DNA (3/10): Leidenschaftlich für den Schutz des Lebens

Lesezeit: 15 Minuten
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by Josua Hunziker | 19. Jan. 2020 | 7 comments

Zu allen Zeit­en waren unge­borene Kinder und Säuglinge in Gefahr, als untrag­bare Belas­tung für Eltern und Gesellschaft tax­iert und dem Tode preis­gegeben zu wer­den. Wohl keine Gesellschaft vor uns ging dabei je so kon­se­quent vor wie die west­lichen Natio­nen des 21. Jahrhun­derts. Diese Prax­is ste­ht in krassem Wider­spruch zum bib­lis­chen Men­schen­bild — ein “Ja zum Leben” ist hinge­gen kraftvolle Verkündi­gung des Evangeliums.

Gewaltsame Eskalation in Zürich

Zürich, 14. Sep­tem­ber 2019. Bere­its zum siebten Mal zieht der «Marsch fürs Läbe» durch die Innen­stadt — eine Demon­stra­tion für die Rechte unge­boren­er Kinder und somit auch gegen Abtrei­bun­gen. Mehrere Hun­dert Per­so­n­en sam­meln sich zur Gegen­de­mo, schon bald eskaliert die Sit­u­a­tion, die Polizei muss ein­schre­it­en. Flankiert wer­den die Vor­fälle von beachtlich­er Res­o­nanz in den Medi­en.  Die eskalierte Gegen­de­mo wird zwar nicht ger­ade vertei­digt, doch die Kri­tik­er der schweiz­erischen Abtrei­bung­sprax­is wer­den generell als ver­schwörerisch, erzkon­ser­v­a­tiv, unlib­er­al und unwis­senschaftlich beschrieben.

Was ist denn die “Pro­voka­tion son­der­gle­ichen”, welche sich diese “erzkon­ser­v­a­tiv­en” Demon­stran­ten im aufgek­lärten 21. Jahrhun­dert erlauben? Was sind die skan­dalösen Werte, die sie vertreten? Nun, sie set­zen sich ein für die schwäch­sten, wehrlos­es­ten Glieder unser­er Gesellschaft, für den Schutz des unge­bore­nen Lebens — genau­so, wie es Chris­ten zu allen Zeit­en bere­its vor ihnen getan haben. Schon immer haben Chris­ten damit die uneingeschränk­te Wertschätzung jedes men­schlichen Lebens, die Güte Gottes in allen Wen­dun­gen des Lebens und die Schön­heit von Sex, Ehe und Eltern­schaft verkün­det — kraftvolle Botschaften des Evangeliums.

Pro­voka­tiv? Vielle­icht. Anstös­sig? Dur­chaus. Unbe­quem? Unbe­d­ingt. Auch das ist keines­falls neu …


Die aus­ge­set­zten Romo­lus und Remus, der Sage nach Grün­der von Rom, Bild: iStock

Eine revolutionäre Haltung

Römis­ches Reich, 1. Jh. vor Chris­tus. Der seit kurzem in Alexan­dria sta­tion­ierte römis­che Legionär Hilar­i­on schreibt sein­er Frau Alis einen kurzen Brief, um ihr Mut zuzus­prechen. Er sorgt sich um seinen kleinen Sohn und bit­tet sie innbrün­stig, sich gut um ihn zu küm­mern. Und schreibt dann weiter:

Falls du wieder schwanger sein soll­test: Falls es ein Junge ist, lass ihn leben, doch falls es ein Mäd­chen ist, set­ze es aus.

Dieser Satz, schein­bar belan­g­los zwis­chen für­sor­glichen Beteuerun­gen eingeschoben, zeigt die Nor­mal­ität, mit welch­er im römis­chen und griechis­chen Kon­text der frühen Kirche Kleinkinder “entsorgt” wur­den. Nicht nur wur­den Abtrei­bun­gen, son­dern auch die Tötung und das Aus­set­zen von Kleinkindern bis 374 n. Chr. völ­lig legal vol­l­zo­gen. Die alleinige Entschei­dungsautorität für diese ver­schiede­nen For­men der “Geburtenkon­trolle” lag allein beim männlichen Fam­i­lienober­haupt und wurde von führen­den römis­chen und griechis­chen Denkern wie Pla­ton und Aris­tote­les aus­drück­lich emp­fohlen.

Aris­tote­les schreibt über uner­wün­schte Kinder, sie seien «so zu behan­deln, als ob für ein solch­es Kind keine Pflege vorhan­den wäre», was fak­tisch in vie­len Fällen den Tod der Kinder bedeutete. In manchen Fällen wur­den die Kinder gar bewusst nackt aus­ge­set­zt, um die Über­leben­schan­cen zu ver­min­dern. Da eine Abtrei­bung für die Mut­ter oft mit hohen Risiken ver­bun­den war, wurde die direk­te Tötung nach der Geburt oder die Aus­set­zung des Säuglings oft vorge­zo­gen — für die betrof­fe­nen Kinder war das Resul­tat im Grunde das Gle­iche. Wir lesen auch in der Bibel von solchen Vorge­hensweisen, z.B. in der Rede des Stephanus. Der Pharao «liess die neuge­bore­nen Kinder aus­set­zen, damit sie nicht am Leben blieben» (Apg 7:19). Aus­ge­set­zte Kinder, welche trotz­dem von jeman­dem aufgenom­men wur­den, wur­den im Nor­mal­fall zu Sklaven — ein weit­er­er Grund, warum die Legit­imierung von Aus­set­zun­gen im römis­chen Reich dur­chaus auch nüt­zlich war, sorgte sie doch für “gratis Arbeitskräfte”.

Die frühen Chris­ten stell­ten sich dieser Prax­is der Römer und Griechen von Beginn an entsch­ieden ent­ge­gen. Bere­its die Didache, die älteste uns bekan­nte Kirchenord­nung, welche u. a. zur Unter­weisung der Taufkan­di­dat­en ver­wen­det wurde, verurteilt Abtrei­bung, Infan­tizid und damit auch die Aus­set­zung ganz explizit:

Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehe­brechen, du sollst nicht Knaben schän­den, du sollst nicht huren, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht Zauberei treiben, du sollst nicht Gift mis­chen, du sollst nicht ein Kind durch Abtrei­bung mor­den, und du sollst das Neuge­borene nicht töten. (Didache, Abschnitt 2.1)

Etwas aus­führlich­er beschreibt Ter­tul­lian in seinem apolo­getis­chen Werk “Apolo­geticum” die Hal­tung der Kirche im 2. Jh. nach Christus:

Wir hinge­gen dür­fen, nach­dem uns ein für alle­mal das Töten eines Men­schen ver­boten ist, selb­st den Embryo im Mut­ter­leib […] nicht zer­stören. Ein vor­weggenommen­er Mord ist es, wenn man eine Geburt ver­hin­dert; es fällt nicht ins Gewicht, ob man einem Men­schen nach der Geburt das Leben raubt oder es bere­its im wer­den­den Zus­tand ver­nichtet. Ein Men­sch ist auch schon, was erst ein Men­sch wer­den soll — auch jede Frucht ist schon in ihrem Samen enthal­ten. (Apolo­geticum, Kapi­tel 9)

Diese hohe Wertschätzung des unge­bore­nen Lebens war für die Chris­ten ein inte­graler Bestandteil der Ehre und Anbe­tung Gottes, des Ursprungs allen Lebens. Dies äusserte sich aber keines­falls nur pas­siv in der Verurteilung der kul­turellen Prak­tiken — vielmehr set­zten sie sich aktiv und unter grossen Opfern für die Armen und Aus­gestosse­nen ein. So wur­den Kinder, welche von ihrer Fam­i­lie ver­stossen wur­den, bewusst aufgenom­men und ver­sorgt. Diese aufopfer­nde Hal­tung wurde von den Römern nicht nur pos­i­tiv betra­chtet, son­dern auch belächelt oder sog­ar als bedrohlich wahrgenom­men. So beschw­erte sich z.B. der vom Chris­ten­tum dekon­vertierte Kaiser Julian:

Während die hei­d­nis­chen Priester die Armen ver­nach­läs­si­gen, wid­men sich die ver­has­sten Galiläer [= Chris­ten] Werken der Näch­sten­liebe und haben durch die Zurschaustel­lung falschen Mitlei­ds ihre verderblichen Irrtümer in die Tat umge­set­zt. Diese Prax­is ist unter ihnen üblich und verur­sacht Ver­ach­tung für unsere Götter.

Dieser selb­st­lose Ein­satz war in den ersten Jahrhun­derten nach Chris­tus primär das Werk von Einzelper­so­n­en und losen Organ­i­sa­tio­nen. Später wurde der Schutz von Kindern unter dem christlichen Ein­fluss nach und nach durch Kirche und Staat insti­tu­tion­al­isiert. So ord­nete das Konzil von Nicaea 325 n. Chr. expliz­it die Ein­rich­tung von Armen­spitälern in den christlichen Gemein­den an, welche sich teil­weise zu Kindera­sylen weit­er­en­twick­el­ten. Etwa gle­ichzeit­ig liess Kaiser Kon­stan­tin, der erste christliche Kaiser, die Abtrei­bung unter Todesstrafe stellen — eine grosse Änderung im römis­chen Recht, welch­es zuvor kein­er­lei Strafe dafür vorsah.

Die frühe Kirche war also in ihrer Hal­tung zum Schutz des Lebens äusserst klar. Doch worauf basierte denn diese Hal­tung? Find­et sich doch in der Bibel keine einzige explizite Stelle zum Umgang mit Abtrei­bung. Kann der bedin­gungslose Schutz des Lebens über­haupt bib­lisch begrün­det wer­den oder war die Hal­tung der frühen Kirche nichts weit­er als eine vorüberge­hende moralis­che Strömung?


Maria und Elis­a­beth, Timios Stavros Kirche in Zypern, ca. 14. Jh.

Schweigt die Bibel zur Abtreibung?

Es ist wahr, dass wir in der Bibel keine Stellen find­en, welche aus­drück­lich über Abtrei­bung reden und sie ver­bi­etet oder verurteilt. Während die Kind­stö­tung durch das 4. Gebot «Du sollst nicht töten» klar verurteilt wird, scheint es auf den ersten Blick unklar, ob dieses Tötungsver­bot denn auch für unge­borene Kinder gel­ten solle.

Ein genauer­er Blick zeigt aber schnell, dass in der bib­lis­chen und jüdis­chen Tra­di­tion ein Kind im Mut­ter­leib sehr wohl als ein von Gott per­sön­lich geformter Men­sch mit göt­tlich­er Würde und Bes­tim­mung betra­chtet wurde. Einige Beispiele dazu:

  • Sim­son wurde vom Engel Gottes als «Gewei­hter Gottes vom Mut­ter­leib an» beze­ich­net (Ri 13:7). Ein Embryo kann also schon als unge­borenes Wesen von Gott berufen sein und wird damit von ihm als voll­w­er­tiger Men­sch gese­hen und behandelt.
  • Ähn­lich­es sehen wir beim Propheten Jesa­ja. Er bezeugt, dass der Herr ihn «vom Mut­ter­leib an zu seinem Knecht bere­it­et hat» (Jes 49:5)
  • Der Engel des Her­rn prophezeit Zacharias, Johannes der Täufer würde «schon vom Mut­ter­leib an erfüllt wer­den mit dem Heili­gen Geist» (Lk 1:15). Dieser Geist ist auch ganz offen­sichtlich bere­its im unge­bore­nen Johannes wirk­sam, «hüpfte das Kind» doch bere­its in Elis­a­beths Leib beim Gruss der Maria (Lk 1:41) . Ein unge­borenes Kind, welch­es auf die Wirkung des Heili­gen Geistes reagiert!

In der jüdis­chen Tra­di­tion ist der Schutz des unge­bore­nen Kindes im Mut­ter­leib fest ver­ankert, wie es Arthur Hertzberg in seinem Stan­dard­w­erk zum Juden­tum beschreibt:

Schon im Tal­mud wird die Frage disku­tiert, aus welchen Grün­den der Abort eines Fetus in Frage kommt. Grund­sät­zlich heisst es im Tal­mud, ein Fetus, der das Leben der Mut­ter gefährdet, müsse zer­stört wer­den; son­st sei es ver­boten, den Fetus mutwillig zu töten, selb­st wenn er noch nicht als Men­sch gelte.

Nun gibt es dur­chaus auch im Juden­tum pro­gres­sive Strö­mungen, welche z. B. argu­men­tieren, dass ein unge­wolltes Kind der Mut­ter Not bere­ite und darum auch abgetrieben wer­den dürfe. Auch in christlichen Kreisen wer­den ähn­liche Argu­mente vorge­bracht, um “Abtrei­bung aus Barmherzigkeit” zu legit­imieren, ja, sog­ar als heiliges Werk zu stil­isieren. Diese Argu­men­ta­tio­nen haben jedoch meines Eracht­ens vor allem mit einem aus­ge­sprochen post­mod­er­nen Ver­ständ­nis von “Lebens­bedro­hung” — näm­lich der Vere­it­elung des geplanten Lebensen­twurfs — zu tun. Ich werde später in diesem Artikel noch ver­tieft darauf einge­hen. Die jüdisch-christliche Tra­di­tion wird druch Albert Mohler jedoch glänzend zusam­menge­fasst wenn er schreibt:

Die einzige kon­sis­tente bib­lis­che Logik ist es, die Heiligkeit und Würde jedes men­schlichen Lebens vom Moment der Befruch­tung an zu respek­tieren. (Eigene Übersetzung)

Vor diesem Hin­ter­grund ist es abso­lut unver­ständlich, dass beispiel­sweise Nadia Bolz-Weber in Bezug auf ihre eigene Abtrei­bung mit ein­er “judeo-christlichen Tra­di­tion” argu­men­tiert. Sie argu­men­tiert, dass die “judeo-christliche Tra­di­tion” den Beginn des Lebens nicht bei der Zeu­gung anset­zt, son­dern erst beim gebore­nen und atmenden Kind:

Fakt ist, viele von uns haben eine Sicht, die Chris­ten und Juden für eine sehr sehr lange Zeit innehat­ten – dass, basierend auf der Schöp­fungs­geschichte in Gen­e­sis, das Leben mit dem Atem beginnt.

Natür­lich ist die Bibel kein natur­wis­senschaftlich­es Lehrbuch über den Beginn des Lebens. In bib­lis­chen Zeit­en gab es keine prä­na­tale Diag­nos­tik. Erst wenn die ersten spür­baren Bewe­gun­gen des Kindes vorhan­den waren, kon­nte man zweifels­frei die Exis­tenz eines unge­bore­nen Kindes deklar­i­eren. Da stellt sich schon die Frage: Sind wir heute eigentlich wis­senschaftlich nicht weit­er als damals? Vielle­icht kön­nen wir mit­tler­weile genauer sagen, in welchem Sta­di­um ein Embryo noch nicht als men­schlich­es Wesen gel­ten kann?


Men­schlich­es Embryo, Bild: iStock

Ist das schon ein Mensch?

Die Grun­dar­gu­men­ta­tion jeglich­er Abtrei­bungs­be­für­worter lautet etwa so: “Da der Embryo noch kein voll­w­er­tiges men­schlich­es Leben darstellt, ist er als Teil des Kör­pers der Frau zu betra­cht­en. Es gehört somit zum Recht der Frau auf kör­per­liche Integrität und Selb­st­bes­tim­mung, diesen allen­falls uner­wün­scht­en Fremd­kör­p­er wieder zu ent­fer­nen. Es ist daher ein Akt der Selb­ster­mäch­ti­gung und Befreiung, Frauen die Abtrei­bung zu ermöglichen.” Einige Chris­ten wür­den hier vielle­icht noch “der Barmherzigkeit” oder “der Liebe” hinzufügen.

Lange wurde mit dem Begriff vom “Zell­haufen” argu­men­tiert, welch­er ein Embryo im Früh­sta­di­um noch darstelle. Man behauptet, dass sich erst später ein men­schlich­es Wesen daraus entwick­elt. Den Begriff “Zell­haufen” nimmt zwar heute nie­mand mehr ern­sthaft in den Mund, doch das Grun­dar­gu­ment wird gerne wieder­holt, wie fol­gen­des Zitat ein­er Kaderärztin des Zürcher Unispi­tals zeigt:

Die Hal­tung der Abtrei­bungs­geg­n­er basiert auf der Vorstel­lung, dass das Leben mit der Ver­schmelzung der Ei- und Samen­zelle begin­nt. Das ist eine Glaubensvorstel­lung: Eine solche biol­o­gis­che Zäsur gibt es nicht. In den meis­ten juris­tis­chen Sys­te­men markiert die Geburt den entschei­den­den Moment. Der Schutzanspruch nimmt aber natür­lich gradu­ell zu, je weit­er die Schwanger­schaft fortschre­it­et. (NZZ, 14.09.2019)

Doch diese Aus­sage ist als solche keine wis­senschaftliche, son­dern ein ide­ol­o­gis­ches Argu­ment. Auch die Ärztin bringt eine Glaubensvorstel­lung zum Aus­druck, näm­lich dass ein Embryo im Mut­ter­leib gradu­ell vom “Nicht-Men­schen” zum Men­schen wachse. Doch iro­nis­cher­weise zeigt ger­ade diese Aus­sage, dass jed­er fest­gelegte Zeit­punkt, bis zu welch­er ein Embryo kein men­schlich­es Leben darstellen soll, willkür­lich bes­timmt und darum wis­senschaftlich nicht begründ­bar ist. Das oben zitierte Argu­ment schlägt sich also selbst.

Ein Kind in der ersten Schwanger­schaftswoche unter­schei­det sich nicht prinzip­iell von einem in der zwölften Woche, kurz nach der Geburt oder einem sechs Monate alten Baby. Ger­ade weil die Entwick­lung gradu­ell ver­läuft, ist das Leben vom ersten Moment an zu schützen.

Wenn wir irgend­wo eine Gren­ze set­zen wür­den — wo wäre sie denn zu set­zen? Pro­gres­sive Bioethik­er fordern mit­tler­weile bere­its die Legal­isierung der “After-Birth Abor­tion” — also der Kind­stö­tung. So soll z. B. im Falle von nachge­burtlich fest­gestell­ten phys­i­ol­o­gis­chen oder psy­chol­o­gis­chen Ein­schränkun­gen des Kindes die Tötung des bere­its gebore­nen Kindes vol­l­zo­gen wer­den kön­nen! So ver­störend dieser Gedanke auf den ersten Blick ist, so kon­se­quent scheint er mir die Argu­men­ta­tion der Abtrei­bungs­be­für­worter zu Ende zu denken.

Es ist natur­wis­senschaftlich nicht halt­bar, einem Embryo selb­st im frühen Sta­tus seine Men­schlichkeit abzus­prechen. Um zu definieren, bis zu welchem Zeit­punkt eine Abtrei­bung zuläs­sig ist, muss man vorher entsch­ieden haben, was eigentlich eine “Per­son” ist. Man muss sich fes­tle­gen, was die Eigen­schaften sind, welche eine Ansamm­lung men­schlich­er Zellen von ein­er men­schlichen Per­son unterscheiden.

Nan­cy Pearcey, eine amerikanis­che Pub­lizistin und Dozentin für «World­view Stud­ies», zählt in ihrem Buch «Love thy Body» (deutsch­er Titel: «Liebe deinen Kör­p­er») ver­schiedene von Bioethik­ern vorgeschla­gene Ansätze auf, welche diese Unter­schei­dung ange­blich möglich machen sollen: Schmerzempfind­en, Hir­nak­tiv­ität, Intel­li­genz oder Selb­st­be­wusst­sein. Alle diese Def­i­n­i­tio­nen ein­er “Per­son” weisen ihr gemäss eine Vielzahl von Prob­le­men auf. Da ist z. B. das Prob­lem der Mes­sun­sicher­heit: Selb­st schein­bar ein­deutige Eigen­schaften wie die Hir­nak­tiv­ität sind in ihrer Bes­tim­mung abhängig von der Mess­meth­ode. Damit wäre der Zeit­punkt, ab wann ein Embryo als Per­son gel­ten darf, stark abhängig von der Genauigkeit des messenden EEGs (je genauer mein EEG, desto früher werde ich Hir­nak­tiv­ität fest­stellen können).

Es ist eine Tat­sache, dass sich Bioethik­er auch nach jahrzehn­te­lan­gen Debat­ten nicht im ent­fer­n­testen auf eine auch nur annäh­ernd kon­sis­tente Def­i­n­i­tion ein­er “Per­son” haben eini­gen kön­nen. Dies zeigt, wie sehr diese Def­i­n­i­tio­nen von sub­jek­tiv­en Werthal­tun­gen abhän­gen. Diese Sub­jek­tiv­ität darf nicht die Basis für ethis­che Entschei­dun­gen sein, welche enorme Trag­weite haben. Es sind Entschei­dun­gen über Leben und Tod eines Men­schen! Und diesel­ben Über­legun­gen wer­den nicht nur auf Abtrei­bun­gen angewen­det, son­dern auch auf den Umgang mit behin­derten, alten oder schw­er kranken Menschen.


Bild: Wiki

Und was ist mit den Frauenrechten?

Die Diskus­sion um das “Recht auf Abtrei­bung” wird heute meist als Diskus­sion über die Rechte der Frau definiert. Dabei wird impliz­it voraus­ge­set­zt, dass der Embryo im Bauch der Mut­ter noch keine Per­son mit Men­schen­würde sei. Sobald klar ist, dass dieser Grund­satz in Frage ste­ht, mutet die Diskus­sion um die Rechte der Mut­ter in den meis­ten Fällen doch sehr zynisch an.

Mit­tler­weile haben auch vehe­mente Abtrei­bungs­be­für­worter erkan­nt, dass die biol­o­gis­che “Das ist ja noch gar kein Mensch”-Argumentation nicht schlüs­sig ist. Dafür tritt die ide­ol­o­gis­che Fär­bung des “Pro-Choice”-Lagers wieder deut­lich­er in den Vorder­grund. So endet z. B. die Autorin Mary Eliz­a­beth Williams auf dem Online Mag­a­zin “salon.com” ihren Artikel «So what if abor­tion ends life?» mit den Worten:

Ein Fötus ist in der Tat ein Leben — ein Leben, welch­es wert ist, geopfert zu wer­den. (Eigene Übersetzung)

Men­schenopfer? Im Ernst jet­zt? Was um alles in der Welt kann allen Ern­stes ein Men­schenopfer recht­fer­ti­gen? Mein­er Ansicht nach liegt der Grund in fol­gen­dem, von mir frei for­mulierten “Glaubens­beken­nt­nis” unser­er west­lichen Gesellschaft:

Ein gutes Leben lebe ich dann, wenn ich meine selb­st gesteck­ten Ziele erre­iche, meine Träume ver­wirk­liche und mein Leben selb­st in die Hand nehme. Nie­mand kann mir dabei sagen was richtig oder falsch wäre, denn der Kom­pass zu meinem Glück liegt alleine in meinem Herzen und ist damit nur mir selb­st zugänglich.

Wenn diese Konzep­tion des Lebens unseren moralis­chen Kom­pass bes­timmt, so ist alles, was sich der Ver­wirk­lichung unser­er Pläne und Träume in den Weg stellt, eine Gefahr — selb­st wenn es ein unge­borenes Kind ist.

Es ist inter­es­sant zu beobacht­en, wie in unser­er post­mod­er­nen, sub­jek­tiv­en Def­i­n­i­tion von Tat­sachen schnell ein­mal mit ver­schiede­nen Spiessen gemessen wird. Ein Embryo der englis­chen Königs­fam­i­lie wird schon in den allerersten Schwanger­schaftswochen von den Medi­en als “a fourth roy­al” beze­ich­net und somit mit königlich­er Würde aus­ges­tat­tet. Ein ander­er Embryo in dem­sel­ben Sta­di­um gilt als recht­slos­er Fremd­kör­p­er im Kör­p­er ein­er selb­st­bes­timmten Frau. Wohl kaum jemand äussert jedoch diese sub­jek­tive, willkür­liche Beurteilung so expliz­it wie die bekan­nte amerikanis­che TV Mod­er­a­torin Melis­sa Har­ris-Per­ry:

Wann begin­nt das Leben? Ich denke, die Antwort hängt sehr stark von den Gefühlen der Eltern ab. Ein mächtiges Gefühl, aber keine Wis­senschaft. (Eigene Übersetzung)

Angenom­men, uns wird ver­sichert, dass der Embryo keine Men­schen­würde habe, wenn wir das so sehen möcht­en. Nehmen wir weit­er an, dass die Schwanger­schaft unge­wollt ist. Dann ist der Gang zur Abtrei­bungsklinik der schein­bar beste Weg, uns von einem ein­fachen Fehler nicht das Leben­skonzept durcheinan­der­brin­gen zu lassen. Der uner­wün­schte Embryo wird dann — wie oben angetönt — zu “Recht” als eine “ern­sthafte Bedro­hung für das Leben der Mut­ter” bzw. der Eltern klas­si­fiziert und damit ist die moralis­che Vertret­barkeit der Abtrei­bung gegeben.

Diese Argu­men­ta­tion ist nicht ein­fach nur polemisch, son­dern stützt sich auf die offizielle Schweiz­er Sta­tis­tik des Schwanger­schaftsab­bruchs 2014:

Bei einem Drit­tel der Inter­ven­tio­nen ist das Motiv für die Inter­ven­tion bekan­nt. 93% der Inter­ven­tio­nen erfol­gen wegen psy­chosozialen Grün­den. Dabei geben die Frauen in den meis­ten Fällen an, die finanzielle Sit­u­a­tion ermögliche es ihnen nicht, das Kind zu behal­ten, bere­its genug Kinder zu haben, sich nicht imstande zu fühlen, ein Kind aufzuziehen, ein Kind zu haben sei mit der Erwerb­stätigkeit oder der Aus­bil­dung nicht vere­in­bar oder die Fam­i­lien­pla­nung sei für den Part­ner kein oder noch kein Thema.

Im Klar­text: “Ein Kind kann ich mir nicht leis­ten”, “Fam­i­lien­pla­nung ist kein The­ma”, “Ich bin noch in der Aus­bil­dung”, “Wir haben bere­its genü­gend Kinder”. Kurz und gut: “Das Kind in meinem Bauch passt nicht in meinen Lebensen­twurf” oder “Ich füh­le mich mit einem Kind überfordert”.

In jedem anderen Fall, wo dies als Begrün­dung für die Beendi­gung eines men­schlichen Lebens vorge­bracht würde, gin­ge ein Auf­schrei durch unsere Rei­hen und wir empörten uns ob solch­er Skru­pel­losigkeit. Zumal eine Abtrei­bung nicht ein­fach eine “schnelle Lösung” des “Prob­lems” darstellt. Die Idee, dass danach alle wieder zum alten Leben zurück­kehren kön­nen, stimmt so nicht. Wie ver­schiedene Pro-Life-Organ­i­sa­tio­nen bericht­en, sind sowohl Frauen als auch Män­ner nach ein­er Abtrei­bung häu­fig von post­trau­ma­tis­chen Belas­tungsstörun­gen betrof­fen.

Es tobt nach wie vor ein heiss­er — meines Eracht­ens stark ide­ol­o­gisch aufge­laden­er — Kampf um die Deu­tung­shoheit über die psy­chis­chen Risiken und Fol­gen ein­er Abtrei­bung. Die Fach­welt ist sich uneinig, ob ein Post-Abor­tion-Syn­drom (PAS) als solch­es über­haupt existiert. Inter­es­san­ter­weise beschränken sich aber alle Argu­mente gegen die Exis­tenz eines PAS darauf, dass eine Abtrei­bung sta­tis­tisch betra­chtet keine neg­a­tiv­en Auswirkun­gen auf die psy­chis­che Gesund­heit der Frauen habe. Wo bleiben eigentlich die Belege dafür, dass eine Abtrei­bung zu einem besseren, erfüll­teren Leben führt? Müsste nicht ein pos­i­tiv­er Effekt auf die Psy­che fest­gestellt wer­den, wenn oben for­muliertes Glaubens­beken­nt­nis wahr wäre?

Es stimmt: Die Gründe, welche zu einem Abtrei­bungsentscheid führen, sind vielfältig und kön­nen dur­chaus auch triftig sein. Doch keine Begrün­dung recht­fer­tigt die Tötung men­schlichen Lebens — vom ethis­chen Dilem­ma “Entwed­er stirbt die Mut­ter oder das Kind” ein­mal abge­se­hen. Und es erscheint mir mehr als nur plau­si­bel, dass eine solche Tötung auch tiefe Spuren in den See­len der Eltern hin­ter­lässt. Das bedeutet aber auch: In allen Lebensla­gen, und ins­beson­dere in tragis­chen Umstän­den oder gross­er Not, dür­fen die Betrof­fe­nen nicht alleine gelassen werden.

Wenn exis­ten­zielle Angst und per­sön­liche Not vorhan­den ist, ist meist nicht der Zeit­punkt, mit ratio­nalen Argu­menten zu kom­men. Es ist der Zeit­punkt für tatkräftige Hil­fe. Es ist unsere Ver­ant­wor­tung als ganze Gesellschaft und ins­beson­dere als Kirchen, sowohl die ganzheitliche Gesund­heit und das Woh­lerge­hen der Frau als auch die Integrität des unge­bore­nen Kindes zu schützen. Dies ist zum Beispiel mit bera­ten­der Unter­stützung oder mit medi­zinis­ch­er Ver­sorgung möglich. Wenn die finanzielle Lage schwierig ist, soll­ten wir dur­chaus mit finanzieller Hil­fe unter­stützen. Es kann nicht sein, dass wir uns dieser Ver­ant­wor­tung entziehen, nur weil es tech­nis­che Mit­tel gibt, um “das Prob­lem aus der Welt zu schaffen”.

Ja, ich bin sog­ar überzeugt, dass eine klare Hal­tung der Chris­ten und der Kirche zu einem “Ja zum Leben” gle­ichzeit­ig eine kraftvolle Verkündi­gung des Evan­geli­ums in unser­er Zeit ist — eine Verkündi­gung, welche Men­schen nicht nur irri­tieren, son­dern auch unweiger­lich anziehen wird.


Bild: unsplash

Das Evangelium des “Ja zum Leben”

Wie im Leitar­tikel zu dieser Serie bere­its dargelegt, ist ein “Ja zum Leben” eine wesentliche, nicht wegzu­denk­ende Eigen­schaft der DNA der Kirche. Denn darin demon­stri­eren wir unserem Umfeld die Gute Nachricht von Jesus Chris­tus in ganz wesentlichen Aspekten:

1. Du bist in jeder Lebenslage uneingeschränkt wertvoll und würdig

Da ist jemand, der dich vom ersten bis zum let­zten Augen­blick als wertvoll erachtet, ungeachtet dein­er Kapaz­ität, dein­er Leis­tung, deines Zus­tandes, dein­er Fehler oder Erfolge. Dein Wert ist dir zuge­sprochen, ein­fach weil du Men­sch bist, der im Eben­bild des Schöpfers geschaf­fen ist.

Was ist der Men­sch, dass du sein­er gedenkst, und des Men­schen Kind, dass du dich sein­er annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Her­rlichkeit hast du ihn gekrönt. (Ps 8:5–6)

Gott hat den Men­schen zu sein­er Freude erschaf­fen, nicht zu seinem Nutzen. Was für eine gute, lebensspendende Per­spek­tive für alle unter uns, die sich vom Effizienz- und Pro­duk­tiv­itätswahn unser­er Gesellschaft aus­ge­laugt, an die Wand gedrückt oder gar ver­rat­en fühlen.

2. Du kannst und musst nicht deines Glückes eigener Schmied sein

Dein erfülltes Leben hängt nicht davon ab, dass du deinen Lebensen­twurf schnurg­er­ade leben kannst. Ja, sog­ar unge­plante, ein­schnei­dende und schmerzhafte Wen­dun­gen kön­nen dich in eine tief­ere Fülle des Lebens führen. Tim Keller schreibt in seinem Buch «Gott im Leid begeg­nen»:

In seinem Buch Far from the Tree unter­sucht Andrew Solomon den Schock und die Reak­tion von Eltern, die ent­deck­en, dass das Kind, das sie bekom­men haben, nicht so ist wie sie, son­dern stattdessen gehör­los, klein­wüch­sig, mit Down­syn­drom, autis­tisch oder son­st auf irgen­deine Weise chro­nisch krank oder behin­dert. […] Solche Kinder stürzen die Fam­i­lie, in die sie hineinkom­men, immer in eine Krise, aber unter dem Strich kommt Solomon zu fol­gen­dem Ergeb­nis: “Das Faszinierende in diesem Buch ist, dass die meis­ten in ihm beschriebe­nen Fam­i­lien dahin kamen, dass sie dankbar waren für die Erfahrun­gen, die sie im Leben nicht frei­willig gemacht hätten.”

Und etwas später:

“Glück­lich sind, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie sollen satt wer­den. (Matthäus 5,6)” In diesem Ausspruch sagt Jesus: “Glück­lich ist der, der nicht das Glück sucht, son­dern die Gerechtigkeit.” Echt­es Glück ist ein Neben­pro­dukt der Suche nach etwas, das mehr ist als Glück­lich­sein — näm­lich nach der richti­gen Beziehung zu Gott und meinem Mit­men­schen. Wenn ich Gott als das höch­ste Gut meines Lebens suche, bekomme ich das Glück gle­ich­sam als Zugabe. Ver­suche ich dage­gen krampfhaft, “glück­lich zu wer­den”, bekomme ich keins von beidem.

Was für ein Kon­trast ist das zum säku­laren Glaubens­beken­nt­nis “Ich werde glück­lich durch die Ver­wirk­lichung mein­er Träume”.  Was für eine hoff­nungsvolle Per­spek­tive ist es, dass wir das wahrhaftig­ste und tief­ste Glück find­en kön­nen im sprich­wörtlichen fin­ster­sten Tal!

3. Sex, Ehe und Elternschaft haben eine tiefe Bedeutung und Schönheit

Diese Bedeu­tung und Schön­heit von Sex, Ehe und Eltern­schaft ist viel tiefer als die Befriedi­gung dein­er Bedürfnisse oder die Ver­wirk­lichung dein­er Leben­sträume. Vielmehr zeich­net die Bibel ein ver­heis­sungsvolles, heiliges Bild der men­schlichen Sexualität:

Das bib­lis­che Bild der ehe­lichen sex­uellen Ein­heit ist nichts weniger als eine Vorah­nung ein­er noch tief­er­en Ein­heit mit dem Göt­tlichen. Und egal, ob wir in diesem Leben ver­heiratet oder sin­gle sind, ist sex­uelles Ver­lan­gen unser einge­bauter Kom­pass für das Göt­tliche, eine Art Nav­i­ga­tion­shil­fe, welche uns den Weg nach Hause zeigt. (Glynn Har­ri­son: «A Bet­ter Sto­ry: God, Sex and Human Flour­ish­ing», eigene Übersetzung

Paul Brud­er­er wird diesen und weit­ere Aspek­te im kom­menden Artikel zur christlichen Sex­u­alethik noch einge­hen­der beleuchten.

Ein Aufruf an die Kirche des 21. Jahrhunderts

Um das Evan­geli­um in dieser Form zu verkün­den, genügt es nicht, Peti­tio­nen zu unter­schreiben und in der Kirche ab und zu gegen die Abtrei­bung zu wet­tern. Im Gegen­teil: Mit dieser — lei­der zu lange ver­fol­gten — Tak­tik ver­stärken wir die Stig­ma­tisierung der Betrof­fe­nen und “treiben” sie den Abtrei­bungskliniken ger­adezu in die Arme. So wie die erste Kirche durch ihren selb­st­losen Ein­satz zu Gun­sten der Schwäch­sten bekan­nt und gle­ichzeit­ig anstös­sig war, müssen wir auch heute zu dieser lebensspenden­den, wenn auch unbe­que­men Posi­tion zurückfinden.

Was muss geschehen? Ich möchte zum Schluss fol­gende Anre­gun­gen formulieren:

  • Zuallererst müssen unsere Kirchen ‘Räume der Gnade’ sein. Kirchen sind Orte, die Men­schen ver­trauensvoll auf­suchen kön­nen in Zeit­en höch­ster per­sön­lich­er Not. Kirchen sind Orte, wo nicht die Analyse und Verurteilung von Fehlern im Vorder­grund ste­hen, son­dern zuallererst tatkräftige Hil­fe und die Ver­mit­tlung von echter Lebensper­spek­tive. Dies erfordert Ver­trauen in Chris­ten und Kirche — ein Ver­trauen, welch­es vie­len unser­er Mit­men­schen ver­loren gegan­gen ist. Dieses Ver­trauen zurück­zugewin­nen erachte ich als eine der zen­tralen Her­aus­forderun­gen der heuti­gen Kirche.
  • Basierend auf diesem zurück­ge­won­nen Ver­trauen kön­nen Hil­f­sange­bote geschaf­fen und beste­hende Ange­bote gefördert wer­den. Ich bin dankbar für die bere­its beste­hen­den Organ­i­sa­tio­nen, welche gezielte Hil­fe für unge­wollt schwan­gere Frauen und Paare anbi­eten. Doch ich denke, dass das Netz an Anlauf­stellen bre­it­er und eng­maschiger wer­den muss. Frauen und Paare müssen ermutigt und unter­stützt wer­den, das neue Leben anzunehmen und ihren eige­nen Lebensen­twurf der neuen Real­ität anzu­passen. Hier kann eine per­sön­liche Beziehung mit Jesus Chris­tus einen enor­men Unter­schied machen! Jesus Chris­tus hat einen Plan für unsere Leben! Was bish­er als “Plan B” emp­fun­den wurde, ent­pup­pt sich durch die Beziehung mit Jesus als ein wun­der­bar­er Weg in ein sin­ner­fülltes Leben! Es muss an Anse­hen und “Cool­ness” gewin­nen, sich in ein­er schwieri­gen Sit­u­a­tion für das Leben und damit eventuell gegen den bish­er zurecht­gelegten Lebensen­twurf zu entschei­den. Auch Alter­na­tiv­en wie z. B. die Adop­tion von unge­woll­ten Kindern sind zu fördern, auch wenn dies meines Eracht­ens nur in der Min­der­heit der Fälle die langfristig beste Lösung darstellt. Doch kann eine Adop­tion sowohl für kinder­lose Paare als auch für Kinder, welche son­st keine Chance kriegen, eine echte, lebenswerte Per­spek­tive bieten!
  • Wir müssen Hil­fe bieten, um bere­its geschehene Abtrei­bun­gen seel­sorg­er­lich aufzuar­beit­en. Frauen und Män­ner, welche sich durch das Erleb­nis ein­er Abtrei­bung belastet sehen, Hil­fe, Annahme und Wieder­her­stel­lung. Auch hier kön­nen Kirchen ‘Räume der Gnade’ und des Lebens sein.
  • Der Schutz des Lebens muss in unseren Kirchen ein The­ma sein und bleiben. Nur weil die Recht­slage “gegeben” und die Schlacht somit “ver­loren” scheint, ist das The­ma nicht abgeschlossen. Ganz im Gegen­teil: Das “Ja zum Leben” ist ein Bestandteil unser­er DNA und jed­er Christ darf zu einem ganz per­sön­lichen und starken “Ja zum Leben” finden.

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Josua Hunziker

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Kommentare zu diesen Beitrag

7 Comments

  1. Viktor Pfister

    Ein­fach Danke, von Herzen Danke für diese messer­schar­fen Gedanken.

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  2. Sonja Dengler

    auch ich bin seit mehr als 45 Jahren tun D im Lebenss­chutz tätig (s.website).
    In D gilt im Erbrecht: das Unge­borene ist erb­berechtigt. Das bedeutet ein­er­seits, dass der Schwan­geren ein Vor­mund gestellt wer­den kann, damit sie dem Kind nicht schadet und das Kind so sein Erbe antreten kann. Oder, wie vor kurzem durch die Presse ging, ein Unge­borenes Kind erbt Schulden — und dann reiben sich die Eltern die Augen.…
    Es ist also in den Geset­zen eine Wider­sprüch­lichkeit gegeben, die schon etwas darüber aus­sagt, dass hier nicht alles mit recht­en Din­gen zugeht.
    Danke für den fundierten Artikel, den ich in meinen Vorträ­gen gerne zitiere (natür­lich mit Quellen-Nennung).
    Ich habe über die Vorgänge in D‑Beratungssituation einen Roman geschrieben, der im Herb­st 2019 her­auskam: Alles wird gut
    Fontis Ver­lag (CH).
    Darf ich es Ihnen zuschicken?

    Reply
  3. Katharina Steiner

    Lieber Joshua
    Ich bin sehr dankbar für diese sorgfältige Arbeit zum The­ma “Abtrei­bung”. Seit Jahrzehn­ten staune ich über unsere men­schlichen Täuschungs­man­över, wenn wir zu definieren ver­suchen, WANN eigentlich Leben begin­nt! Denn ger­ade WEIL ein brand­neues Leben JUST NACH der Zeu­gung begin­nt — kom­men ja so viele Men­schen in einen Stress, sobald sie es real­isieren. Ger­ade WEIL es LEBEN ist — nicht weil es ein­mal Leben wird — wollen viele, denen es aus irgen­deinem Grund ungele­gen kommt, so bald wie möglich wieder weghaben. Ich habe Ver­ständ­nis für viele solch­er Stress-Sit­u­a­tio­nen. Aber Abtrei­bung ist keine Stress-Lösung, vielmehr eine Art Kurz­schlusshand­lung. Das tut mir weh für Mut­ter und Kind.

    Nun mal ganz sorgfältig: WORIN beste­ht ganz ehrlich betra­chtet der Unter­schied zwis­chen mir zum Zeit­punkt des Kinder­gartenal­ters und meinem 62. Geburt­stag? Ich war damals nicht weniger ICH als ich es heute bin. Stand ein­fach in ein­er anderen LEBENSPHASE mein­er gesamten Leben­sreise. WORIN beste­ht nun ganz ehrlich der Unter­schied zwis­chen dem Zeit­punkt mein­er Zeu­gung und mir im Kinder­gartenal­ter? Es kon­nte beim besten Willen kein anderes Kind zum Kinder­garten gehen als ICH, die bere­its nach der Zeu­gung ohne jeden Zweifel dieses eine ICH war! Zwis­chen Zeu­gung und Kinder­gartenkind und der 62-jähri­gen Katha­ri­na beste­ht ein eng­ster Zusam­men­hang, den nie­mand leug­nen kann. Ich war nach mein­er Zeu­gung nicht ein­fach ein Zel­lk­lumpen. Men­schenau­gen sehen wahrlich längt nicht alles! Die Zeu­gung war die erste Sta­tion meines Per­son-seins. Ja, ich stand dort ganz zuvorder­st auf mein­er span­nen­den LEBEN­Sreise! Heute ste­he ich rund 63 Jahre (inklu­sive Schwanger­schaft) später darin. Es war immer, immer ICH, und es wird bis zu meinem let­zen Atemzug auf Erden — ja sog­ar in Ewigkeit ICH, dieses ein­ma­lige ICH sein, welch­es just nach der Zeu­gung auf diese Reise ging …
    Was für eine Hohlheit zu sagen, Leben würde erst nach der Geburt begin­nen, weil es im Mut­ter­leib noch keine fer­ti­gen Men­schen gibt. Erstens bin ich noch immer am Wer­den (ja, TATSÄCHLICH: mit bald 63 noch unfer­tig😉)! Zweit­ens: was für ein Schlag ins Gesicht all jen­er Müt­ter, die ihre Kinder im 6. oder 7. Schwanger­schaftsmonat zur Welt bracht­en … Sollen das alles keine rechts­gülti­gen KINDER, son­dern noch immer grosse Zel­lk­lumpen sein? Oder drehen wir es gar so rum: Mut­ter A mit einem Frühchen hat halt nach 7 Schwanger­schaftsmonat­en bere­its ein voll­gütiges Kind anver­traut bekom­men, während das Kind von Mut­ter B intrauterin auch im 8. Schwanger­schaftsmonat noch kein wirk­lich­es Kind ist, da es sich an den üblichen Geburt­ster­min hält! Crazy, nicht wahr? Ich meine, alle unsere men­schlichen Ver­suche, zu definieren wann LEBEN begin­nt, führen uns samt und son­ders aufs Glat­teis. Nichts, keine Argu­men­ta­tion geht wirk­lich auf — auss­er, wir demüti­gen uns unter die Tat­sache, dass nach der Zeu­gung ein neues, unver­wech­sel­bares Leben in EXISTENZ gerufen wurde — von aller­höch­ster Warte aus! Und dieser Schöpfer wird auch gang­bare Wege für Seine jüng­ste und neue Kreation vor­bere­it­et haben, die in Beziehung zu Ihm zu find­en sein wird! Auf DIESE SPUR müssten Betrof­fene, die durch die Ankündi­gung des neuen Lebens in grossen Stress ger­at­en, ganz neu find­en. Damit wäre allen geholfen, das glaube ich. Heisst nicht, dass es easy Wege sind — aber weit bessere, als jede Abtrei­bung es sein kann.
    Derzeit bin ich dabei, ein Buch für ange­hende und junge Eltern zu schreiben, das den Titel trägt “BeHERZt Fun­da­mente leg­en”. Dem grossen Bogen nach geht es darum: Wie kön­nen unsere Jüng­sten ab Zeu­gung, nicht erst ab Geburt (!) bis zur Drei­jährigkeit zu lebendi­gem, fro­hem Leben erweckt wer­den, damit sie eines Tages als mündi­ge, dem Leben zuge­wandte Per­sön­lichkeit­en ihren Platz auf dieser Welt ent­deck­en und ein­nehmen kön­nen! Wovon brauchen unsere Jüng­sten viel, wovon sehr wenig.

    Reply
    • Josua Hunziker

      Danke Katha­ri­na. Genau — Men­sch bleibt Men­sch. Diese Erken­nt­nis ist nicht nur für die Abtrei­bungs­frage essen­ziell, son­dern auch z.B. für unseren Umgang mit alten oder behin­derten Men­schen. Viel Erfolg mit deinem Buchprojekt!

      Reply
  4. Regula Lehmann

    Lieber Joshua,
    danke für dieses fundierte Plä­doy­er für den Lebenss­chutz! Welch geniale Botschaft in ein­er Zeit, die Leis­tung, Schön­heit und die Zus­tim­mung der Anderen so hoch gewichtet! Wir sind bedin­gungs­los geliebt, noch bevor jemand weiss, dass wir existieren :):):) Das gibt Boden unter die Füsse und muss unbe­d­ingt unter die Leute…!

    Reply
    • Josua Hunziker

      Vie­len Dank, Reg­u­la! Ich hoffe, dass der Artikel uns allen hil­ft, nicht nur zu kri­tisieren, son­dern mit pos­i­tivem Fokus für das Wun­der des Lebens in sein­er ganzen göt­tlichen Schön­heit einzustehen.

      Reply
      • Regula Lehmann

        Yes! Viele Orgaisatoren und Einzelper­so­n­en, die beispiel­sweise beim Marsch fürs Läbe engagiert sind, investieren ja auch Viel an Geld und Zeit, um Frauen und Fam­i­lien- weit über die Geburt hin­aus — zu unter­stützen. Das wird aus mein­er Sicht auch medi­al häu­fig eher unter­schla­gen. Eines der konkreten von Lebenss­chützern inizi­ierten Pro­jek­te sind die Babyk­lap­pen, die es bei eini­gen Schweiz­er Spitälern gibt.
        Yes, für das Leben zu ste­hen bedeutet erhöht­en Aufwand. Wenn ich sage. “Dieser kleine Men­sch und seine Mama sind geliebt”, stellt sich mir auch die Frage: “Was kann ich tun, was ist mein Beitrag?” Organ­i­sa­tio­nen unter­stützen, Gebet, anbi­eten, Patin oder Pate zu wer­den, Kinder­hüte zu übernehmen, ein Winde­labo zu bezahlen…Ein befre­un­detes Ehep­aar hat schon zwei Mamis samt Kind “adop­tiert” und ver­tritt nun sozusagen die Grossel­tern­stelle. “Für das Leben” zu sein geht im wahrsten Sinn des Wortes ans Lebendi­ge — macht uns aber gle­ichzeit­ig eben auch “lebendig” und glaub­haft. Und es erin­nert uns daran, dass wir geliebt sind. Bedingungslos!

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