Evan­ge­li­sa­tion in Schwe­den, bei der die Evan­ge­listin Nel­ly Hall durch ihre Predigten vie­len Men­schen zum Glauben ver­holfen hatte:

Brud­er, die Ernte ist gross, und der Arbeit­er sind wenige. Wenn die Frauen während der Ernte mithelfen wollen auf dem Feld, dann denke ich, soll­ten wir sie so viele Gar­ben binden lassen, wie sie kön­nen.[22]

Wir fassen zusam­men: Frauen waren seit dem ersten Jahrhun­dert bei der Mis­sion­ierung als Zeug­in­nen, Evan­ge­listin­nen, Verkündi­gerin­nen und im Gemein­de­bau tätig. Ihre Arbeit war von grossem Ein­satz und sicht­bar­er Frucht geprägt.

These

Diese These ist sehr vor­sichtig for­muliert und möchte auch Leserin­nen und Leser mit auf den Weg nehmen, die meinen Aus­führun­gen eher kri­tisch gegenüber­ste­hen: Auch wer die Mis­sion­ssi­t­u­a­tion als «Aus­nahme­si­t­u­a­tion» beze­ich­net und nur dort den Frauen in Verkündi­gung und Gemein­dear­beit alle Möglichkeit­en offen lässt, sieht sich heute in Europa mit der Sit­u­a­tion ein­er postchristlichen Gesellschaft kon­fron­tiert, die als Mis­sion­s­ge­bi­et definiert wer­den muss. Hier ist grund­sät­zlich Mis­sion, respek­tive evan­ge­lis­tis­che und mis­sion­ale Gemein­dear­beit, der einzig real­is­tis­che Ansatz. Daher ist die Gemein­dear­beit heute auch in Europa kon­se­quent auf Mis­sion auszuricht­en und Frauen und Män­ner soll­ten ent­lang ihrer Begabun­gen (Charis­men) Seite an Seite das Evan­geli­um verkündi­gen, wie es in der Kirchengeschichte schon über Jahrhun­derte hin­weg frucht­bar geschehen ist.

Schluss

Mit diesem kurzen Gang durch die Kirchengeschichte soll eine Hil­fe geboten wer­den zur Diskus­sion der Arbeit von Frauen und Män­nern in der christlichen Gemeinde. Dabei ist sich­er nicht zu überse­hen, dass ich der Arbeit von Frauen in der Kirche offen und pos­i­tiv gegenüber­ste­he. Es ist meine Grundüberzeu­gung: Dort, wo die Kirche den einzel­nen Gliedern (Frauen und Män­nern) Raum lässt, die von Gott geschenk­ten Gaben miteinan­der zur Ehre Gottes einzuset­zen, da kön­nen Män­ner und Frauen in gegen­seit­iger Achtung gemein­sam Reich Gottes bauen und dieser Welt ein Beispiel geben, wie gelin­gen­des Miteinan­der der Geschlechter in christlich­er Gemein­schaft befreiend und bere­ich­ernd ist.

In fast allen Kul­turen dieser Welt sind die Mehrheit der Frauen über Jahrtausende hin­weg bis heute immer wieder ent­mündigt, unter­drückt, entwürdigt und aus­ge­beutet wor­den. Die christliche Botschaft der Erlö­sung, der gegen­seit­i­gen Achtung und Liebe unter der Leitung des Heili­gen Geistes soll ein unüberse­hbares Zeichen der Hoff­nung sein: Gott heilt und erneuert die Beziehun­gen unter den Men­schen, ger­ade auch zwis­chen den Geschlechtern. Und «daran wer­den alle erken­nen, dass ihr meine Jün­gerIn­nen seid, so ihr Liebe untere­inan­der habt.» (Joh 13:35). Die christliche Gemeinde kann/muss hier eine hoff­nungsstarke Gegenkul­tur leben, die einen Weg aufzeigt, der zum liebevollen Miteinan­der der Geschlechter führt — auch in der Arbeit im Reich Gottes. Das Aufteilen der Arbeit soll und muss nicht ent­lang der Geschlechter geschehen, son­dern ent­lang gabenori­en­tiert­er Gesicht­spunk­te. Berufene, begabte und von der Gemeinde unter­stützte Frauen und Män­ner braucht die Welt, damit noch viele die frohmachende und befreiende Botschaft des Evan­geli­ums hören und erfahren.

Claudius Buser, Jan­u­ar 2022

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Bilder: iStock


 

[1] Bei­de Frauen (Katha­ri­na und Tere­sa) wer­den 1970 als erste Frauen in der Geschichte der katholis­chen Kirche zur Kirchen­lehrerin­nen ernannt.

[2] Luther hat in seinen Schriften ver­streut Aus­sagen über die Bil­dung gemacht aber keine sys­tem­a­tis­che Abhand­lung. Diese Texte wur­den gesam­melt und ein­geleit­et in: H. Keser­stein, Dr. M. Luther’s päd­a­gogis­che Schriften und Äusserun­gen, Lan­gen­salza 1888. Dies ist ein nicht num­meriert­er Band in: Friedrich Mann, H. Bey­ers Bib­lio­thek päd­a­gogis­ch­er Klas­sik­er. Eine Samm­lung der bedeu­tend­sten päd­a­gogis­chen Schriften älter­er und neuer­er Zeit, Lan­gen­salza 1888. Der wichtig­ste Text Luthers in diesem Zusam­men­hang ist die 1524 erschienene Schrift: An die Rat­sher­ren aller Städte deutschen Lan­des, dass sie christliche Schulen aufricht­en und hal­ten solIen.

[3] Die erste schriftlich fest­stell­bare all­ge­meine Schuld­bil­dung für Knaben und Mäd­chen in Europa führt Würt­tem­berg 1648 ein. Weit­ere Infor­ma­tio­nen dazu in: Dieter Adri­on (Hg.), Schu­lan­fang im Her­zog­tum Würt­tem­berg. Die früheren Schu­lord­nun­gen des 16. Und 17. Jahrhun­derts, Lud­wigs­burg 1991.

[4] Wer sich mit der neueren Bil­dungs­geschichte grund­sät­zlich auseinan­der­set­zen möchte, dem sei zur Lek­türe emp­fohlen: Christa Berg, August Buck (Hg.), Hand­buch der deutschen Bil­dungs­geschichte, Bde. 1–6, München 1987 – 2005; Erich Dauzen­roth, Kleine Geschichte der Mäd­chen­bil­dung, Rati­nen 1971; Meike Sophia Baad­er, Hel­ga Kelle, Elke Klein­au (Hg.), Bil­dungs­geschicht­en. Geschlecht, Reli­gion und Päd­a­gogik in der Mod­erne, Köln, Weimar, Wien 2006.

[5] Marie le Jars de Gour­nay (1565 – 1645), Oevres, Über­set­zung von Ursu­la Beitz in: Fem­i­nis­tis­che Stu­di­en. Zeitschrift für inter­diszi­plinäre Frauen- und Geschlechter­forschung, Jhg. 34, Old­en­bourg 2016, S. 93.

[6] Anna Maria van Schur­mann ist die wohl gelehrteste Per­son ihrer Zeit. Sie darf 1636 als erste Frau in Europa über­haupt an der Uni­ver­sität Utrecht an den Vor­lesun­gen teil­nehmen, aber nur in einem abtren­nen­den Holzver­schlag mit Vorhang und ohne offiziell eingeschrieben zu sein. Siehe: Michael Spang, Wenn sie ein Mann wäre. Leben und Werk der Anna Maria van Schur­man, Darm­stadt 2009.

[7] Han­nelore Erhart (Hg.), Lexikon früher evan­ge­lis­ch­er The­ologin­nen. Biographis­che Skizzen, Neukirchen-Vluyn, 2005.

[8] Vgl. Hip­polyt von Rom, Kom­men­tar zum Hohen­lied, über­set­zt von Nathanael Bon­wetsch, in: Oscar von Geb­hardt und Adolf von Har­nack (Hg.) Texte und Unter­suchun­gen zur Geschichte der Altchristlichen Lit­er­atur (Bd. 8), Leipzig 1902, S. 67–68.

[9] Vgl. Eck­e­hard J. Schn­abel, Urchristliche Mis­sion, Wup­per­tal 2002, S. 373.

[10] Ebd., S. 368.

[11] Vgl. Thekla als Verkündi­gerin und Apos­tolin bei Wil­helm Schneemelch­er, Neutes­ta­mentliche Apokryphen. Apos­tolis­che Apokryphen und Ver­wandtes (Bde. 2), Tübin­gen 61999, S. 200–202 und Eisen, Amt­strägerin­nen, S. 58.

[12] Michael Green, Evan­ge­li­sa­tion zur Zeit der ersten Chris­ten, Neuhausen-Stuttgart 1970, S. 203.

[13] Eisen, Amt­strägerin­nen, S. 60.

[14] Vgl. Edith Ennen, Frauen im Mit­te­lal­ter, München 61999, S. 77f.

[15] Karl Lehmann, Die eine Sendung und die vie­len Dien­ste. Zum Selb­stver­ständ­nis weltkirch­lich ori­en­tiert­er Ein­rich­tun­gen und Ini­tia­tiv­en heute, in: Deutsche Bischof­skon­ferenz (Nr. 65), Bonn 2000, S. 20.

[16] Lit­er­atur zu Zinzen­dorf und die Frauen­frage: Otto Uttendör­fer, Zinzen­dorf und die Frauen. Kirch­liche Frauen­rechte vor 200 Jahren, Her­rn­hut 1919; Aebi Sara, Mäd­ch­en­erziehung und Mis­sion. Die Töchter­pen­sion der Her­rn­huter Brüderge­meine in Mont­mi­rail im 18. Jahrhun­dert, Köln, Weimer, Wien 2016.

[17] Vgl. Hans-Ulrich Rei­fler, Hand­buch der Mis­si­olo­gie. Mis­sion­ar­isches Han­deln aus bib­lis­ch­er Per­spek­tive, Nürn­berg 2005, S. 227f.

[18] Vgl. David J. Bosch, Mis­sion im Wan­del. Par­a­dig­mawech­sel in der Mis­sion­s­the­olo­gie, Basel, Giessen 2012, S. 554.

[19] Ebd., S. 555.

[20] Vgl. Paulus Scharpff, Geschichte der Evan­ge­li­sa­tion, Giessen, Basel 1964, S. 288.

[21] 2009 schreibt Maria S.L. Min­nich ihre Dis­ser­ta­tion zum The­ma: Frauen im Span­nungs­feld von Mis­sion­sauf­trag und Paulin­is­ch­er Dien­stein­schränkung, Giessen 2009.

[22] Rei­fler, Hand­buch der Mis­si­olo­gie, S. 227.

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